Und wie muß dir's werden, wenn du fühlest, Daß du alles in dir selbst erzielest.
Freude hast an deiner Frau und Hunden, Als noch keiner in Elysium gefunden, Als er da mit Schatten lieblich schweifte Und an goldne Gottgestalten streifte. Nicht in Rom, in Magna Grácia; Dir im Herzen ist die Wonne da! Wer mit seiner Mutter, der Natur, sich hält, Find't im Stengelglas wohl eine Welt.
Ein frommer Mahler mit vielem Fleiß Hatte manchmal gewonnen den Preis, Und manchmal ließ er's auch geschehn, Daß er einem Bessern nach must' stehn; Hatte seine Tafeln fortgemahlt,
Wie man sie lobt, wie man sie bezahlt. Da kamen einige gut hinaus;
Man baut ihn'n sogar ein Heiligenhaus.
Nun fand er Gelegenheit einmal, Zu mahlen eine Wand im Saal; Mit emfigen Zügen er staffirt, Was öfters in der Welt passirt; 3og seinen Umriß leicht und klar, Man konnte sehn, was gemeint da war. Mit wenig Farben er colorirt, Doch so, daß er das Aug' frappírt. Er glaubt es für den Plaß gerecht Und nicht zu gut und nicht zu schlecht,
Daß es versammelte Herr'n und Frau'n Möchten einmal mit Lust beschaun; Zugleich er auch noch wünscht' und wollt’ Daß man dabei was denken sollt'.
Als nun die Arbeit fertig war, Da trat herein manch Freundespaar, Das unsers Künstlers Werke liebt, Und darum desto mehr betrübt, Daß an der losen, leidigen Wand Nicht auch ein Götterbildniß stand. Die sekten ihn sogleich zur Red', Warum er so was mahlen thắt, Da doch der Saal und seine Wand' Gehörten nur für Narrenhånd';
Er sollte sich nicht lassen verführen
Und nun auch Bånk und Tische beschmieren; Er sollte bei seinen Tafeln bleiben
Und hübsch mit seinem Pinsel schreiben;
Und sagten ihm von dieser Art
Noch viel Verbindlichs in den Bart.
Er sprach darauf bescheidentlich : Eure gute Meinung beschämet mich. Es freut mich mehr nichts auf der Welt Als wenn euch je mein Werk gefällt. Da aber aus eigenem Beruf
Gott der Herr allerlei Thier' erschuf, Daß auch sogar das wüste Schwein, · Kröten und Schlangen vom Herren seyn, Und er auch manches nur ebauchirt,
Und gerade nicht alles ausgeführt
(Wie man den Menschen denn selbst nicht scharf Und nur en gros betrachten darf:)
So hab' ich als ein armer Knecht Vom fündlich menschlichen Geschlecht
Von Jugend auf allerlei Lust gespürt Und mich in Allerlei exercirt,
Und so durch Uebung und durch Glück Gelang mir, sagt ihr, manches Stück.
Nun dächt' ich, nach vielem Rennen und Laufen
Dürft' einer auch einmal verschnaufen,
Ohne daß jeder gleich, der wohl ihm wollt',
Ihn 'nen faulen Bengel heißen sollt'.
Drum ist mein Wort zu dieser Frist Wie's allezeit gewesen ist:
Mit keiner Arbeit hab' ich geprahlt Und was ich gemahlt hab', hab' ich gemahlt.
Groß ist die Diana der Epheser.
Apostelgeschichte 19, 39.
Zu Ephesus ein Goldschmied saß
In seiner Werkstatt, pochte
So gut er konnt’, ohn' Unterlaß,
So zierlich er's vermochte.
Als Knab' und Jüngling kniet' er schon
Im Tempel vor der Göttin Thron,
Und hatte den Gürtel unter den Brüsten, Worin so manche Thiere nisten,
Zu Hause treulich nachgefeilt, Wie's ihm der Vater zugetheilt; Und leitete sein kunstreich Streben
In frommer Wirkung durch das Leben.
Da hört er denn auf einmal laut Eines Gassenvolkes Windesbraut, Als gåb's einen Gott so im Gehirn Da! hinter des Menschen alberner Stirn, Der sey viel herrlicher als das Wesen, An dem wir die Breite der Gottheit lesen.
Der alte Künstler horcht nur auf,
Läßt seinen Knaben auf den Mark den Lauf, Feilt immer fort an Hirschen und Thieren, Die seiner Gottheit Kniee zieren;
Und hofft, es könnte das Glück ihm walten, Ihr Angesicht würdig zu gestalten.
Will's aber einer anders halten, So mag er nach Belieben schalten; Nur soll er nicht das Handwerk schånden; Sonst wird er schlecht und schmählich enden.
Goethe's Gedichte. I. Bd.
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