ÀҾ˹éÒ˹ѧÊ×Í
PDF
ePub

angekohlt, ein Bild der mit Mittwinter beginnenden, langsam Blätter, Blüten und Früchte hervorbringenden Sonnenkraft.

[ocr errors]

Daß bei diesem wichtigen Opferfeste Umzüge, Verkleidungen, Gesang und Spiel nicht fehlten, zeigt der Brief des Bonifatius an Papst Zacharias (742; S. 335). Für die ags. Kirche war bereits im 6. Jhd. bestimmt: Wenn jemand an den Kalenden des Januar sich in eine Hirschhaut oder Kalbshaut steckt, d. h. als wildes Tier verkleidet und sich in die Felle von Haustieren vermummt und Tierköpfe aufsetzt, wer sich so in Tiergestalt verwandelt, der soll drei Jahre Buße tun, weil das dämonisch ist." Martin von Bracara wendet sich gegen den Glauben der suevischen Bauern, sie hätten das ganze Jahr vollauf, wenn sie zu Jahresanfang schwelgten (de corr. rust. 11). Im 11.Jhd. erzählt Burchard von Worms, wie schon im 8. Jhd. Primin von den Alemannen, daß man sich in der Neujahrsnacht, mit dem Schwert umgürtet, auf das Dach des Hauses gesetzt habe, um zu ergründen, was der Schoß der Zukunft für das neue Jahr Gutes oder Schlimmes berge. Dieselbe Frage wie 400 Jahre vorher bei Eligius kehrt wieder: ob man zur Neujahrsnacht nach heidnischem Brauche den Tisch in seinem Hause zugerichtet (d. h. geopfert) und auf den Straßen Tänze und Gesänge aufgeführt habe, in dem Wahne, für die Zukunft Nutzen davon zu haben; ob man Kuchen (Weihnachtsstollen) gebacken und aus ihrem Aufgehen Glück für das kommende Jahr geschlossen habe; ob man sich an einem Kreuzwege auf eine Rindshaut gesetzt habe, um gleichfalls Weissagungen anzustellen; und Primin erwähnt, daß man Weiber auf das Dach steigen ließ, um aus dem Feuer, etwa einem brennenden Scheite, die Zukunft zu verkünden. Eine gewöhnliche Rindshaut wird es nicht gewesen sein, sondern das Fell eines Opferrindes, das dadurch Zauberkraft erhielt, daß es der den Göttern gebührende Anteil beim Opfer war. Mit dem Schwerte, das ja der freie Mann stets bei sich trug, mußte man bewaffnet sein, um sich der feindlichen Dämonen erwehren zu können. Wer es in Gossensaß am Brenner der täte, während der Christmette auf dem

Firste seines Hauses zu sitzen und die Sense zu dengeln, der hätte das ganze Jahr Schneid". So stimmen die wenigen geschichtlichen Zeugnisse durchaus mit den heutigen Volksbräuchen überein, und noch heute erscheint neben den drei Königen aus dem Morgenlande und dem Geschenke verteilenden Bischof Nikolaus der heilige Martin an Wodans Stelle auf dem Schimmel oder Wodan selbst, zwar nicht in göttlicher Macht und Pracht, sondern als Knecht Ruprecht (Hruodperaht), aber sonst unangetastet vom christlichen Einflusse: der ruhmglänzende, gütige Gott; (neuerdings erklärt als Rûhpert, der rauhe Bercht); an die große Schicksalsgöttin Frau Holla-Berchta mag die weißverschleierte Frau der schlesischen Adventsspiele und ihr goldener Wagen gemahnen.

Wie sich die Hirtenopfer mit den Bauernopfern zu einer gemeinsamen Feier verschmolzen, so gingen aus den Gemeindeopfern zur Wintersonnenwende, zu Frühlingsanfang, zur Sommersonnenwende und im Herbste die großen Volksopfer hervor, wo die zerstreut wohnenden Mitglieder der Landesgemeinde zusammenkamen, der mitanwesenden, mitfeiernden Götter gedachten, Gericht hielten und tausch-, kauf- und verkauflustig ihre Ware ausstellten. Aus Opfer mit Schmaus und Tanz, Markt, aber auch zugleich aus Gericht, Waffenmusterung und Beratung über bevorstehende Feldzüge, Gelöbnissen liebender Paare aus fremden Gemeinden bestanden die großen altgermanischen Volksfeste.

5. Der Götterdienst im Staatsverbande.

Unter freiem Himmel oder unter dem Schutze eines großen heiligen Baumes tagte die Landgemeinde. Das germ. Wort Thing bezeichnet die öffentliche Versammlung, die Gerichtsstätte war zugleich Opferstätte und stand unter dem Schutze der Götter, vor allem des Tius, der darum den Beinamen Thingsus führte (S. 209), aber auch des Donar und Wodan. Die Landgemeinde ist zugleich Heeresversammlung und dient zur Musterung der waffenfähigen Schar (Caesar, b. g. 65; Tac. Germ. 11. 13. 22; Hist. 464). Sie entscheidet

über Ackerverteilung, Krieg und Frieden, über Verbrechen, durch die man sich den ganzen Stamm und seine Götter zu Feinden macht, über Landesverrat, Übergang zum Feinde und Feigheit. Die Gerichtsstätte war von der Umgebung durch einfriedende Haseln ausgeschieden. Die Hasel war dem Gott des Waffen- und Rechtsstreites Tius heilig, mit ihr wurde der zur Walstatt wie zum Thing bestimmte Platz eingehegt. Die Haselung war das äußere Zeichen der Weihung des Feldes, der Übergabe in den Schutz des großen Himmelsgottes. Die Stecken wurden durch heilige Bänder verbunden, und der Priester vollzog dann die Heiligung der Stätte.

Nach feierlichem Eingangsopfer, wobei in der Regel Menschenblut floß, forderte der vorsitzende Richter den Priester auf, die Lose zu fragen, ob die Beratung den Göttern genehm sei (Germ. 10) und ließ durch ihn feststellen, ob die Förmlichkeiten der Einhegung gehörig erfüllt seien. Darauf gebot der Priester im Namen des Gottes, dem das Thing geheiligt war, Stillschweigen (Germ. 11) und verkündete den Thingfrieden. Die Schweigen auferlegende Opferformel, die im griechischen evoquette, in Rom favete linguis lautete, war: ich gebiete Lust und verbiete Unlust (as. hlust zu ahd. hlosên, bayr. losen lauschen, zuhören).

[ocr errors]

Nach Caesar (b. g. 623) und Tacitus (Germ. 12) sprechen die Häuptlinge das Recht, aber die Strafe erteilt im Namen der Gottheit der Priester, er vollstreckt körperliche Züchtigungen und die Todesstrafe, aber nicht eigentlich zur Strafe, noch auf Befehl des Häuptlings, sondern auf der Gottheit Geheiß (Germ. 7). Die Todesstrafe hatte also sakralen Charakter, sie war ein Opfer. Gewalttaten gegen einzelne, Raub, Körperverletzung, selbst Mord konnten als leichtere Verschuldungen" (Germ. 12. 21) durch Übereinkunft mit einer Anzahl von Pferden, Rindern oder Schafen gebüßt werden; aber staatsgefährliche und entehrende Verbrecher, die die ewigen unverbrüchlichen Gesetze der Gemeinde- und Familienordnung verletzt, die sich damit als Feind der Götter und

[ocr errors]

des Volkes gezeigt hatten, wurden mit dem Tode bestraft. Verräter und Überläufer wurden mit einem Weidenstrang erdrosselt und an laublosen, dürren Bäumen oder an Galgen aufgehängt (Germ. 11). Dieselbe Strafe traf Kriegsgefangene, oder sie wurden in Gruben lebendig begraben (Ann. 161), oder am Altare geschlachtet (Ann. 161), oder verbrannt (Caes. b. g. 153). Feiglinge, Kriegsflüchtige und Unzüchtige wurden in Moor und Sumpf versenkt und Flechtwerk darüber geworfen (Germ. 11). Von den Heeresflüchtigen bestimmt noch ein Gesetz Karls d. Gr.: qui heri sliz (= Heeresbruch) fecerit, periculum incurrat. Tempelschänder wurden bei den Friesen ertränkt. Die Franken pflegten einen rückfälligen Dieb den Göttern zu opfern.

Die zweite Art, Verbrecher zu bestrafen, erscheint auf den ersten Blick weniger grausam, war aber nicht minder furchtbar. Nicht der Mensch selbst vergriff sich an ihm, (in der Regel vergönnte man dem Verurteilten Zeit zur Flucht), er bestimmte nur im Namen der Gottheit das Urteil und überließ den strafenden Göttern, wie sie Sühne für begangene Missetat nehmen wollten. Das heilige Gericht, das die Friedlosigkeit ausgesprochen hatte, sollte nicht entweiht werden. Ein Wunder war es, wenn der Verfehmte in den Wäldern sein verlorenes Leben nicht sofort einbüßte. So war die Friedlosigkeit geradezu ein Todesurteil. Auf feiger Heeresflucht stand nicht immer unmittelbare Todesstrafe, Tacitus erwähnt auch (Germ. 6), daß den Schandbeladenen, die den Schild verloren und dadurch die allergrößte Schmach begangen hatten, verwehrt war, bei den Opfern zu erscheinen oder in die Volksversammlung zu kommen; viele hätten daher, obwohl sie dem Kriege entronnen wären, solcher Ehrlosigkeit durch den Strick ein Ende gemacht. Zwar nennt Tacitus weder in Kap. 6 noch in Kap, 12 der Germania die Friedlosigkeit und Verfehmung der Ausreißer, aber nur diese Strafe kann gemeint sein. Der schändliche Mann, der den Frieden verwirkt hat, heißt noch im Gesetze des Frankenkönigs Chilperich: ein Mensch, der durch die Wälder irrt. Eine gemeinsame Bezeichnung des Friedlosen war warc, warg:

der Würger, der Wolf. Dem Dichter des Heliand ist der Verräter Judas, der sich entleibt, warag (5170). Der Friedlose soll wolfsfrei sein, wie der Wolf als allgemeiner Feind von jedermann erschlagen werden kann und soll.

Friedlosigkeit traf besonders den, der gegen die eigene Familie gefrevelt, sich gegen den heiligen Frieden der Sippe vergangen hatte. Die Stiftung der heiligsten Gemeinschaft, des Blutsverbandes der Familie war das Werk der Götter, ihre Verletzung daher ein Religionsfrevel. Ein Verbrecher, der den Göttern selbst zur Bestrafung preisgegeben wurde, konnte nur durch sie selbst wieder begnadigt werden. Vielleicht galt seine Freveltat als gebüßt, wenn er neun Jahre das Elend der Wildnis überstanden hatte.

Der Gründer der Familie, wie der Schutzherr der Lebensordnung, war Tius, gegen seine ewigen Satzungen hatte sich der Friedensstörer vergangen, in seinem heiligen Walde kam man zusammen, im Gotteswalde sollte er, friedlos gelegt, sein elendes, gehetztes Leben führen, die feierliche Thingstätte des Tius war auch die grausigste Opferstätte.

=

Dem Opferakte ging die Anwendung eines Gottesurteils, eines Ordals voraus (ags. ordal Urteil). Die allwissenden Götter, denen nichts verborgen ist, offenbarten ihre Macht auch bei gewissen heiligen Handlungen: man befragte das Los und den Kriegsgott im Zweikampfe. Der Kriegsgott Tius war zugleich Gott des Gerichtes, von seinem Willen hing der Ausgang des Kampfes ab.

Nach bayerischem Rechte werden die Kämpen vor Beginn des Ordals den Parteien durchs Los zugewiesen. War der Verbrecher bereits überführt, so suchte man den Willen der Götter zu erkunden, ob der Verbrecher oder der gefangene Feind ihnen genehm sei. Nur dem günstigen Ausfalle der Lose hatte Caesars Freund Procillus das Leben zu verdanken; dreimal war in seiner Anwesenheit das Orakel befragt worden, ob er sofort den Feuertod erleiden oder für später aufbewahrt werden sollte (Caes., b. g. 153). König Radbod warf über den gefangenen Willibrord dreimal an drei Tagen hintereinander das Los; aber nur einen von seinen Gefährten traf das Todeslos (V. Willib. 12). Auch der heilige Willehad war zum Tode verurteilt worden, weil er die heidnischen Götter gelästert hätte. Aber man wollte erst das Los befragen, ob er leben oder sterben sollte.

« ¡è͹˹éÒ´Óà¹Ô¹¡ÒõèÍ
 »