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sie begleitende Fetischmann erklärt, er habe von dem Toten ein Zeichen erhalten, daß dieser ihnen zufällig Begegnende oder der in diesem Hause Wohnende der Übelthäter sei; der so Bezichtigte wird dann wohl oder übel dem Ordal unterworfen und, falls dieses seine Unschuld nicht bewies, unter Umständen von den erbitterten Verwandten auf das grausamste getötet.

Der Fetisch vertreibt auch moralische Übel, er reinigt von Sünden, diese natürlich im Sinne des Wilden gefaßt (s. oben S. 145). Beim Feste der ersten Früchte nahmen die Creekindianer ihre Kriegsmedizin, d. h. einen in heftigen Purgier- und Brechmitteln bestehenden Fetischtrank ein, in dem Glauben, daß der Trank mit der körperlichen Reinigung auch die seelische bewirke. Die Weiber wuschen und badeten sich, um die Sünden abzuspülen. Sie wendeten also eine Art Taufe mit fetischistischer Tendenz an, gerade wie die alten Mexikaner, welche, indem sie das neugeborene Kind mit Wasser besprengten, zur Sonne beteten, daß sie dem heiligen Tropfen erlaube, die Sünden wegzuwaschen, so daß das Kind von neuem geboren werde".

Der Fetisch wehrt böse Geister ab. Zu diesem Zwecke stellten z. B. die Neger von Whida, die Polynesier auf Neuseeland, Hawaii, Nukahiwa u. s. f. 5 bis 6 Zoll hohe Fetischbilder an die Enden der Felder, den Eingang der Häuser, in Gemächer, Höfe und Ställe. Fürchten sich sogar die Geister vor den Fetischen, so erst recht die Diebe. Um sie abzuhalten, bedarf es keiner Schlösser; kein Dieb hat den Mut da einzudringen, wo ein hölzener Fetisch mit hohem Federbusch oder ein leerer Topf auf einem gabelförmigen Stocke u. dgl. m. Wache hält. Der Fetisch beschützt das Haus vor Gefahr, und bestände er auch nur aus ein paar vom Schamanen geweihten, trockenen Kieferzweigen. Gesetze werden unter den Schutz eines Fetisches gestellt, der (d. h. die Fetischpriester) dann die Übertreter zur Rechenschaft zieht. Man schwört einen Eid, wie z. B. bei den Buräten am Baikalsee, auf und bei einem heilig gehaltenen Berge, und dieser straft den etwa Treulosen. Sowohl politische Bündnisse als auch Ehen werden dadurch zu festem Bestande verknüpft, daß die sich Verbindenden ein eigentümlich gemischtes Mahl, das Fetischkraft besitzt, gemeinsam genießen; sie sind nun durch den innerlich aufgenommenen Fetisch untrennbar vereinigt. In derselben Absicht wird, wenn die Mitglieder eines Stammes

sich trennen, der zerstoßene Stammesfetisch getrunken oder gegessen; trotz der Trennung bleiben sie dadurch vereinigt.

Der Fetisch schützt Eide und Bündnisse; er straft die Treulosen; aus Furcht vor der Rache des Fetisches hält der Wilde Eid und Bündnis. Es ist keine Frage, daß insofern der Fetischismus erzieherisch auf seine Anhänger wirkt. Freilich ist dieser pädagogische Einfluß nicht so stark, um den Gläubigen, falls er doch untreu werden will oder geworden ist, nicht einen listigen Ausweg finden zu lassen, auf dem er der Rache des Fetisches zu entgehen weiß. Der gefürchtete Fetisch kann nämlich durch die Gegenwirkung eines noch stärkeren Fetisches unschädlich gemacht werden; man wendet also diesen gegen jenen an, und braucht dann Eid- und Bundesbruch nicht zu scheuen. Will man noch ein weiteres thun, so versöhnt man nachträglich den beleidigten Fetisch durch Geschenke. Manchmal genügt es auch, den gefürchteten Fetisch einzusperren; er ist dann außer Stande, seine Macht geltend zu machen. Manch heimliche Hinterthür weiß auch der Fetischpriester zu öffnen: er hebt z. B. den Eid dadurch auf, daß er ihn mit Palmblättern von der Zunge abreibt.

Vor der feindlichen Zaubermacht der Fetische ist der Wilde in steter Angst, und da jeder einen dem anderen feindlichen Fetisch besitzen und anwenden kann, so traut keiner dem andern. Besonderes Misstrauen hegt deshalb der Wilde gegen den Weißen, den er im Besitz gewaltiger Zauberkräfte wähnt, den er, wenn er ihn nicht vernichten kann, am liebsten flieht. BASTIANS Leute werden überfallen und beraubt. Er lässt den Vorsteher des nächsten Dorfes herbeiholen und fordert von ihm Bestrafung der Schuldigen und Rückgabe des Gestohlenen. Der Dorftyrann versichert, weder etwas von der Sache zu wissen, noch helfen zu können. Da zieht BASTIAN sein Notizbuch hervor, um den Namen des Dorfes anzumerken. Kaum sieht dies der Schwarze, so verfällt er in ein convulsivisches Zittern; er beschwört BASTIAN, ihn nicht durch das Fetischbuch zu verderben, und nach kurzer Zeit ist das Verlangte herbeigeschafft.

Stämme, die sich im Besitz allgemein angesehener „großer Fetische" befinden, gewinnen dadurch ein unwiderstehliches Übergewicht. Der Glaube der eigenen Stammesgenossen an den Schutz des großen Fetisches, z. B., daß er sie unverwundbar mache, ist

so fest, daß sie ruhig auf sich schießen lassen und einen fanatischen Mut entwickeln, während die Feinde durch dieselbe Überzeugung, daß der große Fetisch seine Anhänger beschütze, mutlos und feige werden und nicht anzugreifen wagen. Solche Fetische steigen dann unermeßlich im Werte. Eine Frau schätzte einen derartigen bewährten Götzen mehr als ihre Kinder und wollte ihn nicht um fünf Sklaven weggeben. Einem Dayakenhäuptling war sein Schutzfetisch, der aus einigen, in einem mit einer Schnur zugebundenen Säckchen befindlichen Steinen bestand, nicht um 7 Pfund Sterling feil.

Überall kann ein schädlicher Fetisch verborgen sein, nirgends ist Sicherheit. Daher muß man fortwährend gegen den Zauber einen Gegenzauber anwenden; man darf keinen Trunk genießen, ohne nicht erst durch eine kräftige Beschwörungsformel den möglicherweise in ihm verborgenen feindlichen Fetisch herausgezogen zu haben. So wendet sich der eine Fetisch gegen den anderen und sucht seine Kraft zu nichte zu machen; so besteht ein förmlicher Kampf und ewiger Krieg zwischen den Fetischen selbst; so sind auch die Fetische vor einander nicht sicher, und ganz folgerichtig behängt man daher die Fetische zu ihrem Schutze mit Fetischen.

Der geringe Vorteil einer gewissen erzieherischen Einwirkung des Fetischdienstes auf seine Anhänger wird hundertfach aufgehoben durch den äußerst schädlichen Einfluß, den er offenbar auf das Denken des in ihm befangenen Menschen ausüben muß. Den Grund von Krankheit und Tod, Glück und Unglück, Sonnenschein und Regen u..s. w. u. s. w. findet der Wilde unter gegebenen Umständen in der Zauberkraft seiner Fetische. So hat er für jede Erscheinung ihren Grund ohne weiteres bereit, so denkt er nie über ihre wahren Ursachen nach; so gewinnt er niemals eine wirkliche Einsicht in den natürlichen Zusammenhang der Dinge, so wird sein Denken nie entwickelt, sein Geist nie aufgeklärt, uud ewig bleibt er in Wahn und Aberglauben befangen. Der Fetisch ist für ihn aller Dinge „letzter Grund." Die fortwährende Berufung auf einen letzten Grund," wie immer derselbe genannt werden möge, hat aber zur Folge, daß man sich um die unmittelbaren, natürlichen Gründe einer Erscheinung nie bekümmert, also nur zum Glauben, niemals zum Erkennen gelangt.

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Die äußere Form der Fetische ist sehr mannichfaltig. Sie sind entweder Naturerzeugnisse, wie Steine, Felsen, Berge, Pflanzen, Tiere oder Teile davon in ihrer ursprünglichen Gestalt, oder sie sind künstliche, meistens vom Fetischmann hergestellte Gegenstände, wie Säckchen mit starkriechenden Stoffen, kugelige Tuchballen, verknotete Schnure, geschnitzte Puppen u. dgl. m. Der Stoff, aus dem sie bestehen, ist für ihren Wert nicht ganz gleichgültig; metallene werden wegen ihres höheren Alters und größeren Erfahrung am meisten geschätzt.

4. Das religiöse Leben des Fetischverehrers.

Die Wirksamkeit der Fetische erstreckt sich auf alles. Natur und Mensch, das ganze Leben steht unter ihrem Einflusse. Selbstverständlich sinnt daher der Wilde auf Mittel und Wege, wie er unter diesen Umständen sich vor Unglück möglichst bewahren könne. Die Frage beschäftigt

ihn, wie er sein Verhalten den Fetischmächten gegenüber einrichten müsse, um zur größtmöglichen Glückseligkeit zu gelangen. Es ist die Frage aller praktischen Religion, und sie findet auch hier ihre Beantwortung durch das eigentümliche religiöse Leben, welches wir den Wilden nach seiner Weise und nach seinem Sinne führen sehen.

Das erste praktisch- religiöse Mittel, um sein Leben möglichst glückselig zu gestalten, ist die Wahl eines Schutzfetisches. Manchmal wird schon das neugeborene Kind dem Fetischpriester dargebracht und von diesem unter den Schutz eines besonderen Fetisches gestellt. Vielfach wird ihm als sichtbares Zeichen dafür ein Merkmal auf einen Teil des Körpers tätowiert. Oder diese feierliche Handlung wird beim Beginn der Mannbarkeit vorgenommen. In Afrika zieht dann der Priester mit den Knaben in den geweihten Wald, den kein Unbefugter betreten darf; hier werden die Knaben beschnitten und durch mystische Ceremonien mit ihrem Schutzfetisch verknüpft. Dieselbe Bedeutung hat der Lebenstraum des jungen Indianers, dem nach langen Fasten und Kasteiungen nachts im Schlafe auf den Gräbern seiner Vorfahren z. B. das Tier erscheint, das von nun an seinen Schutzgeist bildet. Einen Teil dieses Tieres muß er als seinen Fetisch, seine „Medizin" beständig bei sich tragen; sein Verlust würde dem „Manne ohne Medizin" das größte Unglück bringen.

Der Fetisch leistet Schutz. Aber Leistung erfordert Gegenleistung und es wird der Schutz nur dann dem Gläubigen zu teil, wenn er dafür gewissenhaft die Gegenleistung einhält. Diese Gegenleistung besteht in einem Gelübde, das der Fetischpriester dem Schutzbefohlenen auferlegt. Hält dieser das Gelübde, so ist ihm der Schutz des Fetisches gewiß und sein Glück gewährleistet. Bricht er es, so trifft ihn die Strafe seines Götzen, und sein Unglück ist besiegelt. So kommt alles darauf an, daß der Gläubige pünktlich seine Satzung halte, und die Mutter wacht sorgfältig darüber, daß schon das Kind sein Gelübde erfülle.

Diese Gelübde sind nun, entsprechend der niedrigen Kulturstufe des Wilden, geringfügig und sittlich wertlos, und doch versteht es sich, daß sie der Fetischist unter den gegebenen Voraussetzungen für unendlich wertvoll hält und das größte Gewicht auf ihre Erfüllung legte. Als Beispiele solcher Fetischgelübde wie sie in Loango vorkamen, giebt DAPPER außer kleinlichen Kleiderordnungen die folgenden: „daß man solches Fleisch, solche Vögel oder solche Fische, auch solche Kräuter oder solche Früchte und dergleichen Dinge nicht essen, oder, wenn man davon ißt, daß man es allein ohne jemandes Hülfe aufessen und die Knochen. danach in die Erde vergraben solle. Andere dürfen über kein Wasser gehen, ob es schon klein und nur aus dem Regen oder sonst entstanden. Wieder andere dürfen über keine Flüsse fahren, aber wohl darüber gehen oder durchreiten. Etliche dürfen ihr Haupthaar nicht abscheeren lassen, andere mögen es wohl zusamt dem Barte abscheeren, wieder andere nur den Bart, aber das Haupthaar nicht. Etliche dürfen auch die Früchte nicht aufessen, andere müssen sie ganz aufessen und dürfen niemandem etwas davon geben, obschon die Frucht noch so groß wäre."

Jeder hat also ein anderes Gelübde, jeder ist in gewisser Hinsicht ein Andersgläubiger, jeder führt einen etwas anderen Lebenswandel, und so hat denn auch jeder in gewisser Beziehung etwas für den anderen ketzerisches und verunheiligendes. „Die Vielheit der Mokissos, sagt BASTIAN (S. Salvador, S. 258) machte es nötig, daß in der großen Herberge auf dem Markte von Loango jeder seinen eigenen Becher zum Palmweintrinken mitbringen mußte, um nicht unabsichtlich aus dem eines Andersgläubigen zu trinken.“

Das Gelübde, das der Fetischverehrer auf sich genommen

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