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ein unerschöpflicher Reichtum an Mythen gegeben, der zur poetischen Gestaltung locken mußte und das Bewußtsein der Traumsituation allmählich verdrängte. Bei den zahlreichen Abstufungen und mannigfachen Verschiedenheiten der Berichte wie der Traumvorgänge mußte sich eine gewisse Kunst bilden, und wie im Götterglauben Mythus und Dichtung zusammengehören, so war in der Alpsage gegen die sprunghaften, anekdotenartigen Erzählungen aus dem Seelenglauben ein unleugbarer Fortschritt gegeben.

Folgende Typen lassen sich als die wichtigsten aufstellen:

Wer jemals auf der Schulbank gesessen hat, dem ist auch die nächtliche Szene wohl bekannt, daß er wieder vor seinen gestrengen Lehrern steht und Fragen vorgelegt erhält, die er trotz aller gewaltsamen Anstrengung nicht beantworten kann; er ringt nach Worten, die Angst ist ins Unermeßliche gesteigert, eine dumpfe Beklemmung läßt die Pulse aussetzen oder wild schlagen. Endlich findet er die ersehnte Antwort, ein unartikulierter Schrei entringt sich seinen Lippen, er erwacht, in Schweiß gebadet, am ganzen Leibe zitternd, und die Angsterscheinung ist entflohn. Es ist derselbe Vorgang, den die griechische Sage von Ödipus und der „Würgerin" Sphinx erzählt. Mit treuestem Anschluß an die Wirklichkeit erfand die mythische Dichtung den Sagentypus von der gefährlichen Begegnung mit dem Fragedämon.

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Ein Bauernmädchen lag im Grase und schlief. Ihr Bräutigam saß bei ihr, allein sein Herz war anderwärts und sann, wie er sich ihrer ent

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ledigen könnte. Da kam das Mittagsgespenst einhergeschritten und fing an, dem Burschen Fragen vorzulegen, aber soviel er auch antwortete, immer warf es neue Fragen auf, und als die Glocke Eins schlug, da stand sein Herz still das Gespenst hatte ihn zu Tode gefragt. Ein junger Mensch wird auf dem Felde von einem Dämon angehalten, der ihm sagt: sieh hin, diese Gründe und Herden und Schlösser sollen dein sein, wenn du mir auf meine Rätselfragen richtig antwortest; wo nicht, so fresse ich dich. Die Rätselwette geht in der Nacht vor sich; der Drache verliert, weil seine Fragen richtig beantwortet werden und zieht fluchend davon, der Jüngling ist aber Herr der Schätze.

Das Ende des peinlichen Verhöres wird durch den Aufgang der Sonne oder den Schrei des Hahnes herbeigeführt

der Morgen, der die Schläfer weckt, verscheucht eben dadurch die Alpgespenster. Darum sagt Burchard von Worms: Man solle nicht vor dem Hahnenkrat das Haus verlassen, weil die unreinen Geister vor diesem Rufe mehr Macht zu schaden hätten als nachher, und weil der Hahn mit seinem Schrei jene besser zu vertreiben und zu bändigen vermöge als selbst das Kreuzeszeichen. Dieselbe Wirkung hat das Abschütteln des Zungenbannes und der Klang der eigenen Stimme oder der Zuruf einer wachen Person. Mythisch wird das so ausgedrückt: Wenn der Heimgesuchte die auf ihm hockende Tiergestalt mit dem Namen der Person anspricht, die in solcher Tierverwandlung den Alpdruck ausübt, so steht diese in ihrer eigenen Gestalt vor ihm und kann nicht mehr schaden. Wenn man beim Kommen der Trude sogleich einen heiligen Namen ausspricht, muß sie fliehen. Vermutet man ohngefähr, wer es sei, den man auf sich liegen fühlt, so muß man ihn beim Namen rufen, und die Mahre entweicht. Gut ist es aber auch, sich gar nicht auf den geistigen Ringkampf einzulassen. Jemand hörte in der Nacht seinen Namen rufen, er antwortete „Ja“, und sogleich begann ihn die Mahre zu drücken; wäre er still gewesen, so hätte sie ihn nicht gefunden.

Zur nächtlichen Stunde als Nachtalp, in der Sonnenglut als Tagalp überfällt der Unhold die Leute, die während der größten Hitze im Freien arbeiten oder wandern. Die mittelalterlichen Legenden kennen wie die Kirchenschriftsteller des 6. Jhds. den Mittagsteufel, daemon meridianus, als Krankheitsdämon, gewissermaßen als den personifizierten Sonnenstich. Seinetwegen wurden die Kirchen, die sonst den ganzen Tag bis zum Abendläuten offen stehen sollen, in der Mittagsstunde zugeschlossen.

Eine Frau stürzt auf dem Heimwege von der Feldarbeit plötzlich zusammen und kann kein Wort mehr hervorbringen, der daemon meridianus hat sie gepackt. — Zwei Knaben stehen um die Mittagszeit auf der Straße, ein heftiger Wirbelwind fährt über sie hin, sie werden wie toll und kennen die Ihrigen nicht mehr, aber St. Martin und St. Jovin helfen ihnen vom daemon meridianus.

Im Kloster zu Heisterbach hat man gar wohl gewußt, daß der daemon meridianus Buhlgeist und Todesdämon zugleich ist. Als eines Mittags

im Sommer sich die Laienbrüder schlafen gelegt hatten, kam der Teufel in Gestalt einer Nonne und ging an den Betten hin, hier verweilend, dort vorübergehend. Über einen Schläfer beugte er sich, faßte ihn in die Arme, küßte ihn und verschwand. Ein Frater, der mit Entsetzen Zeuge des Vorgangs gewesen war, fand den Mönch mit verschobenen Kleidern daliegend. Als es Zeit zum Aufstehen war, konnte der Arme sich nicht erheben, ward auf die Krankenstube gebracht und starb nach dreien Tagen (Cäsarius 5, 33).

Der Alp nimmt auch Tiergestalt an, und das Tier wieder, meist eine Schlange, verwandelt sich in einen Menschen. Zahlreiche Erlösungs- und Schatzsagen gehören zu diesem Typus; sie verlaufen genau so wie die, die im Seelenglauben ihre Erklärung finden (S. 12, 27). Aber der Boden, auf dem sie entstanden sind, ist der Schlafzustand. Sträubt sich der Mensch gegen den ihn umfangenden Traum, so sinkt er aus der Traumwelt in die wache Wirklichkeit zurück; überläßt er sich ihm weiter, so nimmt der Traum wohl holdseligere Formen an, aus der Schreckensgestalt wird eine schöne Jungfrau, und die Pracht und Herrlichkeit am Schlusse ist nichts anderes wie das poetisch ausgeschmückte, behagliche Nachgefühl des lieblich endenden Traumes. Die Sagen, in denen der Alp nach Loslösung seines natürlichen Wesens trachtet und unglücklich über seinen mörderischen Beruf ist, setzen ein bei weitem feiner entwickeltes Gefühl voraus und verdanken jüngerer Zeit ihre Entstehung. Im übrigen steht der Ringkampf, der entweder zugunsten des Menschen oder des Alps endet, völlig dem geistigen Ringen der Rätselwette und der peinlichen Frage parallel.

Schon im Gedichte von Lanzelot (7837 ff.) kommt das Küssen an den Mund des Drachen vor, der sich hernach in ein schönes Weib verwandelt. Des Königs von Thule Tochter Elidia war verwünscht worden, ein „Wurm“ zu sein, bis zu der Stunde, daß sie des besten Ritters Mund küsse. Die Schlange hauste in einem Walde und flehte die durchziehenden Ritter um Erlösung an, aber sie ergriffen die Flucht. Erst Lanzelot bewies, daß er der beste Ritter war; denn, mochte was immer daraus werden, er küßte den unholdesten Mund, der ihm je vorkam. Alsbald eilte der Wurm nach einem Wasser, badete darin seinen rauhen Leib (wie die rauhe Else im Wolfdietrich) und ward zum schönsten Weibe, herrlich gekleidet.

Die Vorstellung von der Vielgestaltigkeit des Alps ist in der Natur des Alptraumes begründet. Je nach der äußeren

Beschaffenheit des Gegenstandes, der die Atemnot des Schläfers verursacht, bildet die Traumphantasie das Bild eines zottigen oder glatten Tieres, unter dessen Drucke man leide. Im Aargau ist der Alp, oder wie man dort sagt, das Schrätteli, wie ein Blutegel, bald zusammengezogen wie ein Knäuel, bald ausgedehnt wie ein Riese; zusammengeballt in scheußlich borstiger Igelgestalt hockt es zentnerschwer auf dem Schläfer. Darum haben ahd. Glossen pilosus (rauh, behaart) scraaz, pilosi scrazzun neben incubitor scrato, pilosi incubi monstri i. e. ags. maerae scrazza, incubus waltschrato; Luther übersetzt den behaarten Waldgeist (Jes. 13,21) mit „Feldgeist". Bei Seb. Franck (1531) heißt es: Meisterwurzöl wehret die schweren Schläf, als das Schrättelein und Nachttrutten. Vintler aber weiß:

Das Schratel sei ein kleines Kind
Und sei so leicht wie der Wind,
Und sei ein verzweifelter Geist;

und Martin Beheim bezeugt: Etliche haben den Glauben, jedes Haus habe ein Schreczlin; wer das ehrt, dem gebe es Gut und Ehre; auch findet man, daß man in der Berchtennacht seinen Tisch richte.

Ein dem Tristanfortsetzer Heinrich von Freiberg zugeschriebenes Gedicht „Das Märe vom Schretel und Eisbär“ erzählt von einem Norweger, der im Auftrage seines Königs dem Könige von Dänemark einen „weißen Wasserbären als Geschenk zu bringen hat und unterwegs in einem Hofe Herberge nimmt, aus dem sich der Besitzer durch nächtlichen Spuk hat verdrängen lassen. Da kommt um Mitternacht ein Schretlein herein, kaum drei Spannen lang, mit einer roten Kappe auf dem Kopfe, brät sein Fleisch am Feuer und beginnt Streit mit dem müden Bären. Bald lag das Schretel oben, bald der Bär; sie bissen und kratzten sich, bis gegen Mitternacht der nächtliche Gast entfloh. Am andern Morgen, als der Normane mit seinem Tiere abgezogen ist und der Bauer zu Acker fährt, tritt ihm das Schretlein mit ganz blutigen Beinen entgegen und fragt nach der großen Katze. „Jâ, jâ, mîn grôziu katze, dir ze trutze und ze tratze lebt si, du boesez wihtel, noch", erwidert der Bauer und fügt hinzu, sie habe ihm fünf Junge gebracht. Da erklärt das Schretlein, Zeit seines Lebens wolle es sich nicht wieder blicken lassen, und verschwindet. In Norddeutschland, Meißen und Schlesien hat die Volkssage diese Geschichte festgehalten, daß der Alp durch einen stärkeren Unhold vertrieben wird.

Seit der Völkerwanderung, wo die Hauskatze zu uns kam, fühlt und sieht der Mensch den Traumgast auch als Katze. Als ein Knecht, der viel von den Mahren zu leiden hatte, im Heuschuppen schlief, kam ein anderer hinzu und sah vier bunte Katzen bei dem Schlafenden sitzen; er sprang weg, um einen Stock zu holen, aber bis er wiederkam, waren sie verschwunden. Zu dem Jungen, der auszog, das Fürchten zu lernen, kommen gegen Mitternacht aus allen Ecken und Enden des Schlosses schwarze Katzen und Hunde. Aber er packt sie beim Kragen, hebt sie auf die Schnitzbank und schraubt ihnen die Pfoten fest (K. H. M. Nr. 4). Der Volksglaube sieht darin natürlich wirkliche Katzen; darum soll man nicht mit Katzen zusammen schlafen: sie legen sich auf die Brust, trinken den Atem oder schnüren mit ihren Krallen die Kehle des Menschen zu. - Auch Schmetterlingsgestalt nimmt der Alp wie die Seele und Hexe an. In der Schweiz heißt nicht nur der Alp, sondern auch der Nachtschmetterling Toggeli, d. i. Drückerlein. Noch im 17. Jhd. wurde der rötliche Saft, den die Schmetterlinge an die Bäume ansetzen, für das Blut der vom Teufel verfolgten und verwundeten Schretlein gehalten, und noch heute gilt ein Mensch als Alp gekennzeichnet, dessen Augenbrauen zusammenwachsen, als ob seine Seele wie ein Schmetterling entschwebe, um in irgend einen andern Körper einzugehen. Solche Leute können andern, wenn sie Zorn oder Haß auf sie haben, den Alp mit bloßen Gedanken zuschicken. Er kommt dann aus den Augenbrauen, sieht aus wie ein kleiner, weißer Schmetterling und setzt sich auf die Brust des Schlafenden (D. S. Nr. 80). Oder die Mahre verwandelt den Schläfer in ein Roß, muß aber dann selbst Pferdegestalt annehmen und liegt am andern Morgen mit Hufeisen an Händen und Füßen im Bette (S. 52).

Wenn die Mahre keinem Menschen beikommen kann, muß sie allerhand anderes, Tiere, Steine, Bäume reiten.

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Ein Mann, der viel von Walridersken" geplagt wurde, erhielt den Rat, der Mahre zuzurufen: ich wünsche, daß du alle Nacht auf einem Besenstiele reiten mögest. Er aber änderte den Spruch und rief: ich wünsche, daß du alle Nacht auf dem höchsten Mastbaum reiten müßtest, der in der See ist. Da klagte eine jammernde Stimme: o, was hast du mich ange

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