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Irrthum wurde zwar bald entdeckt, der ermordete Soldat nichts desto weniger unter dem Namen des Kaisers bestattet.

Die weiteren Skopzen-Legenden stimmen darin überein, dass Peter Federowitsch drei Tage lang, ohne Speise zu finden, umhergeirrt sei, sich dann bei Kolonisten verborgen habe und endlich nach Moskau gelangt sei, wo er seine Lehre zu verkündigen begonnen. Darauf habe er ganz Russland und verschiedene andere Länder durchwandert, wobei ihn der „Täufer", den einige Skopzen Graf Alexander Iwanowitsch nennen, während andere ihn für den Fürsten Daschkow, den Reisegefährten Peters III., halten, begleitet habe. Ueberall habe er, zahlreiche Wunder verrichtend, verkündigt, er sei der wahre Christus und das Skopzenthum das einzige Mittel zur Erlangung des himmlischen Reiches. In Tula angekommen, sei er mit dem „Täufer“ zusammen ergriffen, verurtheilt, im Dorfe Ssosnowska (im Gouvt. Tambow, Kreis Morschansk) mit der Knute bestraft und er selbst nach Sibirien verbannt, der „Täufer" aber in die Festung von Riga geschickt worden. Auf dem Wege in die Verbannung habe der mit dem Christus zusammengekettete Räuber Jwan Blocha allerlei Muthwillen getrieben, sich später aber durch die unerschöpfliche Geduld der Gepeinigten überzeugt, dass derselbe wirklich Gottes Sohn" sei. Dieser Blocha heisst in Folge dessen bei den Skopzen „der erste Bekenner".

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Die Skopzen haben eine vollständige Beschreibung des Lebens, der Lehre und der Leiden ihres Christus, welche sie „Sstrady" (Leiden, Passion) Es wird darin von seiner Gefangennahme in Tula und seiner öffentlichen Züchtigung mit seinen eigenen Worten in der den Skopzen eigenthümlichen Weise und Vorliebe für Diminutiven berichtet. Unter Anderem heisst es: Und da nahmen sie mich und fingen eine grosse Untersuchung mit mir an und rissen mir den Mund auf und sahen mir in die Ohren und in die Nase und sagten: Sehet überall nach, er hat irgendwo Gift. Und sie stellten grosse Nachforschungen an, fanden aber nichts. Sie spien mir ins Gesicht und nannten mich einen grossen Hexenmeister, und Alle peinigten mich und schlugen mich ohne Erbarmen mit dem, was jedem in die Hände fiel, und da beträufelte man mir das Köpfchen mit geschmolzenem Siegellack und schmiedete mich noch fester an die Mauer. Und es wurde ein strenger Befehl gegeben, dass Niemand mir nahe kommen und auch das Essen nicht bringen sollte. Das Brod gab man mir auf einer Stange und das Essen mit einem 14 Arschin langen Löffel. Und sie sprachen: Füttert ihn, aber fürchtet ihn; gebt ihm Alles, aber wendet auch ab, damit er nicht auf Jemand blase oder sehe. Gewiss ist er ein grosser Hexenmeister und Verführer; er kann Jeden verführen; er könnte euch den Zar verführen, wie viel mehr euch. Und man nannte mich einen Zauberer, wie man auch den Herrn genannt hat. Dann führte man mich von Tula nach Tambow. Es war da eine unzählbare Menge Volkes. Der schalt mich, der spie nach mir, und man beschimpfte mich auf jede Art. Aber mein Väterchen befahl mir, alles das mit Freuden

hinzunehmen, nicht für mich selbst, sondern für meine Kinderchen und zur Erlösung von den Sünden. Meine Kinderchen standen, weinten und begleiteten mich. Man führte mich nach Tambow und warf mich in einen Kerker, in dem ich zwei Monate blieb. Und darauf erhielten sie den Befehl, mich hart zu bestrafen, ohne Erbarmen, stärker und stärker, nur dass sie mich nicht zu Tode schlügen. Und sie führten mich unter grosser Bedeckung zur Bestrafung nach Ssosnowka. Und da folgte man mir in dichten Schaaren. Die Soldaten hatten blanke Schwerter und die Bauern Stöcke in den Händen. Und da kamen mir die Kinderchen aus Ssosnowka entgegen, weinten und jammerten und sprachen: Da führen sie unser leibliches Väterchen. Und zu derselben Zeit erhob sich ein grosser Sturm, und es war ein Brausen in der Luft, und auf dreissig Faden war nichts zu sehen. Und man brachte mich nach Ssosnowka, bestrafte mich mit der Knute und schlug lange Zeit, wie es noch keinem Menschen geschehen war. Und es wurde mir sehr übel, und ich bat alle Treuen und Gerechten: O, ihr Treuen und Gerechten, erbarmet euch meiner und helfet mir diese furchtbare Strafe überstehen! O mein himmlischer Vater, lass mich nicht ohne deine Hilfe und hilf mir, alles mir von dir Bestimmte mit meinem Körper aushalten! Wenn du hilfst, dann gehe gegen die böse Schlange und vertilge vollends alle Unreinheit. Da wurde mir leichter, und da kam auch zur rechten Zeit der Befehl, dass man mich nicht zu Tode schlagen sollte. Und sie hielten mich auf Befehl der Judäer, und von meinen Kinderchen war Iwanuschka statt eines Baumes und Ulianuschka hielt mir das Köpfchen. Und mein ganzes Hemde war von oben bis unten blutig, so wie in Beerensaft getaucht. Und meine Kinderchen erbaten sich dieses Hemde für sich und zogen mir ihr weisses an. Ich sagte ihnen, dass ich sie mit Allen wiedersehen werde. Und mir wurde sehr übel und weh. Und ich bat um ungerahmte Milch; aber die Bösen sagten zu mir: Da, er will sich noch heilen! Dennoch erbarmten sie sich; sie holten die Milch und gaben sie mir. Und wie ich trank, wurde mir leichter, und ich sagte: Ich danke dir, Gott! Bald wird

in Ssosnowka auf der Stelle, wo man mich geschlagen hat, eine Kirche erbaut werden. Und damals waren meine Kinderchen noch arme Menschen. Aber ich sagte ihnen: Bewahret nur die Reinheit, dann werdet ihr von Allem genug haben, vom Verborgenen und vom Sichtbaren; mit Allem wird euch mein himmlischer Vater belohnen und euch mit einer Mauer umgeben, so dass der Unreine nicht zu euch kommen kann; und andere Propheten empfanget nicht bei euch. Von Ssosnowka führte man mich nach Irkutsk. Man setzte mich auf einen Wagen, schmiedete mich mit Händen und Füssen an die beiden Seiten desselben und mit dem Halse an ein Brett. Und da befahl der Böse den Unreinen: Sehet, lasset ihn nicht los! Ein solcher Mensch war noch nicht und wird auch nicht wieder sein: er betrügt JederUnd man führte mich mit grosser Bedeckung, die blosse Schwerter hatte, und die Bauern hatten Knüttel in den Händen, und die Weiber beglei

mann.

teten uns von Dorf zu Dorf. Zu derselben Zeit hatten sie auch Pugatschew ergriffen, und er begegnete mir auf dem Wege. Viele Schaaren führten ihn und hielten strenge Wache, aber mich führten zweimal mehr und man war sehr strenge. Und da gingen die, welche mich führten, mit ihm, und die, welche ihn führten, mit mir."

Nach der Schilderung seiner Leiden auf dem Transport, die in allerlei Misshandlungen und in der Beraubung der 40 Rubel, die ihm seine Kinderchen" in die Kleider genäht hatten, bestanden, fährt er fort: „Nachdem ich in Irkutsk angekommen, lebte ich lange Zeit daselbst und sah im Traume die Kinderchen von Ssosnowka; ich sah, wie die Unreinen mein Schiff umwerfen wollten, und wie ich mit meinem Mütterchen Akulina Iwanowna und meinem Söhnchen Alexander Iwanowitsch umherging, um die Pfeiler wieder aufzurichten. Und fünf Jahre hörte ich nichts von ihnen und sie nichts von mir, und sie wussten nicht, wo ich mich befand. Aber Gott begeisterte mein Töchterchen Anna Ssafonowna, welcher der Geist offenbarte, wie man ihren Vater-Erlöser finden könnte, und wen von den Kinderchen man zu ihm schicken sollte. Und endlich beauftragte Gott mit seiner Sendung Aleksei Tarassitsch und Mark Karpowitsch. Und es sprach mein Geist, der Gesandte meines Vaters, durch den Mund der Anna Ssafonowna: Ziehet hin in die Stadt Irkutsk und suche dort unser Väterchen auf, welches in die Gefangenschaft geschickt ist. Sie antworteten ihr: Wie sollen wir dahin ziehen, und wie sollen wir ihn finden? Aber sie sprach zum zweiten Male nach dem Rathschlusse Gottes: Geht! ausser euch kann es Niemand; ihr werdet ihn nicht finden, sondern er wird euch finden. Und hierauf beteten sie und sammelteu Geld von der ganzen Gemeinde für mich zur Reise und säumeten nicht. Nachdem sie gesegnet worden, reisten sie nach Irkutsk ab. Und als sie dort angekommen waren, brachten sie die Pferde im Posthofe unter und sprachen unter sich: Was werden wir nun anfangen? Und sie dachten, auf den Markt zu gehen; aber ich ging damals mit einer Schüssel in der Stadt umher und sammelte Geld für den Bau einer Kirche und sah sie und trat zu ihnen und sagte: Guten Tag! seid ihr denn nicht Russen? Da erkannten sie mich und vergossen bittere Thränen. Seid still, sagte

ich, seid still! und geht in den Posthof; ich werde zu euch kommen und mit euch sprechen."

Es wird nun noch berichtet, wie die Sendboten ihn aufgefordert, mit ihnen zurückzukehren. Er ging jedoch nicht darauf ein, weil „sein himmlischer Vater ihm befohlen, nicht zurückzukehren, sondern zu weinen.“ Er kündigte ihnen noch einen Ueberfall durch Räuber auf ihrem Rückwege an, der denn auch wirklich stattfand.

Wir haben diesen blühenden Unsinn als Probestück aus dem hauptsächlichsten Erbauungsbuche der Skopzen mitgetheilt; aber für Analphabeten, wie es diese Leute meistens sind, thut das nicht mindere Wirkung als die Legende von der stigmatisirten Louise Lateau unserer Tage.

Wir nehmen unsere Schilderung der Skopzen-Traditionen bei einem merkwürdigen Wendepunkte in denselben wieder auf.

Kaiser Paul hatte von einem durch ihn aus Sibirien befreiten Skopzen, den Moskauer Kaufmann Massonow, erfahren, dass Kaiser Peter III. noch lebe und unter dem Namen Sseliwanow in der Verbannung schmachte. Dieser Sseliwanow wurde nun zurückberufen und zum Kaiser gebracht. Das Gespräch, welches dieser letztere mit ihrem Christus geführt, kennen die Skopzen Wort für Wort, und sie überliefern es einander, wie ein besonderes Heiligthum. Der zurückberufene Verbannte nennt sich ohne Weiteres den Vater des Kaisers und fordert von diesem, dass er sich sofort verschneiden lasse. Da Paul diese Zumuthung zurückweist, sagt er ihm sein baldiges Ende voraus und schliesst mit den Worten: „Ich werde mir einen Diener erwählen, der als Gott in unserem Kreise herrschen soll, und die irdische Gewalt werde ich einem milden Kaiser übergeben. Ich werde mit dem Throne und den Palästen Alexander begnadigen; der wird treu regieren und der Gewalt keinen Raum geben u. s. w."

Hierauf wurde der Erlöser als Pensionär in ein Armenhaus gebracht, der mit ihm zugleich befreite „Täufer" nach der Festung Schlüsselburg geschickt. Der erstere wurde jedoch bald befreit und lebte nun, seine Lehre verbreitend, in Petersburg bis zum Jahre 1820, zu welcher Zeit er nach Ssusdal ins Kloster geschickt wurde.

Aus diesem Verbannungsorte wird der Messias in erneuerter Herrlichkeit und Machtfülle hervorgehen, die ganze Welt mit dem Lichte seiner Lehre erleuchten, den russischen Thron in Beschlag nehmen, die Skopzen aus der Verbannung und von jeder Bedrückung befreien und in St. Petersburg das allgemeine Weltgericht eröffnen.

Viele Skopzen erwarten übrigens die Ankunft des Erlösers aus Irkutsk, stimmen aber sonst in der Schilderung seiner Thaten mit den anderen überein.

Dann werden, so singen die Skopzen in ihren geistlichen Liedern, die irdischen Herrscher vor ihm niederfallen, sich seinem mächtigen Scepter unterwerfen, ihn als Jesus Christus, den wahren Gottmenschen, anerkennen und, geängstigt und bekümmert darüber, dass sie ihn unter den Sterblichen nicht erkannt haben, um Herabsendung der Gnade der Kastrirung flehen, die ihnen denn auch gnädigst gewährt werden soll. Das jüngste Gericht wird gemeinschaftlich für die Lebendigen die Verschnittenen und die Todten die Nichtverschnittenen sein. Aber auch hier wird der skopzische Richter noch seine unerschöpfliche Gnade zeigen; denn in alle Enden der Welt wird er Apostel und Propheten schicken, welche die wahre Lehre verbreiten sollen, und in jedem Lande wird er ein Weizenkörnchen säen, und jedes Körnchen wird Weizen zur Fracht für 30 Schiffe geben."

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Nach Vollbringung des Erlösungswerkes wird der Heiland eines natürlichen Todes sterben und sein Körper im Alexander-Newski-Kloster in dem

Reliquienschrein des Heiligen Alexander-Newski aufbewahrt werden. Denn die Ueberreste des letzteren befinden sich nicht mehr in dem Schreine; dieser ist vielmehr durch die Fügung Gottes und die Blindheit der Ungläubigen zur Aufnahme der Ueberreste des Erlösers vorbereitet worden.

Hiernach wird diese Welt für alle Ewigkeit bestehen, und die Erde wird ein Paradies sein, wie sie es bei den ersten Menschen vor dem Sündenfall war. Dann wird alle Unsauberkeit, d. h. der Fortpflanzungstrieb, ausgerottet sein, das Menschengeschlecht wird sich nur durch Küsse vermehren, die noch Lebenden werden nicht mehr sterben, sondern in Ewigkeit fortleben, und die Seelen der verstorbenen Skopzen werden sich im siebenten Himmel einer ewigen Glückseligkeit erfreuen. Die Seelen der Sünder aber, die unverschnitten gestorben sind, kommen in die Hölle, in welcher ein Feuerstrom fliesst, und werden daselbst Martern unterworfen, die jedoch nur in unaussprechlichen Gewissensqualen bestehen sollen.

Die Skopzen behaupten, dass die von den Aposteln gegründete Kirche dieselbe gewesen, welche auch sie anerkennen, dass aber später das Skopzenthum vernichtet und die Kirche durch den Kaiser Konstantin, nachdem er die Taufe angenommen, ins Verderben gestürzt sei.

Dies sind die Traditionen, die, einige Variationen ausgenommen, allen Skopzen gemein sind. Es giebt ausserdem aber noch minder wichtige Fabeln von grösserer oder geringerer Verbreitung. So wird oft ein Graf Iwan Gregorjewitsch Tschernyschew als ihr erster Prophet" genannt. Napoleon I. soll der Antichrist gewesen sein, aber nachdem er Busse gethan und sich zum Skopzenthum bekehrt, noch heute irgendwo in der Türkei leben. Man erzählt auch, er sei eigentlich ein geborener Russe und zwar ein Sohn der Kaiserin Katharina. Der Kaiser Alexander I. und dessen Gemahlin, die Kaiserin Elisabeth Alexejewna, sollen auch noch leben, sich aber, nachdem sie die Verschneidung angenommen, noch verborgen halten. Den Kaiser Alexander zählen sie gern ihrer Sekte bei, weil er sie seit dem Jahre 1809 beständig beschützt haben soll und auch ihr Christus ihm, wie in den „Sstrady" erzählt wird, seine Gnade in Aussicht gestellt hatte.

Aus der Untersuchung, welche im Jahre 1839 über die in Kronstadt entdeckten Skopzen geführt wurde, geht hervor, dass sie zwar auch eine Akulina Iwanowna als Mutter Gottes verehrten, es war dies aber nicht die Kaiserin Elisabeth Petrowna, sondern eine Hofdame, welche am Hofe Peters III. gelebt hatte.

Uebrigens kennt nicht jeder Skopze den ganzen Legendenschatz. Es scheint, dass dieser nur den höheren Graden der Eingeweihten vollständig mitgetheilt wird. Nach der Aussage eines Skopzen, des Stabskapitans Ssosonowitsch, erfreuen sich solcher Gunst nur die in der Sekte Bestätigten, d. h. diejenigen, die derselben 10 oder 15 Jahre angehört haben.

Diesem ganzen Wust von Erfindungen fanatisirter Phantasten ist eine solche Menge historischer Namen beigemengt, dass die Frage nahe liegt, ob

Zeitschrift für Ethnologie, Jahrgang 1875.

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