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verhalten muss. Ohne den Begriff des Seins gäbe es, wie keinen Gedanken, so keine Sprache. Deshalb ist das Verbum Sein gleichsam der allgemeine Exponent aller übrigen und wird von allen übrigen involvirt. Deshalb widerstrebt aber auch zugleich dies Wort jeder Alteration seines Grundbegriffs, wie kein anderes. Diesem Grundbegriff in irgend einem Satze, wo es vorkommt oder nothwendig supplirt werden muss, zu nahe treten, ihn aufheben und vernichten, hiesse überhaupt allen Sinn und Gedanken aufheben und vernichten. Der Begriff und das Wort Sein haben daher gleichsam eine solche Elasticität, dass wenn sie auch noch so sehr expandirt werden, sie sich immer wieder auf ihr Centrum contrahiren, ohne sich jemals in ein ihnen fremdes Gebiet hinüberziehn zu lassen; sie haben eine so eigenthümliche Selbstständigkeit, dass sie zwar die mannigfaltigsten und intimsten Verbindungen eingehn, sich aber niemals in ein Anderes völlig verlieren und auflösen können. Es scheint dies Letztere freilich nicht selten der Fall zu sein; aber es ist auch eben nur Schein. Wie dieser Schein entsteht, haben wir nun näher zu untersuchen.

Die einfache Bedeutung des Wortes Sein, εivat, esse u. s. w. zerfällt zunächst scheinbar in eine zwiefache, nämlich in die des schlechthinigen Seins (exstare) und die des irgendwie determinirten, welches durch eine Prädikatsbestimmung näher hezeichnet wird, oder aber mit andern Worten: ein Seiendes wird entweder im Gegensatz zu dem Nichtseienden oder zu einem Andersseienden gefasst. Wie diese logische Spaltung in der Natur des Begriffs begründet ist, und die constante Bedeutung des Worts nicht im Geringsten alterirt, bedarf keiner Nachweisung. Eine nahe Verwandtschaft hiemit hat der Fall, wo die Bedeutung Sein in die des Werdens sich zu verlieren scheint. (Vgl. Wahls Clavis unter slui ed. II, p. 401 und Gesenius hebräisches Wörterbuch unter ). Hierbei müssen wir jedoch zum Voraus bemerken, dass eine Menge Stellen, welche Wahl 1. c. angeführt hat, desshalb nicht hieher gehören,

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weil sich in denselben siva zwar durch yíyvɛodαı, fieri, werden, erfolgen u. dgl, übersetzen lässt, doch Jedermann einleuchtet, dass es seine ursprüngliche Bedeutung behauptet, und dem griechischen Ausdruck nur eine andere Anschauung zum Grunde liegt, als worauf der deutsche oder lateinische Ausdruck in solcher Verbindung sich zu stützen pflegt z. B. Matth. 24, 7. 21. ἔσονται λιμοί, λοιμοί u. S. W.; ἔσται - θλίψις. Es wird ja offenbar das Sein (= Vorhandensein, Existiren, -Stattfinden) von Pest, Hungersnoth, Trübsal geweissagt, und es ist ganz klar, dass wenn Luther in diesen Stellen, ohne undeutsch zu reden, die wörtliche Uebersetzung durch,,Sein" beibehalten konnte (es werden sein Pestilenz und theure Zeit ; es wird eine Trübsal sein) man unmöglich durch den Umstand, dass sich auch übersetzen lässt,,es wird entstehen, erfolgen u. s. w." beweisen kann, das Verbum siva habe in jenen Verbindungen seine ursprüngliche Bedeutung verloren 1). Ganz so Mark, 14, 2. μýлоτε Dóovßos ótaι (Luther: dass nicht ein Aufruhr werde). Sage ich auch im deutschen richtig: es ist ein Tumult (auf der Strasse), es ist ein Aufruhr (im Volke), so beruht es auf einer rein zufälligen Eigenthümlichkeit des deutschen Sprachgenius, dass ich nicht auch gräcisirend sagen kann,,damit nicht ein Aufruhr sein werde" sondern sagen muss,,werde entstehen" oder dgl.; das griechische Wort hat von seiner ursprünglichen und einzigen Bedeutung nicht das Geringste verloren. Das Gesagte leidet eine leichte Anwendung auf Luk. 12, 55. 21, 23. 25 Act. 11, 28. In dieselbe Kategorie fällt auch Luk. 22, 49. „idóvtes de oi περὶ ἀντὸν τὸ ἐσόμενον 2). Luther übersetzt τὸ ἐσόμενον

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1) Sehr deutlich geht dies namentlich aus der Art und Weise hervor, wie bei Rednern orɩ zu Anfang einer Periode statt Exe de ouros steht z. B. Demosthen. de Cherson. sagt: "Eori de, ei μὲν ἡσυχίαν Φίλιππος ἄγει etc. οὐδὲν δεῖ λέγειν, ἀλλὰ ἁπλῶς εἰρήνην ακτέοτ. Es ist, es verhält sich (nämlich so wie ich gleich sagen werde). Wenn Philippus u. s. w. vgl. Viger, ed. Hermann

P. 237.

2) Die Lesart cóμɛvov hat unstreitig mehr für sich als die Variante γενόμενον.

durch,,was da werden wollte". Die Jünger sahn im Geiste das, was bald Sein (Existenz) haben werde (das Zukünftig - Seiende) nämlich die Gefangennehrung Jesu. -Gebraucht hier die Deutsche Sprache nicht das Wort Sein, sondern Geschehen, Erfolgen, Stattfinden, so ändert das nichts in der genuinen Bedeutung des griechischen ɛiuí. Eben so sind anzusehn: Matth. 24, 3. Luk. 21, 7. Luk. 1, 34 und 45. Apgsch, 2, 17. 21. 3, 23. 27, 25. Röm. 9, 26; mit dem Dativus commodi oder incommodi Matth. 16, 22. Mark. 11, 24. Luk. 2, 10. 14, 10. Dagegen gehören gar nicht hierher die von Wahl citirten Stellen: Offenb. 1, 19 und Apgsch. 21, 22. — In der erstern Stelle heisst a slot entweder ,,was (vor deinen Augen) ist" oder was gegenwärtig ist d. h. den gegenwärtigen Zustand der Kirche. Die Formel: tí ovv totí; aber, Apgsch. 1. c. und I. Kor. 14, 15 ist offenbar elliptischer1) Natur, wie schon ihre grammatische Form darthut, da sie die Beschaffenheit des Prädikats in Frage stellt, das Subjekt aber unbenannt lässt. Das zu ergänzende Subjekt kann, je nach dem Kontext, ein verschiedenes sein z. B. die Sachlage (1 Kor.), das zu Thuende (Apgsch). Aehnlich sind jener griechischen die deutschen Formeln : Wie ist's damit? wie steht's darum? Die Erklärung von Wahl durch „quid igitur fit vel evenit?" ist ostensibel falsch. Einem unbefangenen Blicke leuchtet bei allen so eben angeführten Stellen ein, dass sie nicht im Geringsten beweisen, elva heisse bisweilen werden und riveoda. (Man könnte dies Resultat als einen Nebenbeweis wider die Transsubstantiation der kathol. Abendmahlslehre gebrauchen.) Etwas anders verhält es sich hingegen mit der Formel: ɛiuì is tɩ. Vgl. die von Wahl 1. c. p. 403 angeführten Stellen. Diese Formel ist ein bekannter Hebraismus, denn der Hebräer bedient sich des Zeitworts, um den Begriff Werden auszudrücken, weil ihm für diesen ein besonderes Wort in seiner Spra

1) Ueber die Ellipsen bei siui werden wir in unserem zweiten Artikel ausführlich handeln.

che fehlt. Der Begriff Werden ist aber selbst nur eine besondere Modifikation des Begriffes Sein; es ist das Werden, wie Hegel und seine Schule sagt, die Identität von Sein und Nichtsein; es ist das aus dem Nichtsein sich herausgebärende, sich entwickelnde Sein. — So wird denn auch durch diesen Hebraismus die Grundbedeutung von (welches schwerlich ursprünglich die Bedeutung werden hat, wie Ewald Krit. Gramm. §. 325. behauptet) und eiva durchaus nicht wesentlich alterirt. Das Sein in seiner lebendigen Entwicklung zu einem Anderssein oder das Werden ist immer ein Sein. Wir haben nun ferner noch kürzlich die Fälle zu erwägen, wo das simplex siva für composita steht oder zu stehen scheint. Elui vertritt die Stelle von άoɛu auf eine höchst ungezwungene Weise, ohne seiner Bedeutung etwas zu vergeben; denn Sein, Vorhandensein, Anwesendsein sind im Grunde zusammenfallende Begriffe, und wenn daher der Kontext das лоυ eines Seienden hinreichend klar macht, braucht diess nicht noch besonders durch eine Präposition hervorgehoben zu werden vgl. Matth. 12, 10. Mark. 8, 1. 11, 13. Kaum hierher gehört Matth. 24, 6. Es steht ferner loti bekanntlich häufig für εoti. - Dass es dabei aber von seiner zwar vielumfassenden, doch im Grunde einzigen Bedeutung Nichts verliert, muss jedem Unbefangenen einleuchten. Es hat hier nämlich das orí eben die Bedeutung existiren. Ohne Negation kommt ori bekanntlich selten so vor, im N. T. gar nicht. Sein kann an und für sich nicht verwechselt werden mit Möglichsein (physischem oder moralischen); aber es giebt Verbindungen, wo Eins dem Sinne nach sich mit dem Andern vertauschen lässt. So z. B. ε tí που ἔστιν Hom. Od. 4, 193. ,,Wenn es (nämlich das Sichüberredenlassen, das Folgen) irgendwie (bei dir) ist, eine Existenz hat, Statt findet dem Sinne nach

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,,wenns Dir möglich ist.“ Aehnlich Jl. 20, 246. Auch

hier heisst or eigentlich, hat Existenz, findet Statt. Der Kontext lehrt in solchen Stellen, dass das Sein nur ein ideales, nicht ein zur Wirklichkeit bereits gelangtes

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oder mit andern Worten, dass es nur ein physisch oder moralisch mögliches Sein sei. Das reale Sein hat Statt unter gewissen Bedingungen, welche ausdrücklich genannt, oder was häufiger der Fall ist, aus dem Kontext errathen werden; tritt die Erfüllung dieser Bedingungen nicht ein, so bleibt es ein ideales, ein bloss in Gedanken vorhandenes, ein bloss mögliches Sein. Dass es sich mit diesem Gebrauch von ἐστί für ἔξεστι also verhält, wird besonders deutlich, wo, wie meistens, die Negation hinzutritt z. B. Jl. 21, 193. ovx toti Au μάxɛóðα,,,mit Zeus zu streiten ist unmöglich" eigentlich ,,ist nicht, ist ein Unding." Wir gebrauchen unser deutsches ist gerade so. - Man vgl. noch die Redensarten: es ist zu bezweifeln, es ist nicht zu leugnen, und ähnliche. Im N. T. kommt or eigentlich nur einmal so vor (denn I. Kor. 11, 20, von Wahl citirt, gehört gar nicht hieher), nämlich Hebr. 9, 5.,,ñɛдì av ovx čóti võv λέγειν κατά μέρος worüber jetzt im Einzelnen nicht zu reden ist das Reden darüber im Einzelnen kommt jedoch (für uns, aus Gründen nämlich, welche der Leser erräth) nicht zum Sein, findet nicht Statt, hat keine (mögliche, nothwendige) Existenz. - Genug über diesen Punkt.

Es soll suí endlich nach Wahl im Griechischen überhaupt und auch im N. T. bedeuten vouíçouai, άžiovμai, λογίζομαι. Dafür wird angeführt I. Kor. 4, 3: ¿uoì δὲ εἰς ἐλάχιστον ἐστὶν κ. τ. λ. Aber auch hier haben wir zwischen Sinn und Bedeutung wohl zu unterscheiden. Jeder sieht nämlich sogleich, dass in dieser Stelle der Sinn des Ausspruchs nicht im Geringsten wesentlich verändert sein würde, wenn der Apostel die Präposition ausgelassen und statt εἰς ἐλάχιστον bloss ἐλάχιστον geschrieben hätte. Schon aus diesem Umstande geht deulich hervor, dass ɛlva hier seine Bedeutung durchaus behauptet. Das für uns Deutsche auffällige der Construction besteht allein darin, dass bei der Anfügung des Prädikats siva, wie loyihɛoda (Röm. 2, 26. 9, 22. 8. Iac. 2, 23. Apg. 19, 27), mit der uns überflüssig scheinenden Präposition is verbunden ist. Wenn man übrigens

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