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IX.

Die Liebende abermals.

Warum ich wieder zum Papier mich wende?
Das mußt du, Liebster, so bestimmt nicht fragen:
Denn eigentlich hab' ich dir nichts zu sagen;
Doch kommt's zuleßt in deine lieben Hånde.
Weil ich nicht kommen kann, soll was ich sende
Mein ungetheiltes Herz hinüber tragen

Mit Wonnen, Hoffnungen, Entzücken, Plagen:
Das alles hat nicht Anfang, hat nicht Ende.
Ich mag vom heut’gen Tag dir nichts vertrauen,
Wie sich im Sinnen, Wünschen, Wähnen, Wollen
Mein treues Herz zu dir hinüber wendet:
So stand ich einst vor dir, dich anzuschauen
Und sagte nichts. Was hått' ich sagen sollen?
Mein ganzes Wesen war in sich vollendet.

X.

Sie kann nicht enden.

Wenn ich nun gleich das weiße Blatt dir schickte,
Anstatt daß ich's mit Lettern erst beschreibe,
Ausfülltest du's vielleicht zum Zeitvertreibe
und sendetest's an mich, die Hochbeglückte.
Wenn ich den blauen Umschlag dann erblickte;
Neugierig schnell, wie es geziemt dem Weibe,
Miss ich ihn auf, daß nichts verborgen bleibe;
Da lås' ich was mich mündlich sonst entzückte:

Lieb Kind! Mein artig Herz! Mein einzig Wesen!
Wie du so freundlich meine Sehnsucht stilltest
Mit füßem Wort und mich so ganz verwöhntest.
Sogar dein Lispeln glaubt' ich auch zu lesen,

Womit du liebend meine Seele fülltest
Und mich auf ewig vor mir selbst verschöntest.

XI.

Nemesis.

Wenn durch das Volk die grimme Seuche wüthet,
Soll man vorsichtig die Gesellschaft lassen.
Auch hab' ich oft mit Zaudern und Verpassen
Vor manchen Influenzen mich gehütet.
Und obgleich Amor öfters mich begütet,
Mocht' ich zuleht mich nicht mit ihm befassen,
So ging mir's auch mit jenen Lacrimassen,
Als vier- und dreyfach reimend sie gebrütet.
Nun aber folgt die Strafe dem Verächter,
Als wenn die Schlangenfackel der Erynuen
Von Berg zu Thal, von Land zu Meer ihn triebe.
Ich höre wohl der Genien Gelächter;

Doch trennet mich von jeglichem Besinnen
Sonettenwuth und Naserey der Liebe.

XII.

Christ geschenk.

Mein süßes Liebchen! Hier in Schachtelwänden
Gar mannigfalt geformte Süßigkeiten.
Die Früchte sind es heil'ger Weihnachtszeiten,
Gebackne nur, den Kindern auszuspenden!
Dir möcht' ich dann mit süßem Redewenden
Poetisch Zuckerbrot zum Fest bereiten;
Allein was foll's mit solchen Eitelkeiten?
Weg den Versuch, mit Schmeicheley zu blenden!
Doch gibt es noch ein Süßes, das vom Innern
Zum Innern spricht, genießbar in der Ferne,
Das kann nur bis zu dir hinüber wehen.
Und fühlst du dann ein freundliches Erinnern,
Als blinkten froh dir wohlbekannte Sterne,
Wirst du die kleinste Gabe nicht verschmähen.

XIII.

Warnung.

Am jüngsten Tag, wenn die Posaunen schallen
Und alles aus ist mit dem Erdeleben,

Sind wir verpflichtet Nechenschaft zu geben
Von jedem Wort, das unnüß uns entfallen.
Wie wirds nun werden mit den Worten allen,
In welchen ich so liebevoll mein Streben
Um deine Gunst dir an den Tag gegeben,
Wenn diese blos an deinem Ohr verhallen ?
Darum bedenk, v Liebchen! dein Gewissen,
Bedenk im Ernst wie lange du gezaudert,
Daß nicht der Welt solch Leiden widerfahre.
Werd' ich berechnen und entschuld'gen müssen,
Was alles unnúß ich vor dir geplaudert;
So wird der jüngste Tag zum vollen Jahre.

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XIV.

Die Zweifelnden.

Ihr liebt, und schreibt Sonette! Weh der Grille!
Die Kraft des Herzens, sich zu offenbaren,
Soll Reime suchen, sie zusammenpaaren;
Ihr Kinder, glaubt, ohnmächtig bleibt der Wille,
Ganz ungebunden spricht des Herzens Fülle

Sich kaum noch ans: sie mag sich gern bewahren;
Dann Stürmen gleich durch alle Saiten fahren;
Dann wieder senken sich zu Nacht und Stille.

Was quålt ihr euch und uns, auf jähem Stege
Nur Schritt vor Schritt den låst'gen Stein zu wälzen,
Der rückwärts lastet, immer neu zu mühen?

Die Liebenden.

Im Gegentheil, wir sind auf rechtem Wege!
Das Allerstarrste freudig aufzuschmelzen
Muß Liebesfeuer allgewaltig glühen.

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XV.

Madchen.

Ich zweifle doch am Erast verschränkter Zeilen!
Zwar lausch' ich gern bei deinen Sylbespielen;
Allein mir scheint, was Herzen redlich fühlen,
Mein süßer Freund, das soll man nicht befeilen.
Der Dichter pflegt, um nicht zu langeweilen,
Sein Jnnerstes von Grund aus umzuwühlen;
Doch seine Wunden weiß er auszukühlen,
Mit Zauberwort die tiefsten auszuheilen.

Dichter.

Schau, Liebchen, hin! Wie geht's dem Feuerwerker?
Drauf ausgelernt, wie man nach Maßen wettert,
Frrgånglich - klug minirt er seine Grüfte;

Allein die Macht des Elements ist stårker,
und eh' er sich's versieht geht er zerschmettert
Mit allen seinen Künsten in die Lüfte.

XVI.

E poche.

Mit Flammenschrift war innigst eingeschrieben
Petrarca's Brust, vor allen andern Tagen,
Charfreytag. Eben so, ich darf's wohl sagen,
Ist mir Advent von Achtzehnhundert sieben.

Ich fing nicht an, ich fuhr nur fort zu lieben
Sie, die ich früh im Herzen schon getragen,
Dann wieder weislich aus dem Sinn geschlagen,
Der ich nun wieder bin an's Herz getrieben.
Petrarca's Liebe, die unendlich hohe,

War leider unbelohnt und gar zu traurig,
Ein Herzensweh, ein ewiger Charfreytag;

Doch stets erscheine, fort und fort, die frohe,
Süß, unter Palmenjubel, wonneschaurig,
Der Herrin Ankunft mir, ein ew'ger Maytag.

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