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Einleitung.

1. Das Bedürfniss.

Einen Stachel hat der Herr in dem Herzen seines Volks zurückgelassen, als er den Tempel zu Jerusalem mit der Frage verliess: wie dünket euch um Christum, wess Sohn ist er? Tí óuiv dozei, mit dieser Formel leitet er seine Frage ein. Sie hat hier einen ernsteren Sinn und eine schneidigere Spitze, als in verwandten Fällen, da sie in dem Munde Jesu wiederkehrt. Hier wendet sie sich nicht an die verständige Reflexion, wie einst in jenem Zwiegespräch mit einem Jünger (Mtth. 17, 25), hier nicht an das unmittelbare Gefühl, wie dort in dem lehrenden Verkehr mit dem Volk (Mtth. 18, 12; 21, 28); sondern an das innerste Bewusstseyn ist sie adressirt, in die Tiefen der ouveídos dringt sie ein. Wie dünket euch? Sammeln sollen die Hörer was sie geglaubt und erkannt haben nach den Offenbarungen der Schrift; aber sammeln auch Alles, was ihre beobachtenden Augen in dem Wandel und dem Wirken Jesu wahrgenommen; sie sollen erwägen und vergleichen, bis dass sich ihre διαλογισμοί κατηγοροῦντες ἢ καὶ ἀπολογούμενοι zu einem fest bestimmten Urtheil abgeklärt. Mit der Entscheidung der Frage ging eine andre Entscheidung Hand in Hand. Denn durch jene war es bedingt, ob Israel ferner eine Stätte des Gottessegens bleiben, oder ob es gleich einem dürren Baume als Denkmal des göttlichen Zorns am Wege sollte zu schauen seyn. Der Herr hat es gewusst, wo

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hin die schliessliche Erklärung lauten wird. Er spricht: too, ἀφίεται ὑμῖν ὁ οἶκος ὑμῶν ἔρημος. Er droht, fortan werdet ihr mich nicht mehr sehen, denn wohin ich gehe, dahin könnet ihr nicht gelangen. Er weint seine heissen Thränen bei dem letzten Blicke auf die Stadt. Ihre nahende avoλs@pía ist ihm Ausdruck und Symbol eines umfassenden Gerichts über das Volk, welches die Zeit seiner Roxоný misskannt; dieselben dúva bewegt er in seinem Herzen, deren später der Apostel bei dem Gedanken an seine ourεveis unter dem Zeugniss des Geistes geständig ist (Röm. 9, 1. 2). Aber er weiss es auch, an Mitteln hat es nicht gefehlt, die richtige Antwort, die heilsame Entscheidung zu treffen. Da umringen sie ihn wohl mit der Klage und Anklage, Ews móte The foxyv jμшv aĭpers (Joh. 10, 24), als liesse er eine peinliche Ungewissheit bestehen: Er aber spricht, πρόφασιν οὐκ ἔχουσιν (Joh. 15, 22), und wiederum, oux eλoare (Mtth. 23, 37), und zuletzt, ὁ παράκλητος αὐτοὺς ἐλέγξει περὶ ἁμαρτίας, ὅτι οὐ TιOTEÚοUGLY εis èué (Joh. 16, 9). Und wie hatte er zu dieser Sprache ein so sichtlich vor Augen liegendes, sich selbst bezeugendes Recht! Hat doch der Unglaube schon damals seine Richter gehabt. Eine Schaar war ja vorhanden, in deren Kreise die xaλy óμoloría verlautete; noch in der Scheidestunde hören wir daselbst den Ruf: wir glauben, dass du ausgegangen bist von Gott; und er selbst, der Hohepriesterliche Beter, stellt den Bekennenden dem Vater gegenüber das Zeugniss aus: sie haben es angenommen und erkannt wahrhaftig, dass ich ausgegangen bin von dir, sie haben geglaubt, dass du mich gesandt hast in die Welt.

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Die Frage will erwogen seyn, auf welchem Wege die Jünger Jesu zu dieser guten Stufe gekommen sind, welche Erfahrungen und Reflexionen ihnen zu der Erreichung derselben gediehen. Unzweifelhaft haben verschiedene Momente dazu mitgewirkt, dass

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jene σύγκρασις zwischen der ἀκοή und der πίστις, von welcher der Apostel tief und sinnvoll geredet hat, in ihrem Gemüthe zu Stande kam. Aber welches unter denselben hat die eigentlich durchschlagende Wirkung ausgeübt? was hat den stepeòs Deμédios, was hat die ἀρχὴ τῆς ὑποστάσεως und was die βεβαίωσις καρδιῶν bedingt? In seinen Beiträgen zur Dogmatik" tritt Rothe in diese Untersuchung ein 1). Ausgehend von der Voraussetzung, ,dass eine Offenbarung, indem sie geschah, sich denen, an die sie sich wendete, als solche auszuweisen hatte", hat er sich dahin erklärt, der Wunder und der Weissagung habe es bedurft, um derselben diejenige Anerkennung zu verschaffen, die ihr geschichtliches Daseyn sicherte. Negativ verhält sich die Schrift zu dieser Antwort freilich nicht. Im Gegentheil. Sie giebt ihr ein Zeugniss, wie es ausdrücklicher und ununiwundener gar nicht lauten kann. Was sonst bewog die Evangelisten zu ihrem angelegentlichen und detailirten Bericht über die wunderbaren Thaten des Herrn, und was andres hat sie auf Schritt und Tritt zu dem Erweise der erfüllten Weissagung bestimmt, als weil diess Beides hochwichtige Momente in der Genesis ihres eigenen Glaubens gewesen sind! Johannes hat die Geschichte der Wirksamkeit Jesu erzählt. Er blickt auf seine Darstellung zurück, er constatirt deren Resultat. Τοσαῦτα αὐτοῦ σημεία πεποιηκότος ἔμπροσθεν αὐτῶν οὐκ ἐπίστευον εἰς αὐτόν. Was bricht aus dem Befremden des Evangelisten über den schier unglaublichen Misserfolg hervor? und was wiederum aus dem Schlüssel zu dem Räthsel, den er in dem citirten Prophetenwort (Joh. 12, 38-40) entdeckt? Nichts geringeres, als die Macht, mit welcher das Wunder, wie die Weissagung, zum Glauben an Christum erwecken.

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1) Vgl. die zweite Abhandlung in dieser Schrift, über den Begriff der Offenbarung, besonders S. 80 ff.

Aber ihr Werth wird überschätzt, sobald man das secundäre Moment zur Stufe des wesentlichen Faktors erhebt. Die Ueberschätzung hat einen tieferen Grund, den Grund, dass man Unterschiedenes als Eins und dasselbe zu achten pflegt 2). Der Glaube an Jesum als den Christ und der Glaube an ihn als den eingeborenen Sohn vom Vater, wie gar weit liegen beide noch von einander ab! Jener kann mehr oder minder fest in dem Gemüth gegründet seyn, während man diesen entweder noch versagt oder sein noch entbehrt. Den Christ hatte der geheilte Blinde in Jesu schon erkannt: aber wie ein scharfes Schwerdt drang es ihm durch die Seele, als er seine Frage vernahm, où ISTEDES εἰς τὸν υἱὸν τοῦ θεοῦ; als er entgegnete, καὶ τίς ἐστιν; und als er anbetend im völligen Glauben zu seinen Füssen niedersank. Εὑρήκαμεν τὸν Μεσσίαν, τὸν χριστόν, εὑρήκαμεν ὃν ἔγραψεν Μωϋσῆς καὶ οἱ προφῆται, soviel haben die Jünger schon bei ihrer ersten Berührung mit Jesu bezeugt: aber wie lange bestand neben dieser Gewissheit noch die Voraussetzung, er sey der vios 'Iwon ó àñò Nalapét (Joh. 1, 46); wie lange hat es gewährt, bis dass sich ihrer erschütterten Seele das Bekenntniss „Herr, du bist wahrlich Gottes Sohn" entrungen hat 3). Das aber haben nicht

2) Es hat uns befremdet, dass selbst Ritschl, der es doch sonst mit den Begriffen genau zu nehmen pflegt, sich zu dieser Identificirung herbeigelassen hat. Er schreibt (vgl. „Rechtfertigung u. Versöhnung II. S. 96): „Jesus weiss sich als der Sohn Gottes, das heisst als der Messias und Gott als seinen Vater; er weiss, dass diese Stellung seiner Person durch den Liebeswillen Gottes begründet ist.“

3) Allerdings bricht Einer unter den Jüngern schon an der Schwelle seines Laufes in die Worte aus, „Rabbi, du bist Gottes Sohn, du bist der König von Israel" (Joh. 1, 50). Und mit Recht weist Hengstenberg (Comm. 1. S. 126) die abschwächende Deutung Luthers zurück, welcher den Ausdruck an diesem Orte im Sinne eines Propheten, eines Mannes Gottes, verstanden bat. Aber dieser momentane, prophetisch geartete Aufschwung liegt von

die Wunderthaten des Herrn, das hat auch nicht die Weissagung gethan, sondern eingreifendere, andersartige Erfahrungen haben diese Frucht ihrer Lippen endlich gereift.

Und in der That hat es solcher gerade dem Israelitischen Bewusstseyn gegenüber bedurft. Israel hat des verheissenen Messias geharrt. Niemals während des ganzen Verlaufs der Geschichte hat es dieser tröstenden Hoffnung entsagt. Und eben jetzt hatte sich dieselbe zu der Stufe der intensivsten Erwartung potenzirt. Die Zeit war erfüllt, das wurde gefühlt, das wurde anerkannt. Aber dass der lebendige Gott den Himmel zerreissen, dass er seinen eigenen Sohn zur Lösung seiner Zusage senden will: für diesen Gedanken fand sich innerhalb der Hoffnung Israels kein Raum. In den letzten entscheidenden Tagen hat der Herr dem Volk ein Gleichniss vorgelegt. Ein Apostel hat dasselbe später in kurzen körnigen Worten reproducirt. „Eu ἕνα υἱὸν ἔχων ἀγαπητόν αὐτοῦ ἀπέστειλεν καὶ αὐτὸν ἔσχατον, λέγων ὅτι ἐντραπήσονται τὸν υἱόν μου: dahin lautet der hervortretende Zug. Er enthält den Schlüssel zur Geschichte des Conflikts, er deckt den Grund des jüdischen Unglaubens auf. Hier befand sich die Klippe, an welcher die Regungen des Glaubens scheiterten, hier schlugen Anerkennung und Bewunderung in kalte Abwendung und in Erbitterung um. „Oútós éotiv åλŋθῶς ὁ προφήτης ὁ ἐρχόμενος εἰς τὸν κόσμον “: so wurde wohl gesagt. Όταν ἔλθῃ ὁ χριστός, μήτι πλείονα σημεῖα ποιήσει: so wurde wohl gefragt. Aber alle Sympathien waren zu Ende, sobald der Sohn Gottes sich und seiner Würde Zeugniss gab. Da hiess

einer klaren festen Ueberzeugung noch weit ab. Der Herr selbst hat dem Jünger in seiner Entgegnung neue Erfahrungen in Aussicht gestellt. Erst durch diese wird es geschehen, dass er den Standort, den er hier anticipirend und vorübergehend beschritten hat, mit Sicherheit und Stetigkeit behaupten kann.

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