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Begriff der
Coercition.

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das engste verwandt, ja ursprünglich gewissermassen zwei Hälften eines Ganzen, aber ebenso theoretisch wie praktisch wesentlich verschieden. Der Zweck der Vergeltung der begangenen Verschuldung durch ein dem Schuldigen zugefügtes Leid ist der Coercition und der Judication gemeinsam, und es giebt Fälle genug, wo dieselbe Handlung begrifflich mit gleichem Recht als Ungehorsam gegen den Magistrat und als Verbrechen bezeichnet und praktisch in der einen wie in der andern Form, durch magistratische Selbsthülfe wie durch magistratisches Gericht geabndet werden kann. Aber sehr häufig, ja in der eigentlich massgebenden Anwendung auf den wirklichen Ungehorsam regelmässig, geht die Coercition über den Zweck der Strafe hinaus und will nicht bloss für das begangene Unrecht strafen, sondern auch das künftige verhindern, den Willen des Contravenienten herbeiführen dem Gesetz sich zu conformiren. Dieser Verschiedenheit des Zweckes entspricht wenn nicht die ursprüngliche Differenz beider Institutionen denn es hat wohl allerdings eine Zeit gegeben, in der beides ungeschieden in derselben Hand lag, und im militärischen Amtsgebiet ist das eigentlich immer geblieben so doch die spätere Ausgestaltung im städtischen Amtsgebiet. Der Begriff des begangenen Unrechts und vor allem. die Form der Constatirung desselben sind dort und hier wesentlich verschieden; den coercirenden Behörden mangelt theilweise die Judication, und umgekehrt; endlich giebt es eine Reihe von Nachtheilen, die wohl als Mittel der Coercition auftreten, aber nicht als Inhalt der Judication. Es soll dies weiter im Einzelnen dargelegt werden.

Die Coercition ist die berechtigte Selbsthülfe des Beamten so wie seiner Collegen denn verletzt erscheint hier immer das gesammte Collegium gegen den seinem innerhalb seiner Competenz erlassenen Befehl 1) denGehorsam weigernden Bürger 2). Dem Ungehor

1) Dass der magistratische Befehl die Voraussetzung der Coercition ist, zeigt sich besonders deutlich bei den censorischen Multen. Sie treten ein bei der Reiterschatzung (Festus ep. p. 54) und in Betreff der Wasserleitungen (Cato p. 49 Jordan) und Bauten (Liv. 43, 16), also da, wo der Censor als Behörde für die administrative Gerichtsbarkeit in den Fall kommt zu befehlen; die censorische Rüge führt nie die Multa herbei.

2) Cicero de leg. 3, 3, 6: iusta imperia sunto iisque cives modeste ac sine recusatione parento: magistratus nec oboedientem et noxium (Hdschr. innoxium) civem multa vinculis verberibusve coerceto, ni par maiorve potestas prohibessit, ad quos provocatio esto. Hier erscheint die coercitio im Gegensatz zu dem eigent

sam gleich geachtet wird ferner jede Handlung, durch die Jemand den Magistrat in seiner Amtführung hemmt (in ordinem cogit1) oder in seiner Persönlichkeit mit Wort oder That verletzt 2). Insbesondere tritt dies hervor in dem Verhältniss des höheren Beamten zu dem niederen so wie des Magistrats, der dem Senat vorsitzt, zu den einzelnen Senatoren; das Ausbleiben 3) oder Sitzenbleiben 4) des niederen Beamten, das Nichterscheinen des Senators 5) oder die Weigerung desselben zu stimmen 6) oder beleidigende Aeusserungen in der Debatte7) haben Ordnungsstrafen herbeigeführt. Die Unbestimmtheit der hiemit bezeichneten sittlichpolitischen Contravention) gehört zu den wesentlichen Eigenthümlichkeiten, die dieses Verfahren von der durchaus concret definirte Handlungen in das Auge fassenden Judication unterscheiden; der Begriff der Coercition wird so gefasst, dass erst die freie Selbstbestimmung des Magistrats ihm in dem einzelnen Fall seinen concreten Inhalt giebt. Dem entspricht, wie natürlich, die, Form, in der die Unbotmässigkeit constatirt wird; und in ihr vor allem liegt der durchschlagende Gegensatz der Coercition und der

lichen Criminalverfahren, von dem es gleich darauf heisst: cum magistratus iudicassit inrogassitve, per populum multae poenae certatio esto. Denselben Gegensatz hebt der Jurist Pomponius Dig. 1, 2, 2, 16 hervor: (consules) ne per omnia regiam potestatem sibi vindicarent, lege lata factum est, ut ab eis provocatio esset neve possent in caput civis Romani animadvertere iniussu populi: solum relictum est, ut coercere possent et in vincula publica duci iuberent (vielmehr iubere).

1) Diese Bezeichnung, zunächst wohl hergenommen von der Behandlung des ausser dem Gliede stehenden Offiziers als Gemeinen, bezeichnet technisch die Behandlung eines Magistrats als wäre er ein Privatus (Liv. 3, 35, 6; Sueton Claud. 38) und insofern jede Contravention gegen die gesetzlichen Vorrechte des Magistrats. So wird sie gebraucht von dem, der einem Beamten seine magistratische Function bestreitet oder inhibirt (Liv. 3, 51, 13. 6, 38, 12), der einen Beamten bei Abhaltung der Volksversammlung stört oder unterbricht (Liv. 25, 3, 19. c. 4, 4. 43, 16, 9 vgl. Plinius ep. 1, 23), der die Intercession nicht berücksichtigt (Liv. 43, 16, 10).

2) Dies Moment tritt am schärfsten hervor gegenüber dem Volkstribunat, wo genauer darüber gehandelt ist. Es war natürlich, dass diese Amtsgewalt als von allen die stärkste es mit der Verletzung am strengsten nahm, auch abgesehen von den hier eingreifenden aus der allgemeinen politischen Stellung des Volkstribunats sich ergebenden Motiven. Aber der Begriff der Unbotmässigkeit ist überall der gleiche, wenn er auch nicht überall mit gleicher Strenge gehand

habt wird.

3) Plutarch Cat. min. 37.

4) Schrift de viris ill. 72, 6

5) Varro bei Gellius 14, 7, 10. Livius 3, 38, 12. Cicero Philipp. 1, 5, 12. 6) Liv. 28, 45, 5.

7) Cicero de orat. 3, 1, 4.

8) Cicero (S. 134 A. 2): nec oboedientem et noxium civem. Dionys. (S. 138 Α. 1): τοὺς ἀκοσμοῦντας ἢ παρανομοῦντας εἰς τὴν ἑαυτῶν ἐξουσίαν. Ulpian (S. 144 A. 1).

Constatirung des Ungehorsams.

Coercitions

recht des

Judication. Constatirung des Unrechts ist selbstverständlich die Voraussetzung beider. Der Coercition liegt häufig ein der einschreitenden Behörde notorisches Unrecht zu Grunde, wodurch eine eigentliche magistratische Cognition überflüssig wird; aber nothwendig ist die Notorietät nicht) und, wo sie fehlt, muss auch hier eine Untersuchung des Thatbestandes stattfinden. Andrerseits ist die criminelle Judication der Römer in ihrer älteren Form durchaus als magistratische Cognition ohne Zuziehung von Geschwornen entwickelt; bei ihr ist ein besonderes Beweisverfahren Regel, aber doch auch, zum Beispiel im Fall des Geständnisses, nicht unbedingt erforderlich. Insofern fallen Coercition und Judication hinsichtlich der Constatirung des Thatbestandes in der That theoretisch und zum Theil auch praktisch da zusammen, wo es feste für die magistratische Cognition bindende Formen nicht giebt. Dies gilt für die Königszeit nach der Auffassung der Römer und in der Zeit der Republik für das militärische Imperium. In dem städtischen Amtsgebiet dagegen ist in republikanischer Zeit nicht die magistratische Coercition, aber wohl die magistratische Judication gebunden durch das System der drei Termine (S. 155); und damit schied sich einerseits die magistratische Strafe, die für eine gesetzlich definirte Handlung in gesetzlich definirten Formen den Schuldigen mit langsamem Schritt erreicht, und die magistratische Selbsthülfe, die da, wo nach dem Ermessen des Magistrats seinem Gebote Trotz geboten und sein Recht verletzt wird, auf dem Fuss dem Unrecht nachfolgend es niederschlägt.

Die Coercition ist ein wesentlicher Theil, man könnte auch Oberbeam sagen, der wesentliche Ausdruck der vollen Beamtengewalt. Vor des Königs, allen Dingen also hat sie der König und zwar, da er das Imperium in seiner ursprünglichen Vollständigkeit handhabt, rechtlich unbe

ten:

des Consuls, schränkt. Auch nach der republikanischen Verfassung ist die

Coercition in derjenigen Totalität, wie sie nach ihr verfassungsmässig statthaft ist, nothwendiger Bestandtheil des Imperium. Sie steht also als consularische Coercition 2) allen Beamten mit consularischem oder diesem gleichem oder auch höherem Befehlsrecht

1) Wenn zum Beispiel die Ladung versäumt war und der Geladene einen Entschuldigungsgrund vorbrachte, etwa Abwesenheit im Kriegsdienst, wird ihm natürlich der Erweis dieser Behauptung stattgegeben sein.

2) Besonders deutlich tritt diese consularische Coercition hervor bei den Wahlen, auch den tribunicischen, denen der Consul nicht vorsitzt. Velleius

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Weiter des Volks

zu, also namentlich auch dem Prätor und dem Dictator.
aber ist den obersten Magistraten der Plebs von Haus aus zwar
nicht der Name des Imperium, aber der Sache nach dieses ober-
amtliche Recht ebenso wie den obersten patricischen beigelegt
worden 1). Man betrachtet die tribunicische Coercition jetzt ge-
wöhnlich als eine aus Missbrauch und Uebergriff hervorgegangene
Institution, aber entschieden mit Unrecht. Das römische Staats-
recht schützt den vollgültigen magistratischen Zwangsbefehl immer
durch die eigene Zwangsgewalt des befehlenden Magistrats; seit
mit der Einführung des Volkstribunats jenem ein vollgültiges Ver-
bot gegenübertrat, musste auch das Verbot mit Zwangsgewalt
ausgestattet werden, und es konnte diese wieder keine andere
sein als die eigene des verbietenden Magistrats. Darum muss
mit dem auxilium der Volkstribune nothwendig zugleich das tri-
bunicische Coercitionsrecht ins Leben getreten sein 2); wie denn
auch die Ueberlieferung durchaus von dieser Auffassung ausgeht.
Wer dies läugnen würde, setzt in der That die Hülfe zu einer
blossen Fürbitte herab. Ja wie das auxilium seinem Wesen
nach stärker ist als das imperium, so ist auch die tribunicische
Strafgewalt von Haus aus der consularischen insofern überlegen,
als der Tribun sie unbedingt gegen jeden richten kann, selbst

2, 92: Sentius

consul (des J. 735) . quaesturam petentes, quos indignos iudicavit, profiteri vetuit et cum id facturos se perseverarent, consularem, si in campum descendisset, vindictam minatus est. Der Consul Marius verhaftet einen Bewerber um den Volkstribunat (Val. Max. 9, 7, 1). In Abwesenheit beider Consuln steht der Prätor Glaucia im J. 653 den tribunicischen Wahlen vor (Appian b. c. 1, 28: φυλάξας στρατηγοῦντα τὸν Γλαυκίαν καὶ τῆσδε τῶν δημαρ ywv tys Xεipotovías проεστwτα). Der Consul Antonius edicirt nach Appian b. c. 3, 31 in Beziehung auf Caesars Bewerbung um den Volkstribunat os atos μηδενὶ Καίσαρα ἐγχειρεῖν παρανόμως ἢ χρήσεσθαι κατ' αὐτοῦ παντὶ μέτρῳ τῆς Cousias. Aber sie erscheint auch in der Form der allgemeinen discretionären Gewalt. Bei Appian b. c. 3, 3 lässt der Consul Antonius als solcher (ota Batoc) den falschen Marius greifen und ohne Process (7wpiz díxŋs) hinrichten, ebenso von den gefangenen Anhängern desselben die Freien vom Felsen stürzen, die Sclaven kreuzigen. Dio 44, 50: tevàs tõv Spasvτépov (meistens Sclaven: Cicero Phil. 2, 36, 91) oi natot (Antonius und Dolabella) xaτà Tổν toɔ̃ Kanitшklov пEтpov oav. Auch bei Dionysios 9, 39 drohen die Consuln denjenigen, der sich an einem Lictor vergreifen werde, vom Felsen zu stürzen.

1) Die nähere Ausführung in dem Abschnitt vom Volkstribunat. 2) Geschichtlich betrachtet ist es wohl möglich, ja sogar wahrscheinlich, dass das ius auxilii keineswegs von Haus aus in der strengen Formulirung der historischen Zeit aufgetreten, sondern längere Zeit eine gewissermassen revolutionäre Selbsthülfe geblieben ist, wo dann auch die Bestrafung mehr eine Machtals eine Rechtsfrage war. Aber staatsrechtlich gehören auxilium und Strafgewalt so nothwendig zusammen wie Eigenthum und Vindication; und wenn man das auxilium als formell anerkanntes Rechtsmittel fasst, ist es allerdings genau ebenso alt wie die tribunicische Coercition,

tribuns,

1

des niederen Beamten,

und sogar zunächst gegen den Consul, der Consul aber wohl gegen jeden anderen, nur nicht gegen den Tribun.

Denjenigen Beamten, denen das Imperium fehlt, ist die Coercition, so weit sie die Person ergreift, also zur Hinrichtung oder zur Freiheitsentziehung führt, immer und ohne Ausnahme versagt geblieben. Nach der Auffassung der römischen Staatsrechtslehrer hat sogar die Coercition an Leib und Vermögen, das Recht zu züchtigen, zu büssen und zu pfänden ihnen anfänglich gemangelt, ist aber schon früh, der Ueberlieferung nach im J. 300 d. St., auch auf die niedere Magistratur erstreckt worden, wobei die den plebejischen Aedilen zustehende Aufsicht über die Frohnden den Ausgangspunct gegeben zu haben scheint 1). Späterhin erscheint diese niedere Coercition als nothwendig verbunden mit der vermögensrechtlichen Judication, der privaten sowohl wie der admini-strativen. Wenn dem Prätor in der weiter greifenden mit dem Imperium verbundenen auch diese ohnehin zukommt, so wird dieselbe auf dem Gebiet des Privatrechts ferner jedem anderen zur Judication berufenen Magistrat eingeräumt 2); und ebenso haben sie die bei der Administrativjurisdiction thätigen Beamten, die Censoren 3) wie die Aedilen 4). Den Quästoren dagegen fehlt die Coercition, da ihnen in Bezug auf das Gemeindevermögen nicht Jurisdiction, sondern lediglich Execution zusteht 5).

1) Dionys. 10, 50: ἐπὶ τῆς λογίτιδος ἐκκλησίας νόμον ἐκύρωσαν (die Consuln Sp. Tarpeius und A. Aternius), ἵνα ταῖς ἀρχαῖς ἐξῇ πάσαις τοὺς ἀκοσμοῦντας, ἢ παρανομοῦντας εἰς τὴν ἑαυτῶν ἐξουσίαν ζημιοῦν· τέως γὰρ οὐχ ἅπασιν ἐξῆν, ἀλλὰ Tois úпáτois μóvot. Da die Quästoren hier nicht gemeint sein können (S. 139 A. 2) und es andere patricische Unterbeamte im J. 300 nicht gab, so bleibt nichts übrig als die Stelle auf die Aedilen der Plebs zu beziehen, die als die Frohndenaufseher die Coercition allerdings kaum entbehren konnten. Dass diese damals vielleicht noch nicht Magistrate genannt werden durften, kommt nicht in Betracht. Die falsche Generalisirung kommt wahrscheinlich auf Rechnung des Dionysios; aber allem Anschein nach steckt in dieser Nachricht eine nicht in ihrer historischen Modalität, aber wohl in ihrem staatsrechtlichen Fundament wohl beglaubigte und wichtige Thatsache.

2) Ulpian (Dig. 50, 16, 131, 1): multam is dicere potest, cui iudicatio data est: magistratus (d. h. die Municipalbeamten) solos et praesides provinciarum posse multam dicere mandatis permissum est. Derselbe (Dig. 5, 1, 2, 8): his datur multae dicendae ius, quibus publice iudicium est et non aliis, nisi hoc specialiter eis permissum est.

3) S. 134 A. 1. Weiteres darüber bei der censorischen Judication. Auch die curatores aquarum besitzen als Nachfolger der Censoren die gleiche Befugniss, das heisst, wie das quinctische Gesetz (Frontinus de aq. 129) sie hier definirt, das Recht multa dicenda pignoribus capiendis cogendi coercendi.

4) Darüber ist bei der Aedilität gehandelt, wo auch die Beschränkungen dieses Rechtes dargelegt sind.

5) Dass den Quästoren die Coercition durch Multa und Pignus gefehlt hat,

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