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Ihr ruft Gesez und Ordnung ewig an
In jedem Wesen und an jedem Ding
Und achtet doch den großen Weltenplan
In eurem Zwinger spaßenhaft gering.
Ihr zögt den Adler aus der Freiheit Luft
Hernieder in den Druck von eurem Duft;
Ihr zwänget gern in eure Zirkelgleise

Die Menschheit auf des Fortschritts großer Reise.
Habt ihr allein das Recht am Leben?
Könnt ihr euch zu der Füll' und Macht erheben,
Jedwedem Triebe Sättigung zu geben,

Die ihr an taubem Hafer ewig pickt?
Gebt euch zufrieden nur in eurer Klause.
Den Segler, den zu kühnem Flug

Ein unaufhaltsam Streben auf- und vorwärts trug,
Erfaßt am Ende doch auf seinem Zug
Die plumpe Welt, die ihn darniederdrückt.
Dem Äther, der ihn nährte lustbeglückt,
Ist er vielleicht auf immer ach! entrückt.
O sicher ihr dann im Geheg und Hause!
Er ist aus Haus und Heimat kalt vertrieben,
Und ihr seid warm daheimgeblieben“.

Das Köstlichste bei dieser Strafpredigt an den Egoisten ist, daß dieser die Sarkasmen gar nicht empfindet und, sich selbstgenügend und mit seiner Weisheit zufrieden, abzieht; er verspürt nichts weniger als den Drang zum Helden und Märtyrer. Anders Faust! Die wildbewegten Wogen der Reformation reißen ihn in ihren Wirbel, er möchte steuern und die tobenden Massen in die rechten Bahnen lenken. Zugleich aber empfindet er den Hemmschuh des lieben eigenen Ichs, die gährende Leidenschaft im Inneren, vermißt in sich den ruhigen, besonnenen Geist, der als Meister Steuermann die wilden Fluten beherrscht.

Ähnlich wie Mephisto im ersten Teile des Goetheschen

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Faust den Schüler mit satanischer Weisheit belehrt, so führt uns Müller seinen Teufel in Fausts Verkleidung in den Hörsaal, um die Geister der Studenten zu verwirren und aneinanderzuhezen. Es ist eine köstliche Scene, und bezeichnend ist namentlich die teuflische Aufklärung über das Dasein Gottes, dessen Erscheinung er schließlich nur als wechselnde Ausgeburt des menschlichen Hirnes je nach der Kulturstufe der betreffenden Völker hinstellt. Was er bezweckt Streit und Hader zwischen den konservativen Dogmatikern und den von neuem Geiste beseelten Humanisten zu säen das hat er vollkommen erreicht. Die Studenten geraten an einander, und nachdem Faust Friede gestiftet, wendet er sich voll Verdruß und Unmut von diesem unerquicklichen Bilde der Uneinigkeit und des Unfriedens ab. Das ist die rechte Stimmung für Mephisto, sein Opfer vom Schauplag der Thatkraft abzuziehen und ihn wieder der Sinnenlust in die Arme zu führen. Somit schließt sich die verheißungsvolle Rennbahn geistigen Schaffens und energischen Eingreifens in das Räderwerk der Zeitbewegung.

Der dritte Akt beginnt mit einem Vorspiel im Himmel, ähnlich wie im ersten Teile von Goethes Faust, worin außer Klagen Mephistos über den Erdenjammer und der Menschheit eitles Gebahren Kunde kommt von dem Tode der großen Vorfechter der Reformation, eines Hutten und Sickingen; schließlich wird auch das Ende Luthers gemeldet, und mit einer Art Apotheose dieser eifrigen Streiter des Glaubens und der Überzeugung schließt diese sog. Episode, die bei einer Bühnenaufführung aus verschiedenen Gründen wegfallen muß. Abgesehen von der Bedenklichkeit, Gott den Vater selbst auf die Bühne zu bringen und wäre es auch nur vertreten durch eine himmlische Stimme, würde

sich der Verfasser im Widerspruch mit seiner neuesten Bearbeitung befinden; denn während uns die Episode den Tod Luthers fündet, bringt er uns in der vierten Scene noch einmal den großen Reformator mit seinem Helden zusammen. In diesem Zwiegespräch, worin Faust Luther vorwirft, daß er nicht zum Marburger Religionsgespräch mit Hutten und Sickingen oder zu lezterem auf die Ebernburg ge= kommen, um über die religiöse und politische Zukunft Deutschlands zu beraten, wird die interessante Perspektive der Wiedererstehung eines mächtigen Kaiserreiches eröffnet. Die Zeit der Reformation war freilich noch nicht dazu angethan, und so sind es vor allem die Gefühle der Enttäuschung, ja auch bittere Vorwürfe Luthern gegenüber, daß er auf halbem Wege stehen geblieben, die Müller seinem Faust in den Mund legt.

In dieser trüben Stimmung der Enttäuschung über das Fehlschlagen seiner Hoffnungen bezüglich des Fortganges der Reformation erscheint Mephisto, um die erloschene Flamme der Sinnlichkeit in Fausts Busen aufs neue zu entzünden. Er will ihm das verjüngte Abbild seines unvergeßlichen Gretchens in die Arme führen, den Findling und die Pflegetochter des Oberjägermeisters. So war der Plan und Fortgang in Müllers schon 1869 zu Leipzig erschienener Tragödie: „Faust“; in der späteren Bearbeitung: Dr. Fausts Ende" (Blankenburg) läßt er die Margaretha Episode ganz fallen und sezt das Auftreten seines Helden an Karls V. Hofe an die Stelle; neuerdings fommt er aber wieder auf das frühere Motiv zurück, und wir geben der ältesten und neuesten Idee vor der mittleren Gestaltung den Vorzug. In dem Verhältnis, worin Faust zu dieser engelgleichen Erscheinung steht und in dem sieg

reichen Bestehen des erneuten Kampfes der Sinnlichkeit liegt im Vergleich zur früheren Schuld und Verfündigung an Gretchen etwas Versöhnliches. Wir erblicken darin eine Sühne und Läuterung des Helden zugleich. Eine reizende Waldidylle thut sich vor unseren Blicken auf, eine Situation, die entfernt an die Begegnung des Fürsten und Gabrielens in Kreuzers Oper: Das Nachtlager von Granada" er= innert, als er ihr das entflogene Täubchen wiederbringt. Hier ist es ein entflogener Falke, den Mephisto im Namen seines Herrn überbringt und ihm so Eingang in das Försterhaus verschafft. Wie gebannt steht Faust vor dem Anblick Margarethens da und bricht in die Worte aus:

,, welcher Dämon, welcher Engel hält
Mich jäh in seiner unsichtbaren Hand!?
Dies Bildnis höllenhaft gebannt
Ich saugs mit allen Zügen bebend ein:

Der Öde Fluch, des Vorwurfs Gift und Pein
Brennen in den alten Wunden drein;

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Weht mich ein Hauch von diesem Kind

Wie Heilung an aus einer besseren Welt“.

Zu einem beglückenden Gefühle wandelt sich Fausts Stimmung in dem folgenden Monolog :

,,Sinds Himmelsmächte, die mich still begleiten?
Ist es ein Traum, der mir vorüberzieht?

Das Rosenlicht verrauschter Zeiten
Durchglimmt mein innerstes Gemüt;
Wie neu verjüngt, vernehm ich wieder
Der Kindheit wonnevolle Lieder.
Und sie, mit Himmelszauber angethan,
Steht wie in einer Feensage
Am Eingang jener selgen Tage
Und blickt, ein holder Genius, mich an.
Margaretha! Wie mit magischer Gewalt

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Das sich nun entspinnende Liebesidyll mutet uns an wie eine Wiedergeburt jener reizenden Gartenscene im ersten Teil von Goethes Faust, nur daß über ihr der wehmütige Hauch der Rückerinnerung von Gretchen ausgegossen ist. Höhnisch und cynisch steht auch dieser mehr väterlichen wie sinnlichen Liebe Mephisto gegenüber, und sein Lied klingt in der Tonart des bekannten Ständchens im ersten Teile.

Mit dem Wegzug des Oberjägermeisters aus seinem stillen Forsthause an den Neckar wechselt der Schauplag, und es ziehen mehrere bunte Bilder an unserem Geiste vorüber, die uns zugleich inmitten der Zeitereignisse verjegen, in jene Epoche, wo der wetterwendische Herzog Morig von Sachsen das Bollwerk der Protestanten, die Stadt Magdeburg, bedroht. Flott, keck, lebendig und burschikos ist das Auftreten der Studenten geschildert und im Gegensatz dazu der Philister Wagner, Scenen, die im Ton an den Osterspaziergang von Goethes erstem Teile erinnern. Dazu erklingt das Lob Fausts, des freigeistigen Professors. Doch schon hat ihm der mißgünstige Mephisto, den es gar sehr verdrossen, daß Faust durch Selbstbeherrschung der Versuchung mit Margarethen mannhaft widerstanden, ihm eine neue Schlinge gelegt und heßt ihm die Jesuiten und die Inquisition auf den Hals. Um sich noch weiter teuflisch zu rächen, enthüllt Mephisto Faust, der jede Gemeinschaft fernerhin mit ihm gewaltsam zerreißt,

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