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nach bayerischem Volksrechte zwölf Schilling Strafe zahlen. Reraub war die Beraubung eines Leichnams ohne Konkurrenz mit erlaubter oder unerlaubter Tötung. Die strafrechtliche Behandlung der Missetat gestaltete sich verschieden, je nachdem sie am unbestatteten oder am bestatteten Leichname

verübt war. Bei den Franken machte die Beraubung eines bestatteten Leichnams friedlos. Auch auf Herauswerfen der Leichen aus dem Grabe (crapworf) waren strenge Strafen gesetzt. Damit hängt wohl auch zusammen, daß die Deutschen die Leichen der Gefallenen selbst in zweifelhaften Gefechten zurücktragen (Germ. 6).

Was den Menschen ergötzte, mußte auch den Abgeschiedenen erfreuen. Auch er mußte sich an Schmaus und Trank, froher Scherzrede und dem Ruhme seiner Taten laben. Darum erklangen feierliche Toten klagen während des Totenzuges und bei der Bestattung.

Der sterbende Wolfhart beauftragt seinen Oheim Hildebrant, die Totenklage um ihn abzustellen (N. L. 2239): „Und wollten meine Freunde im Tode mich beklagen,

Den nächsten und den besten sollt ihr von mir dann sagen,
Daß sie nicht um mich weinen, das tu nimmer Not."

Schon Tacitus kennt die Totenklage (Germ. 27): „Wehklagen und Weinen geben sie schnell, Schmerz und Trauer langsam auf; Frauen ziemt Trauerklage, Männern Erinnerung.“

Nach der Schlacht auf den katalaunischen Feldern 451 wurde der König Theoderich mitten in dem dichtesten Haufen der Leichen erschlagen gefunden. Die Goten ehrten sein Andenken mit Liedern und erwiesen noch während der Wut des Kampfes mit ihren unharmonischen Stimmen der Leiche die letzte Ehre. Tränen wurden vergossen, aber solche, die tapferen Männern nachgeweint zu werden pflegen (Jord. c. 41). Zwei Jahre später wird der Hunnenkönig Attila ganz nach germanischem Brauche bestattet; die Totenklage, die dabei ertönt, darf als ein Rest gotischer Poesie des 5. Jhds. gelten. Mitten auf dem Felde unter seidenem Zelte wurden die sterblichen Reste Attilas aufgestellt. Dann wurde ein wunderbar feierliches Schauspiel aufgeführt. Die besten Reiter aus dem ganzen Hunnenvolke ritten um den Platz herum und verherrlichten seine Taten in einer Totenklage auf folgende Weise: „Attila der Mächtige, Mundzuks Erzeugter, Herrscher der Hunnen, König kampfmutiger Völker, der wie kein anderer vor ihm Scythiens und Germaniens Reiche mit unei hörter Macht allein

regierte, der beiden Römerreiche Schrecken, der Städteeroberer: um nicht alles den Feinden zur Beute werden zu lassen, ließ er sich erbitten, jährlichen Tribut anzunehmen. Da er alles dieses mit Glück vollbracht hatte, fand er nicht durch eine Waffe der Feinde, nicht durch den Trug der Seinigen, mitten im freudigsten Glück, im Glanze seines Volkes, sonder Schmerzempfindung den Tod. Wer sollte also das für des Lebens Ende halten, wo niemand an Rache denken kann?" Nachdem sie ihn mit solchen Klageliedern betrauert, feierten sie auf seinem Grabhügel eine strawa (Aufbahrung, got. straujan), d. h. ein gewaltiges Trinkgelage, und indem sie die Gegensätze miteinander verbanden, vermischten sie die Totenklage mit Ausserungen der Freude. Dann übergaben sie in der Stille der Nacht den Leichnam der Erde und legten die durch Feindes Tod erbeuteten Waffen, kostbaren Pferdeschmuck, strahlend von Edelsteinen aller Art, und mancherlei Ehrenzeichen bei, mit denen der Glanz des Hofes geziert wird. Und damit menschliche Neugier von so vielen großen Reichtümern fern gehalten würde, töteten sie die mit der Arbeit Beauftragten nach vollbrachtem Werk: offenbar ein Totenopfer (Jord. c. 49).

Ergreifend ist die Schilderung, die das ags. Epos von der Leichenfeier Beowulfs entwirft (3138 ff). Die Recken bereiteten einen Scheiterbaufen auf der Erde, einen festgefügten, mit Helmen behangen, mit Heerkampfsschilden, mit blinkenden Brünnen, wie er gebeten hatte. Mitten darauf legten den herrlichen Herrscher die Helden wehklagend, den geliebten Gefolgsherrn. Dann begannen sie auf dem Berge der Brandfeuer größtes zu erwecken, die Helden; der Holzrauch stieg empor schwarz von dem Scheiterhaufen, prasselnde Lohe, mit Klagelauten untermischt, wenn das Sturmgewühl ruhte, bis das Beinhaus gebrochen war heiß in der Brust. Darauf errichteten sie einen Hügel, der war hoch und breit und den Wogenbefahrern weithin sichtbar, und erbauten in zehn Tagen des Helden Denkmal; für die Asche stellten sie eine Grabkammer her und taten in den Hügel Ringe und kostbare Kleinodien. Dann ritten die Recken um den Hügel, sie wollten ihren Kummer klagen, den König betrauern, Hochgesang erheben und den Helden preisen; sie rühmten seine Ritterlichkeit und seine kühnen Taten, wie es billig ist, daß man seinen Herrn mit Worten feiert und in Liebe sein gedenkt, wenn er das Leben hat verlassen müssen. So betrauerten sie ihres Gefolgsherrn Fall, die Herdgenossen, sie sagten, daß der große König gewesen wäre unter den Männern der freigebigste und leutseligste, unter den Menschen der mildeste und stolz auf das Lob der Seinen.

Auch solange der Tote vor seiner Beerdigung sich noch im Hause befand, fanden mancherlei heilige Gebräuche statt. Die Kirche eiferte gegen den Unfug, der bei den Leichenwachen getrieben wurde und verbot das Absingen teuflischer Lieder, das Scherzen und Springen über den Toten, Gelage

und Mummereien. Selbst christlichen Priestern mußte nach Regino von Prüm verboten werden, mit den Heiden sich am Jahrestage oder am 30., am 7. und 3. Tage nach dem Sterbefalle zum Totengedächtnis zu berauschen, der Seele des Verstorbenen zuzutrinken, Klatsch- und Lachgeschichten zu erzählen oder zu singen und sich schimpfliche Scherze mit einem Bären und mit Tänzerinnen und Talamascae (geisterhafte Mummereien) vorführen zu lassen (I, 216). Bei Burchard von Worms heißt es:,,Hast du der Leichenfeier des Verstorbenen beigewohnt, das ist: hast du der Wache bei den Leichnamen der Verstorbenen beigewohnt, wo die Leiber der Christen nach Sitte der Heiden bewacht wurden? Hast du dort die Teufelslieder gesungen und an den Tänzen teilgenommen, die die Heiden nach Anweisung des Teufels erfunden haben?“ Drei Tage und drei Nächte wacht Kriemhild bei dem toten Siegfried (N. L. 997). Die Leichenwache ist nichts anderes wie eine Belustigung der Seele, solange sie noch im Hause weilt. Der Leichenschmaus aber wird der Seele zu Ehren gegeben, und sie nimmt selbst daran teil. Da man einst den Toten im Hause begrub König Alboin wurde noch unter der Treppe seines Palastes bestattet (Pls. Diac. 2, 28) - fand das Mahl im Hause statt, später auf dem Grabhügel. Beim Leichenschmause lustig zu sein und viel zu genießen ehrt den Toten, denn er wünscht nach der kindlichen Vorstellung des Naturmenschen Erheiterung. Noch heute heißt es in der Oberpfalz: je mehr dabei getrunken wird, um so besser; es kommt dem Toten zu gut, und das Abhalten des Leichenmahles wird dort das „Eindaichteln" des Toten genannt (got. dauhts das Mahl). In Ganghofers Roman,,Der Edelweißkönig“ (I, 115) trägt ein junges Mädchen nach einem Todesfalle eine Schale mit Milch und weißes Brot an das Gesimse des Fensters und raunt innig und leise vor sich hin:

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,Arme Seele, tu dich speisen,
Arme Seele, tu dich tränken,

Deine Reis' is lang,

Dein Weg is drang."

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Rosegger entwirft in seinem tiefsinnigen Romane „Der Gottsucher" eine nächtliche Totenfeier, die Zug für Zug den heutigen Volksbräuchen entnommen ist (S. 8 ff.).

Aber auch Klagerufe und Schmerzausbrüche erschallten bei der Leichen wache. Aus den Verschanzungen der Goten drangen im Jahre 537 des Nachts laute Wehklagen in das römische Lager hinüber (Prokop. b. got. 2, 2).

Nach hannöverschem Aberglauben beträgt die Frist, die der Seele auf Erden gegönnt ist, fünf Stunden; in dieser Zeit muß sie die Strafpredigt anhören, die die Gattin ihr hält. Nach dem Sachsenspiegel (I, 21, 22) bleibt die Witwe bis zum dreißigsten Tage im Besitze des ungeteilten Hausgutes, als wäre ihr Mann noch unter den Lebenden. Am 30. wird auch heute noch in vielen Gegenden das kirchliche Leichenamt wiederholt: dann sind die Pflichten gegen den Toten erfüllt. Die alte mythische Dreizahl kehrt in dem Glauben wieder, daß der Tote am dritten oder neunten Tage noch einmal in sein Haus zurückkommt, und daß der Leichenwagen drei oder neun Tage rasten muß, d. h. zu keiner anderen Arbeit gebraucht werden darf.

Solange der Germane noch unstet als Nomade von Trift zu Trift zog, war an eine Wiederholung der Totenfeste nicht zu denken. In der späteren Zeit waren die Totengedächtnisfeiern mit der Verehrung der mächtigen Götter verbunden. Ein öffentliches Totenfest, das sich an das Frühlingsfest der erwachenden Natur anschloß, verbietet Nr. 3 des Indiculus (de spurcalibus in Februario). Widukind, Abt des Benediktinerklosters Corvey an der Weser, berichtet, daß die Sieges- und Totenfeier der Sachsen nach der Schlacht bei Scheidungen im Herbste des Jahres 531 drei Tage lang, vom 1. Oktober an, gewährt habe (s. u. Opferzeiten).

6. Zauberei und Hexerei.

Die alten Deutschen kannten Zauber mit Tat und Wort; den ersteren verbietet Nr. 10 des Indiculus (de phylacteriis et ligaturis), den zweiten Nr. 12 (de incantationibus). Das Wort Zauber (ahd. zoubar) selbst bedeutet eigentlich

„Mennig", die rote Farbe, mit der die Runen in die Lostäfelchen eingetragen wurden. Das Zauberlied ist die älteste nachweisbare Dichtungsart der Germanen wie der Indogermanen überhaupt, und die Sprache lehrt, daß Zauberei mit dem Wort und der Dichtkunst eng zusammengehört. Lied" ist ursprünglich das Zauberlied, ebenso hat ahd., as. galdar oder galstar von Hause aus die Bedeutung,,Zaubergesang",,,Zauberlied": es wurde in halbsingendem Tone langsam und feierlich gesprochen; auch schwören" bedeutet ursprünglich,,mit lauter, halbsingender Stimme etwas äußern". Neben dem Liede geht das Wort her, neben der gesungenen Zauberweise die gesprochene Segensformel. Dahin gehört engl. spell „Zauberspruch, Zauber“, verglichen mit ags. spell,,Erzählung, Geschichte" von einer Wurzel,,sprechen, singen". Als die Langobarden viele ihrer Sklaven zu Freien machten, um die Zahl ihrer Streiter zu vergrössern, bekräftigten sie ihnen vermittelst eines Pfeiles die Weihe und murmelten dabei noch einige Worte in ihrer Sprache, um der Sache Festigkeit zu verleihen (Pls. Diac. 1, 3); gemeint ist ein Zauberspruch, der die ungewöhnliche Handlung zum Heile wenden sollte.

Das deutsche Heidentum kannte eine erlaubte und eine verbotene Zauberei, eine weiße und eine schwarze Magie, nach mittelalterlichem Ausdrucke Gotteswerk und Teufelskunst.

Da der Tod das Werk schadenfroher, feindlicher Geister ist, muß der Priester zugleich Arzt, Medizinmann sein und einmal den Verkehr mit diesen Mächten vermitteln, dann auch eben dadurch über Leben und Gesundheit der Stammesgenossen wachen. Wenn eine Seuche das Land verheert, der gewohnte Regen oder Sonnenschein ausbleibt, ein Verwandter oder ein Tier plötzlich krank wird, ist der böse Geist die Veranlassung, und nur der Zauberer vermag den Schaden abzuwehren. Er kann umgekehrt die bösen Geister beschwören und bannen, die Zukunft voraussagen und Verstorbene heraufrufen, kurz das Leben und den Besitz durch Wundertaten schützen und sichern. Seine Tätigkeit besteht also in dem Abwehren des Schädlichen und in dem Zuwenden des Heilsamen, für sich wie für seine Umgebung. Männer

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