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licherweise nicht beraubt, ermordet werden. Von dieser Kulturstufe, welche auf einzelnen Punkten schon unser Gewissen in Wirksamkeit zeigt, werden wir uns schrittweise dem Zeitalter nähern, in welchem die Schädigung eines jeden Menschen vom Gewissen verdammt wird. Das aus dieser Forschung resultirende Erklärungsprinzip wird sich alsdann auch zur Erklärung jener Ansätze tauglich erweisen.

Erst untersuchen wir, wie das Häuflein Gewissen zum Haufen geworden ist; dann, wie sich das Häuflein gebildet hat.

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II. Buch.

Die Entstehung der Elemente des Gewissens in der Gattung.

1. Abschnitt.

Die Entstehung der Strafe.

§ 13.

Die Rache und ihre Historiker.

Das Zeitalter, von dem wir ausgehen, kennt, wie gesagt, auf einzelnen Punkten schon unsere Moral. Während es dort im Allgemeinen nicht für unsittlich gilt, Jemanden zu berauben oder zu ermorden, darf man doch die Mitglieder seiner eigenen Sippe (und etwa noch Freunde, Gastfreunde), sittlich betrachtet, nicht verletzen. Von dieser Kulturstufe aufwärts beschreibt das Gewissen, wie wir sehen werden, immer grössere Kreise. Anfangs eben nur die Mitglieder desselben Geschlechts respektirend zieht es seinen Kreis alsbald um alle Mitglieder desselben Gemeinwesens und schliesslich um die ganze Menschheit. Sippe (Geschlecht, Familie) Staat Menschheit: diese drei Punkte können durch historische Linien verbunden werden.

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Die Entstehungsgeschichte des Geschlechts dagegen und der sittlichen Urtheile, welche jedem die Mitglieder seines

Geschlechts als unantastbar bezeichnen, ist schwer Schritt für Schritt verfolgbar. Deshalb eben gehen wir von dem Zustand aus, in welchem sich die Geschlechter bereits konstituirt haben und erforschen zunächst, wie aus den Geschlechtern der Staat wurde, aus dem Familiengewissen ein Gemeindegewissen. Zuletzt erst wenden wir uns der Entstehung des Familiengewissens, dem historisch dunkelsten Theile unsers Gegenstandes, zu.

Es giebt also eine Entwicklungsphase, in welcher die Gemeinde so gut wie gar nicht und folglich auch ein Gemeindegewissen noch nicht existirt, sondern blos die Familie. Fast souverain steht das eine Geschlecht dem andern gegenüber. Die Familie, sagt Munzinger von den Bogos, ist der Staat, der Souverain, der Gesetzgeber (Bog. p. 26).o Wenn er ausserdem hervorhebt, dass dort der Räuber geachtet sei, so meint er Räubereien, welche von einer Familie gegen die andere verübt werden.

Räubereien und Mordthaten also, welche zwischen den Geschlechtern vorfallen, gelten nicht für Unrecht und werden

2 Einen ähnlichen Zustand schildern die isländischen Sagas. Siehe auch Justus Möser, Osnabrücksche Geschichte I, § 8: Solche einzelne Wohner waren Priester und Könige in ihren Häusern und Hofmarken. Sie richteten über das Leben ihrer Familien und Knechte, ohne einander Rechenschaft zu geben. Jeder Hof war gleichsam ein unabhängiger Staat. Keine Obrigkeit und vielleicht nicht einmal eine gemeinsame Gottheit erstreckte sich in eines Mannes Were. - Zöpfl, Deutsche Staatsund Rechtsgeschichte I, p. 14: Der politisch rechtliche Charakter der ersten Periode spricht sich aus in der Idee der gänzlichen Unabhängigkeit des einzelnen Mannes von jeder Herrschergewalt.

3 Wenn man, sagt Grote vom homerischen Zeitalter, zu Räubereien und Gewaltthätigkeiten geneigt war, so existirten moralische Abhaltungsgründe blos in Bezug auf wenige Personen (besonders eben in Bezug auf Mitglieder desselben Geschlechts). Weitergehende Rücksichten

nicht von irgend Jemandem, der über den Geschlechtern steht, bestraft. Wie ist es nun gekommen, dass solche Thaten Unrecht, Objekt des tadelnden Bewusstseins wurden? Wie ist das Gemeindegewissen entstanden? An seiner Entstehung hat die Einsetzung der staatlichen Strafe Antheil. Sie ist ein gewissenbildendes Element von hoher Wichtigkeit. Mit ihrer Entstehungsgeschichte haben wir uns demnach zu beschäftigen.

Zunächst also existirt die Strafe nicht; sondern blos Rache des Verletzten oder seines Geschlechts. Bei den Karaiben, zum Beispiel, verschafft sich der Beschädigte selbst von seinem Gegner die Genugthuung, welche ihm die Leidenschaft eingiebt oder zu der ihn seine Kraft berechtigt. Von einer Behörde oder dem Häuptling wird keine Gerechtigkeitspflege ausgeübt (Du Tertre, hist. of the Caribby Isl. p. 316, cit. b. Lubbock).

Die Gemeinde als Gesammtheit, sagt Martius von den Ureinwohnern Brasiliens, hält ihre Rechte nicht für beeinträchtigt, wenn es zum Streite zweier Mitglieder gekommen ist oder wenn Feindschaft mit Mord endigt. In einem solchen Falle wird keine Strafe verhängt, sondern Rache an dem Thäter genommen. Aber dies ist lediglich Sache der betheiligten Familie (Rechtszust. d. Ureinw. Bras. p. 73). Tödtet ein

treten fast nie hervor (hist. of Greece II, p. 107). An einer anderen Stelle bezeichnet Grote als das charakteristische Merkmal des Homerischen Zeitalters die Omnipotenz der Persönlichkeit, welcher eigentlich nur Familiensympathien Beschränkung auferlegten (II, p. 123). — Reinh. Schmid sagt von den Angelsachsen: Die Familienbürgschaft sicherte nur den Familiengliedern Frieden; jeden zu einer anderen Geschlechtsgenossenschaft Gehörigen betrachtete sie als rechtslos (Angels. Recht, in Hermes XXXII. p. 234).

Adliger einen Adligen im Lande der Marea, so wird ihn seine Familie nach Zeit und Gelegenheit rächen. Der Shum mischt sich nicht in die Sache; von Blutgericht ist keine Rede (Munzinger, Ostafr. Stud. p. 242).

Ist ein Todtschlag begangen worden, sagt Ass all von den nordamerikanischen Stämmen, so hat die Familie des Erschlagenen allein das Recht der Vergeltung und der Rache. Die Häuptlinge haben nichts in dieser Sache zu sprechen (Nachr. üb. d. früh. Bewohner von Nord-Amer. p. 91). Dasselbe wird von den Grönländern berichtet (s. Post, Anf. d. Staats- u. Rechtsleb. p. 174). Vor der türkischen Herrschaft, sagt Brehm von den Sudanesen, kam Todtschlag und Mord alle Tage vor. Ihre Könige bekümmern sich wenig oder nicht um die Privatfehden ihrer Unterthanen (NordOstafr. I, 162).

Ebenso Macieiowsky in seiner slavischen Rechtsgeschichte: In der vormonarchischen Zeit wurde jede Verletzung durch Blutrache gebüsst. Die Gerichte mischen sich nicht in solche Streitigkeiten (I. p. 125). Den christlichen Geistlichen sagt Evers, die von Constantinopel zu den Russen kamen, war es auffallend, dass die Herrscher sich gar nicht der Bestrafung verübter Mordthaten annahmen. Waren Bluträcher vorhanden, so vollzogen diese die Blutrache (Aeltestes Recht d. Russen p. 213).

Was der Mörder im Zeitalter Homers zu fürchten hatte, bemerkt Grote, war nicht öffentliche Verfolgung und Bestrafung, sondern persönliche Rache der Freunde und Verwandten des Getödteten. Wer sich nicht selbst schützen kann, findet keinen Schutz bei der Gesellschaft. Seine Verwandten und Gefährten sind die einzigen Personen, auf deren Beistand

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