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handelt; das erste und wohl auch bedeutendste Stück dieser Art ist:,,Nora oder ein Puppenheim“.

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Da

Nora ist die lustige, heitere Frau des Advokaten Helmer. Die Ehe hat bereits acht Jahre gedauert, aber noch leben die Gatten fast wie in den Flitterwochen, fie überschütten einander mit Zärtlichkeit und Kosenamen. Drei blühende Kinder vervollständigen das Glück. mit einem Schlage fallen finstere Schatten auf das strahlende, sonnige Bild. Und ganz ähnlich wie in den „Stüßen der Gesellschaft“ ist es eine alte, längst vergangene Schuld, die plötzlich gebieterisch ihre Sühne fordert. In den ersten Jahren der Ehe ist Helmer einmal bedenklich krank gewesen, der Arzt hat erklärt, nur ein Aufenthalt im Süden könne ihn retten. Weil aber die dazu nötigen Geldmittel nicht zur Verfügung standen, so hat die junge Frau, um das Leben ihres Gatten zu erhalten, zu einem gewagten Mittel gegriffen: sie leiht von einem Menschen höchst zweifelhaften Charakters, Günther, die erforderliche Summe, dabei fälscht sie auf dem Schuldschein die Unterschrift ihres Vaters und giebt ihrem Manne gegenüber vor, sie habe das Geld von diesem erhalten. Helmer kehrt neu gekräftigt aus dem Süden zurück und wird Direktor einer Aktiengesellschaft. seine erste Amtshandlung ist, daß er jenen Günther, der als Komptoirist der Gesellschaft ein bescheidenes Gehalt bezieht, aus seiner Stellung entläßt. Günther, früher ein reicher und angesehener Advokat, ein Jugendbekannter Helmers, ist durch eine Namensfälschung in Unglück und Schande geraten, hat auch für sein Vergehen die geseßliche Strafe empfangen; jezt, wo ihm mit seiner Entlassung vollends der Boden unter den Füßen schwindet, beginnt er einen wütenden Kampf um seine Existenz. Er heftet sich wie ein Dämon an Nora und droht mit einer Anzeige des von ihr begangenen Betrugs, den Nora offenherzig

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Aber

ihm gegenüber eingestanden hat. Der jungen, un= erfahrenen Frau wird jezt erst klar, welch' ungeheure Verantwortung sie auf sich geladen. Aber sie verschmäht es, ihrem Manne ein Bekenntnis abzulegen, statt dessen denkt sie an Selbstmord, und weil sie an das „Wunderbare" glaubt, weil sie der Ueberzeugung ist, Helmer werde nach ihrem Tode alles auf sich nehmen, so teilt sie einer Freundin, Witwe Lingen, ihr Geheimnis mit: sie soll Noras Schuld und ihres Gatten Unschuld bezeugen. Nun aber erfährt letterer durch einen Brief Günthers den Sachverhalt, noch ehe die unglückliche Nora ihre Selbstmordgedanken verwirklicht hat. Helmer, der das immerhin edle Motiv in der Handlungsweise seiner Frau völlig ignoriert, ergeht sich in maßlosen Wutausbrüchen und Vorwürfen, bis ein zweiter Brief eintrifft, in welchem Günther, durch Frau Lingen bewogen, den verhängnisvollen Schuldschein zurückschickt. Nun, wo alle äußere Gefahr beseitigt, ist Helmer plöglich wieder der zärtliche Gemahl; er nennt Nora seine verschüchterte Taube, die er von jezt ab mit doppelter Sorgfalt hüten und schüßen wolle. Aber Nora hat die ganze Selbstsucht und Engherzigkeit Helmers durchschaut, sie sieht sich in ihrem Glauben an das „Wunderbare" furchtbar getäuscht, es kommt ihr zum Bewußtsein, daß sie in den Händen ihres Gatten nur ein Spielzeug gewesen ist, daß sie das Dasein einer Puppe, nicht eines Menschen geführt hat. Darum zerreißt sie das Band, das sie an ihren Mann und an ihre Kinder knüpft, sie verläßt ihr Puppenheim, um draußen in der Welt, wohl auch im Kampfe mit der Welt, zu lernen, ein menschenwürdiges Leben zu führen.

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Bis auf den meiner Ansicht nach völlig verfehlten Schluß werden wir dem Stück in seinen Grundgedanken unsern Beifall nicht versagen können. Das Eine ist jedenfalls unanfechtbar: daß das Weib als ein denken

des, fühlendes und wollendes Wesen nicht als eine Sache betrachtet werden darf, an der man seine Sinne ergößt. Wir alle werden Ibsen Recht geben, wenn er den kalten Egoismus des Mannes tadelt, der seine Ehefrau bloß für seine Lust und sein Vergnügen ausbeuten will, ohne in ihr die freie sittliche Persönlichkeit zu achten.

Nur schade, daß in diesem Schauspiel, noch mehr wie in den,,Stüßen der Gesellschaft“, die naturalistische Lebensanschauung des Dichters hervorscheint, wie denn der Pessimismus, der weder einen Gott noch ein Leben nach dem Tode kennt, in den chnischen Reden des Doktor Rank eine traurige Apologie erfahren hat. Dieser rückenmarkleidende Doktor Rank, der seine Krankheit als furchtbares Erbe aus seines Vaters lustigen Lieutnantstagen überkommen hat, dies leibhaftige Memento mori, dieser philosophierende Halbtote wirkt in dem Stück geradezu widerwärtig, umso mehr, als diese Person absolut überflüssig ist und auf den Gang der Handlung nicht den geringsten Einfluß ausübt.

Hier tritt neben dem Naturalismus auch der übertriebene Realismus zu Tage, der selbst das direkt Abstoßende mit photographischer Genauigkeit vor Augen malt.

Noch mehr als in „Nora“ ist dies der Fall in dem folgenden Schauspiel, das wir besprechen müssen, einem wahren Schauerdrama:,,Gespenster“. Geistererscheinungen, spiritistische Seelenzitierungen kommen darin nicht vor, aber daß man auch ohnedies ein Grauen empfinden kann, das wird jeder bezeugen, der das Stück gelesen hat.

Frau Alving ist an einen notorischen Wüstling verheiratet gewesen und hat mit demselben eine tief unglückliche Ehe geführt. In jüngeren Jahren ist sie einmal von ihrem Gatten geflohen und zu ihrem Jugendgeliebten, Pastor Manders, mit der Bitte um Aufnahme geeilt. Dieser jedoch hat die Frau auf den „Weg der Pflicht" gewiesen, sie ist nach Hause zurückgekehrt und hat seitdem

alle Gelüste nach Freiheit und Selbständigkeit in sich zurückgedrängt. Die Ausschweisungen ihres Mannes, des Kammerherrn Alving, sind ihr nur ein Anlaß geworden, ängstlich dafür zu sorgen, daß keine von den Abscheulichkeiten des angesehenen Beamten in die Oeffentlichkeit dringe. Ja, als der Kammerherr, körperlich wie geistig bankerott, gestorben ist, baut die Witwe zur Verherrlichung feines Namens ein Asyl. Schon ist der Termin der Einweihung festgeseßt; Pastor Manders, der den feierlichen Akt vollziehen soll, ist bereits am Tage vorher im Hause der Frau Alving erschienen. Da kommt es zwischen ihr und dem Pfarrer zu einer verhängnisvollen Unterredung, in welcher die Witwe all' die Sünden ihres verstorbenen Gemahls bekennt. So ist das Asyl als ein Denkmal der Schande gebrandmarkt; und noch am Vorabend des Einweihungstages geht das neu errichtete Gebäude in Flammen auf; unter den kohlenden, rauchenden Trümmern wird der falsche Ruhm des Kammerherrn auch äußerlich begraben.

Soweit könnten wir uns vielleicht mit dem Schauspiel einverstanden erklären. — Nun aber spielt noch eine Person eine hervorragende Rolle; und gerade diese Figur ist es, welche dem Stück solch' entseßliches Gepräge aufdrückt: ich meine Oswald, Frau Alvings Sohn. Die Mutter hat es einst für nötig gehalten, ihr Kind noch in zartem Alter in die Fremde zu schicken, damit der Knabe nicht die Pest= luft des elterlichen Hauses atme. Oswald ist in Paris ein berühmter Maler geworden, aber seit einiger Zeit ist seine Schaffenskraft gelähmt, er kann nicht mehr arbeiten; und nun, kurz vor der geplanten Einweihung des neuen Asyls, ist er aus der Ferne zurückgekommen, ein gebrochener Mann, dem das Gespenst des Wahnsinns bereits im Nacken sißt. Denn dank dem ruchlosen Leben des Kammerherrn trägt Oswald den Keim des Verderbens schon seit seiner Geburt im Blute. Mit fürchterlicher Naturwahrheit stellt

nun Ibsen dar, wie der Wahnsinn allmählich zum Ausbruch kommt, wie er erst leise anklopft und dann wie ein Raubtier seine Krallen immer tiefer in sein Opfer einschlägt. Am Morgen nach dem Brande des Asyls, gerade bei Sonnenaufgang, tritt bei Oswald die völlige Umnachtung ein. In den lezten lichten Augenblicken erfährt er noch aus dem Munde seiner Mutter, daß er schuldlos leidet, daß er nur für die Verbrechen seines Vaters büßt. - Der Bedauernswerte hat sich aus Paris zwölf Schachteln Morphiumpulver mitgebracht; diese Schachteln sucht jezt Frau Alving beim Anblick ihres stier sehenden, blödsinnigen Sohnes hervor, und während sie noch im Zweifel ist, ob sie ihm das Gift eingeben soll oder nicht, fällt der Vorhang.

Ibsens Biograph, Henrik Jäger, findet in dem Drama eine „großartige Tragik“.*) Ich muß gestehen, mir ist von einer solchen nichts aufgefallen; es ist hier einfach das Gräßliche bis zum Uebermaß aufgehäuft, und der Eindruck, den das Stück hinterläßt, ist durchaus keine Kadagois in jenem Aristotelischen Sinne, sondern nur Grauen und Entseßen. Der Dichter wollte übrigens nicht bloß eine Illustration liefern zu dem Sah, daß die Sünden der Väter heimgesucht werden an den Kindern, er wollte zugleich zeigen, daß von einer unbedingten Heiligkeit und Unverleglichkeit des Bandes zwischen Mann und Weib, zwischen Eltern und Kindern nicht die Rede sein könne. Wir wagen nur nicht, meint Ibsen, an diesen alten, durch die lange Gewohnheit sanktionierten Normen zu rütteln, da wir zu feige dazu sind, da wir den Skandal, das öffentliche Aergernis fürchten. Und weil wir uns mit „allerhand toten Ansichten und allem möglichen alten Glauben und dergleichen" weiter schleppen, weil tausend

*) Henrik Jäger, a. a. D. S. 213.

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