Gleich ist's den Philistern allen, Wie sie rechnen, wie sie sinnen: Tobt ihr nun im gelben Fieber? Nur der Dichter steht im Bunde ein Lyriker ohne Bedeutung für die Litteratur, wurde am 15. Januar 1816 zu Geilenkirchen in Rheinpreußen geboren: konnte seine akademischen Studien nicht vollenden, sondern suchte sein Fortkommen als Copist bei einem Gerichtsschreiber seines Heimathsortes. Im Stillen der Neigung für Poesie nachhängend und seine dichterischen Ideen in Worte fassend, veröffentlichte er im „Rheinischen Jahrbuche auf 1841," welches im Sommer 1840 herauskam, eine harmlose Spende seiner Muse, welche die ungeahnteste Wirkung haben sollte. Das Gedicht, betitelt „Der deutsche Rhein," später kurzweg,,das Rheinlied" genannt, wies die nach den Rheinufern gerichtete, von Thiers 1840 wieder angefachte Eroberungslust der Franzosen in etlichen einfachen Strophen so treffend zurück, daß Becker gleichsam als der Sprecher und Dolmetscher der Nation dastand. Deffentliche Blätter druckten sein Lied aus jenem Taschenbuch ab, den deutschen Regierungen gefiel der Eindruck, den es auf die Gemüther hervorbrachte, und ihre Organe sorgten ausnahmsweise selbst dafür, daß diese politische Dichtung von Landstrich zu Landstrich immer weiter verbreitet wurde und bald die Runde durch alle deutschen Gauen machte. Gleichzeitig bemühten sich unsere Tonkünstler um die Wette, dem neuen Volksliede durch) eine möglichst ansprechende Melodie zu Hülfe zu kommen; in kurzer Frist zählte man gegen 150 Kompositionen verschiedener Musiker, ohne daß jedoch eine von ihnen siegreich durchschlug, und so lange die Bewegung dauerte, wurden die Strophen bald nach dieser, bald nach jener Melodie gesungen. Von den Franzosen antwortete Alfred de Musset mit einem grimmigen, blutschnaubenden Gegenliede, Lamartine jedoch besänftigend mit einer kunstreichen „Friedensmarseillaise;" unter den Deutschen selbst erweckte der unerhörte Erfolg des Becker'schen Musterstücks eine Fluth von Nachahmungen. Solcherweise sah sich der junge Dichter urplötzlich zu einer europäischen Berühmtheit geworden; der König von Preußen, Friedrich Wilhelm IV., belohnte ihn mit einer ansehnlichen Geldsumme, auch wurden ihm die Mittel in Aussicht gestellt, den seither versäumten Universitätsstudien obzuliegen, wofern er dazu geneigt sei. Becker indeß begnügte sich mit seinem seitherigen bescheidenen. Berufe und einer seinen Kenntnissen entsprechenden Anstellung zu Köln; nur so viel gab er dem Drange der öffentlichen Meinung nach, daß er seine bisher gedruckten und ungedruckten Gedichte in einer Sammlung erscheinen ließ. Das große Publikum hatte sich zu dem Schlusse berechtigt geglaubt, in dem Verfasser des Rheinlieds müsse ein neues gewaltiges Dichtertalent stecken: die Sammlung täuschte diese Erwartung. Ebenso vergebens sah man neuern Leistungen des rheinländischen Sängers entgegen; er verschied bereits am 28. August 1845. Das Rheinlied ist weder so poetisch, wie es der Menge schien, noch so unpoetisch und gehaltlos, wie es später einigen Kritikern gedäucht hat; denn das Gedicht verräth einerseits keinen großen Dichter, weil es keine großen Gedanken enthält, andererseits entwickeln die sieben klaren und wohlgebauten Strophen die einzige Idee des Widerstands, auf die es damals vornehmlich ankam, mit solcher Energie des Wortes und Bildes, daß es in seiner Art ein treffliches Volkslied abgiebt. Von dieser Seite betrachtet, ist es tadellos; auch mußte es bei dem glücklichen Wurfe, womit es die allgemeine Stimmung traf, um so mehr wirken, als es im Uebrigen frei von jedem politischen Parteistandpunkte gehalten war. Beckers Persönlichkeit war eine schwache, wie schon sein frühzeitiges Hinsterben anzudeuten scheint, und um Aehnliches, wie das Rheinlied, zu leisten, giebt es nicht alle Tage Stoff und Gelegenheit. Schriften. 1) Der deutsche Rhein. Mit Randzeichnungen von E. Neureuther. München 1841. 2) Gedichte. Köln 1841. Sieh der Lerchen Jubelchor Sieh den Falter hin und her Bis zuletzt er niederschwebt, Freien Sinnes suche doch, Sieh vorbei den Weidenstrauch Welle wird an Welle hin Kannst du nur den frischen Muth Deinen Geist mit neuer Kraft Wenn der Himmel finster schaut, Seines Unmuths lauten Ton Und du siehst dann allerwärts Flüchte mit den Sorgen nur Sie besänftigt jeden Schmerz, Friedrich Martin Bodenstedt, ein gewandter Schriftsteller, Lyriker und Uebersetzer, wurde am 22. April 1819 zu Peine im Königreich Hannover geboren und sollte sich anfangs zum Kaufmann ausbilden. Allein seine Neigung für wissenschaftliche Studien, welchen er in Nebenstunden oblag, ließ sich nicht zurückdämmen und gewann die entscheidende Oberhand. Nachdem er die Universitäten Göttingen, München und Berlin besucht hatte, ward er zunächst (1840) Erzieher im Hause des Fürsten Galizin zu Moskau, |