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Diejenigen, welche in Kain die Erbsünde an den Tag kommen sehen, müssen billiger Weise auch in Abel den Erbsegen erblicken. Und wie sie wissen von dem Fluche Hams, so müssen sie ebenfalls wissen von dem Segen Sems. Sie müssen bedenken, wie sehr es betont ist, daß die Völker durch den Samen Abrahams gesegnet werden, daß die Wurzel Isais, der Sohn Davids, der geborne wesentliche König der Juden dem Volke Israel und den Heiden zum Heil bestimmt ist.

Die Natur und der Geist stehen auch im Menschenleben in der innigsten Beziehung, und stets findet zwischen Beiden ein mysteriöses Weben statt. Das Böse ist zunächst geistiges Verderben, aber es erschüttert auch die menschliche Natur. Es kann durch die menschliche Substanz weithin fortzucken und hindurchschlagen. Auf dieser Wahrheit beruht die Lehre vom Fluch, die Lehre von der Erbfünde. Sollte aber das Verderben des Geistes die menschliche Substanz, wie sie Gott erschaffen hat, ergreifen und durchdringen können, und das göttliche Leben des Geistes sollte dieß nicht noch vielmehr vermögen? Wollte man dieß behaupten, so müßte man annehmen, die menschliche Natur sei von Haus aus in ihrer Substanz selbst mit dem Bösen verwandt, nicht mit dem Guten. Es gibt allerdings Vorstellungen, die sich zu dieser Ansicht hinneigen, und sogar für kirchlich halten, während sie nichts Besseres find, als Nachwirkungen des Manichäismus. Die Sache steht aber umgekehrt so: die menschliche Natur an sich geht aus der Hand, ja aus dem Hauche Gottes hervor, und sie ist darum viel durchdringlicher für den Geist Gottes, als für die Sünde, vielmehr noch weihbar, als entweihbar. Darum muß es einen Erbsegen geben, welcher dem großen Erbfluch gegenüber tritt, und der ihn nach seinem wefentlichen Uebergewicht besiegt und in Heil verwandelt.

Dieser Erbfegen der Menschheit hat menschliche Gestalt angenommen in Christo. Das menschliche Leben Christi ist die Frucht von tausend Weihungen der menschlichen Natur unter dem Einfluß des Geistes. Zuerst wird die Linie Seths ausgesondert von der Linie des Kain, dann die Linie Sems von der Linie Hams und Japhets, weiterhin die Individualität Abrahams von der Gemeinschaft seiner Volksgenossen. In seinem Glauben

wird dann das Wort Gottes als Lebenskeim der wesentlichen Gerechtigkeit oder Gottmenschlichkeit zu einem Eigenthum der Menschheit, zunächst seines Saamens. Und nun sehen sich die Weihungen fort. Isaak, der Gesittete, der Sohn des edelsten künftigen Lachens wird unterschieden von Ismael, dem wilden Wüstensohne, dem voreiligen Lacher, dem Spötter; Jakob, der tiefsinnige und sehnsuchtsreiche Gotteskämpfer von dem stumpfsinnigen Esau; der Stamm Juda, der Löwe, von den schwächern Etämmen; David, der gottbegeisterte, von seinen stattlichen aber minder empfänglichen Brüdern. Aus dieser Linie geht endlich die Jungfrau hervor, die geweihte Heroine der Menschheit. In ihr hat die menschliche Sehnsucht nach dem Heil, die Hingebung an das göttliche Heilswalten die ganze Naturfrische eines jungfräulichen Lebens, die Innigkeit der reinsten Bräutlichkeit gewonnen. Ihr Sohn aber ist Christus, der Erbsegen der Menschheit in Menschengestalt, in persönlicher menschlicher Erscheinung.

Weil er aber in seinem substantiellen Leben der Erbe alles Segens der Menschheit war, so wurde er in seinem historischen Leben, daß heißt nach seinem Zusammenhang mit der Menschheit und in seinem Geschick der Erbe ihres ganzen Fluchs.

Es gibt einen großen Erbfluch, der von Adam in seinem Falle ausgeht, und die ganze Menschheit umfaßt vermittelst des historischen Zusammenhangs, worin die Menschen stehen. Ihm tritt der Erbsegen der Menschen als Widerhalt gegenüber. Jener Fluch steigert sich überall, wo er durch neue Frevel und Sündenfälle bestätigt wird; er mindert sich überall, wo ihm die Strömung des Segens entgegenwirkt. Er kann in der Substanz einzelner Menschen immer mehr gelichtet werden, dieß wird sich aber dann darin kund geben, daß er in seiner historischen Gestalt, als Leiden um so schwerer über diese Menschen kommt.

Es gibt tausend Einzelströmungen des Fluches auf Erden; substantielle Tragödien. Gott sucht die Missethat der Väter heim an den Kindern bis ins dritte und vierte Glied (2 Mos. 20, 5) *). In dem dritten und vierten Geschlecht etwa kann

*) Diejenigen, welche diese milde theokratische Darstellung einer schauerlichen

sich der besondere Fall einer einzelnen Menschenlinie bis zur Katastrophe steigern, gerade dadurch, daß die Gegenwirkung des Segens gegen den Fluch entschieden hervortritt. Irgend ein edles Enkelkind büßt den Frevel des Ahn und führt durch seinen historischen Untergang die Sühnung des alten Fluchs herbei; aber nur in bedingter Weise, denn die absolute Sühnung kann nur da erscheinen, wo der konzentrirte ganze Weltfluch aufgehoben wird.

Es gibt tausend Einzelströmungen des Segens in der Weltgeschichte, in denen Gott Barmherzigkeit thut an denen, die ihn lieben und seine Gebote halten bis in die Taufende (also weit über das dritte und vierte Glied hinaus, bis in die Bildung ganzer Stämme hinein) (2 Mof. 20, 6). Es ist höchst bemerkenswerth, daß die Verkündigung des Fluches wie des Segens mit dem zweiten Gebote verknüpft ist. Mit der Bildung und Verehrung falscher Gottesbilder entsteht der Frevel, welcher den Fluch zur Folge hat; aus der Liebe Gottes dagegen geht das Festhalten an seinem Namen und an seinen Geboten und mit ihm der Segen hervor. Jede einzelne Segensströmung dieser Art aber wird immer stärker die hemmende und trübende.Gegenwirkung des gesammten Weltfluchs erfahren müssen. Allein es liegt in ihrem himmlischen Wesen, daß sie nicht wieder vernichtet werden kann.

So gibt es also einerseits keinen Einzelfluch, der nicht vom Segen der Menschheit angeweht wäre. Daher do Friedenshauch beim Ausgang der Tragödie. So gibt es aber andrerseits keinen Einzelsegen, der nicht nach seinem historischen Zusammenhang in den Fluch Adams verschlungen wäre, daher die großen Kämpfe, Anfechtungen und Leiden der Frommen. Endlich drittens kann es keinen Einzelkampf zwischen gleichgestalteten Mächten des Fluches und des Segens geben, worin nicht irgendwie äußerlich der Fluch einen Schein des Siegs gewinnen,

welthistorischen Thatsache nicht zu würdigen wissen, können manchmal die stärkßten und düstersten Darstellungen derselben Thatsache in der griechischen Poesie sehr bedeutsam finden, z. B. etwa die Stelle in Sophokles Antigone: „Glückselige, deren „Geschick nie Weh gekostet! Wem das Haus je Götter erschütterten, niemals lässet Fluch ihm ab, von Geschlecht zu Geschlecht schreitend!" (Nach Böckh).

worin nicht innerlich der Segen den wirklichen Sieg davon tragen und dadurch den Fluch in einen Segen verwandeln sollte. Darin wird nun die Vollendung des Segens zu erkennen sein, wenn der volle Segen Abrahams und der Menschheit mit der Substanz eines Menschen ganz Eins geworden, oder vielmehr in ihr selber zur Erscheinung gekommen ist. Diese Thatsache stellt sich dar in der Person Christi. Kein Rest von Fluch ist übrig geblieben in seinem Wesen *); er ist empfangen von dem heiligen Geist, geboren von der Jungfrau**).

Allein gerade darum, weil er der konzentrirte Segen der Menschheit war in seiner Substanz, kam auch der konzentrirte Fluch der Menschheit über ihn in seinem historischen Geschick. Man könnte den historischen Zusammenhang, worin er mit der Menschheit stand, als die Nabelschnur bezeichnen, die ihn mit dem Weltfluch verwickelte. Durch seine historische Beziehung, Pflicht und Treue wurde er, der der substantielle Erbe des Weltsegens war, der historische Erbe des Weltfluchs. Darum war auch sein Tod die Verklärung alles Tragischen in der Vollendung alles Priesterlichen. Er erlag dem Weltfluch in seinem Geschick und schien unter seiner Last zu versinken. Allein er bestegte ihn in seinem Geiste, und jezt war der große Weltfluch in den Segen Abrahams verschlungen, und in das Heil der Menschheit verwandelt.

So weltumfassend der Geist und die Liebe Chrifti war, so weltumfassend war seine Persönlichkeit. Und so weltumfassend diese war, so weltumfaffend war auch sein Geschick, sein Leiden und die Wirkung seines Leidens, die Sühne. Sie war aber nicht

*) Diejenigen, welche eine gewisse Verdunkelung in der leiblichen Natur Christi annehmen, welche sie entweder gar als Sündigkeit oder doch als (positive) Sterb lichkeit, oder sonst als eine gewisse Besonderheit und Schwachheit bezeichnen, verlegen das Dogma der Geburt Jesu von der Jungfrau gerade in seinem Kern. Sie kom men dazu vielfach, weil sie vorausseßen, erst in der Verklärung habe Christus die völlig ideale menschliche Beschaffenheit erlangt. Dabei vergessen sie aber, daß auch der erste reine Mensch die Bestimmung muß gehabt haben, aus dem ersten Lebensstadium in ein zweites überzugehen. Freilich muß man annehmen, daß von vorne herein auf dem reinen Leben Christi ein mysteriöser historischer Druck lastete.

**) Die Geburt von der Jungfrau bezeichnet nicht bloß eine rhyfische, sondern vielmehr noch eine ethische Thatsache. Maria blieb von Anfang bis zu Ende die jungfräuliche Mutter.

nur nach der Ausdehnung, sondern auch nach der Tiefe und Intensität eine weltumfassende Sühne, darum die vollkommene, ewige Verföhnung.

Diesen vollendeten Segen hat Christus zum Erbsegen der Menschheit gemacht durch die Stiftung seiner Kirche. Das Zeichen und Siegel derselben ist die heilige Taufe; der zarteste, feinste und innigste Ausdruck derselben die Kindertaufe.

In der Kindertaufe liegt die Anerkenung, daß der Mensch schon in seinem Stammbaum eine Weihe empfangen habe, aber auch ein Erbe des Fluchs, und daß ihm darum irgendwie ein tragischer Lebensgang bevorstehe, der durch die Gemeinschaft des Todes und Lebens Christi zu einem priesterlichen verklärt werden solle.

1. Anmerkung. Ueber das Verhältniß zwischen den beiden Geschlechtsregistern bei Matthäus und Lukas vergleiche Thiersch. Versuch 6. 138 ff.

2. Anmerkung. Ueber die übrigen ganz unerheblichen Dunkelheiten der vorliegenden Genealogie vergl. W. Hoffmann S. 153 u. 154.

Dritter Abschnitt.

Die beiden Davidskinder in ihrer Trennung und Versöhnung. Maria, die Verkannte und Gerechtfertigte.

(Cap. I, 18-22).

Mit einem Male treten die beiden Sprößlinge aus dem Haufe Davids, Maria und Joseph, aus der tiefsten Verborgenheit ihrer niedrigen Verhältnisse auf den Schauplaß der Geschichte als Verlobte. Sie sind geringe Leute und scheinen höchst · unglücklich zu sein.

Maria ift Jungfrau und schwanger; sie weiß dabei von feinem Manne. Joseph ist von Mißtrauen gegen sie erfüllt und will sie aufgeben. Die Schonung, die er ihr dabei will angedeihen lassen, soll höchstens darin bestehen, daß er den

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