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Das Koncil von Orleans (541) setzte Bussübungen und Strafen für den Christen fest, der nach heidnischer Sitte beim Haupte eines Haustieres oder eines wilden Tieres einen Eid leiste und obendrein noch die Gottheiten anriefe.

Von höchster Feierlichkeit waren die Opfer, zu denen sich die religiösen Verbände des Stammes vereinigten. Wie in Griechenland die rings um ein Heiligtum liegenden Nachbargemeinden (Amphiktyonien) sich zusammenthaten, um Opfer, Feste und Wettspiele gemeinsam zu begehen und im Frühling und Herbste bei den Bundesheiligtümern zusammenkamen, so nahm auch bei den Germanen die ursprünglich rein religiöse Vereinigung der Sakralverbände politischen Charakter an. Der gemeinsame Hauptkultus hielt die verschiedenen kleinen Staaten zusammen. Sie verehrten eine Stammesgottheit, von der sie abzustammen glaubten, den Gott sahen sie als den Vater und Gründer ihres Geschlechtes an, die Göttin als ihre Mutter. Einem Stamme ward die Pflege und Bewachung des Bundestempels anvertraut, hier strömten sie alljährlich zusammen und erneuerten bei blutigem Opfer ihre Zusammengehörigkeit. Tacitus erwähnt solche Opferverbände bei den Erminonen (Germ. 39), den Istväonen (Ann. 151), den Ingväonen (Germ. 40) und den vandilischen Stämmen (Germ. 43). Zum Zielpunkte seines ersten planmässigen Eroberungszuges nach Sachsen wählte Karl d. Gr. das nach der Irminssäule benannte Heiligtum in Engern, in der Mitte des Landes. Denn da es das sächsische Nationalheiligtum war, hatte es auch eine hervorragende politische Bedeutung (Annales Laurissenses). Der friesische Haupttempel des Forseti lag auf Helgoland (S. 299), ein anderer, der Nehalennia geweiht, auf Walcheren (S. 381), als dritter wird ein Hain der Baduhenna erwähnt (Ann. 473; S. 399).

Wie es einen Gott geben musste, zu dem die Kultverbände gemeinsam aufsahen, und eine Opferstätte, gross genug, die zahllosen Scharen zu fassen, so muss es einen bestimmten Leiter gegeben haben. Er wird aus dem Stamme genommen sein, der das Bundesheiligtum unter seiner Obhut hatte, er wird priesterliche, richterliche und weltliche Macht in sich vereint haben, also dem vornehmsten Adelsgeschlechte

entstammt sein. Der Alcispriester bei Der Alcispriester bei den Nahanarvalen gehörte dem vandilischen Königsgeschlechte der Asdinge an.

5. Der Götterdienst des Einzelnen im täglichen Leben.

Religiöse Gebräuche begleiteten das Leben unserer Vorfahren vom Augenblicke der Geburt an bis zur Todesstunde. Fühlte die junge Mutter die schwere Stunde herannahen, so rief sie die Schicksalsfrauen um gnädigen Beistand an. Das kaum geborene, schwache und hilflose Kind war mit der Mutter vor allem den Angriffen der nächtlichen Unholde ausgesetzt. Gegen die Hexen, Druden, Maren und Elbe, die das Kind zu rauben oder gegen einen Wechselbalg zu vertauschen suchen, brannte nachts das abwehrende Feuer. In die Wiege ward zum Schutze gegen Unheil ein Runenzauber eingeritzt; in Süddeutschland malt man noch heute den Drudenfuss gegen die Hexen daran. Um das kleine Wesen vor dem Alp zu sichern, forderte man ihn in Beschwörungsformeln auf, den Sand, die Sterne, alle Wege zu zählen, oder man stellte einen Kessel siedenden Wassers neben das Lager. In der Hand der geheimnisvollen Schicksalsfrauen lag es, ob das Kind wirklich ein Mensch werden oder die Fähigkeit der Seele behalten sollte, den Körper nach Belieben zu verlassen und zu wandeln. Darum stellte man Speise und Trank für sie auf den Tisch, um sie gastlich zu bewirten.

Vom Willen des Vaters hing es ab, ob das neugeborene Kind in die Familie aufgenommen oder ausgesetzt werden sollte. Die Angabe des Tacitus (Germ. 19), dass es als Schandthat gälte, die Zahl der Kinder zu beschränken oder eins der nachgeborenen zu töten, ist nur zum Teil richtig. Die Grossmutter des heiligen Liudger wollte ihre Enkelin töten, weil ihre Tochter nur Mädchen, keine Söhne hatte. Sie befahl, dass die Tötung erfolge, bevor das Kind Milch von der Mutter genossen hätte; denn solange ein Kind noch keine irdische Speise berührt hatte, war sein Tod gestattet. Der damit beauftragte Sklave brachte das Mädchen zu einer Wanne, um es darin zu ertränken; aber durch Gottes Erbarmen

hielt es sich mit seinen Ärmchen am Rande der Wanne über Wasser, bis ein aus der Nachbarschaft hinzukommendes Weib es den Händen des Sklaven entriss, in ihr Haus brachte und ihm Honig einflösste. Die rasende Grossmutter schickte Gerichtsdiener nach dem Kinde in das Haus der mitleidigen Frau, aber sie sagte ihnen, das Kind hätte bereits Honig genossen und zeigte ihnen dessen Lippen. Nach heidnischem Brauche war es nun nicht mehr gestattet, das Kind zu töten. Aber erst nach dem Tode der wütenden Grossmutter konnte die Mutter ihr Kind zu sich nehmen (V. Liudg: 6. 7).

Der entscheidende Akt, durch den ein Kind völlig zu seinem Rechte kam und als Person anerkannt wurde, war die Namengebung. Von der Zeit an, wo dem Kinde ein Name beigelegt war, galt Aussetzung als unerlaubt. Die Namengebung pflegte binnen neun Nächten nach der Geburt zu erfolgen und war schon in heidnischer Zeit bei allen Germanen mit Wassertauche oder Wasserbegiessung verbunden. Von da an trat das Kind in sein volles Wergeld ein, während es vorher nur durch ein halbes Wergeld geschützt war. Der Volksscherz von den blinden Hessen oder Schwaben bewahrt noch eine Erinnerung an die alte Rechtsordnung, die den Neugeborenen bis zu dieser Frist dem Ungeborenen gleichstellte. Vermutlich ward das Kind bei der mit der Wasserweihe verbundenen Namengebung mit dem Hammer, dem Symbole Donars, geweiht. Die langobardische Sage, dass Wodan auf Freas Geheiss, weil er ihnen den Namen Langbärte gegeben habe, ihnen als Namensgeschenk den Sieg verliehen habe, zeigt, dass ein Geschenk der Namengebung folgen musste. Der Hausvater verrichtete selbst die Taufe des Neugeborenen; erst durch sie ward die Körperlichkeit des jungen Menschen befestigt.

Schon Aristoteles kennt bei vielen Barbaren die Sitte, die Neugeborenen in kaltes, fliessendes Wasser unterzutauchen, und der Arzt Galenus im 2. Jhd. n. Chr. sagt ausdrücklich, dass die entsetzliche Sitte, die Neugeborenen, heiss vom Mutterleibe wie glühendes Eisen in kaltes Flusswasser zu tauchen, bei den Germanen herrsche. Aus dem 4. Jhd.

stammt die griechische Fabel, dass der Rhein den nordischen Barbaren zur Kinderprobe diene, weil er die unechten sinken lasse. Der alte Name für die Wasserweihe war daupjan tauchen; Wulfila übersetzt damit die christliche Taufe, das βαπτίζειν. ẞantie. Auch die Westgermanen behielten dôpjan, toufan dafür nach ihrer Bekehrung und liessen es durch kein kirchliches Wort verdrängen, wie bei andern heiligen Handlungen. Als der getaufte Sohn des Frankenkönigs Chlodwich stirbt, ruft er: Wäre der Knabe im Namen meiner Götter getauft gewesen, gewiss lebte er noch; aber er konnte nicht leben, weil er im Namen eures Gottes getauft ist! (Greg. v. Tours. 229–31). Die christliche Taufe übt also nach der Ansicht des Heiden nicht die der heidnischen Weihung zustehende Kraft, des Kindes Körperlichkeit zu festigen. Die Kirche sah daher in der heidnischen Taufe einen gefährlichen Nebenbuhler und ein teuflisches Werk. Bonifatius schreibt 732, die von den Heiden Getauften müssen von neuem im Namen der heiligen Dreieinigkeit getauft werden. Wenn eine von Heiden vollzogene Taufe (d. h. die germanische Wasserbegiessung) für ungültig erklärt wird, muss sie also bestanden haben.

In den Namen, der dem Kinde gegeben wurde, legte man die Fähigkeiten und Charakterzüge hinein, durch die es sich, erwachsen, nach dem frommen Wunsche des Gebers auszeichnen sollte: er sollte das ideale Vorbild sein, dem das Kind nachstreben sollte. War es der Name eines Gottes, so sollen dessen Thaten und Empfindungen Muster und Beispiel werden. Zugleich sollte dadurch ein gewisses Schutzverhältnis zwischen dem Gott und dem seinen Namen tragenden Menschen erfleht werden. Mit Wodan, Donar, Balder zusammengesetzte Eigennamen finden sich wiederholt für deutsche Männer, selbst als einfache menschliche Namen kommen sie vor. In Answalt, Oswald, Ansgar, Reginbirin (Kind der ratenden Götter) sind die alten Bezeichnungen der Gottheit, in alb, hûn, thurs, Mimi sind dämonische Namen enthalten; auf die den kriegerischen Gottheiten geweihten Tiere weisen arn, hraban, swan, ebur und wolf. Bei den Frauen überwiegen in der ältesten Zeit Walkürennamen. Aber auch nach

den Wald- und Wasserfrauen und den Elbinnen ward das Mädchen benannt. Häufig deutet der Name auf priesterliche Thätigkeit hin, auf die Heiligtümer: alah, wih, die Opfer: gelt (gildi), auf Zauber und Weissagung: rûn.

Das Kind ist herangewachsen, das Mädchen zur blühenden Jungfrau, der Knabe zum starken Manne. Trat der Sohn aus der Gewalt des Vaters heraus, so schnitt ihm der Vater, der dabei wieder Priesterdienste verrichtete, das Bart- oder Haupthaar ab: das Haar, das Symbol der Fruchtbarkeit, war der Gottheit des Wachstums geweiht, oder es war ein stellvertretendes Opfer für den Menschen selbst.

Die frohen Zeiten der erwachenden Natur sind auch die Feste der Liebe. Alter Brauch am 1. Mai war es, dass das Mädchen den Hut des Geliebten mit grünen Blumen schmückte, und dass der Bursch ihr einen Maien, das Zeichen des Frühlingsgottes, vor der Thür aufpflanzte. Durch das Osterund Johannisfeuer sprangen die jungen Paare, um Segen für den Besitz und für sich selbst zu erlangen. Bei dem Scheibenschlagen warfen die Burschen das brennende Rad zu Gunsten der Erkorenen: das leuchtende Sinnbild des aufsteigenden Sonnengottes soll ihnen Glück bringen. Zur Wintersonnenwende befragte man nach uralter Sitte das Schicksal nach dem Geliebten oder schaute nach dem künftigen Gatten.

Erst spät, wenn die Glieder gross und gestählt sind, können sich die Liebenden vereinigen (Caesar, b. g. 621. Germ. 20). Bei der Eheberedung sind Eltern und Verwandte gegenwärtig (Germ. 18; vgl. N. L. 1617-24). Handschlag besiegelte nach alter Sitte den Vertrag. Hochzeit, hôhe zît, hiess der festliche Tage der Heirat. Die Hilfe der Götter wurde für das junge Paar erfleht, heilige Gebräuche weihten ihn ein. An dem heiligen Tage des Gottes, unter dessen besondere Huld man die Ehe stellen wollte, ward die Hochzeit begangen, am Tage des Tius, Wodan, Donar oder der Frija.

Am Tage zuvor ward die Braut durch ein reinigendes Bad entsühnt, um die feindlichen Geister abzuwehren, sie gegen den Zorn der göttlichen Mächte zu schützen und ihre Gunst ihr zu sichern. Auch ein Sühnopfer ward dargebracht;

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