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Der Indiculus verbietet das abergläubische Beobachten von Vorzeichen, die am Herde oder bei Beginn eines Unternehmens angestellt werden (Nr. 17 de observatione pagana in foco vel in inchoatione rei alicuius). Der Flamme und dem Rauch auf dem Herde schrieb man heilende, schützende Kraft zu, aus der Farbe und Richtung des Notfeuers und der anderen Opferfeuer zog man Schlüsse für Witterung, Fruchtbarkeit und Gedeihen von Mensch und Vieh (S. 195, 358, 361). Frauen stiegen aufs Dach und weissagten daselbst aus einem brennenden Holzscheite (Pirmin, Burchard). Jede Begegnung, nicht bloß von Vögeln und Tieren, wurde für bedeutungsvoll angesehen, unwillkürliche Handlungen, wie Straucheln und Niesen (Indic. Nr. 13), Tages- und Mondzeiten, einzelne Wochen-, Monats- und Jahrestage wurden beobachtet. Träume zu bestimmter Zeit galten als Boten der Götter, deren Willen man zu befolgen hatte. Wolf und Bär hatten guten Angang, d. h. ihre Begegnung war von glücklicher Vorbedeutung, Hasen und Elstern hatten üblen Angang. Allgemein gelten Kometen als Vorboten von Landesunglück, Krieg, Pest und Teuerung. Noch heute achtet man auf die verschiedensten Wahrzeichen aus der Himmelswelt, von Tieren und Pflanzen, Menschen und dem Hause, dem Familien- und Geschäftsleben. Alle diese Zeichen finden sich auch bei den entlegensten Völkerstämmen und beruhen auf uralter Überlieferung. In die ferne Vorzeit, weit über Tacitus hinaus, reichen die Augurien und Losungen, die sich an die Quellen und die Gewässer überhaupt knüpften (S. 142). Die Quellen weissagungen waren mannigfacher Art. Die Bewegungen der Wellen, die Töne, die man zu hören glaubte, der hohe oder niedere Wasserstand, das Aussetzen des Zuflusses der Quellen auf kürzere oder längere Zeit in den zahlreichen sogenannten Hungerquellen (D. S. Nr. 102, 103, 104), dann die eigentliche Losung durch Pflanzen, Kränze, Stäbe, Steine und andere Dinge boten viele Mittel, um den Ausgang wichtiger Sachen, Lebensdauer, Zeit der Verheiratung oder sonstiger Ereignisse zu erkunden (D. S. Nr. 104, 111). Uralt sind auch die Weissagungen aus dem Speer- und Hammerwurf, aus dem Opfer

dem Opferfeuer, der Witterung beim Opfer, mit Hilfe von Opferresten (die zauberkräftige Rindshaut; S. 362).

Es mag genügen, auf einige Belege des 8. Jhds. hinzuweisen. Es wird als heidnisch verboten, der Begegnung eines Mönches oder dem Aufbruche vor Hahnenschrei Unheil zuzuschreiben; die Tagwählerei und Beobachtung der Mondphasen für verschiedene Unternehmungen, wie bei Antritt einer Reise, bei der Bestellung des Ackers, besonders am Neujahrstage ist heidnischer Aberglaube (Homilia de sacrilegiis § 11—13, Burch. v. Worms. 1992. 137).

Die Weissagung aus der Stimme oder aus dem Fluge der Vögel, dem Schnauben und Wiehern der Rosse, die Tacitus erwähnt, verbietet der Indiculus (Nr. 13: de auguriis vel avium vel equorum vel bovum stercora [Rinderkot] vel sternutationes [Niesen]). Weniger aus der Richtung des Vogelfluges als aus dem Vogelgeschrei, ja wohl aus dem Schall und den Tönen überhaupt, die der an einsamem Orte Beobachtende wahrnahm, entnahm man das Orakel. Das Befragen des Fluges der Vögel bei Tacitus ist mehr von dem Erscheinen gewisser Vögel zu verstehen, das wie der Angang der Tiere überhaupt, Heil oder Unheil verkündete. Ahd. fogilrartôd

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Vogelrede, Vogelstimme (got. razda Stimme) steht für augurium und auspicium.

Eine wenig bekannte Erzählung bietet Josephus (Jüdische Altertümer 186-7): Agrippa, ein jüdischer Prinz aus dem Fürstenhause des Herodes, war wegen einer unvorsichtigen Äußerung in einer Villa bei Tusculum in Ketten gelegt. Als er, mitten unter vielen Gefesselten, in tiefer Niedergeschlagenheit sich an einen Baum vor dem Palaste lehnte, setzte sich ein Uhu darauf, und ein Germane, der dies bemerkte, fragte, wer der im Purpurkleide wäre, trat dann dicht vor Agrippa hin und sagte: „Bei den Göttern meiner Heimat beschwöre ich dich, glaube meinen Worten. Ich halte es für recht und billig dir, auch mit eigener Gefahr, zu enthüllen, welche Zukunft dir die Götter offenbaren. In kurzem wirst du aus diesen Ketten befreit werden und zu der höchsten Höhe der Ehre und Macht empo steigen. Wenn du aber diesen Vogel wieder erblickst, wird binnen fünf Tagen dein Ende kommen. So wird es geschehen, denn so verkündet es die Gottheit, die dir diesen Vogel gesandt hat." Durch diese Prophezeiung erschien der Germane dem Agrippa damals so lächerlich, wie er sich in dem späteren Verlaufe bewunderungswürdig erwies. Denn Caligula

befreite ihn bei seinem Regierungsantritt und erhob ihn zur Königswürde. Hermigisel, König der Warner, erblickte über Feld reitend einen Vogel (einen Raben oder eine Krähe) auf einem Baume und hörte sein Krähen. Auf Vogelsang sich verstehend, sagte der König zu seinem Gefolge, es werde ihm sein Tod nach 40 Tagen geweissagt (Procop. b. g. 420; vgl. Jord. 42 D. S. Nr. 381), Wer Sperlinge und gewisse Vögel oder das Gebell von Hunden beachtet, ist kein Christ, sondern ein Heide" (Homilia de sacrilegiis § 9). Auf unheilkündenden Angang der Krähe zu achten, verbietet im 11. Jhd. Burchard von Worms.

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Das zweite Vorzeichen, das der Indiculus gleichfalls hat, ist nach Tacitus das wichstigste unserer Vorfahren und wird noch im 9. Jhd. erwähnt (Rud. v. Fulda, Translatio S. Alexandri). Kriegern galt das Wiehern als ein Vorzeichen des Sieges, und wenn sich die Rosse ihrer freudigen, mutweckenden Stimme enthielten, der Niederlage. Da man die Entscheidung der Gottheit selbst überließ, welches Stück sie sich aus der Herde aussuchen wollte, liegt die Annahme nahe, daß man auch die Rosse gehen ließ, wohin sie wollten. Die Beobachtung der von ihnen einschlagenen Richtung war für die Weissagung mitbestimmend, darum gingen Priester und Fürst nur nebenher, ohne den Wagen zu lenken, und darum heißen die heiligen Pferde Mitwisser der Götter (Germ. 10). Vielleicht ist ein gleiches Verfahren auch für die Kühe zu vermuten, die den heiligen Wagen der Nerthus zogen, und auch hier heißt es vom Priester nur, daß er die Göttin begleitet (Germ, 40).

Der dritte Punkt des Indiculus (Nr. 13: bovum stercora) ist unklar. Wir wissen zwar, daß die Rinder Verehrung genossen, daß Kühe vor den Nerthuswagen geschirrt wurden, und daß die Kimbern über einem ehernen Stiere schwuren, aber Kot der Rinder dient im späteren Aberglauben mehr zur Abwehr von Zauber als zum Entnehmen von Vorzeichen.

Aus dem Gehirne von Tieren zu weissagen, verbietet endlich No. 16 des Indiculus (de cerebro animalium). Die greisen Frauen der Kimbern weissagten aus dem Blute der geschlachteten Kriegsgefangenen. Gregor I. verbietet den Franken, Götzenopfer, in Tierköpfen bestehend, den Göttern darzubringen (Ep. 911, 75). Wie die Köpfe von Tieren und

Menschen, so spielt auch das Gehirn bei Opfer und Weissagung eine große Rolle. Im Gehirne, wie im Blute sah das Altertum den Sitz des Lebens.

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Es gibt nur eine Art der Weissagung", sagt Anzengruber (Der Schandfleck, Ges. Werke II, 103), und diese erfüllt die Menschen mit Scheu vor den Sehern und mit Vorliebe für die Gaukler; denn es ist nicht die Kunst, aus dem Fluge der Vögel, den Eingeweiden der Opfertiere, den Kartenblättern oder dem Kaffeesatz es ist die Kunst, aus den eigenen und fremden Sünden das Kommende vorherzusagen, welche sich bis zum heutigen Tag an Staaten, Völkern und Fürsten erprobt, und deren furchtbare Folgerichtigkeit in Stunden stiller Einkehr bei sich selbst auch den einzelnen Menschen durchschauert."

Ort der Götterverehrung.

Um den häuslichen Herd versammelte sich die Familie zum Opfer und Gebet. Der Hausvater war der Priester, der Herd der Altar, das Haus der Tempel. Aber auch außerhalb der Behausung, in der freien Natur nahte sich die Gottheit dem Menschen und nahm Verehrung, Spende und Gelübde an. Für den einzelnen, wie besonders für die größeren Verbände lagen Opferstätten im Walde, unter Bäumen, auf Auen und Wiesen, an Brunnen, Quellen, Teichen und Flüssen, auf Bergen und Hügeln, bei großen Steinen und Felsen. Je zahlreicher die Versammlung besucht wurde, und je länger die Beratung dauerte, um so mehr machte sich das Bedürfnis nach einem festen Gebäude geltend, das die Menge vor der Unbill des Wetters schützte. Und wie im Laufe der Zeiten eine bestimmte Person mit der Leitung des Thinges und des damit verbundenen Götterdienstes betraut wurde, so gestaltete sich das Thinggebäude zum Tempel um. Der Gott des in Thing und Heer versammelten Volkes war Tius Thingsus; ihm waren vermutlich die ältesten Tempel geweiht. Aber auch bei den Kultzentren werden sich bald Tempel erhoben haben. Ursprünglich waren die Tempel ganz einfach ange

legt, vielleicht aus Holz und Zweigen zusammengefügt, dann aber auch aus Steinen errichtet. Die Worte Gregors „sind die ags. Tempel gut gebaut, so weihe man sie zu christlichen Tempeln um" (S. 329), lassen an einen festen Bau denken. Die kleineren Tempel, die zum Privatgebrauche Einzelner, wie für die kleineren Dörfer dienten, waren natürlich kunstloser angelegt; in einem hüttenartigen Häuschen stand das Götzenbild oder hingen die Symbole und wurden die Opfergeräte aufbewahrt. Ahd. plôstarhûs, plôzhûs bezeichnet ein solches Opfergebäude, und mancher, der den Christenglauben nur äußerlich angenommen hatte, suchte es noch heimlich auf. Darum verbietet der Indiculus solche kleine Tempelchen (No. 4: de casulis id est fanis). In jedem Dorfe, als dem Zentrum der Dorfmark, war der zur „Sprache" der Gemeindeangelegenheiten geeignete Platz (Mal Sprache, Beredung; Malstätte) zugleich die Kultusstatt oder der Tempel des Ortes, der mit Bäumen, meistens mit Linden umsäumt war. In diesem heiligen Baume des Dorfes wohnte die schützende Gottheit; darum ward er bei festlichen Gelegenheiten feierlich geschmückt und umtanzt. Noch heute finden sich solche heiligen Bäume in der Nähe von Kirchen, und Wirtshäuser daneben tragen noch oft den Namen „Zur Linde“, „Zur Tanne" usw.

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Opferquellen erwähnt der Indiculus (Nr. 11: de fontibus sacrificiorum).

Die gallischen und spanischen Konzile verboten im 6., 7. und 8. Jhd. in formelhaften Erlassen den heidnischen Götzendienst in Wäldern und an den Wassern, und für Deutschland werden sie dann wiederholt. Rückfall ins Heidentum ist es, wenn jemand an einer Quelle betet (Homil. de sacril.), und bei Burchard von Worms fehlt die Beichtfrage nicht, ob jemand an Quellen, Bäumen, Steinen oder Kreuzwegen gebetet, Brot oder irgend ein Opfer zu den Quellen gebracht, ein Licht oder eine Fackel angezündet, oder dort gegessen habe. Die Alemannen verehrten Bäume, Flüsse, Hügel und Schluchten, denen sie Pferde, Stiere und unzählige andere Tiere opferten (Agathias 17; für die Franken vgl. S. 353). Die Sachsen widmeten den Laubbäumen und Quellen Verehrung (Rud. v. Fulda), und die Bewohner des Gau Faldara in Holstein, die nur dem Namen nach Christen waren, erwiesen den Wäldern und Quellen abergläubischen Dienst (Helmold, Chron. Slav. 147). Nur schweigend schöpften die Friesen das Wasser aus der 26

Herrmann, Deutsche Mythologie. 2. Aufl.

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