ÀҾ˹éÒ˹ѧÊ×Í
PDF
ePub

aus dem Marenglauben bekannte Motiv der verbotenen Frage und Nachforschung an diese Erzählungen angeschlossen (S. 77).

Eine Braut geht unfern von Donsum mit ihrem Geliebten am Ufer, sieht Schwäne auf dem Wasser, erkennt in ihnen ihre Schwestern und fliegt plötzlich als Schwan mit den andern davon. Ein Knabe zu Wimpfen erblickt auf einem See drei Schwäne, fährt auf einem Brette zu ihnen hinüber, versinkt aber und findet unter dem Wasser ein Schloß mit drei schönen Jungfrauen, bei denen er solange bleibt, bis ihn die Sehnsucht nach der Oberwelt ergreift. Als sie ihm aber die Rückkehr erlauben, stirbt er, wie sie ihm angedroht haben. Die Schwanenhemden kehren im Märchen als weißseidene Hemdchen wieder, die die Stiefmutter den Kindern überwirft; kaum haben sie den Leib berührt, so verwandeln sich die Kinder in Schwäne und fliegen über den Wald hinweg. Als die Sonne untergeht, setzen sie sich auf den Boden, blasen einander an und blasen sich alle Federn ab, und ihre Schwanenhaut streift sich ab wie ein Hemd (K. H. M. Nr. 49; D. S. Nr. 292, 295, 534, 540).

Göttinnen, die nur inschriftlich bezeugt sind.

Die Votivsteine der deutschen Gardereiter teilen jedem der drei germanischen Götter eine Göttin zu, dem Mars-Tius die Victoria, dem Mercurius-Wodan die Felicitas, dem Hercules die Fortuna mit den Atributen Steuerrad und Füllhorn. Bei der Victoria kann man vielleicht an die oberdeutsche, also urprünglich suebische Berhta denken (doch vgl. S. 211), bei der Felicitas am ehesten an die mitteldeutsche Holda, bei der Fortuna an eine Volla..

Am 5. November 1812 wurde in der Nähe von Stuivezand zwischen den Dörfern Rysbergen und Groot-Zundert, in Nordbrabant, ein Altar gefunden, der jetzt im Museum von Leyden steht: Deae Sandraudigae cultores templi. Etwa 30 Jahre später stieß man an derselben Stelle auf die Überreste eines Gebäudes, auf Steine, Dachziegel, Nägel, Haken, irdenes Geschirr und Münzen von Vespasian und Antoninus. Vermutlich hatte hier ein Tempel der Sandraudiga gestanden. Vor allem förderte man eine große Menge von Zähnen und die Kinnladen von Rindern und Schafen zutage, Überreste von alten Opfern. An der Schmalseite des Altars befindet sich je ein Füllhorn wie bei den Nehalenniasteinen. Sandraudiga

ist vermutlich ein Beiname der Erdgöttin und bedeutet die wahrhaft und wesentlich reiche und glückliche Göttin, die den Feldern Fruchtbarkeit spendet, wie die Füllhörner zeigen, und die Herden schützt, wie vielleicht die Befunde von Opferresten bestätigen.

Drei Steine bezeugen den Kult einer Göttin Vagdavercustis. In Geldern, dem ehemaligen Gebiete der germ. Cugerni hat ihr ein Decurio eine Inschrift geweiht. Eine sichere Deutung des Namens ist noch nicht gefunden, man weiß nicht einmal, ob Vagdaver. Custi zu lesen ist oder Vagdavercusti. Custis wird als die (Toten) Wählerin erklärt, Vagdaver als zusammengesetzt aus urgerm. *wagđô die Bewegung und werô die Hemmerin, man sieht also eine Totengöttin in ihr. Vagdavercustis deuten andere als die Bewirkerin der lebenden Kraft, die Lebenskraft wirkende und faßt den Namen als ein Beiwort der Erdgöttin auf (Wurzel wag bewegen, Vercustis die Bewirkerin).

[ocr errors]

Auf einer Brunnenschale aus Ernstweiler bei Zweibrücken, also im alten Nemetergau, und auf einer Inschrift aus Bertrich an der Mosel kommt eine Dea Vercana vor. Vercana hängt mit Vercustis zusammen, beidemal kehrt der Stamm werk" wieder. Westgerm. *Vercanu entspricht genau dem Beinamen der Athene 'Eoyάvn, der Beschützerin künstlicher Arbeiten. Auch der Umstand, daß sich die Inschrift am Rande einer Brunnenschale befindet, kann in Beziehung zum Geschäfte des Handwerkers stehen, der sie herstellte. Möglich ist aber auch, daß Vercana eine Brunnengöttin ist.

Im Sommer 1893 wurde zu Lanchester, einer Station an der wichtigen Römerstraße nach Nordengland, ein Altar aus Sandstein gefunden, den ein suebisches Detachement der Göttin Garmangabis um 238-241 errichtet hat. Garmanagabi wird als die erwünschte, willkommene Geberin erklärt, als die bereitwillig begabende, oder als die bereit liegenden Reichtum besitzende, aus der immer bereiten Fülle des Reichtums spendende. Der Reichtum der Göttin ist der Erntesegen, das suebische Beiwort käme also der Erdgottheit zu, der ermin. Isis-Nehalennia (S. 294).

Ein bei Xanten, also auf kugernischem Boden, gefundener Denkstein trägt die Inschrift: Alateiviae und nennt als Stifter einen Arzt Divo. Alateivia ist die Allleuchtende, Πανδία-Σελήνη. Vielleicht stimmt Alaiteivia nicht nur dem Namen, sondern auch ihrer Wirksamkeit nach mit dieser überein und ist wie Diana eine Mondgöttin. Beziehung zur Geburtshilfe und zu Heilzauber verschiedenster Art gehört zum Wesen aller Mondgöttinnen; so erklärt sich auch, daß der Stein von einem Arzte gesetzt ist. Nur wissen wir sonst gar nichts von einer deutschen Mondgöttin; an die Luna Caesars zu denken ist nicht statthaft.

Dritter Teil.

Der Kultus.

Das Christentum schlug den heidnischen Germanen gegenüber ein doppeltes Verfahren ein. Das unduldsame Wort des Bischofs Remigius von Rheims bei der Taufe des Frankenkonigs Chlodovech (496): „Beuge dein Haupt in Demut, stolzer Sigamber, und verehre von nun an, was du bisher verbranntest, und verbrenne, was du bisher verehrtest!", darf als vorbildlich für die spätere Zeit gelten, in der die heidnischen Götter sämtlich für teuflische Mächte erklärt wurden, und die christlichen Missionare sich beeiferten, die Heiligtümer zu vernichten und den heimischen Glauben und Brauch auszurotten. Zwar leugnete die Kirche die persönliche Existenz der für Götter gehaltenen Wesen durchaus nicht, aber auf Grund biblischer Stellen (wie Psalm 965, I. Kor. 1021-22) wurden sie als Dämonen bezeichnet. Ihre Verehrung wurde Teufelsdienst; die deutschen Götter wurden direkt als böse Geister bezeichnet. ,,Entsagst du den Unholden?" fragt das ostfränkische Taufgelöbnis des 7. Jhds., und der Täufling anwortet:,,ich entsage". Die Opfer, die er seinen Göttern gebracht hatte, mußte er aufgeben; aber ihre Namen nennt die Taufformel nicht, sie wären eine Entweihung: sie sind nicht den Menschen hold, sondern unhold. In der sächsischen Taufformel von ca. 790 wird allen Werken und Worten des Teufels entsagt, dem Donar, Wodan und Saxnot und allen den Unholden, die ihre Genossen sind (S. 190). So ist die Gestalt des Teufels, wie sie im Volksglauben lebt,

reich an Zügen enstellten deutschen Heidentums. Namentlich in Norddeutschland ist die Kirche mit furchtbarer Rück

sichtslosigkeit vorgegangen. Unerbittliche Strenge spricht aus den Verordnungen Karls des Großen vom Jahre 787/8: die capitula, quae de partibus Saxoniae constituta sunt, setzen auf Mord von Priestern Todesstrafen, ohne das Wergeld (Manngeld) zuzulassen, ebenso auf Menschenopfer, Bündnisse mit Heiden, Raub und Zerstörung von Kirchen, ja auf Verweigerung der Taufe, Verharren in Heidentum, Leichenverbrennen und Fastenbruch. Aber noch um 700 war in Bayern Kirchendiebstahl nicht höher gestraft als Diebstahl aus einem andern öffentlichen Gebäude, wie z. B. einer Mühle. In acht Artikeln zum Schutze des Christentums kehrt der schaurige Refrain wieder: ,,der soll des Todes sterben". In einem besonderen Verzeichnisse werden auf das Sorgfältigste alle heidnischen Gebräuche und Opfer aufgezählt, deren völlige Unterdrückung durchgeführt werden soll. Dieser Indiculus superstitionum et paganiarum (Verzeichnis heidnischer und abergläubischer Gebräuche und Meinungen) etwa vom Jahre 800 reiht in knapper Fassung 30 Punkte nebeneinander und scheint zum Amtsgebrauche der königlichen Sendboten oder Bischöfe für ihre Visitationsreisen gegeben zu sein, vermutlich bestimmt für friesische, den sächsischen ́benachbarte Gaue. Aber trotz Feuer und Schwert gelang es nicht, die alten heiligen Gebräuche gänzlich auszurotten. Oft genug erweist sich das, was niemals aufgeschrieben ist und sich nur in mündlicher Überlieferung erhalten hat, durch Heranziehen ethnologischer Parallelen als Rest uralter Zeit.

Als Beispiel einer gegen germanischen Glauben gerichteten Predigt sei ein Predigtstück aus dem Leben des hl. Eligius mitgeteilt, das in mehr als einer Beziehung wichtig und interessant ist.

„Vor allem bitte und beschwöre ich Euch, daß Ihr keinerlei heidnischem Aberglauben anhängt, nämlich, daß Ihr keine Loswerfer, Zeichendeuter, Zauberer und falschen Propheten angeht und sie in irgendwelcher Angelegenheit und auch nicht in Krankheiten um Rat fragt. Denn wer solcher Sünde verfällt, geht sofort des Segens der Taufe verlustig. Ebenso

« ¡è͹˹éÒ´Óà¹Ô¹¡ÒõèÍ
 »