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2. Thor als Hauptgott des norwegischen Volkes.

Dass Thor im nordischen Volke vor allen anderen Göttern Verehrung genoss, geht aus vielen Anzeichen unzweifelhaft hervor'), besonders Norwegen ist die Heimat des Thorsdienstes, der aber auch in Schweden und Dänemark nachgewiesen werden kann. Wenn mehrere Götter neben einander vorkommen, in den Bildern 2) der Tempel, in der feierlichen Eidesformel, dann steht doch Thor immer voraus. In Moere erhub sich ein Tempel, in dem mehrere Götterbilder aufgestellt waren, Thor mit Gold und Silber geschmückt war am meisten geehrt. Der König Olaf Tryggvason schlägt das Bildniss nieder. In Hladir standen drei Bilder: Thor auf dem Wagen inmitten, Thorgerd Hörgabrud und Irpa zu beiden Seiten. Sveinn in Drontheim hatte manche Götzen, den Thor aber ehrte er am meisten. Zur Zeit Adams von Bremen war Thor als der Mächtigste inmitten des Odin und Freyr im Tempel zu Uppsala aufgestellt. Wie Ingimund ein silbernes Freysbild bei sich führt, so trug Hallfred, ein berühmter Skald, Thors Bildniss aus Zahn geschnitzt im Beutel. In der Heidenzeit war es Sitte, Eigennamen aus Götternamen 3) zu bilden. Die Träger solcher Namen wurden dadurch dem besonderen Schutze der Götter anempfohlen. In der Wahl des Götternamens kommt das Verhältniss

1) Vgl. besonders Henry Petersen, om Nordboernes gudedyrkelse og gudetro i hedenold. Kjöbenhavn 1876.

2) Thorsbilder in der Olafssaga Tryggvasonar (der Heimskringla) Kap. 76; Njálssaga Kap. 89; Olafssaga Tryggvasonar (Fornmanna sögur) Kap. 203; Adam von Bremen 4, 26; Hallfređarsaga Kap. 6. Flateyjarbók 1, 320 beschreibt das Thorsbild im drontheimischen Haupttempel also: Thor sass in der Mitte als der meist geehrte. Er war gross und ganz mit Gold und Silber geschmückt. Thor sass im Wagen, der war sehr prächtig. Zwei wol gebildete Böcke aus Holz waren davor gespannt. Wagen und Böcke gingen auf Rädern. Die Hörner der Böcke waren mit Silber überzogen. Alles war mit wunderbarer Geschicklichkeit gemacht.

3) Über die Personen- und Ortsnamen, die aus Götternamen gebildet wurden, Henry Petersen, om Nordboernes gudedyrkelse og gudetro S. 38 ff.; für Schweden Lundgren, språklig intyg om hednisk gudatro i Sverige, Göteborg 1878; für Norwegen O. Rygh in Munchs norröne gude-ok heltesagn, ny udgave Christiania 1880. Selbst in der Normandie sind noch heute 10 Turville und 2 Freville d. h. Thorstad und Freystad nachzuweisen, Petersen a. a. O. 47 nach dem itinéraire de la Normandie, Caen 1828. Die Häufigkeit der Anwendung von Thor und Freyr steht da etwa im selben Verhältniss wie auf Island.

zu den einzelnen Göttern zum Ausdruck. Wenn ein Bjorn, Steinn, eine Dis, Gerd und andere Thorbjorn, Thorsteinn, Thordis, Thorgerd zubenannt sind, so werden sie dadurch dem Gotte verlobt, der Gott wird ihr vertrauter Freund und Beschützer. Entsprechend wurden Namen nach Freyr gewählt, Freysteinn, Freybjorn, Freydis, Freygerd. Selten sind Namen mit Odin gebildet, wie Odinkarl in Dänemark, Odindís in Schweden. Entsprechend kommen die Götternamen auch für Örtlichkeiten vor, die unter den Schutz der Gottheit gestellt werden. Sehr schön ist diese Sitte bei der Besiedelung Islands im Ausgang des 9. Jahrhunderts zu beobachten. Ausfahrt, Reise, Ankunft, das in Besitz genommene Land wird von der Gottheit gewiesen. An erster Stelle ist Thor der Führer, seltener Freyr, niemals Odin.

Als König Harald in Norwegen die Alleinherrschaft aufrichtete, wurden dadurch viele mächtige Männer zur Auswanderung bewogen. Hrolf war ein grosser Häuptling. Er waltete auf der Insel Mostr bei Südhördaland eines Tempels des Thor und war ein grosser Freund des Gottes. Er war gross und stark, schön von Aussehen und hatte einen grossen Bart; darum hiess er Mostrarskegg (Mostrbart). Er war der vornehmste Mann auf der Insel. Im Frühjahr verschaffte Hrolf dem Bjorn Ketilsson, der von König Harald geächtet war, ein gutes Langschiff mit tüchtiger Bemannung und gab ihm seinen eigenen Sohn Hallstein zur Begleitung mit. Als König Harald hörte, dass Hrolf Bjorn den Achter unterstützte, schickte er Boten zu ihm und liess ihm sagen, er solle aus dem Lande weichen wie Bjorn oder zum König kommen und alles seiner Gewalt unterwerfen. Das war 10 Jahre, nachdem Ingolf Arnarson nach Island gefahren war (um 874); die Leute, die von Island kamen, lobten die Beschaffenheit des Landes. Thorolf Mostrarskegg stellte ein grosses Opfer an und befragte Thor, seinen vertrauten Freund, ob er sich mit dem König versöhnen solle oder ausser Lands fahren und anderes Schicksal suchen. Das Ergebniss der Befragung wies den Thorolf nach Island. Darauf nahm er ein grosses Seeschiff und rüstete sich zur Islandsfahrt; alle seine Hausleute und die ganze Wirtschaft führte er mit sich. Er brach den Tempel ab und nahm fast alles dazu verwendete Bauholz mit, auch die Erde unter dem Altar, worauf Thor gestanden war. So segelte Thorolf in See mit günstigem Wind, er fand das Land und schiffte der Südseite entlang und dann westlich um Reykjanes herum. Da liess der Wind nach

Thor beschützt die Islandsfahrer.

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und sie sahen, dass grosse Buchten landeinwärts sich aufthaten. Thorolf warf die Hochsitzpfeiler, die im Tempel gestanden, über Bord; auf einem derselben war Thors Bild eingeschnitzt. Er sagte, er wolle sich auf Island an der Stelle ansiedeln, wo Thor ihn ans Land kommen lasse. Die Pfeiler trieben rasch in die westliche Bucht. Es erhub sich eine Brise und sie fuhren westlich um Snjofellsnes in die Bucht. Sie sahen, dass die Bucht lang und breit war und von grossen Gebirgszügen auf beiden Seiten. umgeben. Thorolf gab der Bucht einen Namen und nannte sie Breidifjord. Er nahm Land ungefähr inmitten der Südseite der Bucht und legte sein Schiff in die kleine Bucht, die später Hofsvag (Tempelbucht) genannt wurde. Sie untersuchten das Land und fanden an der Spitze eines Vorgebirges im Norden der Bucht, dass Thor mit den Säulen ans Land gekommen war. Das wurde seitdem Thorsnes genannt. Darauf fuhr Thorolf mit Feuer über sein Land, auswärts von der Stafa an bis hinein zu dem Fluss, den er Thorsa nannte, und siedelte da seine Schiffsleute an. Er erbaute ein grosses Gehöft bei Hofsvag und nannte es Hofstadt. Da liess er einen grossen Tempel Thor zu Ehren errichten. Thorolf nannte das Land zwischen dem Vigrafjord und Hofsvag Thorsnes. Auf dem Vorgebirge steht ein Berg; dem wandte Thorolf so grosse Verehrung zu, dass niemand ihn ungewaschen ansehen durfte, und weder Tiere noch Menschen sollten auf dem Berge getötet werden, es gehe denn von selber zu Grunde. Den Berg nannte er Helgafell und glaubte, er werde dort hineinfahren, wenn er sterbe, seine Verwandten aber ins Vorgebirge. Auf der äussersten Spitze des Vorgebirges, wo Thor ans Land gekommen war, liess er alle Gerichte halten und setzte dort ein Heradsding (Gauversamlung) ein. Da war eine so heilige Stätte, dass er auf keine Weise das Feld verunreinigen lassen wollte, weder mit Feindesblut, noch auch dadurch, dass jemand seine Notdurft verrichte. Dazu war eine Klippe bestimmt. Einen Sohn Steinn weiht Thorolf seinem Freund Thor als Hofgoden, nemlich zum Tempelamt, und nannte ihn Thorstein. Zwischen Thorstein und seinen Nachbarn entsteht Streit um das von Thorolf eingesetzte Gericht. Es kommt zum Blutvergiessen auf der Dingstätte, welche dadurch entweiht wird. Thord entschied den Streit der Parteien dahin, sie sollten sich aussöhnen und in Zukunft Tempel und Gericht zusammen halten. Die entheiligte Dingstätte wurde aber weiter landeinwärts verlegt, worüber der Sagaschreiber berichtet: Man

sieht noch den Gerichtsring, in dem die Leute zum Opfertod verurteilt wurden. Im Ring steht noch der Thorsstein, an dem die Leute gebrochen wurden, die zum Opfer bestimmt waren, noch sieht man Blutspuren am Stein.1)

Von anderen Ansiedlern gehen ähnliche Berichte. Als Helgi der Magere Land erblickte, fragte er den Thor, wo er Land nehmen solle. Der Ausspruch wies ihn nach dem Eyjafjord, und erlaubte ihm weder ostwärts noch westwärts abzulenken. Da fragte ihn sein Sohn Hrolf, ehe der Fjord sich aufthat, ob denn, falls Thor ihn ins Eismeer zum Überwintern wiese, er sich auch daran halten würde. Denn den Schiffern schien es Zeit, aus der See zu kommen, da der Sommer schon sehr zu Ende ging.2) Dieser Helgi zeigt eigentümliche Glaubensmischung. Er war ein Christ und nannte, obschon Thor ihm das Land gewiesen, seine Wohnstätte doch Kristnes. Bei Seefahrt und in allen schweren Gefahren rief er aber stets zu Thor. Hreidar gab so viel auf des Gottes Ausspruch, dass er das von diesem ihm gewiesene Land sogar durch Kampf zu erlangen trachtete, nachdem es schon besetzt war. Nur mit Mühe bringt ihn Eirik davon ab.3)

Asbjorn heiligte das von ihm in Besitz genommene Land dem Thor und nannte es Thorsmark.) Dass die norwegischen Ansiedler ihre Thors- und Freystempel auch auf Island errichteten, geht ausser den bestimmten Zeugnissen aus den zahlreichen mit ,,Hof (d. i. Tempel) zusammengesetzten Ortsnamen hervor; Hof allein kommt oft auf Island vor, dann Hofgardar, Hofsfell, Hofstadir, Hofsteigr, Hofsvágr.

Nicht nur auf den Hochsitzpfeilern war Thors Bild eingeschnitzt. Grima des Gamli Weib hatte einen grossen Stuhl, auf der Rücklehne war Thors Bildniss mit seinem Hammer eingeschnitzt.) Der Jarl Eirik führte Thors Bild am Vordersteven seines Schiffes. Vergeblich suchte er König Olafs Schiff zu entern. Als er jedoch das Thorsbild wegwarf und durch ein Kreuz ersetzte, gewann er sofort den Sieg.") Aufs Getäfel des Hauses und

1) Eyrbyggjasaga Kap. 3 und 4, 7 und 10; Landnáma II Kap. 12. Vgl. Maurer, die Entstehung des isl. Staates S. 211 ff.

2) Landnáma III K. 12.
3) Landnáma III K. 7.
4) Landnáma V K. 2.

5) Vígaglúmssaga K. 9.

6) Olafssaga Tryggvasonar des Oddr K. 69; jüngere Saga K. 252, 253, 255.

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auf Schilde wurden Götter- und Heldensagen abgebildet, in der älteren Zeit haben die Thorssagen entschiedenes Übergewicht. Die Skalden machten auf solche Darstellungen mit Vorliebe ihre Gedichte.1)

Das ausserordentliche Übergewicht der Eigennamen mit Thor unter den Besiedlern Islands begegnen 51 Thorsnamen gegenüber 3 Freysnamen; Odin fehlt gänzlich deutet darauf hin, dass Thor wenigstens in Norwegen und im 9./10. Jahrhundert auch in Schweden der im Volke am meisten geehrte war. Der Thorsdienst greift auch tief ins Leben ein, während der Odinsdienst vorwiegend in der Skaldendichtung am Königshof zu Hause ist. Mehr als in Norwegen und auf Island tritt allerdings Odinsglaube in Dänemark und Schweden neben Thor auf.

Weiher der bewohnten Erde, der die Welt heiligt und weiht, Freund der Menschen ist Thor. Auf einem jütischen und einem fühn'schen Runenstein wird Thor angerufen, das Denkmal, die Runen zu weihen. Auf anderen dänischen und schwedischen Steinen ist den Runen das deutliche Abbild eines Hammers beigegeben, das wahrscheinlich symbolisch denselben Wunsch darstellt, Thor möge das Erinnerungsmal weihen und beschützen.2) Dass der Hammer auch sonst in Gebräuchen eine Rolle spielt, stützt diese Anschauung.

Thrym, der Thursen beherrscher gebietet, als er die vermeintliche Freyja sich vermählen will:

Bringt nun den Hammer,

den Mjolnir legt

in Wars Namen

die Braut zu weihen,

in des Mädchens Schooss,
weiht unsern Bund.3)

1) Gudbrand Vigfússon, corpus poeticum boreale II, 2 ff.

2) Hym. 11 vinr verlipa, Veorr heiter sá. véorr erklärt Noreen, Arkiv f. nordisk filologi 6, 306 ff., an. Grammatik2 § 127 aus *vé-vordr Wächter des Heiligtums. Nach Kögel, Gesch. d. deutschen Litteratur I, 1, 17 stammt Véorr aus urgerm. Wihuz der Kämpfer. Donar ist der erste Held (Hercules primus fortium virorum); vgl. S. 244 Anm. 1. Die folgende Darstellung hauptsächlich nach Petersen a. a. O. 50 ff. Auf dem Virringstein in Jütland stehen die Worte ÞUR UIKI ÞISI KUML, auf dem Glavendrupstein in Fühnen ÞUR UIKI ÞASI RUNAR. Abbildungen der Hämmer Petersen 52, 53, 54; vgl. auch 75, 76, 78 kleine Hämmer als Schmuckgegenstände.

3) Þrymsk. 30; dem Gebrauch des Hammers zur Brautweihe kommt nach E. H. Meyer, Germ. Myth. S. 212/3 nicht rechtliche, vielmehr phallische Bedeutung zu.

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