Erneuerer der deutschen Ballade in naturwahrem und volksthümlichem Style, der Bahnbrecher anf diesem Gebiete für alle nachfolgenden Dichter. Wenn seine Darstellung nicht frei von rohen Schlacken ist, einzelne Wendungen niedrig oder gemein und schlüpfrig erscheinen, so ist das keineswegs ein Mangel, der mit der Persönlichkeit des Dichters selbst in Verbindung zu bringen wäre, sondern eine Folge seines Strebens nach möglichster Popularität der Ausdrucksweise, wofür er noch keine Muster vorfand. In einer Zeit, wo Goethe und Schiller unsere poetische Sprache durch ihren glänzenden Flug noch nicht gehoben hatten, konnte Bürger leicht bisweilen gegen den Geschmack fehlgreifen und der späteren Kritik Blößen geben, die seiner Individualität (wie schon Schiller unbedachtsam that) zur Last gelegt wurden. Durch reiche Produktivität nicht hervorragend, hat sich Bürger doch den besten Lorbeerkranz unter den Mitgliedern des Göttinger Dichterkreises verdient, des sogenannten „,Hainbundes“, welchem Hölty, Voß, die beiden Grafen Stollberg, die beiden Miller, K. F. Cramer, Leisewitz und Andere angehörten. Uebrigens charakterisirt ihn A. W. von Schlegel treffend: ,,Bürger ist ein Dichter von mehr eigenthümlicher als umfassender Phantasie, von mehr biederer und trenherziger als zarter Empfindungsweise, von mehr Gründlichkeit im Ausführen, besonders in der grammatischen Technik, als tiefem Verstande im Entwerfen, mehr in der Romanze und dem leichten Liede als der höheren lyrischen Gattung einheimisch; in einem Theile seiner Hervorbringungen echter Volksdichter, dessen Kunststyl, wo ihn nicht Maximen und Gewöhnungen hindern, sich ganz zu demselben zu erheben, Klarheit, rege Kraft, Frische und zuweilen Zierlichkeit seltner Größe hat.“ Schriften. 1) Gedichte. Göttingen 1778. 2) Macbeth. Ein Schauspiel in 5 Aufzügen. (Die Uebersetzung der Zlias in Jamben blieb ein nicht besonders herausgegebenes Bruchstück.) 3) Wunderbare Reisen zu Wasser und zu Lande, Feldzüge und lustige Abenteuer des Freiherrn von Münchhausen. London (Göttingen) 1787. 2. Aufl. 1788. 4) Gedichte. Göttingen 1789. 2 Bde. Seit 1796 öfter neu aufgelegt. 5) Mufenalmanach von 1779-1794. 6) Sämmtliche Schriften. Göttingen 1796-1798. 4 Bde. Später mehrfach abgedruckt. 7) Gesammtausgabe in einem Bande. Göttingen 1834. Mit der Biographie von Bürger's Arzte Althoff. Das Lied vom braven Manne. Hoch klingt das Lied vom braven Mann, Der Thauwind kam vom Mittagsmeer, Am Hochgebirge schmolz der Schnee; Auf Pfeilern und auf Bogen schwer, Und mitten stand ein Häuschen drauf. Es dröhnt und dröhnte dumpf heran, Die Schellen rellten, Schuß auf Schuß, Der Kaiser und der Abt. Ich will euch erzählen ein Märchen, gar schnurrig: Dem Kaiser ward's sauer in Hitz' und in Kälte. Oft hatt' er kaum Wasser zu Schwarzbrod und Wurst; Das Pfäfflein, das wußte sich besser zu begen, Drei Männer umspannten den Schmerbauch ihm nicht. Drob suchte der Kaiser am Pfäfflein oft Hader. ,,Ha!“ dachte Kaiser, „zur glücklichen Stunde!" ,,Knecht Gottes, wie geht's dir? Mir deucht wohl ganz recht, Das Beten und Fasten bekomme nicht schlecht. Doch deucht mir daneben, euch plage viel Weile. Ihr dankt mir's wohl, wenn ich euch Arbeit ertheile? Man rühmet, ihr wäret der pfiffigste Mann, Ihr hörtet das Gräschen fast wachsen, sagt man. So geb' ich denn euern zwei tüchtigen Backen Zum ersten: Wann hoch ich im fürstlichen Nathe Zum zweiten sollt ihr mir berechnen und sagen: Ich weiß, der Bescheid darauf ist euch nur Spiel. Zum dritten nun sollst du, o Preis der Prälaten, Und könnt ihr mir diese drei Fragen nicht lösen, So lass' ich euch führen zu Ejel durch's Land, Drauf trabte der Kaiser mit Lachen von hinnen. Er schichte nach ein, zwei, drei, vier Un’versitäten, Schnell wuchsen bei herzlichem Zagen und Pochen, Nun sucht' er, ein bleicher bohlwangiger Werther, Hans Bendix, sein Schäfer, am Felsenhang an. ,,Herr Abt," sprach Hans Bendix,,,was mögt ihr euch grämen?.. Ihr schwindet ja wahrlich dahin wie ein Schemen. Maria und Joseph! Wie hozelt ihr ein! Mein Sirchen! Es muß euch was angethan sein.“ ,,Ach, guter Hans Bendix, so muß sich's wohl schicken. Zum ersten: Wann hoch er im fürstlichen Rathe, Zum zweiten soll ich ihm berechnen und sagen: Er meint, der Bescheid darauf wäre nur Spiel. Zum dritten, ich ärmster von allen Prälaten, Und kann ich ihm diese drei Fragen nicht lösen, |