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μάλιστά οἱ ἐνόμισε είναι). Unbeanstandet folgte er ihm ja auch in der Regierung. Erst nach einem Menschenalter, als politische Gründe die Beseitigung des Demaratos nötig machten, holte man den zweifelnden Ausspruch des Ariston, der formell und praktisch längst zurückgenommen war, wieder hervor. Dikaios, der die Klagepunkte widerlegen will, stellt Behauptung gegen Behauptung; dem Satze des Gegners, daß Ariston seinen Sohn abgelehnt habe (Beweis: Zeugnis einiger Ephoren oder solcher, die es von denen gehört haben wollen), stellte er die Tatsache der Anerkennung desselben durch Anführung einer Reihe dies beweisender Handlungen des Vaters entgegen. Diese Ausführungen haben den Herodot durchaus überzeugt, wie is rà uάhiota deutlich zeigt. Aber auch den von der Gegenpartei behaupteten anfänglichen Zweifel des Ariston nimmt er als tatsächlich beweisend, und so schafft er denn den Ausgleich durch zaì to Aqiστων τὸ εἰρημένον μετέμελε). Daß die Ephoren, wenn der Zweifel des Vaters auch nur den Sonnenuntergang überdauert hätte, ganz anders hätten handeln müssen, fühlt auch Herodot; er konstatiert aber nur: touto zovбav οἱ ἔφοροι, πρῆγμα μέντοι οὐδὲν ἐποιήσαντο τὸ παραυτίκα, ohne die Beweiskraft dieses Schweigens" irgend anzumerken. Das zeigt, daß der persönliche Standpunkt Herodots auf der chauvinistischen, mederfeindlichen Seite ist2); um so interessanter ist, daß er seiner Darstellung eine Schrift von entgegengesetzter Tendenz zugrunde legt. Er will nicht sehen, daß der politische Gegensatz das frühere, die Bestreitung der Legitimität das spätere ist; für ihn ist der Mangel der Geburt die fundamentale Tatsache, welches des Demaratos Entfernung aus dem Regiment schon früher zur Folge gehabt haben würde, wenn die Ephoren nicht so lange reinen Mund gehalten hätten (ἔδει δὲ, ὡς οἶκε ἀνάπυστα γενόμενα ταῦτα καταπαῦσαι Δημάρητον τῆς βασιληίης).

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Der Prozeß und damit auch die politische Streitfrage wurde schließlich durch das delphische Orakel entschieden. Als Kleomenes die Verweisung an diese Instanz durchgesetzt hatte, war sein Spiel gewonnen. Die Spaltung, welche Sparta, welche schließlich ganz Griechenland zerriß, ging auch durch Delphi. Der Gott entschied nicht etwa nach sakralem Recht eine Frage, die nach bürgerlichem Recht unlösbar gewesen wäre, er entschied vom politischen Parteistandpunkt aus. Das Amt der πρόμαντις war ein politisches, das die herrschende Faktion besetzte. Damals folgte der Priesterstaat noch der nationalen, antimedischen Fahne, die der Agiade vorantrug: der Gott erklärte den Demaratos für ein illegitimes Kind. Ich komme auf das Urteil des Gottes noch zurück.

1) Cf. uetɛuéλnoɛ VII, 54. Klio VII, 34: eine bei Herodot beliebte Form des Ausgleichs widerstreitender Handlungen einer Person bezw. widerstreitender Berichte über Handlungen derselben.

2) Siehe ob. S. 54.

Abgesetzt war damit der König, aber noch keineswegs unschädlich gemacht. Er blieb vor der Hand in Sparta, gewiß immer noch als das einflußreiche Haupt einer bedeutenden Faktion. Man reizte ihn bis aufs Blut, bis er sich zu einer Drohung gegen die offiziellen Machthaber hinreißen ließ (τὴν μέν τοι ἐπειρώτησιν άρξειν Λακεδαιμονίοισι ή μυρίης κακότητος (3) μυρίης εὐδαιμονίης], die wirkliche Äußerung dürfte drohender gelautet haben als sie hier aussieht, die eingeklammerten Schlußworte sehen wie eine abschwächende nachträgliche Redaktion aus. Mit dieser Drohung verläßt er sein Vaterland; die formelle Verbannung dürfte seiner Entfernung gefolgt sein. Die Drohung weist nach Persien: man darf annehmen, daß der abgesetzte und beleidigte König von vornherein dorthin zu gehen beabsichtigte. Nach der Erzählung bei Herodot setzten die Spartaner dem Flüchtigen nach, um ihn wieder zu ergreifen, von seiner Ächtung aber fällt kein Wort. Das scheint auf Dikaios zurückzugehen, der die Entfernung des abgesetzten und gekränkten Mannes als eine Selbstverbannung, nicht als formelle Ächtung hingestellt zu haben scheint1).

Die rechtswidrige Absetzung des Demaratos ist der starke Punkt in der Darlegung des Dikaios; auch der Vorfall, der seine Ausstoßung aus dem Vaterlande zur Folge hatte, ließ sich als begreifliche Konsequenz des geschehenen Unrechts in einer für den Beklagten günstigen Beleuchtung sehr wohl darstellen. Aber Dikaios hatte außerdem noch einen großen Trumpf auszuspielen. Die Ungerechtigkeit der Gegner des Demaratos und ihrer Sache wird bewiesen durch das nachträgliche Strafgericht der Götter über sie. Die Stärke dieses Beweises erkennt man u. a. aus der Wirkung, die sie auf den Nacherzähler ausgeübt hat. Gottgesandte μaría und als deren Folge ein Tod, der in der erzählten Entsetzlichkeit kaum möglich ist, traf nach ihm den Kleomenes (VI, 75). Schon früher hatten sich nach ihm die Spartaner von der Beschaffenheit seiner Ränke gegen Demaratos überzeugt (c. 74 μετὰ δὲ ταῦτα Κλεομενέα ἐπάϊστον γενόμενον κακοτεχνήσαντα ἐς Δημάρητον δεῖμα ἔλαβε Σπαρτιητέων; nur die Beziehungen seines Hauses zu Arkadien hielten ihn damals am Ruder2). Aber der tragische Tod des Kleomenes war eine Tatsache, mit der Dikaios wirken konnte; Herodot hat sich, wie gesagt, seiner Darstellung nicht entzogen, er bemerkt ἐμοὶ δὲ δοκεῖ τίσιν ταύτην ὁ Κλεομένης Δημαρήτω Exτioα (VI, 84 Schluß).

Auch den Leotychidas, den Ankläger des Demaratos, der teils von Kleomenos angestiftet, teils aus privater Feindschaft sich dieser Tätigkeit unterzog, der dann den Platz des ungerecht Verdrängten einnahm, traf

1) Siehe ob. S. 53.

2) Diese Politik des Agiaden, vermittelst seines Einflusses als oberster Bundesfeldherr auf die Symmachie Gegenströmungen in Sparta in Schach zu halten, wiederholt sich bei Pausanias, s. unt. S. 64.

nach Dikaios dieselbe göttliche Vergeltung (VI, 72). Οὐ μὲν οὐδὲ Λευτυχίδης κατεγήρα ἐν Σπάρτῃ, ἀλλὰ τισίν τοιήνδε τινὰ Δημαρήτῳ ἐξέτισε. Er wurde wegen Bestechung verbannt, sein Haus wurde niedergerissen, er selbst starb im Exil. Auch vom Ende des Kobon, des Hauptes der Delphier und dem der delphischen лoóuartig Perialla, die sich zu Werkzeugen des Kleomenes hergaben, weiß Dikaios Erbauliches zu erzählen. Kobon wurde vertrieben, Perialla abgesetzt, wie Herodot ausdrücklich berichtet, weil ihr schändliches Treiben in Sachen Demarats ans Licht kam. (võtέom μέντοι χρόνῳ ἀνάπυστα ἐγένετο ταῦτα VI, 66.)

Ich stehe am Ende meines Rekonstruktionsversuches bis auf einen interessanten Punkt. Bevor Demaratos sein Vaterland verließ, habe er, erzählt Herodot, seine Mutter feierlich nach der Wahrheit, seine Geburt betreffend, gefragt und habe von ihr ausführlich und genau Auskunft erhalten (VI, 68f.). Dies Stück Erzählung hat einen merkwürdigen Charakter. Für den Prozeß selbst ist die dort als Wahrheit angegebene (dritte) Möglichkeit (Demaratos sei eines Gottes Sohn) gar nicht in Betracht gekommen, das Zeugnis der Mutter überhaupt wohl nicht. Der Tendenz nach sieht die Erzählung neutral aus, sie optiert nicht zwischen den beiden entgegenstehenden Behauptungen: sie entscheidet sich für ein Drittes. Sie setzt dabei logisch voraus, daß Demaratos in dem Glauben an seine Legitimität durch die Behauptung seiner Prozeßgegner auch selbst erschüttert wurde was jeder Wahrscheinlichkeit widerspricht. Sachlich ist überzeugend, was hier im Bericht der Mutter von Siebenmonatskindern gesagt wird: es ist eine vollständige Erklärung des ersten Zweifels des Vaters, der bald durch Autopsie beseitigt sein wird. Die dem ersten Zweifel nachfolgende unbezweifelbare Legitimation des Kindes durch den Vater beseitigt dann, wie gesagt, diesen Klagepunkt villig (ἔγνω δὲ καὶ ̓Αρίστων οὐ μετὰ πολλὸν χρόνον, ὡς ἀγνοίῃ τὸ ἔπος ἐκβάλοι τοῦτο). Expά201 TOUTO). Da ist es nun äußerst auffallend, daß trotzdem die Mutter ausdrücklich die Möglichkeit offengehalten haben soll, daß ihr Sohn nicht von Ariston herstamme, sondern doch möglicher: ja sogar wahrscheinlicher Weise von einem Gotte, vom ἥρως Αστράβακος! Sachlich unwahrscheinlich ist auch das Wissen: ἐν γάρ σε τῇ νυκτὶ ταύτῃ ἀναιρέομαι. Auch der von Herodot für dies Gespräch zwischen Mutter und Sohn angesetzte Zeitpunkt „, nach dem Prozeß, im Momente der Entfernung" ist ebenso undenkbar wie die psychologische Basis desselben überhaupt. Direkt von Dikaios wird sie in dieser Form schwerlich stammen: entkräftet sie doch dessen wirklich starkes Hauptargument: „Demaratos war ein Siebenmonatskind, wovon sich sein Vater selbst überzeugt hat; er hat ihn auch während seines ganzen Lebens als legitim angesehen". Woher hat nun Herodot diese dritte Möglichkeit, daß Demaratos wahrscheinlich der Sohn des Astrabakos gewesen sei? Unser Historiker empfindet kein Bedenken, Novellen auf historische

Personen zu übertragen: so könnte die Sache auch hier liegen. Aber die Geschichte, so neutral sie scheint, ist dies keineswegs; sie vermittelt zwar äußerlich in der Streitfrage, praktisch aber bejaht sie die Sukzessionsberechtigung des Demaratos, um die es sich doch schließlich handelt. Demaratos hat sie nicht ersonnen, sein Argument ist andersartig und rein menschlich; seine Gegner erst recht nicht; wo ist ihre Quelle, falls sie nicht rein novellistisch ist? Ich vermute sie in einem delphischen Orakel. Nach der Umwälzung in Delphi, welche die medische Partei ans Ruder brachte, sind voraussichtlich die Orakel gründlich revidiert worden, mancher Verurteilte und Geschädigte wird seine Sache aufs neue anhängig gemacht haben. Vor allem darf man das vom Haupte der medischen Partei in Griechenland annehmen, von Demaratos. Nachdem die medische Partei in Delphi, mit der Demaratos gewiß ebenso im Einvernehmen war wie Kleomenes mit der antimedischen, dort zur Herrschaft gekommen war, vielleicht mit des Demaratos Nachhilfe bezw. durch persischen Druck, war eine Revision in Sachen desselben selbstverständlich. Es läßt sich denken, daß der Gott seine Entscheidung nicht einfach widerrief, hatte er doch auf Reputation zu achten, sondern sie nur ergänzte, aus- und umdeutete. Hatte der Gott einmal erklärt Agiotoros sirai Anuάontor xeida (VI, 66), so mußte es um der Gläubiger willen dabei sein Bewenden haben, aber eine erläuternde Ergänzung 4orgaßázor de poos wurde allen Wünschen des Demaratos und seiner Anhängerschaft gerecht. Durch diesen Zusatz wurde das Thronrecht des exilierten Königs sakralrechtlich wiederhergestellt. Es ist möglich, daß sich der revidierte Spruch 1) nicht scheute, sich auf die Aussage der Mutter zu berufen; so würde es sich bequem erklären, wie Herodot zu der von ihm beliebten Einkleidung der Astrabakosgeschichte gelangte.

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Die Schrift des Dikaios war, wie wir gesehen haben, kein aktenmäßiges Werk, dessen Angaben beanspruchen könnten als feststehende Tatsachen zu gelten. Wir haben es vielmehr mit einer politischen Tendenzschrift zu tun, die man sich ihrer ganzen Anlage nach am ersten einer gerichtlichen Apologie ähnlich wird denken müssen. Trotz ihrer hierdurch bedingten Einseitigkeit ist sie aber doch ein Aktenstück zur Zeitgeschichte von unverächtlichem Wert.

Ganz besonderes Interesse erweckt die Schrift dadurch, daß sie die Dinge aus einem uns ganz fremden Gesichtswinkel sieht. Es fehlt das Poetische, die hergebrachten großen Gesichtspunkte"; die Vorstellung

1) Daß solche Orakelspruchrevisionen häufig genug vorkamen, liegt in der Natur der Sache. Insoweit kann auch das zweite Salamisorakel echt sein (Herodot VII, 141); es revidiert das erste (VII, 143) post eventum und ex eventu. Herodot macht auch daraus eine kombinierende, auf Ausgleich gerichtete Erzählung. Die unzähligen Umdeutungen bei Homer zeigen nämliche Technik.

von einem Kampfe zwischen Europa und Asien, zwischen Kultur und Barbarei, zwischen Freiheit und Despotismus, zwischen Recht und Unrecht. Es fehlt der antimedische Fanatismus, welcher der gesamten Überlieferung so fest anhaftet wie die Haut dem Körper, und was das Wichtigste ist, es fehlt jede Beziehung zu Athen. Ist doch die Tradition der Perserkriege mehr eine tendenziöse Lobrede auf Athen als irgendetwas anderes. Überall sieht diese Tradition, wie sie durch Herodot gestaltet worden ist, Athen; Athen als Ursache, als Mittelpunkt, als Ziel der Ereignisse. Die Unterstützung der abtrünnigen Ionier durch Athen ist es, die den Rachekrieg entzündet (Herodot V, 97, cf. VI, 94); dazu kommt das Hetzen der exilierten athenischen Tyrannen (VII, 6 und VI, 94). Der Athener Hippias aber ist in seiner Rolle als Schürer des Krieges, als Agent und Führer der Perser nicht viel mehr als eine Dublette des Spartaners Demaratos (VI, 107'). Die engen Beziehungen der Peisistratiden zu den notorisch im Fahrwasser der medischen Politik sich bewegenden Aleuaden mochte eine derartige Kombination nahelegen (VII, 6).

Die Schrift des Dikaios läßt ferner einen tiefen Blick tun in die Rücksichtslosigkeit des politischen Strebens des Kleomenes. Soweit ich sehe, ist die Bedeutung dieses Mannes nirgends genügend gewürdigt, die Frage nach den Zielen seiner Politik nicht einmal aufgeworfen worden2). Wer fragt nach den Zielen des Kleomenes, Pausanias und Demarat, da Kleisthenes, Themistokles, Aristeides alles Interesse beanspruchen? Die nur athenisch orientierte Historie notiert, daß es König Kleomenes war, welcher der Peisistratidenherrschaft in Athen ein Ende machte, aber sie notiert es nur als einen für die athenische Geschichte wichtigen Vorgang. Bekannt ist, wie Herodot das Lakonische auch bei diesem Vorgange gründlich zu eliminieren sucht. Aber es waren in Wirklichkeit nicht Harmodios und Aristogeiton, welche die Tyrannis stürzten, noch die Alkmaioniden, noch gar der Befehl des delphischen Gottes an den spartanischen Staat, überhaupt steht das Interesse des athenischen Staates dabei in zweiter Linie3). Kleomenes kann es einzig und allein darum zu tun gewesen sein, seine Hand auf Athen zu legen; daß Athen seine „Befreiung" mit der Unterordnung unter Sparta, bestehend im Anschluß an die Symmachie der Lakonier, bezahlen mußte, ist selbstverständlich. Die Unterstützung der Aristokratien gegen die „demokratische" Tyrannis ist nicht das Ergebnis doktrinärer Erwägungen, sondern ein praktisches Mittel zur Mehrung seiner eigenen politischen und militärischen Macht. König Kleomenes erstrebt nichts Geringeres als Zusammenfassung der Kräfte Griechenlands unter

1) Die Anwesenheit des Hippias in Marathon verwirft schon v. Wilamowitz, Aristoteles und Athen I, 112.

2) Auch nicht von Müller, Dorier I, 172.
3) Herodot, V, 55 ff. richtig Thuk. VI,

53 f.

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