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Der Orientale kennt den

Wie beobachtete man den Tierkreis1? gestirnten Himmel besser als wir. Jeden Abend und Morgen sieht er dank der kurzen Dämmerung, bei welcher Stelle des Fixsternhimmels der Mond und die Sonne auf- und untergeht. Täglich fortgesetzte Beobachtung zeigte dem Beobachter, daß jedesmal in ca. 28 Tagen am Punkte des Mondaufganges der gleiche Sternbildergürtel des sich drehenden Himmelsgewölbes vorüberzieht, oder, was dasselbe ist, daß der wandernde Mond in 28 Tagen die gleiche Straße rund um den Himmel durchläuft. Die gleiche Erscheinung zeigt der Mittagspunkt der Sonne (den man täglich um Mitternacht an der entsprechenden Stelle des Nachthimmels feststellen kann) in einem Kreislauf von 365 Tagen. Ferner sah man, daß nicht nur Sonne und Mond, sondern auch die fünf übrigen Wandelsterne (Jupiter, Merkur, Mars, Saturn, Venus) dieselbe Straße ziehn, das heißt, daß sie in ihren Bahnen den 20 Grad breiten Himmelsstreifen nicht überschreiten. Die Mittellinie dieses Weges bildet die Sonnenbahn (Ekliptik). Wie die Darstellung und Andeutung von Tierbildern, die von Sonne, Mond und Venus, den Regenten des Tierkreises, beherrscht sind, auf altbabylonischen Urkunden zeigt (s. z. B. Abb. 2), hat man in Babylonien bereits in prähistorischer Zeit die Sternfigurationen dieser Planetenstraße als Bilder vorgestellt:

sunt aries taurus gemini cancer leo virgo

libraque scorpius arcitenens caper amphora pisces2.

Das sind die zwölf Sonnenbahnstationen, die den zwölf Mondumläufen entsprechen. Sie gelten als „,Häuser“ oder „Throne“ der in der Sonne sich offenbarenden göttlichen Macht. Jede der Stationen wird wiederum dreifach geteilt, so daß 36 Abteilungen (Dekane) entstehen. Eine andre Teilung entspricht dem Mondlauf und zählt 24 oder 27 bez. 28 Mondstationen. Sie dienen der Beobachtung der Meridiandurchgänge der Circumpolarsterne.

Für den Zug der babylonischen Lehre nach dem Osten bieten die Mondstationen ein verblüffendes Zeugnis. Whitney

1) Die einschlagenden Fragen werden von F. Jeremias in einem Handbuch der antiken Himmelskunde behandelt werden. Die bei der ersten Auflage gesammelten Erfahrungen haben mich von der Notwendigkeit überzeugt, auch hier die wichtigsten Fragen zu erörtern.

2) Bei Kalendersystemen mit Schaltmonaten wird der auf einer Stange sitzende Rabe (deshalb Unglücksvogel) als 13. Bild eingefügt.

3) S. Enuma eliš Taf. V: „,12 Monate, die Sterne in 3 Abteilungen“ (?) (s. S. 27); V R 46, wo die 36 neben den Mondstationen aufgezählt sind. Auch für Ägypten bezeugt, s. Hommel, Gesch. und Geogr. S. 128, Anm. 3. Diodor II, 30 schildert die babylonischen Sterngötter und berichtet nach Aufzählung der sieben Planeten, die auf dem Tierkreis wandeln, von den 36 Dekanen (nicht Mondstationen, wie Winckler, Gesch. Isr. II, 61 annimmt):,,Unter diesen steht eine Schicht von 36 Sternen (die 30 ist Schreibfehler), welche sie die göttlichen Ratgeber (Boviɛtovs Drovs) nennen. Von diesen hat die Hälfte die Orte über der Erde, die andere die unter der Erde zu beobachten, so daß sie das bei den Menschen und am Himmel sich Ereignende überwachen. Alle zehn Tage wird aber von den oberen zu den unteren und umgekehrt ein Bote geschickt.“

hat in seinem Werke Lunar Zodiac nachgewiesen, daß die 28 Mondstationen der Araber, die Koran Sure 10, 5; 36, 39 als bekannt vorausgesetzt werden (manâzil al-kamar, Mondherbergen), dic 27 oder 28 Mondstationen der vedischen Zeit in Indien (naxatra), die 28 Mondstationen der Chinesen (hsiu, d. h. Rastorte), deren Einführung im Schu-King auf den mythischen Kaiser Jao zurückgeführt wird, bei allen drei Völkern in verschiedenen charakteristischen Ausprägungen unabhängig voneinander bestanden haben, aber auf einen gemeinsamen Ursprung zurückweisen. Daß das Ursprungsland Babylonien ist, hat bereits Weber (Berl. Ak. der Wissensch., phil. Kl. 1860 u. 1861) und längst vor ihm Stern in den Göttinger Gelehrten Anzeigen 1840, 2027 ff. (Anzeige von Ideler, Chronologie der Chinesen), ausgesprochen. Richthofen, China I, 404 ff. schließt sich der Vermutung an und sagt: „Wir stehen hier vor einem der merkwürdigsten Probleme, welche uns die Vorgeschichte in bezug auf gegenseitigen Verkehr der Völker bietet." Der Astronom Kugler hat in seinem Buche über babylonische Mondrechnung auf Grund der Urkunden den Zusammenhang der griechischen, chinesischen und indischen Astronomie mit jener in Babylonien zur Evidenz erhoben. Wir werden späterhin Anzeichen dafür beibringen, daß die Wanderung im Stierzeitalter stattgefunden haben muß. Die 28 Sternhaufen des Tierkreises in der persischen Astronomie schließen die Kette der Wanderung von Vorderasien bis Ostasien, wenn auch das urkundliche Zeugnis im Bundehesch (6, 3—15 Westergaard) jüngeren Datums ist. Für Kanaan kommt vielleicht 2 Kg 23,5 (mazzalôt, das sonst auch Tierkreiszeichen bedeutet, z. B. Targum zu Esth III, 7) und mazarôt Hi 38, 22 in Betracht.

Die Kenntnis des Tierkreises läßt sich urkundlich bis in das Stierzeitalter hinauf verfolgen, d. h. bis in die Zeit, in der die Sonne im Frühlingsäquinoktium im Sternbild des Stieres stand. Die mythologischen Motive, die den Beginn eines neuen Zeitalters mit den Zwillingen (Dioskuren - Mythus) verbinden, weisen für die Erfindung des Tierkreises in die Ära der Zwillinge1. Eine auf alten Berechnungen ruhende von Sayce besprochene Planisphäre der Bibliothek Asurbanipals bezeugt eine Gradeinteilung der Sonnenbahn und setzt für den Grad O einen Punkt zwischen Stier und Zwillingen voraus (,,Skorpionstern 70 Grad“). Die zwölf Tafeln des Gilgameš-Epos entsprechen dem Zyklus der Tierkreisbilder. Auch die babylonischen Grenzsteine weisen nach Andeutung von Sonne, Mond und fünf Planeten Bilder auf, die teilweise wenigstens dem Tierkreise zuzuweisen sind (s. Abb. 2-5). Eine dem Widderzeitalter

1) Vgl. S. 64f. Die ägyptischen Datierungen, die mit einem Zeitalter des,,Krebses" rechnen, sind künstliche Archaisierungen.

2) S. Hommel, Aufs. u. Abh. S. 354 f.

3) In der vorliegenden Rezension entsprechen sie der Anordunng, die mit Widder beginnt, gleich den babylonischen Monaten, deren zweiter ,,Stier" und deren elfter,,Fluch des Regens" (Wassermann) heißt (Spuren einer Benennung nach dem Stierzeitalter sind vorhanden, s. Hommel l. c. 355 nach Sayce). S. mein Izdubar Nimrod (Leipzig, Teubner 1891) S. 66 ff. Zur dort zitierten Literatur kommt vor allem noch in Betracht Hommel, Aufs. u. Abh. 350 ff. und die dort zitierten Arbeiten von Sayce; Epping, Astronomisches aus Babylon, 1899.

entsprechende Bezeichnung von Tierkreisbildern aus der vorgriechischen Zeit hat Epping festgestellt '.

Der babylonische Name des Tierkreises ist šupuk šamê (eigentlich ,,Aufschüttung des Himmels") 2. Ein Zweifel daran ist unbegreiflich angesichts der Tatsache, daß wir für šupuk šamê geradezu eine inschriftliche Definition haben. Es heißt IV R 5: Bel habe, als die Weltordnung durch feindliche Mächte bedroht war, Sonne, Mond und Venus eingesetzt, den šupuk šamê zu regieren (šupuk šamê ana šutešuru ukînu). Und Sm 954 Rev 1 f. heißt es:,,Ištar, die am šupuk šamê aufleuchtet." Was regieren Sonne, Mond und Venus? Den Tierkreis; er stellt die Bahn dar, über die sie mit den andern Planeten wandeln. Dazu vergleiche man wiederum die Grenzsteinbilder; unter den Bildern, die oben von

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Sonne, Mond und Venus regiert werden, befinden sich Tierkreisbilder. Und wo leuchtet die Venus auf? Am Horizont im Tierkreis.

Eine andre Bezeichnung des Tierkreises ist vielleicht AN-TIR-ANNA. Von dem Halbkreis über dem Palasttor, der mit Rosetten und Genien geschmückt ist, die zwischen je zwei Rosetten entweder aufsteigen oder niedersteigen, heißt es z. B. Asarh. VI, 6, er sei,,gleich AN-TIR-AN-NA" (vgl. Meißner u. Rost A B III, 214). Es kann dabei an den Halbbogen des Tierkreises ebensogut wie an den Regenbogen gedacht sein, der mit dem Tierkreis mythologisch verwandt ist (s. Register ,,Regenbogen"). Die Regenten des Tierkreises sind.

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Nach dem Gesetz der ,,Entsprechung" ist die in ihnen offenbarte göttliche Macht identisch mit der von

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1) Astronomisches aus Babylon 182. 190. Wiedergegeben bei Hommel

1. c. 238 ff. 358.

2) Die Ekliptik heißt,,Pfad der Sonne", s. Hommel, Aufs. u. Abh.,

S. 356 (Sayce), z. B. III R 53, 56 f.

3) Die Rosetten dienen auf Grenzsteinen häufig zur Markierung der nicht besonders dargestellten Planeten.

Sin, der Mond, ist wie Anu Göttervater und summus deus; Šamaš regiert wie Bel den Tierkreis und offenbart sich in dem Gestirn,,,nach dem die Menschenwelt blickt". Ištar (bei Betonung der Wettererscheinungen ersetzt durch Adad-Ramman) entspricht Ea, denn Unterwelt und apsû fällt zusammen. Wenn man den Ozean hinausfährt, kommt man hinunter in die Unterwelt. Der Tierkreis repräsentiert den Weltkreislauf im Jahr und im Weltenjahr. Die Tierkreisbilder tauchen in den Ozean und steigen empor1. Darum kann jeder der drei Regenten die gesamte göttliche Macht repräsentieren, die sich im Kreislauf offenbart. Bei mythologischen Erscheinungen, die den Kreislauf des Lebens oder der Welt widerspiegeln, muß man stets untersuchen, ob die betreffende Erscheinung Sonnen-, Mondoder Istar-Charakter zeigt. Das wechselt je nach Ort und Zeit und Kultus. Aber wenn auch jeder Teil das Ganze der göttlichen Macht widerspiegeln kann, so treten die drei doch mit Vorliebe als Trias auf. Der Weltkreislauf erscheint dann als Kampf, bei dem Sonne und Mond beteiligt sind, während Istar,,danach strebt, Himmelskönigin zu sein“2.

Zu den drei Regenten des Tierkreises kommen die vier weiteren, dem Altertum bekannten Planeten: Marduk, Nebo, Ninib, Nergal, d. i. Jupiter, Merkur, Mars, Saturn 3.

Da nun die sieben Planeten (Sonne, Mond, Venus und die vier genannten, s. Abb. 7) in verschiedenen Entfernungen und Umlaufszeiten über den šupuk šamê, den Tierkreis, wandeln 3, so erscheint dieser Tierkreis wie eine Auftürmung von sieben

1) Der obere Teil ist nach Enuma eliš V das Reich des Nibiru (d. i. hier Anu, s. S. 20), der südliche das Reich der Ea (vgl. amphora pisces), ein dritter Teil gehört Bel. Eine andre Spekulation spricht vom Weg des Anu, Bel, Ea am Tierkreis, s. Winckler F. III, 179. 304 und Mahler in OLZ 1903, 159.

2) Näheres zu diesem Abschnitt S. 35 f. 3) Vgl. Hommel, Aufs. u. Abhandl. 373 ff. Zur Reihenfolge und zum Verhältnis der Planeten zu den Wochentagen s. S. 39f. Die sieben Planeten regieren die Welt", sagen die ,,Ssabier" nach Dimešķî c. 10 (Chwolsohn II, 400); vgl. vor allem die Nabatäerschrift Maqrîsi ib. S. 609 ff.

4) Es sind die Planeten, nicht die sieben Hauptgötter" (Hommel). 5) Rich. Redlich verteidigt im Globus 1903, Nr. 23 f. das hohe Alter einer exakten Himmelskunde in Babylon, sucht aber den Nachweis zu führen, daß man den Weg der Sonne, des Mondes und der Wandelsterne ursprünglich nicht auf die Ekliptik bezog, sondern daß man alle diese Bewegungen in der Himmelsmitte an dem größten Kreise der täglichen Himmelsdrehung maß, daß also auch die vermeintlichen Tierkreisbilder auf den sog. Grenzsteinen (s. Abb. 2--5) sich auf den Himmels-Äquator

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