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Germanen gemeinsam ist die Vorstellung des auf weißem Rosse dahinjagenden Sturmes oder des ewigen Wanderers, der im Gewitterzuge auch zu Fuß dahinschreitet, den Wolkenhut tief in die Stirn gedrückt, aus der im zuckenden Blitzstrahl sein finsteres Auge leuchtet. Aber der Schluß ist verfehlt, daß Wodan nicht bei allen Stämmen, besonders nicht bei den oberdeutschen, als eigentliche Gottheit verehrt sei. Die dämonischen Züge, die er von Anfang an besaß, werden im Glauben des Volkes gewiß stärker hervorgetreten sein als in dem der Adligen und Priester, und sie konnten sich um so leichter erhalten, als die Bekehrer im allgemeinen ihre Angriffe nur gegen die höhere Mythologie richteten.

Wertvolle Quellen der deutschen Mythologie sind außerdem die Personen- und Ortsnamen, Tier-, Pflanzen-, Wochentags- und Monatsnamen, die Runeninschriften, die ahd. Glossen und die Inschriften auf Weihsteinen von deutschen Söldnern im römischen Dienste. In ihnen werden die Gottheiten entweder mit einem heimischen Namen oder Beinamen bezeichnet, oder es wird der Name der römischen Gottheit beigesetzt, mit der die deutsche verglichen wurde. Steht dieser letztere Name allein, so ist für uns die eigentliche Bedeutung meist gar nicht mehr oder kaum noch erkennbar. Durch die Ausbeutung der inschriftlichen Denkmäler zeigt sich der taciteische Götterkreis erweitert; alle Versuche, diese Funde für eine Darstellung der deutschen Mythologie mit den übrigen Nachrichten zu vereinigen, bauen sich auf der etymologischen Deutung der inschriftlichen Namen auf; es sind hauptsächlich Probleme sprachlicher Art. Einige Altäre sind mit Bildern geschmückt wie der des Mars Thingsus und mehrere, die der Nehalennia errichtet sind. Den Gottheiten sind auf ihnen Attribute beigegeben; wenn auch die Ausführung durch römische Künstler erfolgte, so müssen diese Beigaben doch germanischen Glauben wiederspiegeln, denn die etwa nach römischer Auffassung eingemeißelten Zeichen hätten für den Germanen keinen Sinn gehabt. Das beweist ein Tius- oder Wodansbild auf einer Juppitersäule, denn Juppiter ist niemals zu Pferde und nie bartlos dargestellt. Dieser Gegensatz

zur römischen Darstellung zeigt, daß die Germanen den Gott auch nach ihrer Auffassung abgebildet sehen wollten.

Unter den Berichten des Altertums ist die Germania des Tacitus die Hauptquelle. Der erste Römer, der nach eigener Erkundigung von germanischen Göttern berichtet, ist Cäsar: „die Germanen rechnen zur Zahl der Götter nur die, die sie sehen, und durch deren Segnungen sie offenbar gefördert werden, Sonne, Vulcan und Mond; von den übrigen haben sie nicht einmal durch den Mythus (fama) vernommen" (b. g. 61). Von Cäsar stammt die interpretatio Romana her, denn er konnte sie von niemand übernehmen, Tacitus fand sie vor und verbesserte sie. Diese Verdolmetschung geschah nicht nach Namensähnlichkeiten oder nach der inneren physikalischen Bedeutung der Gottheiten, sondern nach den Äußerlichkeiten ihres Kultus und der Ähnlichkeit der Gesamtvorstellung, die man von ihnen hatte. Die Angaben Cäsars und des Tacitus stimmen offenbar nicht zu einander; nicht nur ist Tacitus viel besser über den deutschen Glauben unterrichtet, sondern in einem Punkte wenigstens ist Cäsars Mitteilung falsch, daß nämlich die Germanen nur Sonne, Mond und Feuer angebetet hätten.

Tacitus erwähnt leibhaftige Götter der Germanen, unter römischen Namen: Mars (Tius), Mercur (Wodan), Hercules (Donar), Castor und Pollux (die Söhne des Tius ?), Isis (Nehalennia); unter Beibehaltung der deutschen Namen: Tuisto, dessen Sohn Mannus, sowie die Nerthus. Tacitus redet nachdrücklich von Helden und Abkömmlingen der Götter (Germ. 2), von dem Gotte, der den Krieg lenkt (Germ. 7), von den Namen der Götter, nach denen die heiligen Haine benannt wurden (Germ. 9), von dem Priester, der keine Weissagung beginnt, ohne die Götter anzurufen (Germ. 10) und sich für den Diener der Götter hält (Germ. 10), von dem allwaltenden Gotte (Germ. 39), von den Göttern der Germanen (Hist. 517), die auf sie herniederblicken, von den heimischen Göttern, denen zu Ehren die römischen Adler in den Hainen aufgehängt seien (Ann. 159), von den heimischen Göttern (Ann. 210, 1116) und von den gemeinsamen Göttern (Hist. 464).

Cäsar sagt,,,die Germanen kümmern sich nicht viel um Opfer" (621), Tacitus weiß um so mehr darüber. Ja, Cäsar widerspricht sich zwei Bücher vorher selbst (47, S. 178). Die drei Zeilen, die er dem religiösen Leben unserer Ahnen widmet, werden also dem germanischen Götterglauben durch

aus nicht gerecht. Der geniale Feldherr hatte für das geistige Leben seiner gefürchteten Gegner kein Verständnis, seine Berührungen mit ihnen sind allerdings nur flüchtig gewesen. Wie hätte er sonst die hübsche Jägergeschichte als Wahrheit wiedergeben können, daß die Germanen die Alcen eine Art Rehe mit stumpfen Hörnern und mit Beinen ohne Gelenkknoten und Gliederung dadurch erlegen, daß sie die Bäume anhauen: an diese lehnen sich dann die Tiere an, werfen sie um und stürzen mit ihnen nieder! (627). Alle Bemühungen, hinter Cäsars Sol, Luna, Vulcan deutsche Götter zu suchen, müssen vergeblich sein. Bei Luna hat man an eine nur inschriftlich bezeugte Göttin Haeva oder Alaiteivia gedacht, bei Vulcan an Donar, bei Sol an Tius. Nur das ist vielleicht außer der Dreizahl, die echt sein wird, der wahre Kern seiner Angabe, daß die Germanen die segnenden Mächte des Himmelslichtes verehrten; die beigefügte Interpretatio soll nur verdecken, wie ungenügend er über Einzelheiten des germanischen Götterglaubens unterrichtet war. Noch 150 Jahre nach Cäsar erkennt man aus der Schilderung des Tacitus deutlich, daß bei den Germanen der Lichtkultus vorherrschte. Als der König der Ansivaren Boiocalus die Römer flehentlich um Land für sein Volk anrief, blickte er zur Sonne und den übrigen Gestirnen empor und fragte sie, wie wenn sie zugegen wären, ob sie Verlangen trügen, den menschenleeren Boden anzuschauen (Ann. 1355). Aber nichts ist charakteristischer für die göttliche Verehrung, die die Germanen den Mächten des Lichtes erwiesen, als das Aufkommen Wodans. Der nächtliche Sturmgott entthront den Gott des strahlenden Himmels und Tages Tius, aber er bleibt nicht mehr der Gebieter der Nacht und des Todes, sondern ist selbst zum leuchtenden Himmelsgotte geworden, von dem nicht nur die materielle, sondern vor allem die geistige Kultur herrührt, höheres Wissen und Dichtkunst. Das Aufsteigen Wodans mußte eine Umwälzung hervorrufen, die als die größte zu bezeichnen ist, die der deutsche Geist in der Urzeit durchgemacht hat.

Tacitus hat für seine Germania (98) ohne Frage

die Werke seiner Vorgänger benutzt, Cäsars Kommentare zuweilen mit wörtlicher Übereinstimmung; er bezeichnet seine Quellen mit einige sagen" (quidam dicunt). Ob er aber aus eigener Anschauung beschreibt, ist nicht nachweisbar; er selbst beruft sich nie darauf. Daß er als Befehlshaber einer Legion am Niederrhein oder Statthalter der Provinz Belgica seine Kenntnis der germanischen Verhältnisse erworben habe, ist nicht ganz unwahrscheinlich. Die Meinung, Tacitus habe als Reisender in germanischen Hallen Ale getrunken und zugleich Nachrichten gesammelt, nennt Gustav Freytag selbst eine,,fröhliche Vermutung". Daß trotzdem vieles den Eindruck des Selbsterlebten macht, beruht auf den Mitteilungen seiner Gewährsmänner, die Augenzeugen gewesen sein müssen. Über die Völker vom Rhein bis zur Elbe wird genau berichtet; was von den Verhältnissen jenseits der Elbe und im Norden handelt, klingt mythenhaft (cetera iam fabulosa K. 46). Gewiß hat er auch die römischen Archive durchgearbeitet, in denen Berichte über Land, Stämme, gesellschaftliche Verhältnisse, Gebräuche und Religion der Germanen aufgehäuft waren. Aus Deutschland zurückkehrende Kaufleute, Offiziere, und Beamte, germanische Gefangene und flüchtige Häuptlinge werden die schriftlichen Quellen ergänzt haben. Sobald er sich aber auf seine germanischen Gewährsmänner verließ, wurde das Geschichtliche seiner Beschreibung gefährdet. Denn die Germanen kannten. noch nicht wie die Griechen und Römer die scharfe Grenzlinie zwischen wirklicher und mythischer Ethnographie und Geographie. Für sie lag wirklich das Reich der Riesen, der Etiones, im Norden, für sie waren die Gestalten der wilden Jagd, der Elbe, Mahren und Wildfrauen leibhaftige Wesen mit Fleisch und Blut Tacitus aber faßt diese mythischen Namen als Bezeichnungen von Völkern auf und redet von Ellusii, Etiones und Harii (S. 146, 157; s. u. Wodan). Dem gläubigen Germanen waren diese Phantasieländer und Völker Wirklichkeit, und sollten sie dem wißbegierigen Römer von ihren fernen Ländern und Grenzen erzählen, so mußten sie auch davon berichten. Trotz dieser und anderer Mißverständnisse behält die Germania als Quelle

für den Glauben und Brauch unserer Vorfahren den Wert, daß sie zuerst in größerem Umfange eine Schilderung des religiösen Lebens gibt vor jener tiefgreifenden Umwälzung, wo die Überlegenheit des alten Kulturvolkes auch auf diese germanischen Verhältnisse einwirkt, und daß bereits bei ihm das Geheimnisvolle und die enge Verknüpfung mit dem Leben des Stammes als besonders charakteristische Merkmale der deutschen Religion hervorgehoben werden.

Wieviel von den religiösen Vorstellungen der Germanen indogermanischer Urbesitz gewesen ist, läßt sich kaum entscheiden. Nur das läßt sich vielleicht sagen, daß sie aus der Urheimat bereits den Lichtkultus, die Verehrung der segnenden Mächte des Himmels, mitgebracht haben. Die höheren Götter der Indogermanen waren als himmlische Wesen gedacht (deivos). Eins dieser Himmelswesen war der „Vater Himmel“ selbst, Dieus; der blitzbewehrte, heldenhafte Gewittergott; vielleicht das in der Gestalt göttlicher, in Heldenschönheit prangender Jünglinge verehrte Zwielicht und die Morgenröte. Die wilden Waldleute, Maren, Elbe und Wasserfrauen lassen sich ebenfalls in das indogermanische Altertum zurückverfolgen. Von den Mythen, die die Taten und Erlebnisse dieser Götter erzählen, sind uralt: der Mythus von dem Drachensiege des Himmelsgottes, vom Donnergott und von der Mutter Erde, von den Ehen göttlicher Wesen mit den sterblichen Menschen. Sogar der Kultus des Himmelsgottes reicht in die Urzeit zurück (s. u. Tius), ebenso besondere Formen des Gottesdienstes, Zaubersprüche, Notfeuer, Menschenopfer und Ansätze zur Bildung eines Priesterstandes. Nicht nur sprachliche Gleichungen wie idg. Dieus, aind. Dyaus, gr.

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Zeus, lat. Juppiter, Jovis, urgerm. *Tiwaz, got. Tius, ahd. Ziu, an. Týr „glänzend, himmlisch, Gott", und idg. deivos, aind. devas, altir. dia, lat. divus, urgerm. *tíwôz, an. tívar, ,,die Lichtgötter", inschriftlich Alateivia, sondern auch die ältesten Zeugnisse bestätigen einen Lichtkultus der Germanen.

Unter dem heitern Himmel südlicher Länder war die Vorstellung eines leuchtenden Himmelsgottes und seiner lichten Söhne entstanden; unter dem grauen Himmel Deutschlands

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