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mithin der Mensch nicht nur als untreu, sondern auch als treubrüchig, weil er das durch seine Willensdeclaration absichtlich provocirte Vertrauen gemissbraucht und gebrochen hat.

Die Declaration kann in einem formellen Vertrage (Vertragstreue), sie kann auch in einer mündlichen Zusage (Wort-Treue), oder endlich in feierlichen Modalitäten der Versicherung (Schwurtreue) bestehen. Die Zusicherung eines bestimmten Wollens findet meistens unter Voraussetzung ganz bestimmter Bedingungen statt, unter denen. bei Gegenseitigkeit des Verhältnisses die Treue des Andern eine der wichtigsten ist, aber doch nicht immer Bedingung ist (z. B. in der Ehe); jedenfalls ist es unzulässig, die Zusicherung absolut und bedingungslos zu nehmen, da immer ausgesprochene oder stillschweigende Voraussetzungen dem Versprechen zu Grunde liegen, deren Hinfälligkeit auch von der Zusage entbindet. *) Die Vertragstreue fordert Selbstbeherrschung, um die Versuchungen zur Aenderung der Willensrichtung zu überwinden, und die einmal getroffene Willensentscheidung veränderten Gefühlen und Begehrungen zum Trotz aufrecht zu halten; diese Selbstbeherrschung gilt mit Recht als Forderung an einen sittlichen Menschen, und der Treubruch überall als unsittlich und verabscheuungswerth. Die sittliche Missbilligung wird noch verschärft, wenn durch die vertrauenerweckende Zusage persönliche Vortheile erlangt wurden; es wird dann der Verdacht auf leichtfertiges Versprechen ohne feste Absicht, es zu halten, oder gar auf falsche Vorspiegelung eines gar nicht vorhandenen Willens, d. h. auf Betrug, nahe gelegt. Am allerschwersten aber erscheint der Grad der Un

*) Ein Versprechen, das man sich selbst giebt, kann niemals höheren Werth haben als ein einfacher Vorsatz; die Form des Eides ist hier sinnlos, weil der andere vertragschliessende Theil fehlt, und das Pochen auf ein sich selbst gegebenes Versprechen trotz veränderter Verhältnisse ist entweder eine intellectuelle Verirrung oder der Deckmantel schwächlichen und krankhaften Eigensinns. Von jeder Verpflichtung kann man durch den, gegen den man sie übernimmt, entbunden werden; die Form des Gelöbnisses gegen sich selbst erweist sich also schon dadurch als hinfällig, weil man selbst sich jederzeit von der gegen sich selbst übernommenen Verpflichtung entbinden kann. Auch Gelübde vor Gott sind nur statthaft, insofern Gott ein Organ zugeschrieben wird, um eventuell von dem Gelübde entbinden zu können, sei dies Organ nun der Beichtvater, der Papst oder das eigene religiöse Bewusstsein; im letzteren Falle fällt ersichtlich das Gelübde vor Gott mit dem Gelöbniss gegen sich selbst zusammen, nur dass das Ich als religiöses Bewusstsein als der vom Gelöbniss entbindende Theil aufgefasst wird.

sittlichkeit, wo mit dem Treubruch positive Verletzung sich verbindet und das Vertrauensverhältniss gemissbraucht wird, um diese Verletzung zu vollstrecken; solches positives Unrechtthun in einer Lage, wo man Treue schuldete, wird als Verrath gebrandmarkt. Der Verrath steht mit dem positiven Undank insofern auf einer Linie, als er Böses an Stelle des speciell geschuldeten Guten setzt, wird aber mit Recht noch viel hårter als letzterer beurtheilt, weil Treue eine stärkere Verpflichtung als Dankbarkeit begründet.

Es bedarf nur eines geringen Besinnens, um sich zu vergegenwärtigen, wie sehr das ganze bürgerliche und öffentliche Leben auf der Vertragstreue, auf der Voraussetzung der Bindung des Willens durch ausdrückliche Declaration zum Zweck der Vertrauenserweckung beruht. Der Vertrag ist nicht nur die Hauptgrundlage des bürgerlichen Rechts, seine Bedeutung erstreckt sich viel weiter als die Rechtssphäre reicht. Nicht umsonst sagt man:,,Ein Mann ein Wort"; denn nichts lästiger im Umgang als ein Mensch, der leichtsinnig verspricht und leichtsinnig bricht. Wer es im Kleinen mit dem Halten seines Wortes nicht genau nimmt, dem wird man auch im Grossen nicht sicher trauen, oder doch nur insoweit, als man ihn durch seinen eignen Vortheil oder die Furcht vor Schande gebunden weiss. Grade da aber, wo die Rechtssphäre nicht hinreicht, wird die Treue als Charaktereigenschaft durch keine egoistische Klugheitsmoral ersetzt werden können, weil letztere erklärter Maassen den Willen zu ändern verlangt, sobald die Umstände sich so ändern, dass ein grösserer Vortheil durch die Untreue erlangt wird, als der Nachtheil ist, den die schlechte Meinung der andern Menschen über den Treubrüchigen im Gefolge hat. Hieraus erhellt zur Genüge die Wichtigkeit der Vertragstreue als Moralprincip.

Sowohl die jüdische als die christliche Religion basiren nach der naiveren Auffassung früherer Jahrhunderte auf der Treue gegen einen Vertrag (alten und neuen Bund) mit gegenseitig ausbedungenen Leistungen und Vortheilen. Jehovah z. B. verspricht den Juden gegen die Zusage auschliesslicher Verehrung und Anbetung seiner Herrlichkeit, ihre Feinde (d. h. die rechtmässigen Besitzer des Landes, das sie erobern wollten) vor ihnen verzagt zu machen und zu verjagen (Gen. 34, 10-11; 23, 20-33 u. s. w.). Im neuen Bunde handelt es sich nicht mehr um irdische, sondern um jenseitige Vortheile, nach Herstellung der neuen Erde und ihres Reiches. Die

früheren Ansichten über Solidarität der Familie und des Stammes gestatteten eine Verpflichtung der nachfolgenden Geschlechter zur Treue gegen den von den Vorfahren geschlossenen Bundesvertrag mit Gott, während der moderne Individualismus sich hiergegen empört; die Treue gegen den Gott der Väter ist nach dieser Anschauung letzten Endes Vertragstreue gegen den von den Ahnen geschlossenen Vertrag, und wird erst da zum blossen Conservatismus, wo diese Auffassung der Religion als eines gegenseitigen Contractes aus dem Bewusstsein entschwindet. Im neuen Testament war diese nach Analogie des alten Bundes gebildete Theorie niemals so scharf ausgesprochen; je mehr aber in letzterem Christus in die Stelle des anzubetenden Gottes rückte, desto mehr nahm die christliche Religion den Charakter eines Treuverhältnisses gegen Christum an, der die Treue gegen die Seinen mit seinem Blute besiegelt hatte. Diese Auffassung des Christenthums wurde die entscheidende für die germanischen Stämme, welche dasselbe annahmen; sie schworen sich als Dienstmannen Christo als ihrem guten Herrn zu, dessen Fahne sie folgen wollten, und die sie dafür zum Siege führen sollte. Sie betrachteten diesen Eid der Treue durchaus als Lehnseid im kriegerischen Sinne und zu kriegerischen Zwecken, und sahen den Bruch desselben in genau demselben Lichte, wie den Treubruch eines Dienstmannen gegen den Herrn, dem er sich zugeschworen.*)

Diese Umwandlung war nichts weniger als zufällig, denn nirgend wurzelt die Treue so tief als im germanischen Volkscharakter, wo sie als die höchste sittliche Eigenschaft des Menschen gefeiert wird. Die germanische Treue ist es, aus welcher das Lehnswesen und mit ihm die ganze politische Gestaltung des Mittelalters entspringt; denn nur ein Volk, das einen starken Glauben an seine Treue besitzt, kann auf den Einfall kommen, auf das Verhältniss einer rein persönlichen Treue seine politische Verfassung zu gründen. Aus dieser Sachlage erklärt sich sowohl die Stärke des Feudalismus und seine Poesie, wie auf der andern Seite seine Schwäche gegenüber den Gefahren des Treubruchs und seine Unhaltbarkeit bei eintretendem Verfall der

*) Vgl. hierzu G. Freytag: Bilder aus der deutschen Vergangenheit" Bd. I das Mittelalter. Der eigentliche Bekchrungsgrund war also der Glaube, dass der Christengott ein stärkerer Schlachtengott sei, und das wirksamste Motiv zu Massenbekehrungen grosse Siege unter christlicher Fahne.

alten ehrwürdigen Sitten. Je weniger die Liebe dem Volke in einer so verfeinerten Gestalt zugänglich ist, um zum Hauptgegenstand der Dichtung zu werden, desto mehr tritt die Treue als poetisches Motiv in den Vordergrund, und sie ist es, welcher wir die herrlichsten Gestalten der Volksdichtung verdanken (Penelope, Gudrun, Hagen, Genovefa, Griseldis, Herzog Ernst von Schwaben, Friedrich der Schöne und Ludwig der Baier u. s. w.). Wo die Germanen staatenbildend vordrangen, da erhoben sie den Cultus der Treue zum höchsten Ideal des Grossen und Edlen; so ist z. B. die Blüthezeit der Spanischen Poesie ganz von der feudalen Idee der absoluten Treue bestimmt und getragen. Dass dieses Motiv durch Hervortreten anderer Motive auch in der Neuzeit keineswegs verdrängt ist, beweisen Cymbeline und Wintermährchen, Fidelio und Euryanthe,,,Ein treuer Diener seines Herrn" von Grillparzer und die unerschöpfliche Volkspoesie der Treue.

Mit dieser im Feudalismus zum Ausdruck gelangten und in der Poesie gefeierten Treue haben wir eine Gestalt der Treue erreicht, welche, wenn auch von der Vertragstreue ausgehend, doch keineswegs in derselben aufgeht, sondern in einer harmonischen Verschmelzung der Vertragstreue mit der persönlichen Anhänglichkeit besteht. Von ersterer hat sie die Stärke der Verpflichtung, von letzterer die Macht der Gewohnheit und die Festigkeit des Ineinanderlebens; von ersterer die geistige Selbstbeherrschung und bewusste Sicherheit, von letzterer die natürliche Verwachsung und Gefühlsinnigkeit. Sie ist gleichzeitig kräftig und zart, stark und mild; je nach dem Ueberwiegen der bewussten Vertragstreue oder der instinctiven Anhänglichkeit wird das eine oder das andere Merkmal vorherrschen. So wird man z. B. bei Männern häufiger die ernste und herbe, bei Frauen mehr die weiche und innige Seite der Treue ausgeprägt finden, je nachdem bewusste selbstbeherrschende Vertragstreue oder natur- und gewohnheitsgemässe Anhänglichkeit in der Gefühlsmischung prävalirt. Die Vertragstreue, wo sie bloss auf sachliche Verpflichtungen geht, hat einen abstracten, trockenen, juridischen Charakter, und erlangt erst als Begründerin eines persönlichen Verhältnisses eine gewisse gemüthliche Wärme; der Conservatismus, wo er sich bloss auf sachliche Einrichtungen und Verhältnisse bezieht, bedarf, wie wir gesehen haben, einer scharfen Kritik, um nicht in schädliche Richtungen zu führen, und ist nur da ganz unbedenklich und unbedingt werthvoll, wo er sich als persönliche Anhänglichkeit entfaltet: die persönliche Treue

vereint die besten Seiten beider Gestalten der Treue, und giebt so erst ein Bild der schönsten Entfaltung, zu welcher die Charaktereigenschaft der Treue führen kann, ohne doch deren ethische Leistungsfähigkeit zu erschöpfen. Zumal im modernen Leben, das einen weit abstracteren und weniger in persönlichen Beziehungen aufgehenden Charakter hat als früher, wird man die bloss persönliche Treue nicht als ausreichend erachten können, sondern dringend auf der Treue gegen abstracte Ideen, wie Vaterland, Gesetz, Verfassung, Beruf, Familie (im weiteren Sinne auch persönlich unbekannte Familienglieder umfassend) bestehen.

Es ist wahrlich nichts Kleines, wenn man von einem Menschen sagen kann, er sei in allen Beziehungen des Lebens stets treu erfunden worden; ein treuer Sohn, Gatte, Vater und Freund, ein treuer Bürger seiner engeren Heimath, treu seinem Vaterlande, verfassungs- und gesetzestreu, treu seiner Fahne, seinem Princip und seinen Grundsätzen, treu seinem Wort und treu seinem Beruf. Von wem man das (etwa in seiner Leichenrede) sagen kann, der ist wahrlich, und mag er sonst seine Fehler gehabt haben, kein unsittlicher Mensch gewesen; jedenfalls hat man mehr Grund, einen solchen für einen sittlichen Menschen zu halten, als einen, dem man in derselben Weise nur Mitleid bei allen Gelegenheiten nachrühmen kann. Es wird deshalb keiner Rechtfertigung mehr bedürfen, dass ich dem Moralprincip des Mitleids das Moralprincip der Treue habe nachfolgen lassen, wenngleich letzteres trotz seiner vorwiegenden Geltung im jugendlichen Germanenthum noch keinen so einseitigen und beredten philosophischen Vertheidiger gefunden hat, wie ersteres in Schopenhauer.

9. Das Moralprincip der Liebe.

Nachdem wir in dem Geselligkeitstriebe einen noch halb egoistischen Zug der menschlichen Natur nach Gemeinschaft mit ihres Gleichen kennen gelernt, sahen wir in dem Mitgefühl, der Pietät und der Treue Blüthen, welche sich auf dem von der Geselligkeit bereiteten Boden erschliessen, und können zu denselben noch das Gegengefühl der Dankbarkeit hinzunehmen. Alle diese besonderen Erscheinungsformen des Ethischen im Gefühl sind mehr oder minder einseitig die Dankbarkeit setzt das empfangene Gute voraus, das sie zurückgiebt;

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