ภาพหน้าหนังสือ
PDF
ePub

Abwesenheit der Dame nahm sie nun aus deren Toilette das Fläschchen, welches jenes Elixir enthielt; statt aber nur einige Tropfen zu trinken, that sie einen so großen, langen Schluck, dass sie durch die höchstgesteigerte Wunderkraft des verjüngenden Tranks nicht bloß wieder jung, fondern gar zu einem ganz kleinen Kinde wurde. Wahrlich, so ging es namentlich unserem vortrefflichen Herrn Tieck, einem der besten Dichter der Schule; er hatte von den Volksbüchern und Gedichten des Mittelalters so Viel eingeschluckt, dass er fast wieder ein Kind wurde, und zu jener lallenden Einfalt herabblühte, die Frau von Staël so sehr viele Mühe hatte zu bewundern. Sie gesteht selber, dass es ihr furios vorkomme, wenn eine Person in einem Drama mit einem Monolog debütiert, welcher mit den Worten anfängt: Ich bin der wackere Bonifacius, und ich komme, euch zu sagen u. s. w.

Herr Ludwig Tieck hat durch seinen Roman: „Sternbald's Wanderungen“ und durch die von ihm herausgegebenen und von einem gewissen Wackenroder geschriebenen „Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders" auch den bildenden Künstlern die naiven, rohen Anfänge der Kunst als Muster dargestellt. Die Frömmigkeit und Kindlichkeit dieser Werke, die sich eben in ihrer technischen

.

Unbeholfenheit kundgiebt, wurde zur Nachahmung empfohlen. Von Raphael wollte man Nichts mehr wissen, kaum einmal von seinem Lehrer Perugino, den man freilich schon höher schäßte, und in welchem man noch Reste jener Vortrefflichkeiten entdeckte, deren ganze Fülle man in den unsterblichen Meisterwerken des Fra Giovanno Angelico da Fiejole so andachtsvoll bewunderte. Will man sich hier einen Begriff von dem Geschmacke der damaligen Kunstenthusiasten machen, so muss man nach dem Louvre gehen, wo noch die besten Gemälde jener Meister hängen, die man damals unbedingt verehrte; und will man sich einen Begriff von dem großen Haufen der Poeten machen, die damals in allen möglichen Versarten die Dichtungen des Mittelalters nachahmten, so muss man nach dem Narrenhaus zu Charenton gehn.

Aber ich glaube, jene Bilder im ersten Saale des Louvre sind noch immer viel zu graciöse, als dass man sich dadurch einen Begriff von dem damaligen Kunstgeschmack machen könnte. Man muss sich diese altitaliänischen Bilder noch obendrein ins Altdeutsche übersetzt denken. Denn man erachtete die Werke der altdeutschen Maler für noch weit einfältiglicher und kindlicher und also nachahmungswürdiger als die altitaliänischen. Denn die Deut

schen vermögen ja, hieß es, mit ihrem Gemüth (ein Wort, wofür die französische Sprache keinen Ausdruck hat) das Christenthum tiefer aufzufassen als andre Nationen, und Friedrich Schlegel und sein Freund Herr Joseph Görres wühlten in den alten Städten am Rhein nach den Resten altdeutscher Gemälde und Bildwerke, die man gleich heiligen Reliquien blindgläubig verehrte.

Ich habe eben den deutschen Parnass jener Zeit mit Charenton verglichen. Ich glaube aber, auch hier habe ich viel zu wenig gesagt. Ein französischer Wahnsinn ist noch lange nicht so wahnsinnig wie ein deutscher; denn in diesem, wie Polonius sagen würde, ist Methode. Mit einer Pedanterie ohne Gleichen, mit einer entsetzlichen Gewissenhaftigkeit, mit einer Gründlichkeit, wovon sich ein oberflächlicher französischer Narr nicht einmal einen Begriff machen kann, trieb man jene deutsche Tollheit.

Der politische Zustand Deutschlands war der christlich-altdeutschen Richtung noch besonders günstig. Noth lehrt beten, sagt das Sprichwort, und wahrlich, nie war die Noth in Deutschland größer, und daher das Volk dem Beten, der Religion, dem Christenthum zugänglicher als damals. Kein Volk

Heine's Werke. Bd. VI.

4

hegt mehr Anhänglichkeit für seine Fürsten wie das deutsche, und mehr noch als der traurige Zustand, worin das Land durch den Krieg und die Fremdherrschaft gerathen, war es der jammervolle Anblick ihrer besiegten Fürsten, die sie zu den Füßen Napoleon's kriechen sahen, was die Deutschen aufs unleidlichste betrübte; das ganze Volk glich jenen treuherzigen alten Dienern in großen Häusern, die alle Demüthigungen, welche ihre gnädige Herrschaft erdulden muss, noch tiefer empfinden als diese selbst, und die im Verborgenen ihre kummervollsten Thränen weinen, wenn etwa das herrschaftliche Silberzeug verkauft werden soll, und die sogar ihre ärmlichen Ersparnisse heimlich dazu verwenden, dass nicht bürgerliche Talglichter statt adliger Wachskerzen auf die herrschaftliche Tafel gesetzt werden, wie wir Solches mit hinlänglicher Nührung in den alten Schauspielen sehen. Die allgemeine Betrübnis fand Trost in der Religion, und es entstand ein pietistisches Hingeben in den Willen Gottes, von welchem allein die Hilfe erwartet wurde. Und in der That, gegen den Napoleon konnte auch gar kein Anderer helfen als der liebe Gott selbst. Auf die weltlichen Heerscharen war nicht mehr zu rech nen, und man musste vertrauungsvoll den Blick nach dem Himmel wenden.

Wir hätten auch den Napoleon ganz ruhig ertragen. Aber unsere Fürsten, während sie hofften, durch Gott von ihm befreit zu werden, gaben sie auch zugleich dem Gedanken Raum, dass die zusammengefassten Kräfte ihrer Völker dabei sehr mitwirksam sein möchten, man suchte in dieser Absicht den Gemeinsinn unter den Deutschen zu wecken, und sogar die allerhöchsten Personen sprachen jezt von deutscher Volksthümlichkeit, vom gemeinsamen deutschen Vaterlande, von der Vereinigung der christlich germanischen Stämme, von der Einheit Deutschlands. Man befahl uns den Patriotismus, und wir wurden Patrioten; denn wir thun Alles, was uns unsere Fürsten befehlen.

Man muss sich aber unter diesem Patriotismus nicht dasselbe Gefühl denken, das hier in Frankreich diesen Namen führt. Der Patriotismus des Franzosen besteht darin, dass sein Herz erwärmt wird, durch diese Wärme sich ausdehnt, sich erweitert, dass es nicht mehr bloß die nächsten Angehörigen, sondern ganz Frankreich, das ganze Land der Civilisation mit seiner Liebe umfasst. Der Patriotismus des Deutschen hingegen besteht darin, dass sein Herz enger wird, dass es sich zusammenzieht, wie Leder in der Kälte, dass er das Fremdländische hasst, dass er nicht mehr Weltbürger, nicht mehr Europäer,

« ก่อนหน้าดำเนินการต่อ
 »