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lügen. Wer darauf denkt, sagte er einst, die Wahrheit unter allerlei Larven und Schminken an den Mann zu bringen, der möchte wohl gern ihr Kuppler sein, aber ihr Liebhaber ist er nie gewesen.

Das schöne Wort Büffon's „der Stil ist der Mensch selber!" ist auf Niemand anwendbarer als auf Lessing. Seine Schreibart ist ganz wie sein Charakter, wahr, fest, schmucklos, schön und impofant durch die inwohnende Stärke. Sein Stil ist ganz der Stil der römischen Bauwerke: höchste Solidität bei der höchsten Einfachheit; gleich Quadersteinen ruhen die Säße auf einander, und wie bei jenen das Gesetz der Schwere, so ist bei diesen die logische Schlussfolge das unsichtbare Bindemittel. Daher in der Lessing'schen Prosa so Wenig von jenen Füllwörtern und Wendungskünften, die wir bei unserem Periodenbau gleichsam als Mörtel ge= brauchen. Noch viel weniger finden wir da jene Gedankenkaryatiden, welche ihr la belle phrase nennt.

Dass ein Mann wie Lessing niemals glücklich sein konnte, werdet ihr leicht begreifen. Und wenn er auch nicht die Wahrheit geliebt hätte, und wenn er sie auch nicht selbstwillig überall verfochten hätte, so musste er doch unglücklich sein; denn er war ein Genie. Alles wird man dir verzeihen, sagte jüngst ein seufzender Dichter, man verzeiht dir deinen

Reichthum, man verzeiht dir die hohe Geburt, man verzeiht dir deine Wohlgestalt, man lässt dir sogar Talent hingehen, aber man ist unerbittlich gegen das Genie. Ach! und begegnet ihm auch nicht der böse Wille von außen, so fände das Genie doch schon in sich selber den Feind, der ihm Elend bereitet. Desshalb ist die Geschichte der großen Männer immer eine Märtyrerlegende; wenn sie auch nicht litten für die große Menschheit, so litten sie doch für ihre eigene Größe, für die große Art ihres Seins, das Unphilisterliche, für ihr Missbehagen an der prunkenden Gemeinheit, der lächelnden Schlech tigkeit ihrer Umgebung, ein Missbehagen, welches sie natürlich zu Extravaganzen bringt, z. B. zum Schauspielhaus oder gar zum Spielhaus wie es dem armen Lessing begegnete.

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Mehr als Dieses hat ihm aber der böse Leumund nicht nachsagen können, und aus seiner Biographie erfahren wir nur, dass ihm schöne Komödiantinnen amüsanter dünkten als Hamburgische Pastöre, und dass stumme Karten ihm bessere Unterhaltung gewährten als schwaßende Wolfianer.

Es ist herzzerreißend, wenn wir in dieser Biographie lesen, wie das Schicksal auch jede Freude diesem Manne versagt hat, und wie es ihm nicht einmal vergönnte, in der Umfriedung der Familie

sich von seinen täglichen Kämpfen zu erholen. Einmal nur schien Fortuna ihn begünstigen zu wollen, sie gab ihm ein geliebtes Weib, ein Kind aber dieses Glück war wie der Sonnenstrahl, der den Fittig eines vorüberfliegenden Vogels vergoldet, es schwand eben so schnell, das Weib starb in Folge des Wochenbetts, das Kind schon bald nach der Geburt, und über letteres schrieb er einem Freunde die grässlich witzigen Worte:

"

Meine Freude war nur kurz. Und ich verlor ihn ungern, diesen Sohn! Denn er hatte so viel Verstand! so viel Verstand! Glauben Sie nicht,

dass die wenigen Stunden meiner Vaterschaft mich schon zu so einem Affen von Vater gemacht haben! Ich weiß, was ich sage. War es nicht Verstand, dass man ihn mit eisernen Zangen auf die Welt ziehen musste? dass er so bald Unrath merkte? War es nicht Verstand, dass er die erste Gelegenheit ergriff, sich wieder davon zu machen? - Ich wollte es auch einmal so gut haben wie andere Menschen. Aber es ist mir schlecht bekommen."

Ein Unglück gab es, worüber sich Lessing nie gegen seine Freunde ausgesprochen; dieses war seine schaurige Einsamkeit, sein geistiges Alleinstehn. Einige seiner Zeitgenossen liebten ihn, Keiner verstand ihn. Mendelssohn, sein bester Freund, vertheidigte ihn

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aber

mit Eifer, als man ihn des Spinozismus beschuldigte. Vertheidigung und Eifer waren ebenso lächerlich wie überflüssig. Beruhige dich im Grabe, alter Moses; dein Lessing war zwar auf dem Wege zu diesem entseßlichen Irrthum, zu diesem jammervollen Unglück, nämlich zum Spinozismus der Allerhöchste, der Vater im Himmel, hat ihn noch zur rechten Zeit durch den Tod gerettet. Beruhige dich, dein Lessing war kein Spinozist, wie die Verleumdung behauptete; er starb als guter Deist, wie du und Nicolai und Teller und die allgemeine deutsche Bibliothek!

Lessing war nur der Prophet, der aus dem zweiten Testament ins dritte hinüberdeutete. Ich habe ihn den Fortsetzer des Luther genannt, und eigentlich in dieser Eigenschaft habe ich ihn hier zu besprechen. Von seiner Bedeutung für die deutsche Kunst kann ich erst später reden. In dieser hat er nicht bloß durch seine Kritik, sondern auch durch sein Beispiel eine heilsame Reform bewirkt, und diese Seite seiner Thätigkeit wird gewöhnlich zumeist hervorgehoben und beleuchtet. Wir jedoch betrachten ihn von einem anderen Standpunkte aus, und seine philosophischen und theologischen Kämpfe sind uns wichtiger als seine Dramaturgie und seine Dramata. Lettere jedoch, wie alle seine Schriften, haben eine

sociale Bedeutung, und „Nathan der Weise“ ist im Grunde nicht bloß eine gute Komödie, sondern auch eine philosophisch theologische Abhandlung zu Gunsten des reinen Deismus. Die Kunst war für Lessing ebenfalls eine Tribüne, und wenn man ihn von der Kanzel oder vom Katheder herabstieß, dann sprang er aufs Theater, und sprach dort noch viel deutlicher, und gewann ein noch zahlreicheres Publikum.

Ich sage, Lessing hat den Luther fortgesett. Nachdem Luther uns von der Tradition befreit, und die Bibel zur alleinigen Quelle des Christenthums erhoben hatte, da entstand, wie ich schon oben erzählt, ein starrer Wortdienst, und der Buchstabe der Bibel herrschte eben so tyrannisch wie einst die Tradition. Zur Befreiung von diesem tyrannischen Buchstaben hat nun Lessing am meisten beigetragen. Wie Luther ebenfalls nicht der Einzige war, der die Tradition bekämpft, so kämpfte Lessing zwar nicht allein, aber doch am gewaltigsten gegen den Buchstaben. Hier erschallt am lautesten seine Schlachtstimme. Hier schwingt er sein Schwert am freudigsten, und es leuchtet und tödtet. Hier aber auch wird Lessing am stärksten bedrängt von der schwarzen Schar, und in solcher Bedrängnis rief er einst aus:

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