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Zukunft, ja in ihrer wesentlichen Bedeutung für alle Zeiten erkannt ist; nur dann kann ihre Kenntniss ebensowohl den wissenschaftlichen wie den wahrhaft praktischen Interessen des denkenden Geistes von Nutz und Frommen sein. Man nannte das Streben, die Begebenheiten in ihrer Ursächlichkeit und bleibenden Bedeutung zu erfassen, den Pragmatismus der Geschichte, trieb aber mit dem Namen viel Prunk und noch mehr mit der Sache Unfug und Missbrauch.

Dieser Pragmatismus war nämlich häufig nichts Anderes als der Rationalismus in der Geschichte, der hier eben so flach, altklug und anmassend war, wie der Rationalismus in der Theologie, zu dessen classischen Kartoffelbau- und Stallfütterungspredigten oder moralischen,,Ausbesserungs"-Reden er treffende Analoga bot. Der Zweck, den dieser rationalistische Pragmatismus, zu erreichen suchte, war eben so verwerflich und futil, wie die Mittel, deren er sich dazu bediente.

Man wollte die Geschichte fruchtbar, machen für das Leben: sie sollte eine Philosophie in Beispielen, eine unerschöpfliche Quelle von Welt- und Menschenkenntniss, eine Schatzkammer von Rathschlägen für alle Verhältnisse, Stellungen und Lagen des Lebens sein. Das war nun Alles recht schön und gut, leider war aber die Philosophie, deren Katheder man in der Geschichte errichtete, nichts als flache Popularphilosophie; die Weltund Menschenkenntniss, die hier marktschreierisch feil geboten wurde, nichts als Trivialität, die man in der Nähe wohlfeiler haben konnte; und das menschliche Leben, dessen Verständniss und Bedeutung eröffnet werden sollte, nur den niedern irdischen Interessen zugewandt.

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Der Hebel, durch welchen die Geschichte auf diese eingebildete Höhe der Nützlichkeit erhoben werden sollte, war nun vornehmlich die Causalität des Geschehens, die Verkettung von Ursache und Wirkung. Man verfolgte jedes Faktum bis auf seinen letzten Grund und seine erste Veranlassung, und weil man dabei nicht den

Spuren des durch die Geschichte wandelnden Gottes nachging, sonders Alles fein klug und natürlich erklärte, weil man nur menschliche Plane, Berechnungen, Leidenschaften, Launen und Zufälle als die Faktoren der Begebenheiten anerkannte, so gelangte man meist zu den geringfügigsten und kleinlichsten Dingen und wunderte sich dann, wie aus so Kleinem so Grosses habe entstehen können, glaubte übrigens Alles begriffen zu haben. 1) Daher die Wichtigkeit, die man auf Schilderung der Charaktere und Zustände legte, der rhetorische Apparat, der dazu verbraucht wurde, und endlich die vornehmthuenden Reflexionen und schalen, superciliösen Raisonnements,,,jene Lobreden, Verdammungsurtheile, Tiraden über Priester, Despoten u. s. w., womit man der Darstellung Würze und der Belehrung Nachdruck zu geben suchte."

An diesem falschen Pragmatismus ist zu tadeln: zunächst die Gott-losigkeit, die Alles in der Geschichte findet, nur nicht den lebendigen Gott; dann die Lügenhaftigkeit, in der er sich, wenn auch ganz

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1),, Was auf diesem Wege gewonnen wird," sagt treffend C. Fr. Haug, die allgemeine Geschichte. Stuttgart 1841. Erster Band S. 14,,,ist eine Kette ohne Anfang und Ende, unübersehliches aus Zufall und Möglichkeit locker geflochtenes Netzwerk, dessen Fäden schon aus Mangel an Kenntniss der Umstände jeden Augenblick abreissen, eine breite ins Unendliche, Alltägliche sich verlaufende Fläche ohne Anhalt und Mittelpunkt. Es ist ein Grundsatz, der, in seiner Einseitigkeit consequent verfolgt, geradezu zùm Absurden führt, Denn was auch als Ursache angeführt werden möge, sei sie noch so speciell, es ist selbst wieder aus unzähligen Bestandtheilen zusammengesetzt, durch das Zusammentreffen einer unberechenbaren Menge von Umständen geworden." Uns fällt dabei gelegentlich das bekannte Witzwort, das, wenn wir nicht irren, von Lichtenberg her rührt, ein: Wenn Kleopatra eine schiefe Nase gehabt hätte, so würde der ganze Gang der Weltgeschichte ein anderer gewe sen sein.“ Wir dagegen meinen, wenn die buhlerische Königiu auch gar keine Nase gehabt hätte, und wenn selbst Cäsar und Antonius schon in der Wiege gestorben wären, so würde die Weltgeschichte im Wesentlichen denselben Gang genommen und zu demselben Resultat gelangt sein - ohne deshalb im Mindesten fatalistischer Weltanschauung nahe zu kommen, vielmehr im graden Widerspruch gegen sie.

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unbewusst, bewegt 1); ferner die Anmassung, die mit so wenig Fonds doch das innerste Wesen der Geschichte zu erfassen wähnt und endlich die Flachheit, die sich selbst so leicht genügt.

Damit soll nun aber nicht allem Pragmatismus in der Geschichtschreibung, in der profanen so wenig, wie in der heiligen, der Stab gebrochen werden. Die Geschichte soll allerdings pragmatisch sein, soll wahrhafte Frucht für das Leben bringen. Aber wie die Naturwissenschaft noch zu etwas ganz Anderm und Höherm nütze ist, als zur Förderung des Ackerbau's und der Viehzucht, so besteht der wahre Werth und der Nutzen der Geschichte in etwas ganz Anderm, als in dem Gewinn einer ohnehin zweideutigen Weltklugheit und Menschenkenntniss. Die Wissenschaft hat ihren nächsten und höchsten Zweck erreicht, wenn sie den zum Denken und zum Erkennen des Niedrigsten wie des Höchsten geschaffenen Menschengeist mit wahrer und darum bleibender Erkenntniss bereichert und ihn dadurch der ewigen Quelle aller Weisheit und Erkenntniss näher bringt: die Bildung des Geistes für Den und zu Dem, nach dessen Bilde er geschaffen ist, das ist die eigentliche und höchste Aufgabe jeder Wissenschaft, die sie, so viel än ihr ist, zu realisiren trachten muss. Dass aber die Wissenschaft, wenn sie um ihrer selbst willen, oder vielmehr, wenn sie um Des willen, der ihr Alpha und Omega ist, gepflegt wird, auch in die niedern Sphären des Menschenlebens, in das Staats-, Geschäfts- und Privatleben und seine verschiedenartigen Interessen nicht nur verklärend und heiligend, sondern auch fördernd und Segen spendend eingreifen muss, ergiebt sich schon aus dem innigen Zusammenhang der niedern Sphären des Le

1) Im Memoire,,,das sich etwas darauf zu gute thut, in die geheime Werkstätte der Geschichte einzuführen, und zu zeigen, wie die grossen Begebenheiten, die der Uneingeweihte anstaunt, aus dem Allerkleinsten und Gemeinsten, individueller Willkühr, Egoismus, Laune, Schwächen, Ränke, Zufälle u. s. w. ganz natürlich entstanden seien steigert sich diese Lügenhaftigkeit auch da wo es sich gewissenhafter Treue befleissigt, zur höchsten Intension und Extension,

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bens mit den höhern und höchsten; ergiebt sich aus der Bestimmung des Geistes, alle Gebiete des Lebens zu durchdringen und zu beherrschen. Und so wird auch die Geschichte nicht umhin können, ausser dem absoluten Gewinn für die Bildung des Geistes noch ein tieferes Verständniss der verschiedenartigen Sphären und Interessen des praktischen Lebens zu vermitteln.

Aber wie dies nicht der eigentliche und nächste, sondern secundäre, gleich unwillkührlich sich realisirende Zweck der Geschichte ist, so dürfen auch nicht die Mittel zunächst oder gar alleinig auf ihn hinzielen, wodurch die Wissenschaft von vorn herein eine schiefe Richtung erlangen würde. Die Causalität der Geschichte, das Ineinandergreifen ihrer verschiedenen Faktoren, Verkettung von Ursache und Wirkung, von Veranlassung und Folgen, der Widerstreit von Absicht und Erfolg, dies Alles zu erfassen, ist wesentliches Moment der Ge schichtschreibung, aber nicht etwa darum, um daraus Weltklugheit zu erlernen, sondern darum, weil ohne dies Alles die Geschichte nicht als Wissenschaft nicht als Organismus erkannt werden kann. Und sucht man diese Causalität der Geschichte im Sinn und Geiste wahrer Wissenschaft zu erfassen, so wird man sich auch sicherlich nicht in jene Veräusserlichung und Vereinzelung von Ursache und Folge verirren, wo die ganze Geschichte zu einem Inbegriff von lauter Zufälligkeiten wird, wo unter dem Messer des Anatomen die Seele entflieht und er nun, in öden Materialismus versunken, wähnt, es sei gar keine Soele da, weil er keine gefunden. Denn Wissenschaft ist Einheit, ist Organis mus; und Geschichte ist nicht Anatomie, sondern Physiologie des Geschehenen, sie betrachtet das Geschehene als lebendigen Organismus, als Einheit von Leib, Seele und Geist.

Gilt nun das Gesagte von der Geschichte im Allgemeinen, so noch viel mehr von der heiligen Geschichte ins Besondere; und die gerügten Missgriffe müssen hier um so sorgfältiger vermieden und die dargelegten Grund

sätze um so strenger durchgeführt werden, je mehr die heilige Geschichte die Quintessenz, die Blüthe und άxuý aller Geschichte ist; je entschiedener und entscheidender, je energischer und sichtbarer sie der göttliche Odem durchweht und die göttliche That durchdringt.

Sollen wir nun des Ausführlichen den Werth, den die heilige Geschichte als Wissenschaft für die Bildung des menschlichen Geistes hat, und den Nutzen, den sie in pragmatischer Darstellung dem christlichen Leben gewährt, darthun? Nach dem Gesagten möchte dies als etwas Ueberflüssiges, sich von selbst Verstehendes erscheinen. Ist ja doch die heilige Geschichte eine Wissenschaft, die die höchsten und wichtigsten Beziehungen umfasst, und sie in ihrer concreten Erscheinung darstellt, die dem Geiste das Verständniss über Gott, über die Natur und über sich selbst eröffnet, die darum auch den christlichen Glauben kräftigen, die christliche Liebe erhöhen, die christliche Hoffnung beleben muss.

Wenden wir uns daher lieber gleich zur wissenschaftlichen und pragmatischen Behandlung der heiligen Geschichte, und sehen wir, welche Forderungen sie in dieser Beziehung vermöge ihrer Eigenthümlichkeit und ihres Charakters an ihren Bearbeiter stellt.

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Die heilige Geschichte ist wie alle Geschichte→ nicht bloss das Produkt eines Faktors, der kreatürlichen That, sondern eines doppelten, der göttlichen und kreatürlichen Thätigkeit. In der Profangeschichte tritt die göttliche Thätigkeit vor der menschlichen in den Hintergrund; still und verborgen, aber nichtsdestoweniger entscheidend und bestimmend wirkt und ordnet sie in ihr; doch in ihrer ganzen Ausdehnung auch nur dem Auge des Glaubens sichtbar. Die heilige Geschichte hingegen lässt recht ex professo die göttliche Thätigkeit hervortreten, denn nicht sowohl das mittelbare, verborgene und geheime göttliche Walten in der Geschichte, nicht die göttliche Vorsehung im Allgemeinen ist ihr Objekt, sondern das unmittelbarste, sich als göttlich selbst kundgebende Eingreifen Gottes, seine offenkundige,

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