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Der Norden und Süden Deutschlands sind reicher an Riesensagen als das mittlere Deutschland; die Hochgebirge (Tirol) und die Küsten der Nordsee reden vorzugsweise von ihnen. Aus der Urzeit stammt der allgemeine Typus, aber Farbe und Gepräge hat ihnen die Gegend gegeben, die sie zu lebensvollen mythischen Persönlichkeiten ausgebildet hat.

2. Luftriesen.

In den Luftriesen wird vorzugsweise das Ungestüm der Stürme dargestellt, aber wie das Volk Nebelzwerge kennt, gibt es auch Nebelriesen: sie können sich nach Belieben groß und klein machen (S. 106, 107).

Steigt Dunst aus den Schluchten, der dem Lande Regen bringt, so sagt man in Tirol: die Riesen dahinten rauchen ihre Pfeife. Der Mantel, den sie bei gutem Wetter tragen, ist der Nebelmantel der Berge. Dampfen die Berge, so backen und brauen die Riesen wie die Zwerge. Nebel- und Sturmriesen berühren sich nah; der wilde Jäger ist nicht bloß im Sturmwinde zu spüren, sondern auch im Jagen der Wolken, im Flattern der Nebelfahnen zu sehen. Das Aufsteigen des weißen Brodems aus Sümpfen und Gewässern gab den Wasserriesen Nebelgestalt: Grendel, der unheimliche Dämon der Sturmflut und des Sumpffiebers, wohnt im Meere eine Meile tief unter dem Wasser. Unter den Nebelklippen kommt er vom Meere gegangen, schreitet dahin unter Wolken (711 ff.). Die zur Nachtzeit an den Berggipfeln haftenden und mit Sonnenaufgang schwindenden oder durch den Sturm vertriebenen Nebelgebilde riefen die Versteinerungssagen von Riesen und Zwergen hervor: der Steinblock bleibt zurück, während die Nebelgestalten zum Himmel entschweben.

Aus der bewegten Luft, dem brausenden Sturmwinde, der um die Hütte des Hirten heult, die Wolken scheucht, Eichen entwurzelt und selbst Steine mit sich führt, erwuchs das hochgewaltige Geschlecht der Sturmriesen. Sagen, die vom Windgotte Wodan berichten, kehren in charakteristischen Zügen bei den Winddämonen wieder; denn das Element, aus dem beide entstanden sind, ist dasselbe. Über ganz Germanien sind die Sagen vom wilden Jäger verbreitet; einige sind sicherlich jüngeren Ursprunges, andere aber Erinnerungen an alte Wodansmythen. So wenig man alle Sagen dieser Art ohne weiteres als verblaßte Wodamsmythen ansehen darf, so

schwer ist es in anderen, die Grenze zwischen Dämon und Gottheit zu ziehen.

Die Jagd des Sturmriesen auf ein flüchtendes Weib ist von Dichtern des Mittelalters verschiedentlich behandelt worden. Der dem Volksglauben entnommene Stoff ist freilich in höfischem Geschmack umgearbeitet, aber der mythische Kern ist leicht bloßzulegen; am treuesten ist er bewahrt in Dietrichs Kampf mit dem Wunderer.

Als König Etzel einst mit seinen Helden beim Mahle saß, kam flüchtig eine schöne Jungfrau in das Gemach und bat um Schutz vor einem schrecklichen Manne, der wilde Wunderer genannt, der sie seit drei Jahren verfolge und sie fressen wolle. Etzel suchte sie zu beruhigen; auf ihre Bitten, wenigstens die Burgtore zu schliessen, damit der Unhold nicht hineinkäme, versicherte er, die Tore wären niemals verschlossen, weil Bittende immer Zutritt hätten, und Feinde nicht einzudringen wagten; aber sie möchte unter den Helden in seinem Saale einen aussuchen, der ihr stark genug erschiene, den Riesen zu bekämpfen. Die Jungfrau aber war mit wunderbaren Kräften ausgestattet und hatte die Gabe, der Menschen Gedanken in ihrer Seele zu lesen. Nur zwei Männer erblickte sie, die den Feind bestehen konnten. Sie trat zuerst auf Rüdiger zu, aber er sträubte sich, weil er zu alt wäre und Weib und Kind daheim hätte. Da wandte sie sich an den stolzen Dietrich; während der Berner seine Bereitwilligkeit erklärte, erklang draußen des wilden Jägers Horn. Bald stürmten seine Rüden schnobernd in den Saal, und schon ertönte donnernd seine Stimme, die von den Torwächtern Einlaß begehrte. Gleich darauf stürzte er in das Gemach, mit seinem Scheitel stieß er an das Gewölbe, mit rohen Worten forderte er seine Beute: sein Vater hätte sie ihm zur Ehe versprochen, aber sie verschmähte ihn; weil er sie einem andern nicht gönnte, wollte er sie auffressen. Weinend bestätigte die holde Jungfrau, daß sie lieber sterben als dem Ungeheuer angehören wollte. Da griff Dietrich eilig zu seinen Waffen; wohl schlug der Riese ihm manche scharfe Wunde, aber endlich gelang es ihm doch, den Wüterich zu überwinden. Mit heißen Worten dankte ihm die Königstochter und gab sich zu erkennen: Sälde wäre sie genannt, und plötzlich war sie vor aller Augen entschwunden.

Die Übereinstimmung mit den Sagen vom wilden Jäger, der die Windsbraut oder die Holz- und Moosweibchen verfolgt, vom Wode, der den,,saligen Fräulein“ nachsetzt, liegt deutlich zutage (S. 147. D. S. Nr. 47, 48, 279). An den wilden Jäger erinnert schon das Beiwort der wilde Wunderer. Der Wunderer hetzt die Jungfrau mit Hunden, die als das Gefolge des dämonischen Jägers bekannt sind. Wie dieser dem vorbei

ziehenden oder gar in den Jagdruf einstimmenden Wanderer einen Menschenschenkel oder das Viertel eines Moosweibchens als Jagdstück zuwirft, wie seine Hunde sogar einmal die Verfolgte zerreißen, so ruft die Jungfrau: er will mich zur Speise haben, und er selbst bestätigt, daß er sie verschlingen wolle. Wenn es heißt, daß durch sein Herannahen Tor und Riegel gesprengt werden, so erinnert das an die alle Hemmnisse niederwerfende Gewalt des Sturmes. Die im Saale nach Fraß suchenden Hunde, Etzels Bemühen, den gefräßigen, hungernden Wunderer durch Speise zu besänftigen und ihn so vom Verzehren der Jungfrau abzubringen, sind Erinnerungen an die besänftigenden Speiseopfer, die den Winddämonen gebracht. wurden, und vergleichen sich den Opfern, die man dem Wode und seinen Hunden zu bringen pflegte. Der „wunderaere“ ist der Wunder Verrichtende, der übernatürliche Kräfte heilsam Anwendende. In Schlesien sagt man noch heute, wie auch aus dem 17. Jhd. bezeugt ist: der wunder möcht ein' fressen, womit natürlich nur der menschenfressende Wunderer gemeint sein kann. Da der Name aber für einen bösen Dämon wenig passend erscheint, ist der Wunderer vielleicht entstellt aus der „,Winderer" (winden Wind erregen); im an. ist Vidrir eine Beiname Odins. Frau Sälde wird verfolgt wie die Seligen Fräulein, die Wildsälden vom wilden Manne, und ist wie diese der Zukunft kundig (S. 151); sie ist nicht Fortuna, nicht eine Allegorie, sondern gleichfalls eine vollblütige mythische Gestalt.

Die Stelle des Wunderers nimmt im Liede von Ecken Ausfahrt Vasolt ein.

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Nach hartem Kampfe mit dem Riesen Ecke reitet Dietrich durch den Wald. Da hört er eine klagende Frauenstimme, und ein wildes Weib bittet ihn um Hilfe, da sie von Vasolt und seinen zwei Jagdhunden in wilder Fahrt gejagt werde. Da kamen auch schon die Hunde heran, und Dietrich hob die Jungfrau auf sein Roß; indem hörte er dröhnenden Hornruf erschallen und sah Vasolt daher stürmen. Dessen Leib hatte wohl Riesenlänge, und sein Haar, weiß wie klares Silber, fiel in drei Zöpfen zu beiden Seiten des Rosses herab. Zornig ritt er auf Dietrich zu und sagte: „Du hast mir meine Maid genommen, ich habe sie diesen ganzen Tag gejagt, ihr müßt beide hangen." Alsbald begann ein grimmiger Kampf, Dietrich ver

wundete Vasolt durch den Helm und schlug ihm einen Zopf ab, doch auf Bitten der Jungfrau schenkte er ihm das Leben. Aber wie Dietrich vorher mit Vasolts Bruder Ecke gekämpft hatte, so mußte er nachher einen noch gefährlicheren Streit mit Vasolts Mutter Birkhilt bestehen.

Wie der Wunderer das selige Fräulein, verfolgt Vasolt das wilde Weib mit seinen Hunden. Beide Jäger führen ein laut schallendes Horn; wie der Wunderer, droht Vasolt die Jungfrau zu hängen, beide werden nach schwerem Kampfe besiegt, aber auf Bitte der Jungfrau nicht getötet. Vasolt ist auch sonst als Sturmriese bezeugt. Im rheinischen Siebengebirge führt eine Schlucht mit scharfem Nordostwind den Namen Faseltskaule. In einem Wettersegen wird Vasolt beschworen, das Ungewitter wegzuführen: „Ich peut dir Vasolt, daß du das Wetter verfirst mir und meinem nachpauren ân schaden". Das lange Haar, das Vasolt in Zöpfen gebunden trägt, ist ein Bild der sturmgebärenden, flatternden Wolke. Dunkel ist der Name; er wird zu an. fas Übermut, oder zu visen sich hin- und herbewegen, oder zu ags. faes Schrecken, schwed. fasa = Entsetzen gestellt. Wenn aber sein Bruder Ecke heißt, der Schrecker, wird Vasolt wohl den Entsetzen Erregenden bedeuten.

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In denselben naturmythischen Vorstellungskreis führen auch einige andere Namen aus Vasolts Verwandtschaft: Helle, der Töner, Zerre, der Zerreißer, Welderich, der Waldmann, ihre Mutter und Eckes Vaterschwester Runse, die Schneelawine, und Birkhilt, Vasolts Mutter. Sie kommt über Baumstämme springend daher, reißt einen Baum aus und läuft keuchend vor Grimm Dietrich an, so daß er entweichen muß; endlich aber faßt er sein Schwert und schlägt ihr das Haupt ab. Als dieses hinfliegt, schreit es mit so lauter Stimme, daß der Riesin Tochter Vodelgart fern im Gebirge die klägliche Stimme der Mutter vernimmt. Zornerfüllt reißt auch sie einen Baum aus und eilt herbei. Sie gibt damit dem Berner einen solchen Schlag, daß er niederstürzt. Voll Scham und Zorn springt er auf, zerhaut den Baum in ihren Händen und fängt sie an ihren langen Haaren.

Die Riesin Runse, die Dietrich tötet, hat ihre Heimat

im Walde, lawinengleich bricht sie eine Burg mit einer Hand und springt über Ronnen und Felsblöcke. Noch die heutige Tiroler Sage kennt eine Runsa, die Schlammlawinen herabsendet. Der Name gehört zu ,,rutschen" und bedeutet Lawinensturz. Sie ist ein wildes, wüstes Wald- und Alpenweib von schreckhaftem Aussehen; ihre Wirkungen sind die Schlammgüsse, die bei heftigem Regen aus den Hochgebirgen niederstürzen und Erde, Bäume, Hütten und Felsen fortreißend über die Abhänge und Täler die grausigsten Verwüstungen schütten. Solche Runsen hausen in den Tiroler und Schweizer Alpen leider viele.

Ein Sturmriese ist endlich auch Vasolts Bruder Eck e.

Auf Jochgrimm sitzen drei königliche Jungfrauen, um die drei riesenhafte Brüder werben, Ecke, Vasolt und Ebenrot. Ecke verdrießt, daß der Berner vor allen Helden gerühmt wird, und er gelobt, ihn gütlich oder mit Gewalt, lebend oder tot herbeizubringen. So entlassen ihn die Frauen, und zum Lohne wird ihm die Minne einer von den dreien zugesagt. Ein Roß verschmäht er, weil er so ungefüge sei, daß ihn kein Roß tragen könne, vierzehn Tage und Nächte geht er zu Fuße, ohne Müdigkeit und Hunger zu spüren. Wie eine Glocke klingt sein Helm im Walde, wenn ihn die Äste rühren. Durch Gebirg und Wälder rennend, schreckt er das Wild auf, und die Vögel verstummen. So läuft er bis nach Bern, und als er dort vernimmt, daß Dietrich ins Gebirge geritten, wieder an der Etsch hinauf in einem Tage bis Trient. Kaum sieht er ihn im Walde reiten, so fordert er ihn zum Kampfe. Aber erst am nächsten Morgen willigt der Berner ein, zu streiten. Doch Ecke will nicht warten. Schon ist die Sonne zu Rast, als Dietrich vom Rosse steigt. Sie kämpfen noch in der Nacht; das Feuer, das sie sich aus den Helmen schlagen, leuchtet ihnen. Das Gras wird vertilgt von ihren Tritten, der Wald versengt von ihren Schlägen. Sie schlagen sich tiefe Wunden, sie ringen und reißen sich die Wunden auf. Zuletzt unterliegt Ecke. Sein blutiges Haupt bringt Dietrich den drei Königinnen, die den Jüngling in den Tod gesandt.

Noch heute weiß die Volkssage, daß auf Jochgrimm in Tirol drei uralte Hexen hausen, die Wetter und Hagel machen können. Landschaft und Zahl stimmen so genau, daß die Übernahme dieser Gestalten aus dem Volksglauben unzweifelhaft ist. Eckes Name der Schrecker", seine Verwandtschaft mit Vasolt und Runze, seine Entsendung durch die drei weiblichen Wetterdämonen, die auf Jochgrimm über Hagel und

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