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Übrigens hat der oftmals von den Priestern ausgeübte Druck, wenn er unerträglich wurde, das Volk zur Empörung und Rache an ihren Blutsaugern aufgereizt: man brachte die Zauberer um. Da aber dem Volke der Glaube an die Zauberei in Fleisch und Blut steckte, konnte man gleichwohl die Zauberer nicht entbehren; man tötete die alten und schrie sogleich nach neuen. Denn auch für alle Privatangelegenheiten sind sie unentbehrlich. Keine Hütte kann bezogen werden, der Fetischmann weihe sie denn. Der Ehebund, die Schwangerschaft, das neugeborene Kind, der Knabe bei seinem Eintritt ins Jünglingsalter sie alle bedürfen des Schutzes der Fetische, also auch des Fetischpriesters, der diesen Schutz vermittelt.

Die Fetischpriester besitzen in ihren überlieferten Kenntnissen eine Art Fetischwissenschaft, eine Art wilder Dogmatik. Natürlich stimmen sie hinsichtlich ihren Dogmen ebensowenig überein, wie die Priester höherer Religionen. So bilden sich auch hier schon Schulen und Sekten, die vielfach mit einander in oftmals blutiger Fehde liegen. Den verschiedenen Schulen fehlen weder willige Schüler, noch eine Art gelehrter Terminologie und Sondersprache, die, nur für Geweihte verständlich, den Laien ihre tiefen Geheimnisse zu verbergen bestimmt ist.

Die Anhänger großer Fetische bilden häufig auch Geheimbündnisse oder Orden mit verschiedenen Graden und mysteriösen Ceremonien. Ihren Anhängern gewähren sie unbedingten Schutz, weshalb sich nicht selten Europäer darin haben aufnehmen lassen. Meistens üben sie einen furchtbaren Druck auf das von ihnen in Schrecken gesetzte Volk aus; manchmal wirken sie dadurch wohlthätig, daß sie als eine geheime Polizei nach Art der Vehmgerichte die Verbrechen strafen und Ordnung im Lande erhalten.

7. Die Überlebsel des Fetischismus in höheren Kulturstufen.

Eine höhere Kulturstufe, oder konkreter ausgedrückt, ein auf einer höheren oder sogar höchsten Kulturstufe stehendes Volk ist keineswegs ein in allen Teilen durchaus gleichmäßig beschaffenes Gebilde. Immer giebt es darin auch Bevölkerungsschichten von tiefer, ja tiefster Bildung und Unkultur, die

in dieser Beziehung den Wilden ähnlich sind. Man denke z. B. an den rohen Pöbel, an Gewohnheitsverbrecher oder auch an die Kinder. Und was vom Ganzen gilt, gilt auch vom Individuum. Auch kein einzelner Mensch, und selbst ein GOETHE nicht, stellt ein in allen seinen Teilen gleichmäßig geartetes Kulturgebilde dar; in jedem von uns schlummert der wilde Mensch, sowohl in sittlicher als auch in intellektueller Beziehung, und macht sich zu Zeiten geltend, zumal wenn wir unsere logische oder moralische Selbstbeherrschung verlieren und mehr aus unbewußten Trieben als aus bewußter Überlegung handeln. So finden sich denn auch zahlreiche Überlebsel des Fetischismus in unserer Kultur, nur daß sie jetzt die Ausnahmen und geläutertere Anschauungen die Regel bilden, ebenso wie auch der einzelne noch so hoch gebildete Kulturmensch, ohne daran zu denken, dann und wann in seinem Denken und Handeln auf die sonst bei klarer, kritischer Überlegung von ihm überwundene Stufe des Fetischisten zurücksinken kann. Ein mir bekannter geistvoller Mann läßt nie einen bestimmten Ring vom Finger. Ohne diesen behauptet er stets Unglück zu haben. Der Ring ist zum Fetisch geworden. Und doch ist etwas daran, nur daß die Sache einen psychologischen, keinen fetischistischen Grund hat. Der Glaube macht selig, heißt es hier. Da der Mann an die Kraft seines Ringes glaubt, so giebt ihm dessen Gegenwart Selbstvertrauen und Mut, und deshalb gelingt ihm, was er angreift. Fehlt ihm der Ring, so wird er scheu und unsicher, und sein. zagendes Handeln mißglückt ihm.

Fast in allem Aberglauben tritt der Fetischismus deutlich zu Tage. Wer ein Hufeisen findet oder ein Stück davon, hat Glück. Über Kehricht gehen bringt Unglück. Kein ausgekämmtes Haar werfe man auf die Straße, man ist sonst vor Zauber nicht sicher. Dem Volke und selbst Gebildeten steckt der Fetischismus noch tief im Blute, das beweisen der Aberglaube und die sich darauf stützenden Erfolge von Quacksalbern, Kurpfuschern, besprechenden Schäfern, Wahrsagerinnen, Kartenschlägerinnen u. s. w. Der Glaube an Hexen ruht ganz und gar auf fetischistischen Voraussetzungen, und das Zeitalter der Hexenprozesse bedeutete ein Zurücksinken auf die fetischistische Wildheitsstufe.

Das Amulet soll an sich zwar kein Fetisch sein, es soll

vielmehr nur als Symbol einer hinter und über ihm stehenden geistigen Macht wirken; nicht das stoffliche Ding, sondern die geistige Macht, die es vorstellt, soll hier das wirkende sein. Nicht der Stoff des Pergamentstreifens und die mit Tinte darauf gemalten Buchstaben, welche das Amulet des Muhamedaners bilden, sondern der Geist und Sinn des darauf geschriebenen Koranverses soll den gewünschten Schutz verleihen. Aber das Volk macht diese feine Unterscheidung nicht, der Araber wäscht die Tinte des Koranverses ab und trinkt das davon gefärbte Wasser als sicher helfende Medicin, d. h. aus dem Amulet ist wieder ein Fetisch geworden.

Genau so geht es dem gläubigen Volke mit Reliquien, Heiligenbildern und Kultusformeln man vergißt, daß es Symbole sind, und betrachtet sie demgemäß als Fetische und Zauberformeln, weshalb KANT vollständig Recht hat, wenn er in seiner Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft" gelegentlich äußert, daß es manche Kirchenformen gebe, „in denen das Fetischmachen so allgemein und so mechanisch ist, daß es beinahe alle Moralität, mithin auch Religion zu verdrängen und ihre Rolle vertreten zu sollen scheint und so ans Heidentum sehr nahe angrenzt," und wenn er „das Pfaffentum als die Verfassung einer Kirche" definiert, „sofern in ihr ein Fetischdienst regiert, welches allemal da anzutreffen ist, wo nicht Principien der Sittlichkeit, sondern statutarische Gebote, Glaubensregeln und Observanzen die Grundlage und das Wesentliche desselben ausmachen."

Wenn eine sonst feingebildete russische Dame meiner Bekanntschaft ihr Heiligenbild allemal, wenn es ihre Gebete nicht erhört hat, zur Strafe ins Pfandhaus schickt, so steht sie genau auf derStufe des Wilden, der seine Fetische aus demselben Grunde züchtigt. Auch im Mittelalter zerschlug man häufig die Heiligenbilder und warf sie in Flüsse und Sümpfe, wenn sie das Flehen der Gläubigen nicht erhört hatten. Spanische Bauern schleuderten das Bild der Jungfrau bei anhaltender Dürre in einen Teich. Noch heute prügeln russische Bauern gelegentlich ihr Heiligenbild, und italienische stecken es ins Gefängnis. Der Fetischismus ist auch bei den Nicht wilden noch keineswegs ausgestorben.

8. Die Objekte fetischistischer Verehrung.

Jeder sinnlich wahrnehmbare Gegenstand kann unter geeigneten Verhältnissen zum Fetisch werden: Steine, Felsen, Berge, das Wasser in seiner verschiedenen Form als Fluß, See und Meer, Wind und Feuer, Pflanzen, Tiere und Menschen, ja sogar Sonne, Mond und Sterne. In meinem Werke „Der Fetischismus" habe ich eine Fülle von Belegen dafür gegeben, und ich will daher hier nur auf die fetischistische Betrachtung der Tiere wegen des psychologischen Interesses, das sich daran knüpft, kurz eingehen.

Der Wilde ist von dem Tiere noch nicht in dem hohen Maße verschieden wie der entwickelte Kulturmensch. Er steht ihm näher und fühlt sich ihm näher. Einen wesentlichen Unterschied zwischen Mensch und Tier kennt er noch nicht (s. oben S. 217). Die Kluft, welche das Christentum zwischen Mensch und Tier so tief gerissen hat, daß der italienische Bauer sein Pferd mitleidlos mißhandelt, weil es kein Christ sei und keine Seele habe, (eine Auffassung, die von der Milde des Islam gegen die Tiere und dem Gefühle pantheistisch-brüderlicher Verwandschaft mit ihnen in den indischen Religionen so unvorteilhaft absticht) ist dem Naturmenschen fremd. Nicht daß die Rohheit seines Wesens barmherzige Güte gegen die Tiere hegte, im Gegenteil, er kann gegen sie ebenso grausam sein, wie gegen seine Mitmenschen aber er findet keine absolute Wesensverschiedenheit zwischen Tier und Mensch, vielmehr, was bei seiner anthropopathischen Betrachtung begreiflich ist, eine so sehr gesteigerte Gleichheit, daß ihm manche Tiere sogar als dem Menschen hochgradig überlegen erscheinen. Das sind die Tiere, die er wegen ihrer gewaltigen und ihm oft verderblichen Kraft fürchtet, wie Löwen, Elephanten, Krokodile, Schlangen u. a., oder die er wegen ihrer unnachahmlichen Geschicklichkeit bewundert, wie Termiten, Spinnen, Biber, oder die er wegen ihrer List anstaunt, wie Fuchs und Schakal, oder die ihm durch merkwürdige Eigenschaften besonders auffallen, wie die Vögel durch die Schnelligkeit ihres Fluges oder das Chamäleon durch seinen Farbenwechsel, oder deren Menschenähnlichkeit für ihn auf der Hand liegt, wie die Affen. Er legt den Handlungen der Tiere dieselben Beweggründe unter, die er beim Menschen vorfindet; sie spielen in seiner

Fantasie dieselbe Rolle wie der Mensch; er läßt sie wildmenschlich empfinden, wollen, denken und handeln, sie greifen in sein Leben und er in ihres ein. Die Tierfabel ist für ihn kein Märchen, sondern Wahrheit; er bedient sich ihrer häufig, um in sie menschliche Erfahrungswahrheiten, die er gefunden hat, bildlich für uns und doch wirklichkeitsgetreu für ihn, einzukleiden. Tierfabeln finden sich daher bei allen Naturvölkern in Menge, und das Tierepos, in dem man später blos eine Satire auf menschliche Zustände wittert, ist für ihn die getreueste Abspiegelung und naturwahrste Schilderung des tierischen Lebens selbst.

Kein Wunder, daß Tiere auch in der Mythologie der Naturvölker die größte Rolle spielen, daß sie oftmals selbst als göttliche Wesen im fetischistischen Sinn verehrt werden oder doch als mit den Göttern als deren Boten oder sonstwie in Beziehung stehend für heilig gehalten und demgemäß behandelt werden.

Der Naturmensch findet auch keine Entweihung seiner selbst in der Annahme, daß der Mensch von Tieren, z. B. von Affen oder umgekehrt, daß Tiere von Menschen abstammen. Tiere und Pflanzen sind ihm beseelte Wesen, und ihre Seelen sind von der Unsterblichkeit nicht ausgeschlossen. Zwischen Mensch und Tier besteht die größte Freizügigkeit; Menschen können sich in Tiere, Tiere können sich in Menschen verwandeln, und sie thun es häufig, wie z. B. der Währwolfsglaube lehrt. Der Totemismus, z. B. der Indianer, beruht auf der Voraussetzung, daß ein bestimmter Stamm von einem bestimmten Tiere, z. B. dem Bären entsprungen sei; dieses Tier als ihr Ahnherr ist ihnen heilig, sie führen sein Bild als Wappen (Totem), und der Einzelne um seinen Namen befragt, nennt nicht sein Personale, sondern mit Stolz nur sein Totem.

Sind Wilde genötigt, ein von ihnen sonst verehrtes Tier, sei es aus Notwehr, sei es aus Mangel an Nahrung, zu töten, so fehlt es es ihnen nicht an Mitteln zur Beschwichtigung ihres Gewissens und zur Versöhnung des Gemordeten. „Zürne uns nicht, so sprechen die Indianer zu dem erlegten Bären, daß wir dich getötet haben. Du bist verständig und siehst ein, daß unsre Kinder Hunger haben. Sie lieben dich und wollen dich essen. Macht es dir nicht Ehre, von den Kindern des

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