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wieder, als wäre nicht ein Jahrtausend mit seinem Schwanken und Frren und Suchen unter fremden Einflüssen darüber hingegangen. Man kann sich bei dem Weißenburger Mönch auf jeder Seite Verse suchen, die im Bau mit den Kesselversen genau zusammenfallen und also gewiß auch in dem rhythmischen Gang der Melodie. Hier ein paar Beispiele, bei denen ich doch nicht Otfrieds Accente schreibe (die übrigens vielfach mit den hier geseßten stimmen, außer wo er aufsteigenden Rhythmus andeutet, den ich unberücksichtigt lassen muß), sondern die den Rhythmus wie oben bezeichnenden; ich lasse auch Fälle mit unterlaufen, wo der Auftakt hinzutritt, der eben am Wesen des Verses nichts ändert:

tház si sìh bitháhtì',

gináda sìna súahtì. II, 12, 73;

jóh in àla thrátì

scówot ìro dátì. II, 23, 12;

férit èr ouh thánnè

úbar hìmila (I. himil) állè. I, 15, 35;

tho thísu wòrolt éllù

quám zi thèru stúllù,

óuh zi thèru zítì,

thaz Kríst sih ìru (I. ir) iróugtì. I, 23, 1 ff.

Auch die Reimart stimmt noch genau, kessel: besser ist noch ein otfriedischer Reim (auch mit dem 1 und r), d. h. noch nicht ein klingender (man sollte endlich von weiblichem Reime, d. h. französisch zu reden aufhören), sondern ein zweisilbiger, in dem noch jede Silbe eine Hebung darstellt; der klingende Reim ist erst aus diesem zweihebigen hervorgegangen.

Ich höre in solchen otfriedischen Versen den Rhythmus von bauer baue kessel, wie er mir noch von der Kindheit her vom eigenen singenden Tanzen in den Ohren liegt und mir eben damit Otfrieds Verse dieser Form (er hat daneben noch manche andere) verständlich, d. h. hörbar gemacht hat. Man kann ja Fernes nur aus der Nähe her begreifen, d. h. wo es sich um lebendiges Begreifen handelt, also hier um Hören.

Otfried hatte aber diese Rhythmusform, wie andere, mit aus der Stabreimdichtung her übernommen oder überkommen, d. h. eben auch im Ohre aus der Kindheit her. Dort können wir sie denn noch heute sehen oder hören, z. B. in dem Merseburger Zauberspruch oder Liede über den verrenkten Fuß von Balders Fohlen (ich will die Längenbezeichnung weglassen, wie bei Otfrieds Versen schon, um die Rhythmus- zeichen nicht zu stören):

große Buchstaben für halbe Noten (das G meint die Dominante in der Tiefe):

с с

се C G

báuer, bàue | késsèl,

mórgen wird es | béssèr

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Der Strich kann zugleich als Taktstrich nach musikalischem Begriffe gelten, soll aber hauptsächlich den inneren Bau des kleinen rhythmischen Ganzen andeuten. Das besteht aus zwei Gliedern (Takten musikalisch), die der Zeit und dem rhythmischen Werthe nach einander gleich sind, aber verschieden, ja entgegengesezt ausgestaltet, d. h. das erste ausgefüllt in allen Stellen, die der Rahmen bietet (außer im Auftakt, der eben nicht nothwendig zum Rahmen gehört), das zweite nur in den Höhen. So ist késsel und béssèr rhythmisch vollkommen gleich báuer, bàue und morgen wird es, was sich ganz äußerlich darin darstellt, daß auf késsèl und béssèr eben so gut zwei Tritte fallen, wie auf die beiden ersten Glieder mit vier Silben. Es ist der Fall, wo man gewöhnlich sagt, es fehle eine Senkung; aber es fehlt in Wahrheit nichts, die erste Silbe in késsel und besser füllt im Gesang dieselbe Zeit aus, wie die zwei in bauer, und auch nach der zweiten Silbe, troß ihrer Kürze in prosaischer Aussprache, fehlt nichts, auch ist sie im Gesang eine ganze halbe Note, kein Achtel (die liquidae 1 und r bieten sich, wie das ss leicht zu dieser singenden Verlängerung dar). Das kostet so viele Worte, um es für unsere Schulbegriffe klar zu machen! die kleinen Sänger aber fassen es sofort ohne alle Lehre und bringen es richtig heraus: das wird ihnen möglich durch den begleitenden Tanzschritt, aus dem ja, wie man nun weiß, alle metrisch-rhythmische Kunst in alter Zeit zuerst erwachsen ist, bei uns wie überall. Und Kunst ist das doch wohl auch? aber ganz fern von unserer Schulmetrik, ich möchte sagen Naturkunst, nicht Schulkunst. Auch der Schulkunst, die mit dem Auge und Begriffen arbeitet und für stilles oder doch bloßes Lesen, ist im Alterthum eine solche Naturkunst vorausgegangen, in der noch das rhyth= mische Gehör, an Melodie, in ältester Zeit an Tanzschritte angeschlossen, den Vers schuf, nicht fürs Lesen, sondern fürs Singen. Es ist für wahre Bildung vom höchsten Werthe und gewährt hohe Freude, von dieser Naturkunst wieder einen Begriff zu bekommen, und das können wir am besten oder nur an unserer eigenen Naturkunst, am allerbesten am Kinderliede, in dem sie bis auf heutigen Tag lebendig geblieben ist, indem das, unberührt von Schulbedürfnissen und Begriffen, wie unter diesen in der Tiefe hin schleichend sein eigenstes deutsches Leben glücklich fristen konnte.

Jene Verse des Kesselliedchens kann man kurz als otfriedische Verse bezeichnen, denn es klingt in ihnen deren Rhythmik so rein erhalten

wieder, als wäre nicht ein Jahrtausend mit seinem Schwanken und Irren und Suchen unter fremden Einflüssen darüber hingegangen. Man kann sich bei dem Weißenburger Mönch auf jeder Seite Verse suchen, die im Bau mit den Kesselversen genau zusammenfallen und also gewiß auch in dem rhythmischen Gang der Melodie. Hier ein paar Beispiele, bei denen ich doch nicht Otfrieds Accente schreibe (die übrigens vielfach mit den hier gesezten stimmen, außer wo er aufsteigenden Rhythmus andeutet, den ich unberücksichtigt lassen muß), sondern die den Rhythmus wie oben bezeichnenden; ich lasse auch Fälle mit unterlaufen, wo der Auftakt hinzutritt, der eben am Wesen des Verses nichts ändert:

tház si sìh bitbáhtì,

gináda sìna súahtì. II, 12, 73;

jóh in àla thrátì

scówot ìro dátì. II, 23, 12;

férit èr ouh thánnè

úbar hìmila (I. himil) állè. I, 15, 35;

tho thísu wòrolt éllù

quám zi thèru stúllù,

óuh zi thèru zítì,

thaz Kríst sih ìru (I. ir) iróugtì. I, 23, 1 ff.

Auch die Reimart stimmt noch genau, kessel: besser ist noch ein otfriedischer Reim (auch mit dem 1 und r), d. h. noch nicht ein klingender (man sollte endlich von weiblichem Reime, d. h. französisch zu reden aufhören), sondern ein zweisilbiger, in dem noch jede Silbe eine Hebung darstellt; der klingende Reim ist erst aus diesem zweihebigen hervor gegangen.

Ich höre in solchen otfriedischen Versen den Rhythmus von bauer baue kessel, wie er mir noch von der Kindheit her vom eigenen singenden Tanzen in den Ohren liegt und mir eben damit Otfrieds Verse dieser Form (er hat daneben noch manche andere) verständlich, d. h. hörbar gemacht hat. Man kann ja Fernes nur aus der Nähe her begreifen, d. h. wo es sich um lebendiges Begreifen handelt, also hier um Hören.

Otfried hatte aber diese Rhythmusform, wie andere, mit aus der Stabreimdichtung her übernommen oder überkommen, d. h. eben auch im Ohre aus der Kindheit her. Dort können wir sie denn noch heute sehen oder hören, z. B. in dem Merseburger Zauberspruch oder Liede über den verrenkten Fuß von Balders Fohlen (ich will die Längenbezeichnung weglassen, wie bei Otfrieds Versen schon, um die Rhythmuszeichen nicht zu stören):

thú (da) bigùolen (besang ihn) Vóllà,
Fríja èra suístèr,
thú biguolen Sínthgùnt,
Súnna èra suístèr,

thú bigùolen Wódàn,

só he wòla cóndà.

Ebenso im Hildebrandsliede, im Muspilli, im Schlummerliede (das so echt ist wie irgend etwas), z. B. (mit leichten Buchstabenberichtigungen):

Óstra stèllit chíndè

hónagèigir (Honigeier) súozìu,

Héra prìchit chíndè

plúomun plàwun rótùn.

Ich höre da überall bauer baue kessel heraus, an dem mirs nun einmal klar geworden ist. Ebenso, obwohl ich nun die Beispiele sparen muß, waltet die Form in der altsächsischen, angelsächsischen, altnordischen, skaldischen Verskunst. Und nicht anders in der mittelhochdeutschen (auch in der altenglischen, altdänischen), besonders deutlich z. B. beim älteren Spervogel (dem man ruhig diesen Namen lassen kann, troß Scherer), wenn das zweite Versglied durch zwei schwere Silben oder gesonderte Worte mit langem Vocal gebildet wird, womit diese Rhythmusform ihre genaueste Ausprägung erhält, wie:

dó der gùote Wérnhàrt

an díse wèrlt gebórn wàrt.

in hímelriche ein hús stàt,

Minnesangs Frühling 25, 34;

ein guldin wèo dar ín gàt. 28, 27.

Und auch die große Lücke vom 12., 13. Jahrhundert bis zur Gegen= wart ist nicht leer, die Form hat sich fortgesezt im Volksliede, im Kirchenliede (nur muß man den Text nicht bloß mit dem Auge fassen, sondern mit den Ohren, gesungen), z. B. in Paul Flemings Liede:

In allen meinen Thátèn

Laß ich den Höchsten ráthèn u. s. w.

Im Volksliede, z. B. in dem von Erk mitgetheilten Abschiedsliede (mit eingemischtem andern Rhythmus, wie überall im Grunde):

Wolán, die Zeit ist kómmèn,

Mein Pferd das muß gesattelt sein,
Ich hab mirs vorgenommèn,
Geritten muß es sein.

Ich muß aber abbrechen, zumal sich ermüdende Eintönigkeit schon eingestellt haben wird, die doch den Dichtungen selber fern bleibt, weil da

die fragliche Rhythmusform immer im Wechsel und in Mischung mit andern Formen auftritt, wie in dem eben angeführten Volksliede, in dem von Paul Fleming und auch im Kesselliedchen; die Formen haben aber in all der Verschiedenheit doch auch ihre Einheit, denn sie gehen alle auf den erwähnten einen rhythmischen Hauptrahmen oder Urrahmen zurück, der immer still im Hintergrunde klingend von da aus alle Manigfaltigkeit beherrscht, zwischendurch aber auch in voller Ausgestaltung vortritt, besonders gern am Anfang und am Ende. Vor dem Abbrechen muß ich aber doch wenigstens noch kurz erwähnen, daß diese Rhythmusform nicht bloß germanisch ist, auch nicht bloß indogermanisch (z. B. auch altirisch). Sie kommt auch in amerikanischen Negerliedern vor in schönster Ausprägung, und, was besonders werthvoll ist, auch im griechischrömischen Alterthum, wo man über mühsame Klügeleien alter und neuer Grammatiker damit sicher hinwegkommt. So in saturnischen Versen, 3. B. im Lied der Salier: Terrá pestèm tenétò, Sálus hic manétò, was im rhythmischen Bau (und Reim) geradezu auch otfriedisch genannt werden kann, wie unser Kinderlied vom Kessel. Ebenso griechisch, auch in die Kunstdichtung vorgedrungen (wie bei den Römern gleichfalls), 3. B. Anakreons gewöhnlicher Vers ist nichts anderes, als diese Rhythmusform, z. B. (wenn ich nur die Accente seße, die der Rhythmus ergibt): deló, delà μavývai, darin klingt mir auch bauer baue kessel, nur mit Auftakt. Wo sichs, wie da, um Hören handelt, kann man eben auch in der Nähe damit anfangen.

So viel davon, vielleicht zu viel, und doch auch noch nicht genug zu völliger Aufklärung, für die noch gründlicher vorgegangen, nament lich auch andere von den alten Rhythmusformen zugezogen werden müßten.

Und doch noch etwas. Da einmal das sogenannte Auslassen von Senkungen zur Sprache kam, so kann ein Kinderlied trefflich dienen, auch diese der Schulmetrik so fremde Erscheinung weiter zu beleuchten, sie durch Hören aus der Gegenwart, also unmittelbar deutlich zu machen. Es ist ein Auszählspruch, aus der Waldenburger Gegend an der oberen Mulde genommen (er geht in mancherlei abweichender Form um), ziemlich lang, so daß man sich über die Geduld der kleinen Spieler wundern darf, die dem Spiele selbst mit Ungeduld entgegen sehen; aber sie haben auch an den Sprüchen selbst eine eigne Freude, sie sind ihnen eine Ohren und Gedankenweide, ein unbewußter Genuß am Rhythmus, wie an dem meist närrisch lustigen Inhalt, der bei allem Lachen so viel zu denken gibt. Jede Stadtgasse, jedes Dorf hat eine wahre Auswahl solcher Sprüche zum Auszählen, mit denen in der schönen Spielzeit ge= wechselt wird.

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