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jedes Ding geworden sei. Die Bemühung dieser Philosophen, eine wissenschaftliche Basis zu finden, schlug fehl, aber bedeutend ist die Thatsache, dass sie nach einer solchen Basis suchten (Grote, Plato I p. 80).

Durch die geistige Entwickelung der Völker wird also die Summe ihrer übernatürlichen Erklärungen immer kleiner, ihre Summe natürlicher Erklärungen in demselben Masse grösser. Das Uebernatürliche gleicht einem Wild, hinter dem die Wissenschaften her sind. Anfangs findet es in jedem Ding auf der Erde und am Himmel eine Zuflucht; alsbald aber aus einigen verjagt, später aus vielen und schliesslich aus allen, verendet, verschwindet es. Demgemäss sind die Völker auf der Höhe ihrer Kultur ungläubig. Die natürliche Erklärungsweise, die Wissenschaften herrschen, wie früher die Erklärung durch Götter und Geister Alleinherrscherin war.

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Kampf der natürlichen Erklärungen mit den übernatürlichen. Die Ablösung der übernatürlichen Erklärungen durch natürliche ist kein friedlicher Process, sondern ein Kampf. Die Phänomene vertheidigen ihre übernatürlichen Deutungen; sie wollen sie nicht fahren lassen; denn die natürlichen erscheinen gotteslästerlich und staatsgefährlich.

Gotteslästerlich: Jede natürliche Erklärung vertreibt einen Gott aus der Erscheinung, die nun sie erklärt. Wem Zeus regnet, dem klingt es gottlos, dass Condensirung von Dünsten die Ursache des Regens sei. Wem die Sonne ein. Gott ist, der findet es gottlos, sie etwa als einen glühenden Stein zu betrachten. Die Beschreibung der Sonne, sagt Grote,

wie sie in einer modernen astronomischen Abhandlung gegeben wird, würde den ältern Griechen gottlos erschienen sein. Selbst in späterer Zeit, als der Geist positiver Untersuchung beträchtlich vorgeschritten war, hatten Anaxagoras und andere Philosophen den Vorwurf der Gotteslästerung zu erdulden, weil sie Helios entpersonificirten und die solaren Phänomene auf feste Gesetze zurückzuführen versuchten (hist. of Greece I, p. 466).

Staatsgefährlich: Die Verursacher der Naturerscheinungen, die Götter, werden zu Göttern des Staats; sie durchwachsen den Staat, sie dringen in alle seine Theile. Man schreibt ihrer Wirksamkeit nicht blos die Naturerscheinungen zu; auch die wichtigsten socialen Einrichtungen, die Ehe, die Strafe, den Eid verknüpft man mit ihnen. Wird die Gottheit nun aus irgend einem Phänomen vertrieben, so wird sie in ihrem Besitz der übrigen erschüttert. Die Menschen fühlen, dass das Phänomen wohl nicht allein ungöttlich zu erklären sei; dass die Gottheit auch noch in anderen Erscheinungen, vielleicht in allen überflüssig sei. Daher leidet durch die Entgötterung des Regens oder des Blitzes auch die Göttlichkeit . der Gesetze, des Eides, der gesitteten Familie, und mit ihrer Göttlichkeit ihre Verbindlichkeit, mit ihrer Verbindlichkeit aber die Sicherheit des Staates, welche an ihr Bestehen geknüpft ist.

So denuncirt Aristophanes den Socrates, weil dieser, nach den natürlichen Ursachen der Wolkenansammlung, des Blitzes forschend, Zeus überflüssig mache und damit auch die Heiligkeit des Eides, des Rechts erschüttere.

II. § 4.

Uebernatürliche Erklärungen in der Philosophie.

Die natürlichen Ursachen der philosophischen Phänomene, besonders der ethischen, sind noch so gut wie unbekannt; folglich werden sie übernatürlich erklärt. Die Philosophie, insofern sie sich nicht blos kritisch, das heisst unsere Erkenntniss einschränkend, verhält, sondern ihre Phänomene positiv auf Ursachen zurückführt, steht etwa da, wo die andern Wissenschaften sich befanden, als sie zum Erklärungsgrund ihrer Probleme Götter machten. Wie jenen Krankheit von einem Krankheitsgeist herrührte, so wird uns noch das Phanomen des Denkens von einem Geist bewirkt. Wie jene in der Bauchrednerei, deren natürliche Ursache sie nicht kannten, die Stimme eines Gottes hörten, so vernehmen wir im Gewissen, dessen natürliche Ursache wir nicht kennen, die Stimme Gottes. Philosophie ist die zurückgebliebenste der Wissenschaften. Physik, Astronomie, Physiologie haben schon einen unantastbaren Bestand natürlicher Erklärungen. Diese Wissenschaften existiren; Philosophie existirt noch nicht. Sie befindet sich im Vorstadium ihrer Entwickelung. Ihre Phänomene, behaftet mit übernatürlichen Deutungen, warten noch auf die natürlichen.

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Natürliche Erklärungen in der Philosophie.

Woher werden die ethischen Phänomene noch übersinnlich erklärt? Wie kommt es, dass man die Bahnen der Gestirne und die Funktionen der Organismen früher erforscht hat, als das Gewissen? Zwei Gründe haben den zurückgebliebenen Zustand der Moralphilosophie verschuldet.

1) Die naturwissenschaftliche Methode des Vergleichs und der genetischen Entwickelung, welche allein zum Verständniss des Moralischen führen kann, ist erst in neuerer Zeit zur Anwendung gekommen.

2) Natürliche Erklärungen der moralischen Phänomene erscheinen besonders gotteslästerlich und staatsgefährlich. Gotteslästerlich: insofern Moral die letzte und bedeutungsvollste Position ist, auf welche die Gottheit sich zurückgezogen hat. Staatsgefährlich: wenn die Entgötterung des Donners, des Regens gefährlich sein konnte, weil dadurch die Heiligkeit des Rechts mit leidet, um wie viel gefährlicher, wenn das Göttliche aus dem Recht, dem Gewissen direkt ausgeschieden, durch natürliche Deutungen ersetzt wird!

Wir unternehmen es nun, die natürlichen Ursachen des Gewissens darzulegen; leisten also der Ethik denselben Dienst, welchen die Forscher früherer Jahrhunderte der Medicin, der Astronomie und den übrigen Wissenschaften erwiesen, als sie aus ihnen die Götter und Geister vertrieben.

I. Buch.

Das Gewissen ein Produkt der Geschichte.

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Beschreibung des Gewissens.

Eine exacte Definition des Gewissens aufzustellen, wäre ein Fehler, da sie exakter sein würde, als das, was die Menschen sich unter Gewissen denken. Wir begnügen uns daher mit seiner Beschreibung.

Wer etwa einen Mord begangen hat, fühlt sich, sobald nur seine Leidenschaft verraucht ist, schuldig; er verdient, nach seinem eigenen Urtheil, Leid als Vergeltung; er wünscht, von solchen Vorstellungen gepeinigt, die That ungeschehen; er verabscheut seinen Charakter. Diesen Zustand des Gemüths bezeichnet das Wort Gewissensbisse. Hat Jemand wohlwollend gehandelt, so billigt er seine Handlungsweise; er kann seinen Charakter achten, er hat ein gutes Gewissen. Das Gewissen spricht nicht blos nach dem Handeln, sondern schon vor demselben. Es gebietet, dass gewisse Handlungen

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