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von des Dichters Frau Lotte verlangt worden sein. Dünger ist also im Unrecht, oder er kennt diese Stelle nicht (,,Charlotte v. Schiller und ihre Freunde" III, p. 67), wenn er meint: Schillers Gattin und Schwägerin, an welche hier allein zu denken wäre, hätten keinen Einfluß auf seine dichterische Entwürfe gehabt“, und die ganze Scene zum größten Teile dürfte sich am wenigsten einem zarten Frauengemüt empfehlen." In gleichem Sinne, wie die meisten deutschen Kritiker und Ästhetiker, äußert sich auch eine Stimme in der Schweizer Zeitschrift Jsis (März 1805), Schiller stelle nur deshalb den Kaisermörder Parricida dem Tyrannenmörder Tell gegenüber, um dem Tyrannenmord eine Apologie zu halten," Johann müsse die Armenfündergestalt“ annehmen, damit Tell sich neben ihm desto hochherziger brüsten könne. „Das alles," fährt er fort, „war Überfluß. Tells That war durch sich selbst schon gerechtfertigt; sie wird durch den gewaltsam herbeigeführten Kontrast weder größer noch kleiner; ja Schiller verfehlte seinen Zweck so sehr, daß zuleßt der arme Johann mehr Teilnahme und Mitleiden einflößt, als es für den Tell vorteilhaft ist." In der That kann man sich, wie Bellermann zu diesem Urteil mit richtigem Gefühle des Weiteren ausführt, beim Hören oder Lesen dieser Scene des Eindrucks nicht erwehren, als solle Tell, dessen That als Notwehr doch nicht die entfernteste Ähnlichkeit mit dem des krankhaft chrgeizigen Kaisermörders hat, gewaltsam in Schuß genommen werden. Das Schlimmste aber dabei ist, daß Tells Sprache dem armen Sünder gegenüber wie z. B. die Worte: „Zum Himmel heb' ich meine reinen Hände, verfluche dich und deine That!" wie die „Selbstbespiegelung des Pharifäers“ klingen, und die Verstoßzung gar des demütig um Obdach

und Schuß flehenden Flüchtlings: Fort! Wandle deine fürchterliche Straße, laß rein die Hütte, wo die Unschuld wohnt!" zeugt von einer unausstehlichen, gradezu beleidigenden Härte und Grausamkeit. Glücklicherweise wird die zum Schaden von Tells Charakter hervorgerufene Empfindung durch die folgende Gefühlsumwandlung in des Helden Innern gemildert, und die ganze Scene klingt versöhnlich aus. Ja, einzelne Stellen sind sogar von wunderbarer Schönheit; trotzdem stimmen wir in das Verdammungsurteil der meisten Kritiker und Ästhetiker mit ein: die ganze Scene wäre besser weggeblieben.

2. Bat es einen Wilhelm Tell gegeben?

Wir glaubten von einer kritischen und ästhetischen Betrachtung des Schiller'schen Dramas, das ja im Wesentlichen seinem Inhalte nach der Überlieferung der Schweizer Chronisten Ägidius Tschudi und Johannes v. Müller folgt, ausgehen zu sollen, um die innere Wahrheit und Wahrscheinlichkeit der gangbaren Erzählung vom Schüßen Tell und seinen Thaten in Zweifel zu ziehen. Wenn wir uns auch noch so sehr der mit scharfem Geiste und feinsinnigem Kunsturteil geschriebenen Beleuchtung Bellermanns gefangen geben und zugestehen, daß der Dichter die psychologische Möglichkeit des Apfelschusses aufs Überzeugendste und Glaubhafteste uns nahe gebracht, es bleibt in uns das unauslöschliche Bedenken, der unüberwindbare Zweifel zurück: Einem sein Kind zärtlich liebenden Vater, wie Tell, war bei aller sonstigen Treffsicherheit in einem so kritischen Falle der Apfelschuß unmöglich. Aber wir haben auch noch auf andere Momente in der geläufigen Tellsgeschichte aufmerk

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sam gemacht, die unser Kopfschütteln, ja unser ungläubiges Lächeln herausfordern, wenn auch unseres Wissens noch kein anderer bis jezt daran Anstoß genommen hat. Wir meinen den gewaltigen Absprung und Riesentritt Tells bei seiner Rettung auf die sog. Tellsplatte. War denn das „Herrenschiff von Uri," worin der Landvogt mit etwa einem Dußend Lanzenknechten saß, eine Nußschale oder ein Federball, daß man es beim Absprung so weit in die Wogen zurückschleudern konnte, daß es noch stundenlang mit Sturm und Wellen zu kämpfen hatte, bis es auch glücklich das Land er reichte? Und dabei soll noch, einer Überlieferung gemäß, Tell seinem Knaben auf den Arm getragen haben! Wir haben schon oben darauf aufmerksam gemacht, daß wir in diesem hünenhaften Zug der Tellsgeschichte einen Anklang an bekannte Riesensagen erblicken, und sagenhaft ist auch der Apfelschuß. Wir verweisen also die ganze landläufige und vom Dichter verewigte Tellsgeschichte ins Bereich der Mythe, so sehr man sich auch bemüht hat, das Vorkommen des Namens Tell und das Auftreten eines gewandten Fergen und geübten Schüßen dieses Namens zu erweisen. Nachdem die Streitfrage seit den gründlichen Forschungen Kopps und den gewonnenen Resultaten eines Rochholz und Huber lange Zeit geruht, und man sich bei dem Ergebnis beruhigt, daß die Figur des Schüßen Tell mit seinem Apfelschuß und Tyrannenmord der Sage zuzuweisen, das Auftreten eines Landvogts Geßler aber, wie überhaupt die Bedrückung der freien Schweiz zu Kaiser Albrechts I. Zeiten aus der Geschichte zu streichen sei, ist namentlich bei Gelegenheit der lezten Säkularfeier der Schweizer Eidgenossenschaft (1891) der Streit aufs neue entfacht, und die abermals aufgetauchten Zweifel und Bedenken an der Glaubwürdigkeit

und Wahrheit der gangbaren Tells-Überlieferung sind anderseits zu widerlegen versucht worden. Es ist darum ge= boten, im Folgenden den Untersuchungen aufs neue nahe zu treten und klar zu stellen, wieviel sich von der Tellsgeschichte retten oder als glaubhaft hinstellen läßt.

Zunächst wollen wir die Frage aufwerfen: „Hat es überhaupt einen Mann, Namens Wilhelm Tell, im Kanton Uri gegeben?" Diese Frage wird von dem gründlichen Forscher E. L. Rochholz („Tell und Geßler in Sage und Geschichte, 1877") entschieden verneint. Anderwärts kommen wohl ähnlich klingende Namen vor, wie ein Dall in Sempach. Im Luzerner Turmbuche ist zum Jahre 1575 ein Gefangener: „Wilhelm von Mühlhusen (OberElsaß), genannt Tell, eines Keßlers Sohn“ eingezeichnet, doch hier erscheint der Name „Tell" ohne Zweifel als Spigname eines elsässischen Vagabunden. Dagegen brachte Professor Dr. Hidber in einem Aufsaß über den gegenwärtigen Stand der Tellenfrage in der Augsburger Allgemeinen Zeitung (1860) als Erweis aus dem Luzerner Staatsarchiv eine Gerichtsverhandlung (Ratsbuch Nr. 18, p. 52 b) vor, worin der Name Jakob Dell vorkommt. Die Verwechselung von "D" und "T" komme aber in dem Ratsbuche häufiger vor, z. B. Dullicker statt Thulliker. Auch das Vorkommen des Vornamens Wilhelm" an den Ufern des Vierwaldstättersees, woran gezweifelt worden war, hat Hidber aus dem Jahrzeitenbuche der Hofkirche in Luzern erwiesen, sowie auch für Unterwalden. Anderseits ist von dem Schweizer Geschichtsforscher Kopp aus Attinghäuser Kirchenbüchern eine Namensfälschung von „Tell“ aus „Näll" evident nachgewiesen worden, und in Schatdorf, der ehemaligen Filialkirche Bürglens ward aus

,,trullo" nachträglich mit blasser Tinte de tello" gefälscht; später wiederholen sich die „trullo's", wie oben die „Nells“. Ähnliches geschah auch anderwärts, offenbar um die Existenz des um die Schweizer Geschichte einen eigenartigen Nimbus verbreitenden Schüßenkönigs Wilhelm Tell zu retten. Da= hin gehört auch ohne Zweifel die kecke Erdichtung, daß auf einer Landsgemeinde im Kanton Uri schon 1388 mehr als hundert Personen (114) eidlich erhärtet hätten, sie hätten den Wilhelm Tell persönlich gekannt. Demnach hätte man schon 1388, also kurz nach dem angenommenen Auftreten des Helden an seiner Existenz gezweifelt. Warum denn schon damals? Die Plumpheit dieser Behauptung liegt auf der Hand. Immerhin wollen wir auf Grund der Nachweise Hidbers das Vorkommen des Namens Wilhelm Tell in der Schweiz und speziell im Kanton Uri, sowie das Auftreten eines solchen Namensträgers an und für sich nicht in Zweifel ziehen. Derselbe mag immerhin ein kühner Schüße und mutiger Fährmann gewesen sein, sich vielleicht auch durch irgend eine freimütige Handlung gegen österreichische Amtleute bemerklich gemacht haben, aber die ihm zugeschriebenen auffallenden Heldenthaten, wie der Apfelschuß und der Sprung auf die sogenannte Tellsplatte, sowie die grade nicht von Heldenmut zeugende Erschießung Geßlers lassen sich als historisch nicht erweisen. Auffallend bleibt auch der lose Zusammenhang Tells in der gangbaren Befreiungsgeschichte: es werden ihm gewissermaßen drei geistige Vormünder gesezt, die sogenannten drei Telle auf dem Rütli: Werner Stauffacher, Walter Fürst und Arnold Melchthal. Diese sind die eigentlichen Freiheitshelden und werden auch von der Volkssage als die „drei Telle" verklärt und verzaubert in die Berge entrückt. Tell selbst

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