Ich singe wie der Vogel singt, Das Lied, das aus der Kehle dringt, Doch darf ich bitten, bitt' ich eins: Er seßt ihn an, er trank ihn aus: O Trank voll süßer Labe! wohl dem hochbeglückten Haus, Wo das ist kleine Gabe! Ergeht's euch wohl, so denkt an mich, Das Veilchen. Ein Veilchen auf der Wiese stand Da kam eine junge Schäferín, Mit leichtem Schritt und munterm Sinn, Daher, daher, Die Wiese her, und sang. Ach! denkt das Veilchen, wär' ich nur Die schönste Blume der Natur, Ach, nur ein kleines Weilchen, Und an dem Busen matt gedrückt! Ach nur, ach nur, Ein Viertelstündchen lang! Ach! aber ach! das Mädchen kam Es fang und starb und freut sich noch: Zu ihren Füßen doch. Der untreue Knabe. Es war ein Knabe frech genung, Das braune Mädel das erfuhr, Vergingen ihr die Sinnen, Sie lacht' und weint' und bet't und schwur; So fuhr die Seel' von hinnen. Die Stund', da sie verschieden war, Wird bang dem Buben, graus't sein Haar, Es treibt ihn fort zu Pferde. Er gab die Eporen kreuz und quer, Und ritt auf alle Seiten, Herüber, hinüber, hin und her, Kann keine Nub erreiten, Reit't sieben Tag' und sieben Nacht; Es blißt und donnert, stürmt und kracht, Und reit’t in Vliß und Wetterschein Bindt's Pferd hauß' an und kriecht hinein, Und wie er tappt, und wie er fühlt, Er stürzt wohl hundert Klafter. Und als er sich ermannt vom Schlag, Irr' führen ihn, die Quer' und Lång', Auf einmal steht er hoch im Saal, Erlksni g. Wer reitet so spät durch Nacht und Wind? Es ist der Vater mit seinem Kind; Er hat den Knaben wohl in dem Arm, Er faßt ihn sicher, er hält ihn warm. Mein Sohn, was birgst du so bang dein Gesicht? Siehst, Vater, du den Erlkönig nicht? Mein Sohn, es ist ein Nebelstreif. ,,Du liebes Kind, komm, geh mit mir! ,,Gar schöne Spiele spiel' ich mit dir; ,,Manch' bunte Blumen sind an dem Strand; „Meine Mutter hat manch' gülden Gewand.“ Mein Vater, mein Vater, und hörest du nicht, Sey ruhig, bleibe ruhig, mein Kind; ,,Willst, feiner Knabe, du mit mir gehu? Meine Töchter sollen dich warten schön; „Meine Töchter führen den nächtlichen Reih'n, ,,Und wiegen und tanzen und singen dich ein." Mein Vater, mein Vater, und siehst du nicht dort Erlkönigs Töchter am düstern Ort? Mein Sohn, mein Sohn, ich seh' es genau: „Ich liebe dich, mich reizt deine schöne Gestalt; „Und bist du nicht willig, so brauch' ich Gewalt.“ Mein Vater, mein Vater, jeßt faßt er mich an! Erlkönig hat mir ein Leids gethan! Dem Vater grauset's, er reitet geschwind, Der Fischer. Das Wasser rauscht', das Wasser schwoll, Ein Fischer saß daran, Sah nach dem Angel ruhevoll, Kühl bis an's Herz hinan. Und wie er sißt und wie er lauscht, Theilt sich die Fiuth empor; Aus dem bewegten Wasser rauscht Ein feuchtes Weib hervor. Sie sang zu ihm, sie sprach zu ihm: Mit Menschenwiß und Menschenlist Ach wüßtest du, wie's Fischlein ist Labt sich die liebe Sonne nicht, Nicht her in ew'gen Thau? Das Wasser rauscht', das Wasser schwoll, Neht' ihm den nackten Fuß; Sein Herz wuchs ihm so sehnsuchtsvoll, Wie bei der Liebsten Gruß. Sie sprach zu ihm, fie sang zu ihm; Da war's um ihn geschehn: Halb zog sie ihn, halb sank er hin, Goethe's Gedichte. I. b. |