Und ruht tieftrauernd Auf dem niedern Fels am Bach; Und eine Thråne füllt sein hohes Aug'. Ihr röthlich Auge buhlt umher, Der Tauber schwingt neugiergesellig fich Mit Selbstgefälligkeit ihn freundlich an. Du trauerst, liebelt er, Sey guten Muthes, Freund! Hast du zur ruhigen Glückseligkeit Nicht Alles hier? Kannst du dich nicht des goldenen Zweiges freun, Der vor des Tages Gluth dich schüßt? Kannst du der Abendsonne Schein Auf weichem Moos am Bache nicht Die Bruft entgegen heben? Du wandelft durch der Blumen frischen Thau Pflückst aus dem Ueberfluß Des Waldgebüsches dir Gelegne Speise, legeft Den leichten Durst am Silberquell O Freund, das wahre Glück Ift die Genügsamkeit, Und die Genügsamkeit Hat überall genug. O Weise, sprach der Adler, und tief ernst O Weisheit! Du redft wie eine Taube. Göthe. Der Adler und der Schmetterling. Ein Sonnenadler, den sein Flug Ward durch den Wald von tausend Zungen Lob zeugt den Neid; ein Schmetterling, Vermaß sich ohne Scheu, dem Adler gleich zu fliegen, Wo nicht ihm annoch obzusiegen. Der Adler nahm den Wettstreit an, Eh' sein Bestreiter kam, der auf der kurzen Reise So kam er an, und gleich darauf Erhob der Adler sich zu den sapphirnen Höhen; Allein er war nicht weit, als schon ein Wirbel kam, Und rücklings mit herunter brachte: * Ihr kleinen Dichter, merkt's, und wagt euch nicht zu viel! Gebietet eurer Eigenliebe; Sonst geht's euch, wie dem Mölkendiebe: Aus einem Bav wird kein Virgil. Der Hån fling. Ein Hånfling, den der erste Flug Es war ein Glück bei der Gefahr, Lichtwer. Mit umgekehrtem Eigensinna oro tril Begab er sich zur Erde hing Und baut' in niedriges Gesträuche; So scheu macht ihn der Fall der Eiche. Doch Staub und Würmer zwangen ihn, a Zum andern Mal davon zu ziehn. Vergnügte Tage findet man, Nicht auf dem Thron, und nicht in Hütten. Von dems. Der Löwe und der Fuchs. « Herr Löwe, » sprach der Fuchs, « ich muß « Dir's nur gestehen; mein Verdruß « Hat sonst kein Ende. « Der Esel spricht von dir nicht gut; « Er sagt, was ich an dir zu loben fånde, « Das wifs er nicht; dein Heldenmuth « Een zweifelhaft; du gåbst ihm keine Proben « Von Großmuth und Gerechtigkeit; « Du würgetest die Unschuld, suchtest Streit; « Er könne dich nicht loben! » Ein Weilchen schwieg der Löwe still; Dann sprach er: » Fuchs! er spreche, was er will; « Denn, was von mir ein Efel spricht, « Das acht' ich nicht! Gleim. Die Berathschlagung der Pferde. Ha! » sprach ein junger Hengst, » wir Sklaven find es werth, Daß wir im Joche sind! Wo lebt ein edles Pferd, « Das frei seyn will? Ha! wie glückselig war « 3u jener Zeit der Våter Schaar! Nach freiem Willen! Ach, und wir Sind Sklaven, gehn im Joch, arbeiten wie der Stier! « Dem schwachen Menschen sind wir Starken unterthan ; « Dem Menschen! Brüder, seht es an, « Das unvollkommene Thier! « Was ist es? Was sind wir? Solch ein Geschöpf bestimmte die Natur « Uns prächtigen Geschöpfen nicht zum Herrn! Pfui, auf zwei Beinen nur! Riecht er den Streit von fern? « Bebt unter ihm die Erde, wenn er stampft? Sieht man, daß seine Nase dampft? « Hat er die Måhne, die uns ziert? « Und doch ist er, o Schmach, der Herr, der uns regiert! « Wir tragen ihn, wir fürchten feine Macht; « Wir führen seinen Krieg, und liefern seine Schlacht; « Er siegt; man singt ihm Lobgesang; « Und doch, die Schlacht, die er gewann, |