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einer der populärsten Schriftsteller aus der ersten Periode des Wiedererwachens unserer Litteratur, ausgezeichnet durch den volksthümlichen Ton seiner Fabeln, geistlichen Oden und Lieder, wurde am 4. Juli 1715 zu Haynichen geboren, einem Städtchen im sächsischen Erzgebirge. Sein Vater war Prediger im genannten Ort, bei spärlichem Einkommen mit einer zahlreichen Familie gesegnet und deßhalb ver= hindert, die frühste Erziehung des Knaben seinem offenen Kopfe anzupassen: durch Abschreiben mußte der Kleine, sobald er die Feder führen konnte, sein eigenes Bred zu verdienen suchen, um die Last der Eltern zu erleichtern. Mit dem vierzehnten Jahre indessen (1729), als seine Fähigkeiten vielversprechend hervortraten, lief er in den Hafen der Fürstenschule zu Meißen ein, der bewährten Pflanzstätte sächsischer Bildung. Ueberall erwachte damals in der Jugend ein reger Eifer für vaterländische Poesie, und Gellert war nicht der letzte, der sich mit gleichgesinnten Schulgenossen, wie Karl Christian Gärtner und Gottlieb Wilhelm Rabener, be= reits auf dieser altklassischen Lehranstalt zu dem großen Ziele vereinigte, dereinst auf die deutsche Nation durch deutsche Schriften zu wirken. Auch auf der Universität Leipzig sette später das genannte Kleeblatt diese Bestrebungen fort, zunächst unter der Leitung des Professor Johann Christoph Gottsched, dem sie jedoch nachmals den Rücken kehrten, als er einer verkehrten Herrschaft sich anmaßte. Gellert studirte von 1734 ab, wo er die Universität bezog, vier Jahre hindurch Theologie, worauf er zunächst in das Elternhaus zurückging; bald ergab sich aber, daß er für einen Kanzelredner zu kränklich und zu schüchtern war. Daher übernahm er eine Hauslehrerstelle in einer bei Dresden wohnhaften Adelsfamilie, und da dieses Verhältniß ihm gleichfalls nicht zusagte, entschloß er sich im Jahre 1741 an der Seite eines jungen Verwandten, den er inzwischen für die Hochschule vorbereitet

hatte, zur Rückkehr nach Leipzig. Hier half er sich durch Ertheilung von Privatunterricht fort und begann die Träume seiner Jugend zu verwirklichen, indem er poetische Versuche erst in Gottsched'sche Blätter, dann in die,,Bremer Beiträge" einreihte, an deren Spitze anfangs der obengedachte Gärtner stand. Im Jahre 1744 erwarb er die Magisterwürde und hielt Vorlesungen an der Hochschule, theils über Moral, theils über Poesie und Beredsamkeit, die letztern verbunden mit praktischen Uebungen der Studirenden; zwei Jahre später veröffentlichte er seine ,,Fabeln und Erzählungen", die schnell eine ungewöhnliche Theilnahme und die weiteste Verbreitung fanden. Gesichert wurde seine Lebensstellung endlich durch die im Jahre 1751 erfolgte Ernennung zu einer außerordentlichen Professur der Philosophie; sechs Jahre darauf erschienen seine geistlichen Oden und Lieder“, wie auch,,vermischte Schriften", die den Geschmack seiner Zeitgenessen nicht minder glücklich trafen. So hatte er denn bereits einen hechberühmten Namen als deutscher Autor und Universitätslehrer gewonnen, als der siebenjährige Krieg losbrach. Selbst Friedrich der Große, der gegen die Anfänge der deutschen Litteratur keine Hochachtung empfand und in die französische Eleganz sich vertieft hatte, erzeigte dem sächsischen Schriftsteller die Ehre einer persönlichen Unterredung im Winter des Jahres 1760, als seine Heere in Leipzig standen. Einen Vortheil von dieser Auszeichnung zog Gellert freilich nicht; er war überhaupt so bescheiden, daß er im Jahre 1761 sogar eine ordentliche Professur an der Leipziger Universität ablehnte. Fortdauernde Kränklichkeit mochte zu dieser Entsagung wesentlich beitragen; die natürliche Heiterfeit seines Wesens trübte zuleht mehr und mehr die Wolke der Hypochondrie. Nach langen schmerzlichen Leiden verschied er am 13. December 1769.

Gellert hat klassische Bedeutung errungen, weil er der erste war, der um die Zeit des Wiedererwachens der neuhochdeutschen Poesie auf seinem Gebiete einen volksthümlichen Styl von solcher Vollendung aus sich herausentwickelte, daß er nicht allein alle ähnlichen früheren Versuche übertraf, sondern auch durch keinen Nachfolger im Laufe eines Jahrhunderts übertroffen wurde. Deutsche Muster besaß er keine, nicht einmal das Vorbild eines guten Gesellschaftstones; denn über die Ausdrucksweise wohlanständiger Gesellschaft, wie sie sein Zeitalter darbot, ist er offenbar weit hinausgegangen, was man aus dem unermeßlichen Eindrucke auf das gesammte Publikum schließzen darf. Verständlich hat er für alle Schichten der Gesellschaft geschrieben, und alle Stände zollten ihm einen ungetheilten, fast unerhörten Beifall: die Fabeln und die geistlichen Gedichte erlebten eine Menge von rechtmäßigen Auflagen und eine Menge von Nachdrücken. Bewundernswerth aber muß auch heute noch seine Fähigkeit erscheinen, selbst prosaische Stoffe oder solche, die aus dem gewöhnlichen Volkskreise geschöpft waren, mit einer bis dahin unbekannten Anmuth auszustatten. Auch seine geistlichen Oden und Lieder besaßzen wenigstens so vielen Schwung, daß neuere Flachköpfe

für gut fanden, ihnen die Flügel abzustumpfen, um sie für den gemeinen Mann desto genieß barer zu machen. Bei der Jugend, bei dem Bürger- und Bauernstand unsers Volks ist ihm eine gewisse Unsterblichkeit gesichert. Denn mit Recht urtheilt über ihn der Aesthetiker Bouterweck:,,Ein feines Gefühl für Natürlichkeit, Schicklichkeit und richtiges Verhältniß, war die Grundlage seines Geschmacks. Phantasie und Wiß hatte er gerade so viel als nöthig ist, die natürliche Schwäche des Gefühls und des gesunden Verstandes durch mannigfaltige Reize des Styls zu beleben. Die Klarheit, Leichtigkeit und gefällige Correctheit seines Styles mußte sein Zeitalter um so mehr anziehen, weil sie so anspruchslos sind und den Deutschen, die noch immer nach französischer Bildung strebten, im Beispiele zeigten, was sie sich von den wirklichen Vorzügen des französischen Geschmacks aneignen könnten, in dessen Besitz die Gottsched'sche Schule durch geistlose Befolgung trockner Regeln sich gesetzt zu haben glaubte. Auf diese Art wurde Gellert einer der gemeinnützigsten Schriftsteller, deren das Zeitalter bedurfte, und die es sich wünschte. In der Fabel waren seine nächsten und bedeutendsten Nachfolger Lichtwer und Glein.

Schriften. 1) Fabeln und Erzählungen. Leipzig 1746. 2 Bände. 2) Geißliche Oden und Lieder. Ebend. 1757. 3) Sammlung vermischter Schriften. Ebend. 1757. 2 Bände. 4) Sämmtliche Schriften. Ebend. 1769-1774. 10 Bände. (Im leyten Bande Gellerts Leben von 3. A. Cramer.) Neueste Ausgabe. Leipzig 1853 u. f. 6 Bände. 5) Aufgefundene Familienbriefe. Freiberg 1819. 6) Briefwechsel mit Demoiselle fucius. Leipzig 1822.

Gellert's Leben von H. Döring. Greiz 1833. 2 Theile.

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Entschließe dich, mich fortzutragen
So will ich dir die Stege sagen:
So wird dein starker Fuß mein Bein,
Mein helles Auge deines sein.

Der Lahme hängt mit seinen Krücken,
Sich auf des Blinden breiten Rücken.
Vereint wirkt also dieses Paar,
Was einzeln keinem möglich war.

Du hast das nicht, was andre haben, Und andern mangeln deine Gaben; Aus dieser Unvollkommenheit Entspringet die Geselligkeit.

Wenn jenem nicht die Gabe fehlte, Die die Natur für mich erwählte: So würd' er nur für sich allein, Und nicht für mich bekümmert sein.

Beschwer die Götter nicht mit Klagen!
Der Vortheil, den sie dir versagen,
Und jenem schenken, wird gemein,
Wir dürfen nur gesellig sein.

Die Geschichte von dem Hute.

Der Erste, der mit kluger Hand
Der Männer Schmuck, den Hut, erfand,
Trug seinen Hut unaufgeschlagen,
Die Krämpen hingen flach berab;
Und dennoch wußt' er ihn zu tragen,
Daß ihm der Hut ein Ansehn gab.

Er starb und ließ bei seinem Sterben
Den runden Hut dem nächsten Erben.

Der Erbe weiß den runden Hut
Nicht recht gemächlich anzugreifen:
Er sinnt und wagt es, kurz und gut,
Er wagt's zwo Krämpen aufzusteifen.
Drauf läßt er sich dem Volke sehn:
Das Volk bleibt vor Verwund'rung stehn
Und schreit: „Nun läßt der Hut erst schön!“
Er starb, und ließ bei seinem Sterben
Den aufgefteisten Hut dem Erben.

Der Erbe nimmt den Hut und schmält.
„Ich,“ spricht er,,,sche wohl, was fehlt!“
Er setzt darauf mit weisem Muthe
Die dritte Krämpe zu dem Hute.
,,O!" rief das Volk,,,der hat Verstand!
Seht, was ein Sterblicher erfand!
Er, er erhöht sein Vaterland!“

Er starb und ließ bei seinem Sterben
Den dreifach spitzen Hut dem Erben.

Der Hut war freilich nicht mehr rein;
Doch sagt! wie konnt' es anders sein?
Er ging schon durch die vierten Hände.
Der Erbe färbt ihn schwarz, damit er was
erfände.

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Der Erbe trägt ihn in sein Haus,
Und sieht, er ist sehr abgetragen.
Er finnt, und sinnt das Kunststück aus,
Jhn über einen Stock zu schlagen.
Durch heiße Bürsten wird er rein;
Er faßt ihn gar mit Schnüren ein.
Nun geht er aus, und Alle schreien:
„Was sehn wir? Sind es Zanbereien?
Ein neuer Hut! — O glücklich Land,
Wo Wahn und Finsternißz verschwinden!
Mehr kann kein Sterblicher erfinden,
Als dieser große Geist erfand!"

Er starb, und ließ bei seinem Sterben
Den umgewandten Hut dem Erben.

Erfindung macht die Künstler groß,
Und bei der Nachwelt unvergessen.
Der Erbe reißt die Schnüre los,
Umzieht den Hut mit geldnen Tressen,
Berberrlicht ihn durch einen Knopf,
Und drückt ihn seitwärts auf den Kopf.
Ihn sieht das Volk und taumelt vor Ver-
gnügen.
,,Nun ist die Kunst erst hoch gestiegen!
Ihm,“ schrie es, ihm allein ist Wiß und
Geist verliehn!
Nichts sind die Andern gegen ihn!“

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Zween Wächter, die schon manche Nacht
Die liebe Stadt getren bewacht,
Verfolgten sich aus aller Macht

Auf allen Bier- und Branntweinbänken,
Und rubten nicht, mit pöbelhaften Ränken
Einander bis auf's Blut zu kränken;
Denn keiner brannte von dem Span,
Woran der Andre sich den Tobak angezündet,
Aus Haß den seinen jemals an.

Kurz, jeden Schimpf, den nur die Nach' erfindet,

Den Feinde noch den Feinden angethan,
Den thaten sie einander an;
Und jeder wollte blos den andern überleben,
Um noch im Sarg ihm einen Stoß zu geben.

Man rieth und wußte lange nicht,
Warum sie solche Feinde waren.
Doch endlich kam die Sache vor Gericht;
Da mußte sich's denn offenbaren,

Warum sie seit so vielen Jahren
So heidnisch unverföhnlich waren.
Was war der Grund? Der Brodneid? War
er's nicht? -
Nein! Dieser sang: Verwahrt das Feuer
und das Licht!
Allein so sang der Andre nicht;
Er sang: Bewahrt das Feuer und das
Licht!

Die Wächter, hör' ich viele schrei'n,
Verfolgten sich um solche Kleinigkeiten?
Das mußten große Narren sein!
Ihr Herren, stellt die Reden ein!
Ihr könntet sonst unglücklich sein.
Wißt ihr denn nicht's von so viel großen
Leuten,

Die in gelehrten Streitigkeiten

Um Sylben, die gleichviel bedeuten,
Sich mit der größten Wuth entzweiten?

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