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abgelebte Anschauungen uns anhaften wie Gespenster, deshalb gehen wir eigentlich selber allesamt als Gespenster um. Das Schauspiel giebt sich also als eine geharnischte Kriegserklärung gegen sogenannte altehrwürdige Vorurteile inbezug auf Ehe- und Familienleben. Wir werden später darauf zurückkommen, wie weit dieser Protest gerechtfertigt ist.

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Die gleichen Fragen wie in „Nora“ und „Gespenster“ hat Ibsen auch in Die Frau vom Meere“, „‚Hedda Gabler“ u. a. behandelt, und in seinem jüngsten Werke „Klein Eyolf“ ist er abermals zu seinem Lieblingsthema zurückgekehrt. Es ist jedoch nicht der Zweck dieser Abhandlung, alle diese Dramen zu analysieren; wesentlich neue Gesichtspunkte finden sich in ihnen nicht.

Für jest soll uns nur noch ein Stück Jbsens beschäftigen:,,Rosmersholm“ nicht als ob ich dies Schauspiel für eine poetisch bedeutende Schöpfung hielte, sondern weil darin das offenste, unverhüllteste Bekenntnis zum Naturalismus enthalten ist.

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Rosmer, früher Pastor, ist von seinem frommen Kinderglauben abgekommen und hat darum sein geistliches Amt freiwillig aufgegeben. Er widmet sich auf Rosmersholm, seinem angestammten Familiensize, der Lektüre freisinniger Schriften, und seine Ansichten haben sich bereits derart von der Kirchenlehre emanzipiert, daß er nur noch die eigene Kraft des Menschen anerkennt, denn es giebt keine andere". Ein neuer Sommer ist über sein Gemüt gekommen, eine neue, jugendliche Anschauungsweise", welche auf nichts anderes hinausläuft, als daß Gott ein Wahngebilde ist, und daß die Menschen sich selbst durch ein Leben in Wahrheit und Freiheit ihr Glück zimmern müssen, und zwar auf dieser Welt, es giebt kein Jenseits. diese neuen Gedanken hat er jedoch vor seiner strenggläubigen, zuleht geisteskranken Gattin geheim zu halten versucht; und

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in einem Gespräch

sich zur entgegen=

als seine Frau im Wahnsinn sich selbst getötet, fühlt sich Rosmer frei von aller Schuld, denn er meint, der Kranken niemals mit seiner Aufklärung lästig gefallen zu sein. In den Kreisen seiner Bekannten gilt Rosmer troß seines Rücktritts vom Pfarramt für einen politisch wie religiös konservativen Mann, bis er selbst mit seinem Schwager, Rektor Kroll, gesezten Richtung bekennt. Seine früheren Freunde verwandeln sich jezt in erbitterte Feinde, sie benußen die öffentliche Presse, um den abtrünnigen Pastor durch allerlei niedrige Verleumdungen unschädlich, mundtot zu machen. Rosmer ist anfangs bereit, den Kampf mit seinen Gegnern aufzunehmen: aber es werden ihm mehrere Aeußerungen bekannt, die seine Frau kurz vor ihrem Ende über den bevorstehenden Abfall ihres Mannes gethan, er erfährt auch, daß die Unglückliche einen diesbezüglichen Brief an den Redakteur eines öffentlichen Blattes geschrieben hat. So kommt Rosmer zu der Annahme, daß er sich irgendwie verraten haben müsse, und dieser Gedanke legt sich wie ein Alp auf seine Seele, lähmt seinen ganzen Kampfeseifer. — Da giebt ein Geständnis aus einem anderen Munde ihm das Bewußtsein der Schuldlosigkeit zurück. In Rosmers Haus ist vor Jahren ein Mädchen gekommen, Fräulein Rebekka West, vorgeblich, um die Pflege der kranken Frau Rosmers zu übernehmen, in Wahrheit jedoch, um den Pastor zu der neuen Weltanschauung zu bekehren. Mit bestem Erfolg hat sie diese Absicht durchgesezt. Da= bei hat sich allmählich mehr und mehr in dem Mädchen ein wildes unbezwingliches Begehren geregt, das heiße, sinnliche Verlangen des Weibes nach dem Mann; und weil sie Rosmers Frau werden wollte, mußte die rechtmäßige Gattin desselben aus dem Wege. Darum hat sie, Rebekka, der Kranken von dem bevorstehenden Glaubensabfall, ja von einem bevorstehenden Ehebruch Rosmers geredet und

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hat die Aermste dadurch vollends auf die Straße des Wahnsinns und der Verzweiflung gelockt. Aber nach dem

Tode der Unglücklichen ist in Rebekkas Seele eine Wandlung eingetreten. Durch den täglichen Verkehr mit dem vornehmen, feinfühligen, edel denkenden Manne ist auch ihre Denkweise geadelt worden; all' die tobenden Mächte jenes häßlichen, sinnlichen Begehrens sind in Ruhe und Schweigen versunken. Deshalb, als Rosmer selbst ihr seine Hand anbietet, schlägt sie dieselbe aus, weil sie sich angesichts ihrer Vergangenheit ihres Glückes unwert dünkt. Sie gesteht in einer Unterredung mit Rosmer und Rektor Kroll ihre Sünden ein; sie beabsichtigt, noch an demselben Abend das Haus für immer zu verlassen, während Rosmer, dem zwar das Bewußtsein der Schuldlosigkeit wiedergegeben ist, der sich aber troßdem zum Kampfe untüchtig fühlt, in die Stadt geht, um mit seinen Gegnern Frieden zu schließen. Und nun erfolgt die Katastrophe. Rosmer findet bei seiner Rückkehr aus der Stadt Rebekka mit den Vorbereitungen zur Abreise beschäftigt. Es kommt zu einer leßten Aussprache zwischen beiden, in welcher Rebekka die Aeußerung fallen läßt, daß jezt nur noch die reine, entsagende Liebe in ihr wohne; die Liebe, die nichts für sich, sondern Alles für den geliebten Gegenstand begehrt. Rosmer glaubt ihr nicht und fordert als äußeren Beweis, daß Rebekka dasselbe thue, was einst seine Frau gethan, das heißt, sich selbst töte. Rebekka ist hierzu bereit, und nun folgt Rosmer dem Weibe, mit dem er schon längst eine geistige Ehe geführt, in den Tod; beide stürzen sich in den an Rosmersholm vorbeifließenden Mühlbach, an derselben Stelle, wo einst Rosmers wahnsinnige Frau durch Selbstmord endete.

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Es ist ein überaus trübes Gemälde, welches Ibsen hier vor unseren Augen entrollt. Und in der That ist „Rosmersholm“ - vielleicht abgesehen von der „Wildente"

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wohl das düsterste Stück, das der Dichter geschrieben hat. Ich kann mir auch nicht denken, daß dasselbe auf der Bühne einen nachhaltigen Erfolg zu erzielen vermag. Dazu fehlt es viel zu sehr an packenden Situationen, viel zu sehr an großen, gewaltigen Leidenschaften. Am Schlusse gehen Rosmer und Rebekka so ruhig und gelassen zum Mühlbach, als ob Sterben ein Kinderspiel wäre. Mitleid mit den armen, bethörten Menschen regt sich schlechterdings in unserem Innern nicht.

Troßdem ist gerade diese Dichtnng hochbedeutsam, denn hier hat Jbsen der neuen, naturalistischen Weltanschauung am offensten das Wort geredet, wenn er auch die Forderungen der Ethik aufrecht hält; hier hat er freilich auch vielleicht unwillkürlich die letzte Konsequenz einer solchen Moral ohne Religion gezogen: jede bloß natürliche, vom Glauben losgelöste Sittlichkeit führt zur Verzweiflung - zum Selbstmord; der Mensch geht unter an dem Bewußtsein seiner Schuld, denn ein Gefühl gänzlicher Schuldlosigkeit giebt es auf Erden nicht.

Mit „Rosmersholm“ nehmen wir vorläufig Abschied von dem nordischen Dichter und wenden uns seinen deutschen Kollegen zu: Gerhart Hauptmann und Hermann Sudermann; und zwar gedenke ich von ersterem zu besprechen: „Vor_Sonnenaufgang“, „Einfame Menschen“, ,,Die Weber" und,,Das Hannele“, - von letterem: ,,Sodoms Ende“ und „Heimat“.

Zunächst also:,,Vor Sonnenaufgang“. — Gerhart Hauptmann nennt in der Vorrede zur zweiten Auflage sein Drama ein „aus reinen Motiven heraus entstandenes Kunstwerk". Wenn wir dem Dichter glauben dürfen, so hat er also den unsäglichen Schmuß, der sich gerade in diesem Schauspiel findet, nicht aus purer Frivolität, nicht aus Freude am Gemeinen, nicht um des Schmuges willen zusammengetragen; es hat ihm, als er dies Stück schrieb, ein

bestimmter, und zwar ein edler Zweck vor Augen geschwebt. Ich kann aber auch nicht glauben, daß der Dichter bloße Abschreckungsmethode treiben, daß er nichts anderes wollte, als durch Darstellung gewisser Laster in ihrer unverhüllten Nacktheit vor eben diesen Lastern warnen; das hat wohl mit in seiner Absicht gelegen, aber die Hauptsache war es ihm nicht. - Jeder echte Dramatiker will in seinem Werk eine allgemein gültige Wahrheit veranschaulichen, die im Verlauf der Handlung immer deutlicher zutage tritt. — Auch „Vor Sonnenaufgang" enthält solch' einen Grundgedanken. Um denselben aber recht zu erkennen, muß man - was meines Wissens weder Beyschlag, noch Paul Mahn, noch Berthold Lizmann gethan hat ausgehen von dem Gegensaß der beiden Hauptpersonen des Stückes: Hoffmann und Loth. Ingenieur Hoffmann ist ein schlauer Glücksjäger, der sich überall den Verhältnissen anschmiegt und überall sein finanzielles Interesse zu wahren sucht. So ist es einst seine vornehmste Sorge gewesen, eine „gute Partie zu machen“; er hat vor Jahren eine reiche Bauerntochter geehelicht, wobei es ihn nicht genierte, daß seine Schwiegereltern, sowie seine eigene Braut rettungslos dem Trunk verfallen waren. Von dem erheirateten Gelde führt er ein Leben in Saus und Braus, zugleich ist er bemüht, durch Leitung des in der Gegend neu entstandenen Bergbaus und durch Ausbeutung der Bergarbeiter die eigenen Einkünfte zu vergrößern. Millionär zu werden ist sein höchstes Ziel.

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Ganz das Gegenteil von Hoffmann ist dessen Universitätsfreund Loth. Derselbe ist ein ehrlicher, wenn auch unpraktischer Schwärmer, kein Mann, der seinen individuellen Vorteil im Auge hätte, sondern ein Sozialist im besten Sinne des Wortes, ein Mensch, der nur für das Wohl der Brüder wirken möchte. Er hat es stets verschmäht, sich den Verhältnissen anzubequemen, sein Streben war von jeher, dieselben zu bessern. - So ist er schon als

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