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nach der Absetzung des Bau-ah-iddin eine ganze assyrische Dynastie (H 2), anzusetzen, nämlich Adadnirari, der Sohn der Semiramis, dessen Sohn Salmanassar IV. und dessen Nachfolger Assur-dan, erscheint zunächst durch die uns vorliegende, mit der Königsliste harmonierende Auffassung der Berliner Fragmente ausgeschlossen (vgl. unten S. 184). Schon die Chronik Br. Mus. 278591) huldigt aber mit dem Interregnum, das sie vor Eriba - Marduk verzeichnet, einer anderen Auffassung. Mit Recht hat Weidner dies Interregnum in die Regierungszeit Adadnirari's verlegt freilich ohne die dafür früher geltend gemachten teils urkundlichen, teils aus der Einführung des Nebokultes zu erschließenden Gründe zu berücksichtigen. Es wäre in der Tat," wie Weidner bemerkt, „keineswegs unmöglich, daß der assyrische König die Einsetzung eines eigenen babylonischen Fürsten verhindert hätte, wenn sich auch natürlich etwas Sicheres nicht feststellen läßt".

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Da es in der genannten Chronik weiter heißt im zweiten Jahre ergriff Erba-Marduk die Hände Bêls und des Sohnes Bêls" (= Nebo), so hatte Winckler das Interregnum auf 2 Jahre bemessen. Weidner hält diese Zahl für zu niedrig, weil eine Geschäftsurkunde aus dem „vierten Jahre, da kein König im Land war", datiert ist, und erkennt in King's Autographie die Spuren der Zahl 12. Ob aber die genannte Datierung gerade in das vorliegende Interregnum gehört? Bekanntlich haben wir noch mit mindestens einem weiteren vier Jahre überdauernden Interregnum zu rechnen den acht Jahren, während deren Babylonien unter Sanherib assyrische Provinz war und die die babylonische Chronik und der ptolemäische Kanon als königslose Zeit behandeln, während die Königsliste weniger streng und staatsrechtlich minder korrekt Sanherib als babylonischen König aufführt, was er niemals gewesen ist2).

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Über diesen prinzipiellen Unterschied in der Behandlung sowohl der illegitimen wie der Fremdherrscher habe ich früher") gehandelt und dabei schon darauf hingewiesen, daß bei einem Dokument, das so weite Zeiträume umfaßt und auf so verschiedene Quellen zurückgehen kann wie die babylonische Königsliste, eine durchaus gleichmäßige Behandlung nicht zu erwarten ist.

So gut wie sich bei den königslosen Zeiten der Sargonidenzeit Differenzen in der Anschauung ergeben haben, so gut ist es möglich, daß die beiden sonst ganz unbekannten Könige, die die Berliner Fragmente in offenbarer wesentlicher Übereinstimmung mit der Königsliste als Nr. 11

1) King, Babylonian Chronicles II, p. Rs. Z. 7; vgl. die Autographie ib. p. 153. 2) Die andere königslose Periode des ptolem. Kanons bleibt wegen ihrer Kürze (2 Jahre) ohnehin außer Betracht.

3) Zwei Hauptprobleme S. 31 ff.

und 12 der Dynastie H erkennen lassen, assyrischerseits nicht als vollgültige Herrscher anerkannt wurden. Daß dem so war, macht die Chronologie wahrscheinlich.

Da Bau-ah-iddin 812 (811)1) abgesetzt wurde und Eriba-Marduk's erstes Regierungsjahr 754 war, fallen auf die beiden Herrscher die dazwischen liegenden 57 Jahre, die fast genau der Regierungszeit der drei Assyrer Adadnirari IV., Salmanassar IV., Assurdan entsprechen. Der Umstand, daß danach gleichzeitig in Assyrien und in Babylonien eine neue Regierung 755/4 begann, war eine der Stützen für Belck's Annahme, es habe bis dahin keine einheimischen Herrscher in Babylonien gegeben, vielmehr sei das unter Adadnirari begonnene, durch Einführung des Nebokults in Assyrien begründete Verhältnis einer Art Personalunion zwischen Assyrien und Babylonien unter dessen Nachfolgern fortgesetzt worden. Erwägt man nun, daß die Eponymenchronik während der Regierungen dieser Assyrerkönige keinerlei kriegerische Verwicklungen mit Babylonien erkennen läßt, so ergibt sich der Schluß, daß die beiden neuen Herrscher Marduk-bêl und Marduk-abal... keinenfalls eine selbständige, auf Babyloniens Unabhängigkeit von Assyriens Bevormundung gerichtete Politik verfolgt haben können. Sie werden also höchstens von den Assyrerkönigen eingesetzte oder geduldete Verwalter, Vizekönige gewesen sein, die als selbständige Herrscher angesprochen wurden, um die Fremdherrschaft zu verdecken. Die Berliner Fragmente, und allem Anscheine nach in Übereinstimmung mit ihnen die Königsliste, vertreten also in diesem Abschnitte eine babylonisch-nationalistische Richtung.

Es muß ferner fraglich erscheinen, ob die „Regierung" dieser beiden unbedeutenden Könige wirklich jenen verhältnismäßig langen Zeitraum ausgefüllt hat, der ihnen nach dem Fragment F zukommen würde, ob sie nicht vielmehr in Wahrheit nur kürzere Abschnitte innerhalb des Interregnums, der Fremdherrschaft, darstellten.

So läßt es sich auch nicht ohne Weiteres entscheiden, ob das von Br. Mus. 27859 erwähnte Interregnum nur eine kurze Periode (zwei oder zwölf Jahre) vor dem Beginn der neuen neunten Dynastie darstellt, oder etwa die ganze von Adadnirari bis Assurdan reichende Periode umfaßte). Waren es mehr als zwei Jahre, so bezögen sich die Worte im zweiten Jahre erfaßte Eriba-Marduk die Hände Bêl's" nicht auf die Dauer des Interregnums, sondern auf die Regierung des Eriba-Marduk, dem es erst im zweiten Jahre seiner tatsächlichen Herrschaft gelungen wäre, sich Babylons

1) Die in Klammern gesetzte Zahl nach Forrers neuer und wahrscheinlicher Ansicht, daß der Eponymenkanon von 745 a. C. aufwärts um ein Jahr später anzusetzen ist (vgl. oben Bd. XIV S. 243 Anı. 1).

2) Sexagesimale Schreibung vorausgesetzt, wäre z. B. die Lesung und Ergänzung der Spuren bei King, Chronicles II p. 153 zu 72 denkbar.

zu bemächtigen und zum Neujahrsfeste die für die legitime Herrschaft eines babylonischen Königs unerläßliche Zeremonie vorzunehmen1).

Es ist daher sehr wahrscheinlich, daß nach assyrischer Auffassung, dem von Sammuramat angebahnten staatsrechtlichen Verhältnis entsprechend, Babylonien von Assyrien abhängig, nominell in Personalunion mit ihm war, während babylonischerseits diese Fremdherrschaft nicht anerkannt wurde 2). Dabei konnte entweder 1) der in Frage kommende Zeitraum ganz als Interregnum angesprochen oder 2) ganz der Regierung von Unterkönigen zugeschrieben werden, die von den Assyrern eingesetzt oder geduldet waren, oder es konnte 3) von einem Wechsel zwischen Interregnum und solchen Unterkönigen die Rede sein. Fall 2) liegt in den Berliner Fragmenten und anscheinend auch in der Königsliste vor; Fall 3) oder möglicherweise Fall 1) in der Chronik Br. Mus. 27859.

Auch ist nach dem Vorausgegangenen klar, daß nicht notwendigerweise die Angaben der Berliner Fragmente E und F vollständig mit der Königsliste übereingestimmt zu haben brauchen. Marduk-bêl-usáti z. B. könnte auf der Königsliste gefehlt haben und sein Eines Jahr seinem Bruder Marduk-zakir-šum zugerechnet worden sein3). Im Übrigen aber steht durch die Berliner Fragmente das Gesamtbild der achten und neunten Dynastie, abgesehen von den möglichen Verschiedenheiten der babylonischen und der assyrischen Anschauung, durchaus fest.

Wie sich die absolute Chronologie der Dynastie VIII gestaltet, ob sie sich mit dem völlig unkorrigierten Datum von Bavian verträgt, (dessen Verminderung um 100 Jahre, wie ich sie früher vertrat, ja gegenstandslos geworden ist, seitdem die Lücke, die in der Reihe der assyrischen Herrscher hinter den Söhnen Tiglatpileser's I. angenommen werden mußte, durch die Funde von Assur ausgefüllt ist)); wie sich nunmehr das Verhältnis zur Chronologie des Berossos darstellt und ob vielleicht durch ein astronomisches Datum ein sicherer Anhaltspunkt gewonnen werden kann all das wird im Folgenden zu erörtern sein.

Vorläufig nur kurz das Folgende:

Weidner verlegt den Anfang der Dynastie VIII in das Jahr 996 v. C., fast genau in die Zeit, die ich unter der Gesamtbefunde höchst unwahrscheinlichen

1) So Weidner S. 100.

nach dem 1898 bekannten Voraussetzung, daß das

2) Vgl. Weidner a. a. O.: „Babylonische Könige hat es wohl auch in dieser Zeit gegeben, aber es werden nur Duodezkönige von Adad-nirari's Gnaden gewesen sein."

3) Auch Nabû-mukîn-zêr, dessen 4. Jahr bezeugt ist, wäre übergangen, falls er der Zeit der VIII. Dynastie (H) angehörte (Weidner S. 104) und nicht vielmehr der IV. Dynastie (D).

4) Vgl. Klio VI S. 534f. und XV S. 244f. Anm. 1.

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C. F. Lehmann-Haupt, Berossos' Chronologie.

unkorrigierte Datum von Bavian in Giltigkeit bleiben könnte, angesetzt hatte: „Dynastie H 998-7541)." Selbst dieser Ansatz kann von Weidner nur erreicht werden unter der Annahme, daß der vierte König Šamasmudammiq erst nach 42 jähriger Regierung sein Ende gefunden habe.

Ed. Meyer setzte das erste Jahr der Dynastie VIII ca. 1004 und konnte die 251 Jahre von 1004-754 nur ausfüllen, indem er, entgegen dem Befund der Königsliste, der Dynastie VIII 13 (statt höchstens 12) Könige und eine Summierung zuteilte2).

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2) An und für sich genügen für diesen Zeitraum natürlich auch 12 Könige (zu rund 21 Jahren im Durchschnitt). Das hat Ed. Meyer wohl im Auge, wenn er auf meine Einwände Klio X S. 478ff. in der dritten Auflage seiner Geschichte S. 360f. erwiderte, ob man 12 oder 13 Könige ansetze, sei chronologisch ohne Belang. Die Daten aber, die uns für die Verteilung dieser Herrscher im Einzelnen zur Verfügung stehen, ließen (und lassen heute noch) ein Auskommen mit 12 Herrschern schwierig erscheinen. Daher meine Erwiderung Lit. Zentralbl. 1915 Sp. 526.

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Mitteilungen und Nachrichten.

Die Zahl der σιτοφύλακες in Athen.
Zu Lysias 22 § 8.

Von Wilhelm Göz.

In der von Wilamowitz') eingehend behandelten Rede des Lysias gegen die Getreidehändler heißt es § 8 bei der Wiedergabe der Aussage der otoqiλακες, auf die sich die Getreidehändler berufen hatten: καὶ οἱ μὲν δύο οὐδὲν ἔφασαν εἰδέναι τοῦ πράγματος, Ανυτος δ' ἔλεγεν ὡς τοῦ προτέρου χειμώνος κ. τ. λ. So lautet die Überlieferung der maßgebenden Hs. X2), mit der die andern Hss. übereinstimmen.

Die Stelle ist insofern von Wichtigkeit, weil aus ihr, wenn man die Überlieferung hält, die Dreizahl der oitoqikazɛç zur Zeit der Rede, die Wilamowitz in die ersten Monate des Jahres 386 v. Chr. verlegt, sich ergibt. Für Boeckh3) stand denn auch, gerade im Hinblick auf unsere Stelle, die Dreizahl als die zuerst überlieferte Zahl fest. Th. Bergk1) unternahm zuerst den Versuch einer Besserung unserer Stelle. Er schlug vor, wohl veranlaßt durch Harpokration"), statt des überlieferten dio tiooɑgeç zu lesen, so daß sich die Gesamtzahl fünf ergab. Und zwar meinte er hiemit die outoqikazes des Piraeus.

Thalheim verwarf dies freilich in seiner Ausgabe des Lysias (Teubner 1901), kehrte aber ebenfalls nicht zur Überlieferung zurück, sondern wollte 1) Aristoteles und Athen II, S. 374 ff. Hierauf ist für alle den Inhalt der Rede angehenden Fragen zu verweisen.

2) Siehe Hude in der praefatio seiner Ausgabe (1912) S. III.

3) Staatshaushaltung der Athener, 1. Aufl. S. 91; 2. Aufl. S. 118 und Anm. 1. 4) Commentationum de reliquiis comoediae Atticae antiquae libri duo (1838) S. 18... sed puto levem errorem subesse, scribendum potius est zai oi pèv téooages, "Arvios de ut intelligantur quinque illi, qui in Piraco rem frumentariam curabant. Siehe dazu Boeckh-Fraenkel, Staatshaushaltung der Athener II, S. 23*. Die Konjektur Bergks ging in der Folgezeit in die Ausgaben von Scheibe (Teubner 1852, 1874, 1880) und Rauchenstein-Fuhr (Schulausgabe bei Weidmann, 10. Aufl.), ebenso in die neueren Darstellungen des attischen Staatswesens und die Enzyklopädien über. Siehe Wilamowitz a. a. O. I, S. 220; Gilbert, Handbuch der griech. Staatsaltertümer I, S. 289 f.; Schömann-Lipsius, Griechische Altertümer I, S. 448; Daremberg-Saglio, Dictionnaire des antiquités grecques et romaines IV 2, S. 1537 (oitogikazes), wo Ch. Michel unsere Stelle als passage corrompu bezeichnet. Lübker, Reallexikon des klass. Altertums, 8. Aufl. 1914, S. 955.

5) Harpokration s. v. Groqihazıç ed. Bekker. Endgültig in Ordnung gebracht wurde die Zahlangabe erst durch Vömel, Zeitschr. f. Altertumswissenschaft 1852, S. 32.

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