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Die

Philosophie der Vorzeit

vertheidigt

von

Joseph Kleuigen,

Priester der Gesellschaft Jesu.

Erster Band.

Zweite verbesserte Auflage.

Mit Butheihung der Obern.

Innsbruck.

Druck und Verlag von Felician Rauch.

1878.

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Heber die alte und die neue Philofophie im Allgemeinen.

1. Unter der Philosophie der Vorzeit, deren Vertheidigung diese Schrift gewidmet ist, verstehen wir jene Philosophie, welche von den ersten Zeiten der Kirche bis in das achtzehnte Jahrhundert wenigstens auf den katholischen Schulen allgemein gelehrt, und von den Theologen für die heilige Wissenschaft benutzt wurde. Es war dieses, freilich nicht allen einzelnen Lehrpunkten, aber auch nicht bloß den höchsten Grundsäßen und der Richtung nach, keine andere, als die von Sokrates gegründet, von Plato und Aristoteles ausgebildet, schon unter den Völkern der vorchristlichen Zeit für die ausgezeichnetste galt. Obwohl sich mehrere Väter der Kirche und die Theologen der ersten Hälfte des Mittelalters mehr der platonischen, die Scholastiker aber der aristotelischen Philosophie bedienten; so läßt sich doch nicht läugnen, und wird auch gemeiniglich nicht geläugnet, daß die Speculation der Väter und Scholastiker, besonders wenn man sie in ihrem Gegensatz zur neuen Philosophie betrachtet, als eine und dieselbe anzusehen ist, und wir werden Gelegenheit haben, diese Uebereinstimmung in mehreren viel entscheidenden Punkten nachzuweisen.

Unter großen Kämpfen aus dem Mittelalter in die neue Zeit übergegangen, erhielt sich die scholastische Philosophie auf den katholischen Schulen in ihrer Eigenthümlichkeit. Zwar gingen mit ihr jene Veränderungen vor, über welche man sich aus dem, was anderwärts1) von der neueren Scholastik gesagt wurde, leicht ein Urtheil bilden kann; aber ihrer Grundlage und Methode nach blieb sie dieselbe. Indessen wurden auch die ihr feindseligen Elemente von dem Geiste der Zeit, welcher sie hervorgerufen hatte, genährt; und es bildeten sich, namentlich außer der Kirche, manche Schulen, die bald durch Erweiterung der Erfahrungskenntnisse, bald durch Erneuerung_platonisch-orientalischer Speculation, bald auch durch einen neuen Aristotelismus der Philosophie eine andere Bahn

1) Theologie der Vorzeit. Vierter Band. Abh. 1. Hptst. 5. n. 40.

eröffnen wollten. Mit Recht wird diesen Bestrebungen in der Geschichte der Philosophie eine besondere Aufmerksamkeit gewidmet; nicht nur weil sie das in jenem Zeitraum Hervorstechende ·sind, sondern auch weil die Entstehung der Philosophie, welche im enge. ren Sinne die neue genannt wird, aus ihnen ihre Erklärung findet. • Aber man dürfte darüber die erwähnte große Thatsache nicht aus den Augen verlieren, daß die Philosophie der Scholastiker im ganzen Umfange der katholischen Kirche, also in drei Viertheilen des gebildeten Europa's bis zu Anfang des vorigen Jahrhunderts sich behauptete; und noch weniger dürfte man übersehen, was seit der Erneuerung der Scholastik von vielen großen Denkern gelei= stet wurde. Doch wir wissen ja, daß lange Zeit die protestantischen Gelehrten auf die katholische Wissenschaft mit einer Geringschäßung herabsahen, die sie verhinderte, in derselben sich auch nur umzusehen. Möchte es ihnen nicht gelungen sein, ihre Vorurtheile auch unter den Katholiken zu verbreiten!

2. Erst am Ende des siebenzehnten Jahrhunderts wurde die Umwandlung der Philosophie, die man auf verschiedenen Wegen angestrebt hatte, von Cartesius durchgesezt. Ob die Schulen, welche auf Cartesius eine nach der anderen folgten, aus seiner Spe= culation hervorgegangen, oder ob diese nur den Anstoß zu der groBen Bewegung gegeben, möge dahin gestellt sein: gewiß ist, daß in dieser Bewegung und in dem Ganzen der neuen Philosophie sich der Geist, und zwar nicht der gute Geist der Zeit offenbart. Als den Vorzug dieser Zeit rühmt man ihre Großjährigkeit: die Völker Europa's, heißt es, seien endlich aus dem Jugendalter hinausgetreten, und zum vollen Bewußtsein ihrer selbst erwacht. Möge auch dieser Ausspruch seine Wahrheit haben und einer guten Deutung fähig sein: nur gar zu oft hat er jedoch auf dem Gebiete der Wissenschaften keine andere Deutung erhalten, als die ihm schon Luther gegeben hatte, und die in den Revolutionen unsers Jahrhunderts ihre volle Ausprägung fand. Kecke Erhebung gegen die Auctorität, und darum rücksichtsloses Niederreißzen des Bestehenden; vermessenes Selbstvertrauen, und darum Bestreben, aus eignen Mitteln alles neu aufzubauen. Aber die Sünde des Geistes, der Stolz, zicht als eine Strafe die Sünde des Fleisches nach sich. Diese selbe neue Zeit, welche mit den geistigen Vorzügen des Menschen, wie keine andere, groß thut, hat nichtsdestoweniger eine Richtung auf das Materielle genommen, die dem Betrachtenden Ueberdruß und Schauder erregt.

3. Es läßt sich nicht verkennen, daß dieser Charakter der Zeit in den philosophischen Systemen, die sie hervorgebracht hat, mehr oder weniger sich wiederfindet. Unsere Leser werden hier keine ausführliche Darstellung dieser Systeme erwarten, es aber auch nicht mißbilligen, wenn wir in aller Kürze an die Grundlehren derselben erinnern. Denn nur aus diesen können die Einwendungen wider die Philosophie der Vorzeit, auf die wir zu antworten haben, vollständig verstanden und gewürdigt werden. Was also zunächst Cartesius angeht, so müssen wir in seiner Philosophie drei Stücke unterscheiden: den Gegensay, in welchen er mit der in der Kirche herrschenden Philosophie trat, die neue Grundlage, die er der Speculation geben wollte, und endlich das Lehrgebäude, das er auf dieser neuen Grundlage errichtete. Er begnügte sich keinesweges, eine oder die andere Lehre der Scholastik anzugreifen, sondern ging von der Ueberzeugung aus, daß man bis auf ihn weder den einzig festen Standpunkt, noch auch den Weg, auf welchem man von diesem aus mit Sicherheit vorangehen könne, gekannt, und deßhalb nicht nur die wahren Lehren, die man vortrug, nicht zu begründen gewußt habe, sondern auch zu vielen falschen Behauptungen verleitet worden sei. Jenen Standpunkt glaubte Cartefius in der Gewißheit, womit der Mensch oder vielmehr der denkende Geist des Menschen, (denn dies ist bei Cartesius nicht dasselbe), sein eignes Dasein erkenne, und in der Weise, wie er zu dieser ersten gewissen Erkenntniß gelange, den Weg zu finden, auf welchem man mit Sicherheit zu andern Erkenntnissen fortschreiten könne. In dem Lehrgebäude endlich, das er nach dieser Methode ausarbeitete, verfuhr er mit derselben Unabhängigkeit, den herrschenden Ansichten in sehr vielen und wichtigen Fragen offen widersprechend. Er war jedoch in dem Aufbau dieses seines neuen Systems nichts weniger als glücklich. Von allen den Ansichten, die er den Scholastikern in der Lehre von Gott, in der Psychologie und besonders in der Naturphilosophie entgegenstellte, möchte es schwer sein, auch nur eine einzige von Bedeutung zu finden, welche die Nachwelt nicht unerbittlich verworfen hätte. Aber sein. feindliches Auftreten gegen die alte Schule, und sein Versuch, der Philosophie durch den subjectiven Standpunkt eine ganz neue Richtung zu geben, fand desto mehr und desto rüstigere Nachahmer. Die Zeit ergriff, was ihrem Geiste entsprach.

4. Die Methode, welche Cartesius für die einzig sichere hielt, besteht darin, daß der denkende Geist von seinem eignen Dasein,

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