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(Germ. 9.). Aber er widerspricht sich selbst, wenn er sagt, daß nur dem Tode Geweihte (natürlich mit Ausnahme des Priesters) das göttliche Wesen sehen. Wie soll man sich sonst das Bad der Göttin nach vollzogenem Umzuge und ihre Zurückstellung in den Tempel denken? Diese ingw. Feier wird durch eine gotische bezeugt. Wulfila war vielen Gefahren unter den heidnischen Goten ausgesetzt, denn die Christen wurden von dem Gotenkönig Athanarich verfolgt († 382). Athanarich befahl, die Bildsäule des gotischen Gottes auf einem Wagen vor den Wohnungen aller des Christentums Verdächtigen herumzuführen; weigerten sie sich, niederzufallen und zu opfern, so sollte ihnen das Haus über dem Haupte angezündet werden (Sozomenos, hist. eccl. 697). Gemeint ist ein bedeckter, persischer Reisewagen mit Vorhängen, die man auf- und zuziehen konnte. Endlich ist beachtenswert, daß der Name des Ortes wo der Nerthustempel stand, Hleiđr, durch das got. hleiþra Zeltwagen seine Erklärung findet. Die Tücher waren vermutlich von weißer Farbe; zahlreiche abergläubische Gebräuche bekunden, daß die Leichen unter einem weißen Laken begraben wurden.

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Wenn sich der Zug in Bewegung setzte, übte der Priester angesichts der herbeiströmenden, festlich gestimmten Menge feierliche Zeremonien aus und sprach heilige Gebete. Aber auch das Volk betätigte seine Teilnahme an der Umfahrt. Wie bei den Goten das Götterbild von Haus zu Haus zog und Opfergaben in Empfang nahm, wie in Rom einzig und allein bei der Prozession der ,,Großen Mutter" (mater magna) eine Kollekte der religiösen Körperschaft erlaubt war, so wird während des Umzuges von den einzelnen Häusern und Höfen eine Steuer eingesammelt sein, das geld, ahd. këlt, die heilige Mahlzeit. Wie der Priester feierliche Gebete sprach, so stimmte auch das Volk während der Fahrt des Götterwagens Lieder zu Ehren der wiederkehrenden Göttin an, unter deren Klängen Reigen getanzt und Aufzüge dargestellt werden. Dabei mögen wohl feierliche Hymnen gesungen sein, die, wenn auch nicht wörtlich, so doch inhaltlich dem ags. Liede entsprachen:

zogen.

Heil dir Erde, Menschenmutter,

Werde du fruchtbar in Gottes Umarmung,

Fülle mit Frucht dich, den Menschen zum Nutzen!

Nach Beendigung der Festzeit wurde der Nerthuswagen mit dem Bilde der Göttin und den Decken ins Wasser geEin uralter Rest aus längst vergangener Zeit mag in diesem Brauche fortleben, ein Regenzauber, durch den man hin reichenden Regen auf die frisch bestellte Saat herabzulocken wähnte. Der erste Pflug und die erste Egge wurden mit Wasser begossen oder in einen Bach und See gestürzt, beim Pflugumziehen wurde der Wagen mit den vorgespannten Mägden ins Wasser getrieben. Der eigentliche Festakt endete mit dem Opfern der Diener, indem man (der Priester?) sie in die Tiefe des Sees stürzte; aber dieses Menschenopfer sollte nicht die erhoffte Wirkung des Regenzaubers verstärken, sondern es wurde der höchsten Göttin dargebracht, die in ihr unterirdisches Reich zurückkehrte.

So mischen sich selbst im alten Nerthuskulte Vorstellungen und Gebräuche einer noch viel älteren, roheren und einer fortgeschritteneren Zeit. Wie die Frühlingsfeste sich geschichtlich weiter entwickelt haben, lehrt ein Zeugnis des 13. Jhds., das die niederländische Sitte schildert, eine Pfingstkönigin zu wählen (Ägidius): „Zur Zeit des Bischofs Albero von Lüttich († 1155) wählten Priester und Kleriker am Oster- und Pfingstfeste gemeinsam mit dem Volke aus den Weibern der Priester eine aus, schmückten sie mit Krone und Purpur, setzten sie auf einen Thron, verhüllten sie mit Gewändern und ernannten sie zu ihrer Königin. Dann stimmten sie den ganzen Tag hindurch unter Begleitung von Musikinstrumenten Lieder von ihr an und erwiesen, wie wirkliche Götzenanbeter, ihr wie einem Götzenbilde Verehrung." Also noch im 12. Jhd. verehrte man die auf einem Wagen umherziehende und durch Gardinen oder Schleier verdeckte Pfingstkönigin wie ein Götterbild und feierte sie mit Chorgesängen und Reigen.

Wie kam Tacitus oder vielmehr sein Gewährsmann dazu, die ingw. Hauptgöttin durch die römische „terra mater“ zu verdolmetschen? Die Übereinstimmung zwischen dem

Frühlingsfeste der Nerthus und der Cybele ist in der Tat auffallend.

Am 22. März feierte man in Rom das Fest der phrygischen magna mater, der mater deûm. Im Pinienhaine der Cybele wurde ein schöner Baum ausgewählt, sein Stamm mit wollenen Binden umwickelt, die Äste mit Krummstab, Tympana, Flöten, Klapperblechen behängt und mit den ersten Blumen des Frühlings, mit frischen Veilchen geschmückt, und die Figur eines Jünglings, des entmannten und in eine Fichte verwandelten Attis, dazwischen gebunden. Der abgehauene Stamm wurde feierlich ins Allerheiligste der großen Mutter gebracht. Vom 22. bis 24. März herrschte Fasten, Trauer und Klage, am 25. aber folgte Freude und Jubel, denn Attis war wieder zu neuem Leben erwacht. Am 27. fand ein feierlicher Umzug statt der dazwischen liegende Tag war Ruhetag und das Bild der Göttermutter wurde auf einem von Rindern gezogenen Wagen, umdrängt von der jubelnden und Lieder anstimmenden Menge, durch die Stadt nach der Mündung des Flusses Almo in die Tiber gefahren und dort dicht vor der Porta Capena mit dem Wagen gebadet. Bei der Rückkehr des Zuges in die Stadt wurden der Wagen und die Zugtiere mit Blumen bestreut, ein Priester und eine Priesterin phrygischer Abkunft hielten unter Flötenspiel und Paukenschlag und Absingen heiliger Lieder zu Ehren der göttlichen Mutter von einem Stadtviertel zum andern Umgang und sammelten Haus bei Haus Gaben ein. Es war die einzige in Rom erlaubte Kollekte.

Die Umfahrt der großen Mutter auf dem von Rindern gezogenen Wagen und ihr Bad samt dem Wagen ist in beiden Feiern die Hauptsache; ein römischer Zuschauer des deutschen Festes mußte mit Notwendigkeit dazu kommen, an den Kultus der mater zu denken und durch Erinnerung an das röm. Fest das deutsche zu veranschaulichen. Hier wie dort umringt den Umzug die festlich gestimmte, dicht gedrängte Menge (Wer zählt die Völker, kennt die Namen, die gastlich hier zusammenkamen?), hier wie dort begrüßt die Göttin auf ihrem Wagen feierlicher Gesang, frische Blumen werden gestreut, das Fahrzeug geschmückt, und endlich findet in Rom wie auf Seeland die Einsammlung der Steuer von Haus zu Haus während der Prozession statt. Die interpretatio Romana geht also allein von dem äußeren Hergange des Kultus aus. Das ist festzuhalten, um zu einem Verständnisse der Göttin Nehalennia zu kommen.

3. Nehalennia.

Von einer Göttin Nehalennia weiß man erst wieder seit dem 5. Januar 1647. Heftige Ost- und Nordostwinde tobten an der batavischen Insel Walcheren (an der Scheldemündung) und legten bloß, was Jahrhunderte lang unter dem Dünensande verborgen gewesen war. Beim Eintritt der Ebbe erblickten die Bewohner von Doomburg, einem Städtchen an der Nordwestküste, 45 Trümmer von Säulen, Altären und Statuen mit Inschriften und Darstellungen. Aus ihnen ging hervor, daß man die Reste eines Tempels der Nehalennia vor sich hatte. Von diesen Denksteinen sind 22 noch heute erhalten, die übrigen bei einem Brande verloren gegangen. Im Herbst 1870 wurde abermals bei Doomburg aus dem Flugsande des Strandes ein Altar der Nehalennia ans Tageslicht getrieben.

Zwar war schon im Jahre 1600 im alten Ubierlande, in Deutz, ein derselben Göttin geweihter Altar gefunden, aber nicht bekannt geworden; 1776 oder 1777 fand man in Deutz eine neue Inschrift.

Auf 18 Altären ist Nehalennia bildlich dargestellt, viermal stehend, viermal sitzend. Sämtliche Bilder zeigen die Göttin in einen weiten, mit einem großen Kragen versehenen Mantel gehüllt, der durch eine Agraffe zusammen gehalten wird. Auf einigen trägt sie eine Kappe oder Flügelhaube, wie sie noch im 13. und 14. Jhd. in ganz Deutschland üblich war und in den Niederlanden noch heute vorkommt. Auf 11 Altären sitzt, bald zur Rechten, bald zur Linken der Göttin ein Hund mit horchend zu ihr erhobenem Kopfe.

Auf 3 Altären erscheint neben ihr ein Schiffsvorderteil, auf einem hält sie außerdem ein Ruder in der Rechten: einmal ruht der linke Fuß der stehenden Göttin auf dem Steven (Abbildung 12), das andere Mal beide Füße, auf dem dritten Stein stützt sie sitzend den linken Fuß auf den Kiel. Auf einem Doomburger Altare löst ein seefahrender Kaufmann der Göttin Nehalennia ein Gelübde für die glückliche Errettung seiner Waren. Auf 10 Altären, wo die Göttin sitzend darge

stellt ist, trägt sie einen Korb oder eine Schale mit Äpfeln und andern Früchten. Auf 5 Steinen ist sie mit Füllhörnern abgebildet, die sich nebst Bäumen und Reben auch öfters an den Seitenwänden finden. Auf einem Altar ist ein Jagdknecht abgebildet, an einem Stabe schreitend und auf dem Rücken einen erbeuteten Hasen tragend.

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Die Verehrung der Göttin ist also für den Rhein und die Nordseeküste bezeugt. Daß die Inschriften von Deutschen herrühren, bezeugen die deutsche Kleidung der Nehalennia, der verhüllende Mantel, der deutsch gekleidete Jagdknecht, der einen Hasen am Stocke trägt, und das Vorkommen deutscher Namen auf den Altären. Der röm. Soldatendienst, bei dem die lateinische Sprache gebraucht wurde, erforderte, daß die Germanen sich neben ihrem heimischen Namen auch einen

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