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der Gedanke an einen plöglichen Abschied vom Leben, wenn wir in der Fülle unserer Jugendkraft stehen, und unser heißestes Hoffen und Sehnen noch glühende Ansprüche an die Freuden und Genüsse dieser Welt erhebt, etwas Schmerzliches und unsagbar Trauriges. Wohl mag der unvorbereitete und unerwartete Anblick des Todes uns erschrecken und alle Lust am Dasein vergällen, wie dies die Dichter und Denker aller Zeiten und Völker in elegischen und pessimistischen Gefühlen und Worten ausgedrückt. Ungemein ergreifend hat z. B. diese niederdrückende Wirkung plöglicher Todesgedanken Thomas Moore in einer Novelle: „Der Epikuräer“ geschildet, worin er uns einen jungen Griechen als Anhänger jener heiter genießenden Philosophenfekte vorführt, den aber gleichwohl inmitten seiner rauschenden Vergnügungen wie ein verdüsternder Schatten das bleiche Bild des Todes verfolgt. So wohnt er eines Abends einem Bacchanale in Alexandria bei, das ihm die schönsten Mädchen der Stadt bereitet. Die ganze Gesellsellschaft schwelgt in jugendlichem Übermut, im Vollge= fühl der Daseinsfreude. Nur eine verhüllte weibliche Gestalt scheint teilnahmlos; stumm läßt sie Speisen und Getränke an sich vorübergehen; niemand scheint von ihr Notiz zu nehmen; doch des jungen Griechen Neugier ist aufs äußerste gespannt. Er wendet sich deshalb an eine seiner schönen Nachbarinnen, da wird sie plöglich ernst und still. Den Jüngling befremdet dieses seltsame Geheimnis; doch Liedersang und Becherklang scherzen sein Nachsinnen hinweg. Lärmend segt sich das Bankett fort, und als man sich trennt, verläßt auch unser junger Epikuräer am Arme seiner reizenden Nachbarin das fröhliche Fest. Diese vermißt plöglich ihre Laute, und natürlich eilt unser ga=

lanter Ritter zum Schauplag der Orgie zurück. Da frappierte ihn aufs neue der Anblick jener verschleierten weiblichen Figur, die noch immer regungslos an ihrer alten Stelle saß. Mit geheimem Schauer näherte sich der Jüngling der verhüllten Gestalt, hob den Schleier und erblickte ein Skelett, ein Mumie. Dieser plögliche unerwartete Anblick inmitten all der Lebenslust wirkt so erschütternd auf ihn ein, daß ihm alle Freude am Genießen benommen wird.

Und etwas Ähnliches muß auch der Jüngling in dem. rätselhaften Gedichte Schillers: Das verschleierte Bild zu Sais" erblickt haben, als er vorwißig und frevelhaft gegen das Verbot den Schleier lüftete. Denn was könnte ihm sonst außer dem Gefühl des Schuldbewußtseins, ein göttliches Gebot übertreten zu haben, so auf einmal alle Daseinsfreude vergällen als der plögliche, unvorbereitete Anblick des Todes, das grauenvolle Bild der Verwesung, das er noch im Lenze des Lebens schauen mußte? Ging doch auch Goethe jedem Anblick des Todes geflissentlich aus dem Wege und war selbst nicht zu bewegen, noch einmal die Leiche seines teuersten Freundes Schiller zu sehen. Von allen Porträtmalern", - so behauptete er mit Recht, ist der Tod der schlechteste". Wie sehr der Mensch im allgemeinen den Tod flieht und wie krampfhaft er sich selbst nach einem Leben voller Kämpfe und Mühen ans Dasein flammert, davon giebt die bekannte Fabel vom „Holzhacker und dem Tod“ ein treffendes Beispiel. Ächzend unter der schweren Last und des Daseins müde, sinkt der Holzhacker zu Boden, sezt seine Bürde ab und ruft den Tod als Erlöser. Da erscheint das Furchtgerippe und fragt: „Was soll ich? Hier bin ich! Du hast mich ja ge=

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rufen!"

Erschreckt und kleinlaut versezt der Mann: „Ach! nichts! Sei doch so gut und hilf mir wieder die Holzlast auf die Schulter laden!"

Und doch liegt es im Geseze der Natur, im Kreislauf des Werdens und Vergehens, daß einem jeden Wesen und Leben ein Ziel gesezt ist, daß wenn es seine naturgemäße Entwicklung durchgemacht hat, seine Ruhe, sein Ende kommt, und ewig ist nur der Lenker der Welten, die Gottheit. Hat der Tod auch etwas Grausames, der ein blühendes Leben dahinrafft, hat er etwas Schreckhaftes für den Sünder, der sich vor dem ewigen Gericht und der Vergeltung fürchtet, für ein reiches und volles Leben, das seine Zeit im Dienste der Menschheit vollbracht, kann er nicht furchtbar sein, und wie Schiller meint, der Tod an und für sich könne nichts Schlimmes bedeuten, da er allen Menschen gemeinsam sei. Die Alten stellten sich daher recht sinnig den Tod als einen sanften Genius, den Bruder des Schlafes vor, nicht als das Knochenrippe mit Sense und Stundenglas, wie wir. Der Tod ist vielmehr ein gütiger Engel. Sich dagegen ein ewiges Leben auszumalen ist ganz unfaßlich; „Ja“, möchte vielleicht jemand sagen, ein Leben voller Jugendkraft und Gesundheit, voller Freuden und Wonnen". Aber sollte einer dies nicht auch müde werden?! Hat Goethe recht, wenn er sagt: „Nichts ist schwerer zu ertragen als eine Reihe von guten Tagen“, und liegt nicht eine tiefe Wahrheit in dem Notruf Tannhäusers, mit dem er sich aus den Armen der Venus loswindet: Göttin! laß mich ziehen! Ich sehne mich nach Schmerzen !"

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Ist demnach ein ewiges Leben mit der steten Wiederholung menschlichen Sehnens, Hoffens, Genießens und

Leidens eine Qual zu nennen, so kann keine größere Strafe erdacht werden als die des ruhelosen Wanderns auf der Welt mit ihrem ständigen Einerlei von Lust und Elend. Seltsamerweise haben wir in der deutschen Sage drei Beispiele solcher fürchterlichen Strafen: den wilden Jäger, der wegen seiner Hezjagden an Sonntagen verdammt ist, in alle Ewigkeit durch die Lüfte zu sausen 1), den fliegenden Holländer, der wegen einer Gotteslästerung ruhelos die Wogen durchkreuzt und den ewigen Juden, den rastlosen Wanderer auf Erden. So haben wir als Schauplah die drei Elemente vertreten: Luft, Wasser und Erde. Es fehlt nur noch das Feuer, wenn wir nicht an die ewigen Qualen der Verdammten in der Hölle denken wollen. Doch hier fehlte dann ein einzelnes warnendes Beispiel.

Wenn wir uns nunmehr speziell zur Sage vom ewigen Juden wenden, so entsteht zunächst die Frage nach dem Ursprung derselben. Da wäre nun nichts natürlicher, als einen Anhaltspunkt in der hl. Schrift zu suchen und zwar bei der Erzählung von Jesu Kreuzestod; doch in den vier Evangelien findet sich davon nicht die geringste Spur. Selbst der landläufige Name des ewigen Juden „Ahasverus" kommt im ganzen neuen Testamente nicht vor. Im alten Testamente wird er einem persischen Könige hier vermutlich Xerxes beigelegt, vor dessen Augen Esther Gnade fand. Der Name soll soviel bedeuten wie „Reichsauge“, oder „der glorreiche fürstliche Held". Es ist demnach eine der Volkssage gemachte Konzession, wenn die Figur

1) Karl Blind versucht es sogar, die Sage vom ewigen Juden auf Wodan, den ruhelosen Wanderer, zurückzuführen. (Deutsche Revue 1880.)

des ewigen Juden in den Text der Oberammergauer Passionsspiele hineingekommen ist. Sehr unwahrscheinlich kommt uns vor, daß eine Stelle im Evangelium Johannis, Kap. 21, Veranlassung zu unsrer Sage gegeben habe. Daselbst wird erzählt, wie Jesus sich nach seiner Auferstehung den am See Tiberias fischenden Jüngern und zwar zum zweiten Male gezeigt habe. Nach dem gemeinsamen Mahle habe Jesus den Petrus aufgefordert, ihm zu folgen. Und nun heißt es wörtlich, wie folgt:

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V. 20. Petrus aber wandte sich um und sah den Jünger folgen, welchen Jesus lieb hatte, der auch an seiner Brust am Abendessen gelegen war und gesagt hatte: Herr, wer ists, der Dich verrät? Da Petrus diesen sah, spricht er zu Jesu: Herr, was soll aber dieser?

V. 22. Jesus spricht zu ihm: So ich will, daß er bleibe, bis ich komme, was geht es Dich an? Folge mir nach!

V. 23. Da ging eine Rede aus unter den Brüdern: „Dieser Jünger stirbt nicht.“

Aus dieser rätselhaften Stelle hat man eine Verheißung ewigen Lebens seinem Lieblingsjünger Johannes ge genüber von seiten des Heilands abgeleitet, aber dann doch wohl ohne Zweifel als Belohnung. Bei unserer Sage vom ewigen Juden indessen wird ein ewiges Leben als Strafe verhängt. Eine Parallele also oder Beziehung des einen Vorfalls zum andern ist höchst unwahrscheinlich. Dem untergelegten Sinne jener Stelle im Evangelium Johannis widerspricht auch ganz die dortige Fortsetzung, die da lautet:

„Und Jesus sprach nicht zu ihm: Dieser Jünger stirbt

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