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seiner Führung, die Gründung eines einheitlichen griechischen Staatenbundes. Mit welcher Vehemenz er diesem seinem Ziele nachstrebte, das beweist die Rücksichtslosigkeit seines Vorgehens gegen Demaratos, sein energisches Auftreten gegen widerstrebende Kantone wie Ägina und Argos. Daß in all diesen Dingen mehr die Politik eines selbstherrlich schaltenden Königs sich zeigt als der Faktoren, in deren Händen man sich gemeiniglich den Inbegriff der politischen Macht in Sparta liegend denkt, dessen, was man den spartanischen Staat oder die „Spartaner“ zu nennen beliebt, erscheint mir selbstverständlich. Ja, daran ist diese Einheitspolitik hauptsächlich gescheitert, daß sie schließlich eben diesen Faktoren als eine Gefahr erschien, größer als der aus ihr auch für sie entspringende Nutzen. Als Bundesfeldherr verfügte der spartanische König über Machtmittel, die es ihm ermöglichten, auch seinem eigenen Staate seinen Willen aufzuzwingen. Natürlich sind in einem Staatenbunde persönliche Beziehungen inniger als offizielle, beispielsweise dürften die maßgebenden Persönlichkeiten in dem durch Kleomenes befreiten Athen sich mehr als Vasallen dieses Mannes, denn als solche des spartanischen Staates gefühlt haben. Wenn man diesen Gesichtspunkt hinreichend würdigt, so versteht man auch, warum Kleomenes die äginetischen Geiseln in Athen verwahren ließ und nicht in Sparta. Waren sie doch hier seine Geiseln und nicht die seines Staates, verbürgten sie ihm doch die Gefolgschaft der Ägineten für seine eigene Person! Ja König Kleomenes hat es sogar wagen dürfen, mit den ihm als Bundesfeldherrn zugänglichen Machtmitteln seinen eigenen Heimatsstaat zu bekriegen und nicht ohne Erfolg. Die Geschichte ist völlig dunkel für die, welche in dem Spartanerkönige nur das willenlose Organ des im Ephorat verkörperten lakonischen Staatsgedankens sehen 1).

An Widerstreben gegen die umgreifende Politik des Kleomenes hat es in Sparta nicht gefehlt; natürlich pflegen alle Gegenbestrebungen in solchen Fällen auszulaufen in den Einspruch des Mitkönigs. Dadurch aber, daß Kleomenes das Haupt der gegnerischen Clanschaft, den Demaratos, beseitigt und an dessen Stelle seine Kreatur, den Leotychides, setzt, erlangt er eine überragende Stellung gleich der eines wirklichen Königs von Griechenland, zumal da er auch die Beziehungen zu dem Gotte in Delphi bestens pflegt. Abwehrbestrebungen der in ihrer Selbständigkeit schwer bedrohten Kantone bilden die natürliche Reaktion gegen das selbstherrliche Schalten des spartanischen Königs: schließlich mußte das zur Anlehnung der Bedrohten an Persien führen. Es wäre ungerecht zu behaupten, daß es diesen Staaten erheblich mehr an hellenischem Nationalgefühl gemangelt hätte als denen, die sich wohl oder übel in die lakonische

1) Wir pflegen heute das Gewicht der Institutionen zu überschätzen, das Persönliche dagegen zu unterschätzen. Wir interessieren uns z. B. mehr für das Ephorat als für Kleomenes oder Pausanias.

Oberhoheit fügten. Zweifellos wäre der von Persien im Falle des Sieges ausübbare Druck weniger fühlbar geworden als der lakonische. Unter dem suggestiven Eindruck der herodoteischen Zahlen pflegt man auch die Stärke der dem König Kleomenes zu Gebote stehenden Militärmacht zu Land und zu Wasser gegenüber der persischen ungeheuer zu unterschätzen. Er durfte in der Tat dem Gedanken der Offensive gegen das Perserreich behufs Eingliederung der asiatischen Griechen in seine Machtsphäre nahe treten. Die Sache zerschlug sich; wie wenig aber Herodot dem bedeutenden Manne gerecht werden kann oder will, beweist die kindische Geschichte V, 49 ff. Übrigens dürfte auch die athenische Hilfssendung nach Ionien (Herodot V, 97 ff.) schwerlich ohne des Kleomenes Befürwortung oder Genehmigung erfolgt sein. Man kann kombinieren, daß gerade er es war, der seinen maßgebenden Einfluß in Athen für die ja auch zu allererst notwendige und mögliche Hilfssendung zur See einsetzte, in der Hoffnung, seinen vielleicht widerstrebenden Staat durch Schaffung einer vollendeten Tatsache mit fortzureißen. Ein solcher Zusammenhang ist mindestens wahrscheinlicher als das von Herodot erzählte Histörchen (a. a. O.), wie Aristagoras von Milet die dummen Athener durch seine Schwatzfertigkeit zu dem folgenschweren Entschlusse verleitet.

Kurz: es ist kein größenwahnartiges Expansionsbestreben, keine Weltherrschaftsidee 1) seitens der Perser, die den Krieg herbeigeführt hat, sondern die Konkurrenz zweier nicht unebenbürtiger Militärmächte um die reichsten Gebiete der damaligen Welt. Wo Recht oder Unrecht, wo Verteidigung oder Angriff ist, ist kaum zu unterscheiden, jedenfalls sind die Machtgelüste der Agiaden ebenso schuldig an der Verwicklung wie etwa der Despotismus der Perserkönige.

Somit muß man auch notwendig in der Niederwerfung der lakedämonischen Militärmacht, nicht in der Bestrafung Athens das Ziel der persischen Angriffe sehen. Darum ist auch die Einäscherung Athens kein entscheidender persischer Erfolg, wie moderne Kritik in konsequenter Ausdeutung der herodoteischen Darstellung hat behaupten wollen. Denn in der Tat, wäre Rachsucht oder der Wunsch, ein Exempel zu statuieren, die Triebfeder, Athen das Ziel der Perserzüge, so hätte das persische Heer im Triumphe heimziehen mögen. Aber der Schluß ist irrtümlich, weil die Prämisse falsch ist. Die Einnahme Athens bedeutet nicht mehr als die Besetzung eines immerhin bedeutenden, aber vom Feinde freiwillig geräumten Vorwerks. Noch war die Hauptfeste, der Peloponnes, unbezwungen, und gegen ihn richtet sich der konzentrische Angriff zu Land und zur See. Zweifellos lag der schwächste Punkt der Verteidigungslinie auf der Seeseite; der Rat des Demaratos bezeichnet das ganz richtig. Die Verteidigungsstellung

1) Herodot VII, 54 nach Choirilos, vgl. Klio VII, S. 29 ff.

der griechischen Flotte bei Salamis galt der Deckung des Peloponnes (Thuk. I, 73, 4); das Zusammenhalten der Flottenkontingente des Bundes war für Sparta geradezu Lebensfrage. Damit erweist sich auch der Bericht des Herodot über das Verhalten des Themistokles, Eurybiades, Adeimantos1) bei Salamis als nachträgliche, tendenziöse Erfindung der Athener. Es war zweifellos eine Leistung der Bundesführer, daß sie gerade Athen trotz der persischen Werbungen beim Bunde festhielten. Auch der Gedanke, sich nach Verlust ihrer Vaterstadt eine neue Heimat im Westen zu suchen, wird für die Athener gewiß mehr gewesen sein als eine diplomatische Drohung an die Spartaner. Wenn diese Möglichkeit aber doch verworfen wurde, wenn die Athener bei Salamis mitkämpften, so stellten sie sich damit ganz in den Dienst Spartas; es versteht sich von selbst, daß Sparta dies Eintreten Athens im kritischesten Augenblicke seiner Geschichte durch feierliche Versprechungen erkaufte (natürlich ist dies bei Thuk. I, 73ff. nicht zu lesen). Allerdings wird es Themistokles gewesen sein, der bei seinen Landsleuten das Ausharren durchsetzte, wofür ihn das dankbare Sparta als seinen Retter feierte (Thuk. 1, 74, 1); es mag auch zu dem ruhmvollen Ausgang des Kampfes athenische Seetüchtigkeit das Beste beigetragen haben: darüber aber sollte kein Zweifel sein, daß bei Salamis wie überhaupt vorher und noch lange nachher die politische und militärische Direktive bei den Spartanern lag2).

Die Dikaiosschrift lehrt uns, mehr als bisher Sparta in den Mittelpunkt unserer Rekonstruktionsversuche der Geschichte der Perserzeit zu stellen; da ist nun vor allem ein Punkt, der gemeiniglich übersehen wird. Man pflegt als Subjekt aller Aktionen gleichermaßen die Spartaner zu bezeichnen und versteht darunter einen politischen Organismus, dessen Glieder im Verhältnis zueinander untadelich gleichmäßig funktionieren, gelenkt von dem im Ephorat verkörperten Willen der Gesamtheit. Diesen Gesamtwillen denkt man sich höchst konservativ, junkerlich, womit sich dann der Begriff der Beschränktheit und geistigen Trägheit von selbst verbindet3). Das Sparta der Perserzeit ist jedenfalls noch weit davon entfernt, ein derartiges politisches Gebilde zu sein. Seine historische Struktur ist an und für sich sehr kompliziert; die aristokratische Eunomie

1) Betreffs des Adeimantos steht das obendrein unanfechtbar fest. Plutarch gì tỷę Hoodótov zazon9ɛias c. 39. Simonides fragm. 84, 98, 99 101. Der Kern der Erzählung Herodots (VIII, 74 ff.) steht Aeschylos, Perser 353 ff. 2) Anders E. Meyer 3, 267 (S. 476): „die politische Direktive für die Feldzüge von 480 und 479 hatte Athen gehabt." Und doch wagt das nicht einmal Thukydides in der mehrfach zitierten, keineswegs bescheidenen Lobrede auf Athens preiswürdiges Verhalten im Perserkriege zu behaupten (I, 73 ff.).

3) Man überträgt das an und für sich durch die geistreichen Antithesen des Verfassers stark gefärbte Bild der Gegenwart (Thuk. I, 78) unbedenklich auf die Vergangenheit.

war aber schwerlich der erste zóouos, der die einander widerstreitenden Volkspartikeln zusammenband. Daß der Staat aus zwei (und nicht aus drei oder mehr) durch Not und zur Not geeinigten Clanschaften entstand, hat seine Entwicklung wesentlich mit bedingt. Neben deren rivalisierenden Häuptern hat sich im Laufe der Zeit eine intervenierende Behörde mit allmählich wachsendem Einfluß etabliert1). Aber erst nach vielen Aktionen und Reaktionen ist es gelungen, den selbstherrlichen Willen der Könige einzuengen durch ein Netz von Ordnungen und Gebräuchen. Wie absolut deren Stellung aber ursprünglich gewesen sein muß, zeigen noch die bis in hellere Zeit hinein beobachteten Formalien 2). Wie wenig König Kleomenes noch sich in seiner königlichen Stellung durch irgendwelche Organe der adligen Eunomie beschränkt gefühlt haben muß, zeigt die ganze Überlieferung. Aber selbst wenn man in dem Auftreten dieses Königs nicht die selbstverständliche Äußerung unbestrittenen Machtbewußtseins, sondern nur Übergriffe und Verletzung theoretisch anerkannter konstitutioneller Rechtsordnungen (Streben nach der Tyrannis) erblicken wollte, so dürfte doch nicht übersehen werden, daß aus der Zugehörigkeit Spartas zu einer Symmachie, in welcher naturgemäß die Leitungsfunktion dem Königtum zufiel, eine ungeheuere Stärkung des persönlichen Elements entspringen mußte. Es war gar nicht anders möglich, als daß in den Staaten, welche dem Bunde neu gewonnen wurden, der Einfluß des Bundeshauptes, welches sie zubrachte, sich eine Quelle persönlicher Macht schuf, welche gelegentlich auch zur Niederhaltung der Opposition in der Heimat sich verwenden ließ. Überhaupt dürfte die Festigkeit der griechischen Symmachie mehr in der Innigkeit der Beziehungen zwischen den durch gleiche Interessen verbundenen Parteihäuptern in den einzelnen Staaten begründet gewesen sein als durch die Vortrefflichkeit rechtlicher Institutionen. Diese ungemeine Bedeutung des persönlichen Elements wenigstens in der älteren griechischen Geschichte wird heute infolge des weitgehenden Interesses für alles Antiquarische mehr als sie sollte, übersehen. So bezeichnet O. Müller (Dorier I, 188 ff.) nach einer lebhaften und zutreffenden Schilderung der Ausdehnung und Kompetenz der Symmachie als sur des Bundes abstrakt und ohne Zusatz „Sparta", ohne daß der Gedanke an einen Bundesfeldherrn mit persönlicher Autorität auch nur auftaucht. Dafür bleiben dieser unlebendigen Auffassung höchst lehrreiche geschichtliche Ereignisse in ihrer Bedeutung dunkel. Als „dunkel“ bezeichnet derselbe Historiker (Dorier 1, 188) die Gründe beider Schilderhebungen der Arkader, besonders der Tegeaten, gegen Sparta. Aber die Tendenz der ersten

1) Die Frage nach der Herkunft des Amtes der gooo bleibt hier billig außer Betracht; in historischer Zeit sind sie ein Instrument der Aristokratie zur Coercition der Könige.

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(Herodot VI, 74f.) ist selbst in der dem Kleomenes feindlichen, wohl auf Dikaios zurückgehenden Darstellung des Herodot nicht zu verkennen. Gestützt auf seine persönlichen Beziehungen zu Arkadien hat dieser die Opposition in der Heimat, vor welcher er zeitweilig weichen mußte, unter seinen Willen gezwungen. (Da sich der Vorgang zur Zeit des Kampfes des Pausanias gegen die heimatlichen Behörden" wiederholt1), wird man auch hier den Grund in persönlichen Beziehungen der Agiaden zu Arkadien suchen. Das zweitemal war der Ausgang der umgekehrte; es wird zwischen der Niederlage der Tegeaten und dem Sturz des Pausanias ein enger Zusammenhang sein). Die Beseitigung seines Mitkönigs und dessen Ersetzung durch eine von ihm abhängige Kreatur war für Kleomenes der wichtigste Schritt zur Erlangung einer Stellung als unbeschränkter Herr von Griechenland. So hat er zeitweilig geschaltet und dadurch gerade in seiner Heimat eine ihn tötlich hassende Opposition geschaffen. Er hat diese mit Waffengewalt bezwungen, aber nicht beseitigt, mit allen Mitteln verschlagenster List hat sie schließlich die Machtstellung der Agiaden untergraben und an ihre Stelle die aristokratische Eunomie gesetzt. Diese Bedeutung hat der Sturz des Pausanias, so groß war aber die Bedeutung des persönlichen Moments, daß der spartanische Staat in seinen Fundamenten erschüttert wurde.

Wenn es wahr ist, daß es für die Geschichte Griechenlands zur Perserzeit keinen wichtigeren Gesichtspunkt gibt, als den Gegensatz zwischen den autokratischen Bestrebungen der Agiaden und der aristokratischen Opposition in Sparta, so ist es undenkbar, daß sich dieser Gegensatz nicht in den verbündeten Staaten wiederholt haben sollte. Zu den zuverlässigsten Mitgliedern des Bundes gehört seit Vertreibung der Peisistratiden Athen. Schon oben habe ich von dem maßgebenden Einfluß des Königs Kleomenes in Athen gesprochen. Er hat Athen von der Tyrannis befreit), aber wie gesagt nicht aus religiöser Devotion noch irgendwelchen politischen Theoremen zuliebe oder um der schönen Augen der Athener willen, sondern zum Zwecke der Vergrößerung seiner eigenen Macht.

Wenn nun auch die in Athen bestehenden und um die politische Führung in der Heimat kämpfenden Faktionen lokalen Ursprungs sind, so konnte es doch nicht ausbleiben, daß sie sich zur Zeit der Unterordnung

1) Herodot IX, 35 (Pausanias III, 11, 7, Isokrates VI, 99). O. Müller, Dorier I, 188. (Simonides Fragm. 103, 104). Arkadien (Tegea) erscheint als eine den Agiaden in allen Wandlungen persönlich treue Domäne bis zur Schlacht ἐν Διπαιεῦσιν.

2) Vgl. U. v. Wilamowitz, Philol. Unters. I, 116; ders., Aristoteles und Athen II, 76, 78; Busolt, Griech. Gesch. 2, 399 und Anm.

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