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Dies ist um so ersichtlicher, als der Egoismus meistens weder dabei gewinnt noch verliert, dass er auf diese Weise berücksichtigt wird. Der Betrüger kann zwar nicht wollen, dass Alle Betrüger seien; darum aber mag er, seinem Egoismus unbeschadet, getrost betrügen. Denn dadurch, dass er betrügt, werden ja nicht alle zu Betrügern. Vielleicht merken die Andern es nicht einmal, dass er sie betrügt. Hier ist besonders einleuchtend, dass sich der Kant'sche Pflichtmensch auf den Standpunkt des Egoismus nicht des Egoismus wegen stellt.

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Zuweilen zwar unterlässt man Betrug und ähnliche Handlungen auf die egoistische Reflexion hin: ich kann nicht wollen, dass Alle so handelten, wie ich; dass Alle Betrüger wären, und ich selbst in den Fall käme, betrogen zu werden. Letzteres könnte jedoch durch meine Betrügerei veranlasst werden. Vielleicht bezahlen mich die Betrogenen dafür mit gleicher Münze. Deshalb, aus egoistischer Berechnung also, will ich lieber nicht betrügen. Diese Reflexion widersteht aber dem Kantianer. Die seinige geht mit ihr nur eine Strecke Wegs zusammen. An entscheidender Stelle biegt sie ab. Er sagt auch: ich kann nicht wollen, dass Alle Betrüger wären und ich selbst etwa in die Lage käme, betrogen zu werden. Dann aber folgert er keineswegs: somit will ich nicht betrügen, auf dass ich nicht betrogen werde; sondern: somit will ich nicht betrügen, weil Betrügerei als eine Handlungsweise, deren Allgemeinwerden ich, wie sich nun ergeben hat, nicht wollen kann vom Ding an sich in mir untersagt wird. Ob ich faktisch wohl, wenn ich betröge, unter den Gegenwirkungen meiner That zu leiden haben würde, oder ob solche Befürchtungen nach der Lage des Falls

ausgeschlossen sind, gilt mir gleich. Solche Calculs überlasse ich dem Egoisten.

Schopenhauer gründet seine eudämonistische Auslegung der Kant'schen Ethik besonders auf folgende Stelle. Metaphysische Anfangsgründe der Tugendlehre § 30: „,Denn jeder wünscht, dass ihm geholfen werde. Wenn er aber seine Maxime, Andern nicht helfen zu wollen, laut werden. liesse, so würde jeder befugt sein, ihm Beistand zu versagen. Also widerstreitet die eigennützige Maxime sich selbst, wenn sie zum allgemeinen Gesetz gemacht würde, das ist, sie ist pflichtwidrig." „Befugt sein, heisst es (fügt Schopenhauer hinzu), befugt sein! Also ist hier so deutlich wie nur immer möglich ausgesprochen, dass die moralische Verpflichtung ganz und gar auf vorausgesetzter Reciprocität beruhe, folglich schlechthin egoistisch ist und vom Egoismus seine Auslegung erhält, als welcher, unter der Bedingung der Reciprocität, sich klüglich zu einem Kompromiss versteht" (Grundprobl. der Ethik).

Schopenhauer irrt. Der Accent ruht auf den letzten Worten (welche Schopenhauer in seinem Citat fortgelassen hat),,Also widerstreitet die eigennützige Maxime sich selbst, wenn sie zum allgemeinen Gesetz gemacht würde, das ist, sie ist pflicht widrig", sie ist wider das kategorische, nun einmal so und nicht anders sich äussernde Gesetz in uns, welchem wir als einem intelligibelen Etwas Achtung schulden.

§ 26.

Der Begriff der Vergeltung (Gerechtigkeitsgefühl).

Mord, Raub, Betrügerei sind, unserm Bewusstsein nach, nicht blos tadelnswerth; sie verdienen auch Leid als Vergeltung. Woher dies Bewusstsein?

Die gerichtliche Leidverhängung ist, historisch betrachtet, nicht Vergeltung des Geschehenen, sondern Sicherheitsmaassregel (cf. § 19). Der Sicherung halber wurde anfangs Mord mit dem Tode bedroht: Mordlustige sollten durch diese Drohung von ihrem Vorhaben abgeschreckt werden. Demgemäss bezweckte die Auferlegung des Uebels, die Hinrichtung dessen, der trotzdem gemordet hatte, ihn unschädlich zu machen und den Uebrigen ein warnendes Beispiel zu geben. Desgleichen sollten, gemäss den Intentionen der ursprünglichen Gesetzgebung, Fälscher, Diebe auf ihre Thaten war ja der Abschreckung halber Vestümmelung, Einsperrung gesetzt eingesperrt, verstümmelt werden, damit sie selbst für die Zukunft abgeschreckt oder unschädlich gemacht, Andere abgeschreckt würden. Die Leidverhängung war, im Sinn ihrer historischen Herkunft betrachtet, analog der Züchtigung eines Thieres, eines Kindes. Kinder und Thiere züchtigt man ja nicht, um ihr Thun zu vergelten, sondern um dessen Wiederkehr zu verhüten. Hat man den Jagdhund mit Schlägen bedroht, falls er die Rebhühner aufjage und er jagt sie doch auf, so schlägt man ihn nun wirklich, damit er es nicht wiederthue. Ebenso drohte man ursprünglich zu Raub und Diebstahl Neigenden Leid an, damit sie nicht so handelten. Thaten sie es trotzdem, dann sollte das Uebel ihnen zugefügt werden, nicht behufs der Vergeltung ihres Thuns, sondern um

ähnlichen Handlungen ihrer selbst oder Anderer für die Zukunft vorzubeugen.

Die ursprüngliche Gesetzgebung, deren Absicht blos Sicherung war, sah demnach in der verbotenen That nicht (wenn ich so sagen darf) den Vergeltungsgrund des aufzuerlegenden Leides, sondern nur den Erkenntnissgrund der Nothwendigkeit, dem Thäter Leid zuzufügen, wie heute noch das verbotene Thun eines Thieres Erkenntnissgrund dieser Nothwendigkeit ist. Nur der Anlass zur Leidverhängung lag in demjenigen, was gethan war; ihr Zweck ging auf die Zukunft, auf das, was verhütet werden sollte.

Aber der später Geborene erfährt ja die Entstehungsgeschichte der Strafe nicht. Dass der Staat damit anfing, den Mörder, den Räuber mit dem Beschädigten zu versöhnen und ihnen schliesslich, der Sicherung halber, Leid androhte,das fällt nicht in den Gesichtskreis des Kindes. Die Entwickelung hat sich früher einmal, vor Jahrhunderten oder Jahrtausenden vollzogen. Das Urtheil selbst dagegen, Leid, von der Obrigkeit verhängt, habe zu folgen auf solche Handlungen wie Raub und Betrug, ergreift in früher Kindheit schon Besitz von unserm Bewusstsein. Auch dies Urtheil vereinigt sich (wie die Attribute tadelnswerth, so soll nicht gehandelt werden) mit der Vorstellung des Raubes, der Betrügerei zu einer Gesammtvorstellung, und vereinigend wirkt noch die gerichtliche Leidverhängung. Denn es ist ihr nicht anzusehen, dass ihr eigentlicher, ursprünglicher Zweck war, Zukünftigem vorzubeugen. Sie geht dem Augenschein nach nur auf den vollführten Raub, auf den geschehenen Mord. Damit ist ihre Absicht für den sinnlichen Eindruck erschöpft. Das Geschehene ist scheinbar der volle, aus

schliessliche Grund des aufzuerlegenden Leides, nicht blos Anlass, Erkenntnissgrund.

Die gerichtliche Strafe besteht gleichsam aus einem sichtbaren und einem unsichtbaren Theil. Die verbotene Handlung und das Leid, welches sie dem Thäter einbringt, ist sichtbar. Hingegen ist der auf die Zukunft gehende Zweck der Leidzufügung unsichtbar, blos gedanklich und deshalb für die meisten Menschen gar nicht oder nur nebenher vorhanden. Der sichtbare Theil macht Eindruck. Den Thäter trifft, soweit sie sehen, lediglich wegen dessen, was er gethan hat, Leid.

Die staatliche Bestrafung wirkt in dieser Hinsicht auf uns, wie die Züchtigung der Kinder auf diese. Wenn die Kinder Verbotenes thun, bemerkt Anselm Feuerbach, so begleiten wir solche Handlungen, falls wir konsequent sind, jedesmal mit Züchtigung, und dies giebt denn endlich den Schein, als ob die Handlung der nothwendige und zureichende Grund (nicht blos der Anlass) dieses Uebels sei (Grds. u. Grundb. d. pos. peinl. Rechts I, § 18). 78 Der Eindruck des Kindes ist: weil du dies gethan hast, wirst du gezüchtigt; mag der Züchtigende auch denken: weil du dies gethan hast, wirst du gezüchtigt, damit du es nicht wiederthust.

Also die Leidverhängungen scheinen um des Vergangenen willen dazusein, wenn sie auch thatsächlich Zukünftiges be

73 cf. ib. p. 14, 18: Der Züchtigung geht zwar etwas Gesetzwidriges vorher, aber es ist nicht Grund, sondern Gelegenheitsursache und Erkenntnissgrund der Nothwendigkeit zu züchtigen. Ihr eigentlicher Grund liegt in zukünftigen gesetzmässigen Handlungen, welche durch sie bewirkt werden sollen. Es scheint jedoch so, als ob die begangene Handlung der eigentliche Grund des zugefügten Uebels sei, als ob das Kind durch die Züchtigung gestraft werde.

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