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Diese Darstellung Varros stimmt vollständig zu der des Livius und da nach Varro Piso, diesen Mythus zum ersten Mal erzählt hat1), müssen wir annehmen, daß Livius 1, 12, 8-10 und 1, 13, 5 (2. Hälfte) sich Piso angeschlossen hat. Nebenbei bemerkt, ist in der Tat diese Curtiusgeschichte so nüchtern und schwunglos, daß sie gut zu dem Bilde paßt, das man sich seit Niebuhr von Pisos Schriftstellerei gemacht hat.

Vor der Curtiusgeschichte steht eine andere Episode aus der Schlacht am Forum, die an den Tempel des Iuppiter Stator anknüpft. Es wird erzählt (1, 12, 3-7), daß nach dem Fall eines römischen Helden, des Hostius Hostilius, die römische Schlachtreihe ins Weichen gerät. Da wendet sich Romulus an luppiter und gelobt, wenn er seine Leute zum Stehen bringe, dem Iuppiter Stator einen Tempel. Das Gelübde hat Erfolg, die Römer kommen zum Stehen.

Auch diese Geschichte ist nichts anderes als ein etymologischer Mythus, der den Namen Iuppiter Stator erklären soll. Von wem dieser Mythus stammt, ist nicht überliefert. Bei Fabius stand er offenbar noch nicht, da dieser nach Livius 10, 37, 15 erzählte, daß der Tempel des Iuppiter Stator erst im Jahre 294 v. Chr. in der Schlacht bei Luceria gelobt worden sei. Dieses Gelübde scheint ein späterer Annalist vordatiert und auf Romulus übertragen zu haben). Dieser spätere Annalist war vermutlich Piso, da bei Livius unser Mythus so eng verbunden mit dem Curtiusmythus erscheint. Dafür spricht auch die Ähnlichkeit der Mache3).

Ist das Vorhergehende richtig, so geht das 12. Kap. des 1. Buches des Livius mit dem Iuppiter Stator- und dem Curtiusmythus auf Piso zurück, dann beginnt im 13. Kapitel Ennius, der bis auf einen kurzen Einschub in § 5 aus Piso bis zum Schluß des 13. Kapitels Quelle bleibt.

Es bleibt uns noch übrig, diese Beobachtungen zu ergänzen durch Untersuchung der ersten Episode im Sabinerkrieg, der Tarpejageschichte (Livius 1, 11, 6-9). Diese Geschichte erzählt Livius folgendermaßen: Spurius Tarpeius Romanae praeerat arci. huius filiam virginem auro corrumpit Tatius, ut armatos in arcem accipiat aquam forte ea tum sacris extra moenia petitum ierat ; accepti obrutam armis necavere. Warum die Sabiner die Jungfrau auf diese Weise töteten, läßt Livius in der Schwebe: seu ut vi capta potius arx videretur, seu prodendi exempli causa, ne quid usquam fidum proditori esset. Dann fügt er eine Variante

1) Daraus, daß Varro Piso diese Version des Curtiusmythus zuschreibt, ist zu schließen, daß Varro keinen älteren Gewährsmann dafür kannte.

2) Vgl. Pais, Storia di Roma I (1898) S. 275 mit Anm. 3 (= Storia crit. I 2 S. 430 mit Anm. 3).

3) Demnach hat Mommsen Unrecht, wenn er in der Weihung (sic) des Tempels des Jupiter Stator am Palatin einen allem Anschein nach ursprünglichen Teil der Legende' sieht und daraus eine directe Datirung' der Tatiuslegende ableitet (Hermes 21 [1886] S. 582 Hist. Schr. I S. 33).

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hinzu: additur fabulae, quod vulgo Sabini aureas armillas magni ponderis brachio laevo gemmatosque magna specie anulos habuerint, pepigisse eam, quod in sinistris manibus haberent; eo scuta illi pro aureis donis congesta. Hierauf folgt eine zweite Variante: sunt qui eam ex pacto tradendi quod in sinistris manibus esset derecto arma petisse dicant, et fraude visam agere sua ipsam peremptam mercede.

Die Autoren der beiden Varianten hat uns Dionysius von Halikarnaß überliefert. Dieser erzählt in den Antiquitäten 2, 38, 3 von Tarpeja: zai αὐτὴν, ὡς μὲν Φάβιός τε καὶ Κίγκιος γράφουσιν, ἔρως εἰσέρχεται τῶν ψελλίων, ἃ περὶ τοῖς ἀριστεροῖς βραχίοσιν ἐφόρουν, καὶ τῶν δακτυ λίων χρυσοφόροι γὰρ ἦσαν οἱ Σαβίνοι τότε καὶ Τυρρηνῶν οὐχ ἧττον ἁβροδίαιτοι· ὡς δὲ Πείσων Λεύκιος ὁ τιμητικὸς ἱστορεῖ, καλοῦ πράγματος ἐπιθυμία γυμνοὺς τῶν σκεπαστηρίων ὅπλων παραδοῦναι τοῖς πολίταις τοὺς πολεμίους (vgl. auch 2, 40)').

Es ist, um zunächst eine Abschweifung zu machen, eine Bestätigung unserer bisherigen Resultate, daß der Schluß von Kapitel 11 auf Piso zurückzuführen ist. So ist es zu erklären, daß Livius, nachdem er einmal auf Piso gekommen war, im 12. Kapitel bei diesem Schriftsteller blieb und erst im 13. Kapitel zu Ennius zurückkehrte.

Ich sage absichtlich, daß Livius zu Ennius zurückkehrte; denn es ist wohl kein Zweifel, daß er bei der Tarpejaepisode von Ennius ausgeht. Dafür spricht wieder, wie schon früher, die Einfachheit und Naivität der Darstellung. 'Spurius Tarpejus, heißt es, war Kommandant der Burg in Rom. Dessen Tochter, eine Jungfrau noch, bestach Tatius mit Gold, damit sie Bewaffnete in die Burg hereinlasse sie war nämlich gerade zufällig aus dem Mauerring herausgekommen, um Wasser für eine heilige Handlung zu holen. Die Bewaffneten, die sie hereinließ, töteten sie aber, indem sie sie mit ihren Waffen überschütteten'. Man sieht, diese Darstellung reflektiert nicht viel. Sie motiviert, daß Tatius mit der Jungfrau überhaupt Gelegenheit hatte, zu sprechen. Sie macht sich aber keine Gedanken darüber, weshalb das Mädchen der Versuchung ohne weiteres. erlag: auro corrumpit heißt es einfach. Das Gold ist der Zauberschlüssel, der alles aufschließt; mehr braucht es nicht. Es wird auch nicht erklärt, warum der Verräterin ihre Tat so schlecht bekam. Das ist nun einmal so und es gehört sich auch so nach der volkstümlichen Moral aller Zeiten, daß Verräter die Früchte ihres Verrats nicht genießen.

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Wie ratlos Livius der ennianischen Version gegenüberstand, zeigen seine Versuche, die Tat der Sabiner zu motivieren. Wir erinnern uns, daß Livius auch 1, 13, 7 sich in Vermutungen darüber ergeht, nach welchen

1) Dazu Henry A. Sanders, The myth about Tarpeia. (Roman historical sources and institutions, 1904) S. 8. (Bezüglich der Hauptdarstellung des Livius geht Sanders gänzlich in die Irre.) Vgl. auch Schwartz, RE V 957.

Grundsätzen wohl die 30 Sabinerinnen ausgewählt worden seien, die den Kurien ihre Namen gaben.

Im übrigen ist die ennianische Version des Dichters wohl würdig. Die Situation, wie das Mädchen zum Wasserholen herauskommt und dabei mit Tatius zusammentrifft, ist ebenso einfach als anschaulich1). Daß die Sabiner die Verräterin nicht niederstoßen, sondern unter ihren Schilden begraben als scheuten sie sich, sie auf gewöhnliche Weise zu töten -, ist ein Motiv, das neuerdings von Oskar Wilde in der Salome nachgeahmt worden ist2).

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Mit der Tarpejaepisode sind wir zum Anfang des Sabinerkriegs gékommen und haben also diesen Krieg von hinten nach vorn durchgenommen.

Es ist nun noch zu untersuchen, ob etwaige direkte Fragmente des Ennius mit den Ergebnissen unserer Untersuchung übereinstimmen. Leider sind, wie Vahlen richtig bemerkt, direkte Fragmente, die sich sicher auf den Sabinerkrieg beziehen, nicht vorhanden 3). So sehr dies einerseits zu bedauern ist, so erfreulich ist es auf der andern Seite, daß diese Lücke durch Livius so schön ausgefüllt wird4).

1) Nach Fabius, Cincius und Piso (Dionys. ant. 2, 38, 2) schaut Tarpeja von der Burg herab und kommt so in Verbindung mit den Feinden.

2) S. Reinach, Rev. arch. 1908, 1 S. 43 ff. macht darauf aufmerksam, daß dieser Zug der Erzählung der einzige ist, der in allen Versionen konstant bleibt. Sehr wahrscheinlich erklärt er demgemäß die Tarpejageschichte als einen Mythus, der einen auf dem Kapitol an heiliger Stätte aufgeschütteten Haufen von nichtrömischen Schilden erklären sollte. Diese Schilde waren natürlich den Feinden abgenommene Beute, scheinen aber ziemlich früh verschwunden zu sein, da keiner der Antiquare sie erwähnt.

3) Vahlen, Ennius2 p. CLXIV. Gegen frg. LIII und LIV macht sich Vahlen selbst Einwände. Für frg. LV. LVI. LVII beruft er sich mit Unrecht auf Gell. 13, 23, 13, denn dort ist von den Annalen des Cn. Gellius die Rede. Es ist unzulässig, aus den Annalen des Gellius auf die des Ennius zu schließen. Sicher ist allein frg. LIX, das wir aber bei Livius 1, 13, 8 in reinerer Gestalt besitzen.

4) Ich bemerke nochmals (vgl. oben S. 18 Anm. 2), daß es für diese Untersuchung ganz gleichgiltig ist, ob Livius den Ennius direkt oder durch eine Mittelquelle benutzt hat. Daß aber ennianisches Gut bei Livius noch exakt nachzuweisen ist, glaube ich gezeigt zu haben. Anders schreibt noch Skutsch, RE V 2618: 'Daß er (Livius) Sachliches aus ihm (Ennius) entlehnt habe, kann nicht als nachgewiesen gelten.' Vgl. auch Schwartz, PW V 957f. In dem romantischen Schimmer, der über seiner (des Livius) Erzählung von den Anfängen und der Königszeit liegt, verrät sich der Einfluß der gegenwärtigen und unmittelbar vorhergegangenen Poesie usw.' Diese Poesie ist aber die des Ennius. Vorsichtiger als Schwartz und Skutsch schreibt Kroll, Teuffels Gesch. d. röm. Lit. II (1910) S. 129: 'Den Ennius hat Livius als Quelle schwerlich stark benutzt usw. Mehr nähert sich meinem Standpunkt H. J. Müller, Einleitung zu Weißenborns kommentierter Ausgabe des Livius (1908) S. 35. Die frühere Literatur über das Verhältnis des Ennius und Livius (besonders hervorzuheben E. Zarncke, Commentationes Ribbeckianae S. 274 ff.) findet man in den Handbüchern.

b.

Die Geschichte des Königs Romulus vor und nach dem
Sabinerkrieg.

So präzis wie für den Sabinerkrieg läßt sich die Darstellung der sonstigen Geschichte des Königs Romulus in den Annalen des Ennius nicht feststellen. Immerhin haben wir eine ganze Reihe von Zeugnissen und Anhaltspunkten dafür, die ich im folgenden zusammenstellen will. Da vieles schon bekannt ist, kann ich summarischer als in dem Abschnitt über den Sabinerkrieg vorgehen.

Über das Augurium des Remus und Romulus hat uns Cicero div. 1, 107 ein umfangreiches Fragment aufbewahrt1). Das kostbare Stück gibt uns einen Begriff von der Darstellungsweise des Ennius2). Er geht durchaus chronologisch vor. Nachdem das Augurium beschlossen ist (77.78 Vahlen: curantes magna cum cura tum cupientes regni dant operam simul auspicio augurioque), lassen sich Remus und Romulus zur Vogelschau nieder (79-83: Remus auspicio se devovet atque secundam solus avem servat. at Romulus pulcher in alto quaerit Aventino, servat genus altivolantum). In Vers 82 wird der Anlaß der Vogelschau noch einmal rekapituliert (certabant urbem Romam Remoramne vocarent, d. h. sie streiten, wer König wird, denn der König gibt der Stadt den Namen). Daran anknüpfend wird die Spannung der künftigen Untertanen erwähnt, wer ihr König wird (83 omnibus cura viris uter esset induperator). Diese Spannung wird nach homerischer Art durch ein Gleichnis charakterisiert, das dem Bereich der allen Römern vertrauten Wagenrennen entnommen ist (84-86 expectant, veluti consul cum mittere signum volt omnes avidi spectant ad carceris oras, quam mox emittat pictis e faucibus currus). Hierauf wird, ebenfalls nach homerischer Art, das, tertium comparationis hervorgehoben (87. 88 sic expectabat populus atque ore timebat rebus, utri magni victoria sit data regni). Nun geht der Mond unter (89 interea sol albus recessit in infera noctis; die Brüder haben also, wie alle Auguren bei feierlichen Auspizien, ihre Beobachtungsposten mitten in der Nacht eingenommen). Darauf zeigen sich die Strahlen der Morgenröte (90 exin candida se radiis dedit icta foras lux) und gleichzeitig erscheint schon

1) frg. XLVII bei Vahlen, Ennius. Vgl. dazu praefatio p. CLXII sq.
2) Vgl. die treffliche Charakteristik von Skutsch, RE V 2605.

3) So richtig Schwegler, RG I 387, 3; daß sol albus der Mond ist, betont ebenfalls Schwegler I 388, 5 gegen Niebuhr, der darunter die Sonne versteht und daher die Brüder einen ganzen Tag und die folgende Nacht vergeblich auf ein Zeichen warten läßt (RG I2 S. 228. I S. 248). Diesen Irrtum Niebuhrs hat Leo, Gesch. der röm. Lit. I (1913) S. 177 Anm. 2 wieder aufgenommen ('das Warten dauert den Teil eines Tages und die ganze Nacht bis zum Morgen'; vgl. die Übersetzung S. 464).

in weiter Ferne ein glückverkündender Vogel (90. 91 et simul ex alto longe pulcherruma praepes laeva volavit avis). Es kommt noch besser. Sobald die Sonne aufgeht, lösen sich nicht nur einer, sondern zwölf heilige Vögel vom Himmel und lassen sich an heilbringenden Orten nieder (92. 93. 94 simul aureus exoritur sol cedunt de caelo ter quattuor corpora sancta avium, praepetibus sese pulchrisque locis dant). Daraus erkennt Romulus, daß er den Vorrang hat, daß durch die Vogelschau Thron und Reich ihm gesichert sind (95. 96 conspicit inde sibi data Romulus esse priora, auspicio regni stabilita scamna solumque).

Trotz seiner verhältnismäßigen Länge läßt uns das Fragment über einen wichtigen Punkt im unklaren. Wir erfahren nicht, wo Remus seinen Beobachtungsposten hatte. Daß er ihn nicht auf dem Palatin hatte, hat Vahlen sehr wahrscheinlich gemacht1). Wo aber nach Ennius Remus sein Schicksal erwartete, dürfte schwer festzustellen sein.

Indes trotz dieser Unklarheit steht soviel fest, daß die ennianische Version des Stadtgründungsauguriums sich von allen andern Versionen fundamental unterscheidet und zwar in zwei Punkten. Einmal sieht nach Ennius Remus überhaupt keine Vögel 2), während die Späteren berichten, er habe sechs Vögel geschaut und zwar früher als Romulus3). Zweitens hat nach Ennius Romulus auf dem Aventin seinen Sitz im Gegensatz zu allen Späteren, die ihn auf den Palatin versetzen 4).

1) Ennius' p. CLXII sq. Vgl. auch Niebuhr, RG I S. 248, 618. Schwegler, RG I S. 387, 4. Leo, G. d. r. L. I S. 177, 2.

2) Vahlen, Ennius p. CLXIII meint, der eine Vogel, der beim Erscheinen der Morgenröte erscheint (Vers 91. 92), sei für Remus bestimmt gewesen. Indes das hätte Ennius wohl ausdrücklich gesagt. Außerdem ist zu beachten, daß dieser Vogel als fliegend geschildert wird (volavit), während die zwölf Vögel, die das Auspizium beenden, nicht vorbeifliegen (so irrig Schwegler, RG I S. 388), sondern sich an glückverkündenden Orten niederlassen. Ich glaube daher, daß Ennius mit dem Erscheinen des einen fliegenden Vogels nur das Erscheinen der zwölf Glücksvögel vorbereiten will. So habe ich auch die Stelle im Text aufgefaßt. (Vgl. auch Niebuhr, RG I S. 228 Anm. 569 [= I3 S. 248 Anm. 619]: 'Ennius schweigt über das Gesicht des Remus' und Leo, Gesch. der röm. Lit. I [1913] S. 177 Anm. 2: 'daß der eine Vogel dem Remus, die zwölf dem Romulus gehören, ist nicht gesagt.')

3) Die Stellen bei Schwegler, RG I S. 388 Anm. 9.

4) Die Stellen bei Schwegler, RG I S. 387 Anm. 4. Ob der Lanzenwurf des Romulus vom Aventin auf den Palatin, von dem Serv. Aen. 3, 46 und andere erzählen, auch schon bei Ennius stand, sei dahingestellt (vgl. Carter, Roschers myth. Lex. IV [1909] S. 180). Sicher hat Ennius nicht, wie Schwegler a. a. O. meint, den Ort des Auguriums wegen des Lanzenwurfes auf den Aventin verlegt; den Aventin hat Ennius wahrscheinlich von Naevius übernommen. Der Ursprung der Lokalisierung des Auguriums auf dem Aventin ist vermutlich die Etymologie Aventinus ab avibus.

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