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Richtung gelten können: Henrik Ibsen, Gerhart Hauptmann, Hermann Sudermann. Alle drei huldigen als künstlerischem Prinzip dem Realismus, das heißt sie betrachten es als ihre Aufgabe, Bilder von ungeschminkter Wahrheit zu entrollen, sie wollen das Leben zeigen, wie es ist, ohne es zu verklären; dieser Grundsag veranlaßt sie, auch das direkt Häßliche und Abscheuliche auf die Bühne zu bringen.

Und alle drei find ihrem philosophisch-ethischen Standpunkte nach Naturalisten. Es sei jedoch sogleich bemerkt, daß ich unter dem weitschichtigen und vieldeutigen Wort „Naturalismus“ einfach die Lebensanschauung verstehe, welche über der Natur etwas Höheres, insbesondere einen ewigen und allmächtigen Herrn der Natur, nicht anerkennt, die ganze Welt der Erscheinungen aus irdischen Faktoren erklärt und demgemäß auch der Menschen Thun nicht an dem Worte Gottes, sondern an einem endlichen, natürlichen Maßstabe mißt.

Die Einteilung der Arbeit denke ich mir so, daß ich zunächst den Inhalt der hervorragendsten Werke jener Dichter angebe, an jedes einzelne Drama eine kurze Kritik anreihe, um dann zum Schluß das Ergebnis zusammenzufassen und ein Gesamturteil zu fällen.

Wir beginnen mit Ibsen und betrachten seine Dichtungen: „Brand“, „Kaiser und Galiläer“, „Stüken der Gesellschaft“, „Nora“, „Gespenster“ und „Rosmersholm“.

Ibsen hat eine lange Strecke zurückgelegt, ehe er als Dramatiker beim Realismus, als Philosoph beim Naturalismus angelangt ist. In seinen älteren Werken findet sich von derartigen Tendenzen kaum eine Spur. In,,Brand“ schlägt Ibsen Saiten an, die uns allen gewiß sympathisch flingen, und der Ernst, mit dem hier gerade die tiefsten religiösen Fragen behandelt werden, nötigt uns alle Achtung ab. Das Gedicht schildert das Kämpfen und Ringen

eines Pfarrers, der seine ganze Kraft einseßt, ein Christentum des Geistes und der Wahrheit auszubreiten, — der aber trok seines eisernen Willens, troß seiner rücksichtslosen Energie scheitert an dem Widerstand der stumpfen Welt.

Brand ist ein Zelot. Sein Grundsah lautet: Alles oder nichts. Entweder ganz dem Himmel leben oder ganz der Erde! Das Schlimmste ist, weder kalt noch warm, sondern lau sein. Die Halbheit ist es, die solche Stümper von Menschen schafft, die da sind

„ein wenig ernst bei heil'gen Fragen, ein wenig treu der Väter Brauch,

ein wenig lüstern nach Gelagen, weil das die teuren Väter auch;

ein wenig leichthin beim Versprechen, ein wenig finnreich dann zu brechen, doch alles eine Kleinigkeit, Vorzüg' und Fehler geh'n nicht weit."

Brand sagt: „Dies etwas Gute, etwas Schlechte schlägt endlich völlig tot das Rechte“. Das Rechte aber ist: Alles Gott opfern, wenn auch Gottes Forderungen schmerzlich sind und seine Schläge bis auf's Blut gehen, und alles thun zu Gottes Ehre, ob auch die ganze Welt dagegen streitet. Und für dies Rechte“ muß der Mensch alle Stärke seines Willens aufbieten, sonst ist er verdammt und verloren. Denn Gott ist nicht ein Vater, der uns durch die Finger sieht, er ist unbeugsam,

„jung und stark, ein Rächer,

kein schwacher Alter, feiger Schächer.“ Sein Ruf ist wie ein Sturmgetön, das aus dem Feuerbusch erscholl

Zu Moses auf des Horebs Höh'n, ein Riese er, jedweder

Zoll."

Die Entschlossenheit, die Brand bei einem Sturm auf dem Meere beweist, gewinnt ihm die Herzen einer in düsterer Fjordlandschaft zerstreut wohnenden Gemeinde (die Handlung spielt an der Norwegischen Küste). - Nach längerem, innerem Kampf entschließt sich Brand, Seelsorger der ge= ringen Schar zu werden; er, der davon geträumt, die ganze Welt umzugestalten, will zunächst ein Reformator sein im Kleinen. Aber auch hier zerschellen seine Pläne. Alles vereinigt sich, dem Manne das Leben zu verbittern. Seine Mutter, die krank darniederliegt und der er zugemutet, ihr Vermögen bis auf den letzten Pfennig Gott zu opfern, versteht ihn nicht und klagt noch auf dem Sterbebett über seine Härte. Ein heißgeliebtes Kind ruft der Tod zu sich. Die eigene Gattin siecht an seiner strengen Unerbittlichkeit und an dem Gram um ihr Kind dahin, Brand muß sie sterben sehen, die seinem Herzen so nahe gestanden. Vor allem aber: er kann keinen Fuß fassen in seiner Gemeinde. Das Herbe und Schroffe in seinem Charakter stößt die Menschen von ihm ab. So wird er immer einsamer, immer mehr an sich und an der Mitwelt irre. Er hat von dem Erbe seiner Mutter ein neues Kirchgebäude aufrichten lassen. Am Tage der Einweihung, als alles bereits zum Feste eilt, kommt die Verzweiflung bei Brand zum Ausbruch. Er erkennt in seinen Kirchgängern matte Herzen, die nicht einmal im Gotteshaus sich ganz an das Höchste hingeben, Menschen, die selbst im Tempel nicht umhin können, mit einem Auge nach dem Himmel, mit dem andern nach der Erde zu schielen. Darum schließt er vor der sich versammelnden Gemeinde die Kirche zu und schleudert die Schlüssel in den vorbeiströmenden Fluß; dann wendet er sich noch einmal an die jungen und starken Seelen: sie sollen ihm folgen hinaus in die Freiheit, er will mit ihnen ein Reich des Lichts aufrichten. Begleitet von Tausenden zieht Brand den Bergen zu, als aber ein

höchst prosaisches Ereignis, das Erscheinen eines Heringsschwarms an der Küste, gemeldet wird, da verliert sich alsbald die große Menge. Brand, verlassen von allen, wandert weiter bis zu den öden Schneeflächen des Hochgebirges, und hier erlöst der Tod den gequälten Mann von seinen Leiden, ein Lawinensturz macht seinem Leben ein Ende. Brands leßte Frage an den Himmel lautet:

Sag' mir, Gott, im Todesgraus:
Reicht nicht zur Errettung aus
Manneswillens quantum satis?

Da wird ihm die Antwort: Er ist Deus caritatis! Schon aus dieser kurzen Skizze geht deutlich hervor, daß hier ein Dichter zu uns spricht, der es mit religiössittlichen Problemen nicht leicht nimmt; und es ist gar kein Zweifel, daß Ibsen der grandiosen Figur des Brand zum großen Teil seine eigenen Gedanken in den Mund gelegt hat. Nicht die leiseste antichristliche Tendenz geht durch das Stück. Gegeißelt werden sollte nur das seichte Mode= christentum derer, die mit ihrem geteilten Herzen bald den Himmel, bald die Erde wollen; ferner führte Ibsen einen Schlag gegen ein verlottertes Kirchenregiment, das jede selbständige Persönlichkeit mit Argwohn betrachtet. Im fünften Akte tritt ein „Probst" auf, ein Abgesandter der kirchlichen Behörde, welcher der Einweihung des neuen Gotteshauses beiwohnen soll. Derselbe offenbart in einem Gespräch mit Brand eine entseßliche Engherzigkeit und Beschränktheit. Diesem offiziellen Musterkirchentum, welches alles mit salbungsvollen Redensarten totschlägt, wird das ehrliche Wahrheitsstreben Brands sehr wirksam gegenübergestellt. Freilich, auch Brand scheitert an seinen eigenen Ideen, darum, weil er vom menschlichen Willen zuviel verlangt und mit der menschlichen Sünde und Schwachheit zu wenig rechnet. Wenn daher das Stück in den Schluß

afford: Gott ist Deus caritatis ausklingt, so heißt dies, daß wir auch troß des redlichsten Willens arme Schächer bleiben, daß auch die Besten dieser Erde nicht einen strengen Richter, sondern einen Gott der Gnade brauchen.

Uns dünkt, das sind gut evangelische Gedanken, und ich glaube, daß Ibsen damals von der Wahrheit des Christentums noch fest überzeugt gewesen ist.

Ein etwas anderer Geist schon weht durch das zweite Stück, das wir besprechen müssen, und das etwa sieben Jahre später als „Brand“ erschien; ich meine Ibsens umfangreichste Schöpfung, ein wahres Riesenwerk: sein welthistorisches Schauspiel „Kaiser und Galiläer“.

Der Held des Stückes ist Julianus Apostata, jener tapfere Krieger und unglückliche Philosoph, der sich vermaß, mit seinem Schwert und mit seiner Feder den lebendigen Christus zu vernichten. Meisterhaft hat Ibsen es verstanden, das gewaltige Ringen und Kämpfen des „Romantikers auf dem Thron der Cäsaren" für die Bühne auszubeuten.

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Der Dichter führt uns zunächst nach Konstantinopel, in die Residenz des bigotten Konstantius. — Julian lebt seit sechs Jahren am Hofe seines kaiserlichen Vetters, aber seit er nicht mehr in Makellon, der kappadokischen Bergfeste weilt, über welche der Schneewind vom Taurus so frisch dahinstrich, seit er in der schwülen Atmosphäre der Hauptstadt atmet, sind seine Wangen bleicher geworden. „Ich kann die Schloßluft hier nicht vertragen" so äußert er seinem Freund Agathon gegenüber, der den weiten Weg von Kappadokien über's Meer gemacht hat und plöglich in Konstantinopel erscheint. Julians ehrlichem Sinne ist all' die Heuchelei im Palast ein Ekel; auch die Person des Konstantius ist ihm zuwider, denn Konstantius ist der Mann, der aus dem Blut seiner Verwandten seinen Purpurmantel gewoben und dabei auch Julians Eltern hingeschlachtet hat. Der Prinz denkt aber zunächst nicht an

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