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Gestalt zeigt. Selten ist ein Mythus durch die Namen der Hauptgestalten gleich durchsichtig wie hier. Soviel Schwierigkeiten der Erklärung aller Einzelheiten in den Fjolsvinnsmól auch entgegenstehen, der Grundgedanke der Dichtung tritt mit zweifelloser Deutlichkeit zu Tage: wie der Tag die Sonne zum Weib gewann. Swipdag kann nur aus Tiuz abgezweigt sein, und darum reicht die Sage in hohes Alter zurück. Sie entstand, solang die sonnige Göttin, Frija die Halsbandfrohe, allein dem lichten Tagesgott zu eigen war, ehe der brausende mächtige Sturmwind sie an sich gerafft hatte.')

13. Schlussbemerkungen.

In seiner Abhandlung über Frija und den Halsbandmythus gelangte Müllenhoff 2) zu dem Ergebniss, nachdem er die Überlieferung über Frigg mit Hilfe der Sagen von Freyja, Menglod u. A. ergänzt hatte, dass die Ausbildung dieser Mythen der Zeusreligion der Germanen angehöre, dass die Sagen in uralten Vorstellungen des indogermanischen Volkes wurzeln.,,Wir behaupten, dass die Frija, die Sonnen- oder Morgengöttin bei den Germanen, einst die Gemahlin des Irmintiu war und erst an Wodan überging, als dieser sich zum Himmelsgott aufschwang, dass sie die ursprüngliche, einzig wahre Inhaberin des grossen Halsbandes war, und dass der Streit, der sich daran schloss, so verlief, dass er mit dem Tode der Knaben, die sie in der Frühe auf ihrer Laufbahn geleiteten, durch den höchsten Gott ein Ende nahm, dass das Halsband ihr mit oder wenigstens nicht ohne ihres Mannes Willen geraubt, dann durch den guten Gott der Frühe zurückerkämpft und wiedergegeben wurde. Wir erblicken nunmehr die ganze Kette von Mythen, die unter wechselnden Gestalten, vom ersten Morgengrauen beginnend, die glanzvolle Erscheinung der Himmelskönigin, auch das Verschwinden ihres Lichtes am Abendhimmel schildern und so den Verlauf eines Tages umschreiben."

J. Grimm, Mythologie 284 urteilte so:,,Die Wichtigkeit dieser Sage von der Göttin Halsschmuck steigt aber noch, wenn wir griechische Mythen hinzuhalten. Brisingamen ist nichts anderes als Afrodites quos (Hymn. in Ven. 88) und die Kette wiederum ihr Gürtel, der κεστὸς ἱμὰς ποικίλος, den sie am Busen trägt,

1) Zur Deutung der Fjolsvinnsmól vgl. Müllenhoff, ZfdA. 30, 219.

2) ZfdA. 30, 217 ff. Die oben ausgehobenen Stellen ebenda S. 243 u. 259.

Ursprung des Halsbandmythus.

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dessen Zauber alle Götter und Sterbliche bewältigt. Von ihrem Hals (anò oreoqiv) löst und leiht sie ihn der Here, die den Zeus damit reizen will, das wird in einem uralter Göttersage vollen Liede (Il. 14, 214-218) erzählt. Wie den iuás Here und Afrodite wechselsweise tragen, schreibt die nordische Fabel das Geschmeide bald der Frigg, bald der Freyja zu, denn jenes Gold der Frigga bei Saxo fällt mit Brisingamen zusammen. Dazu tritt eine andere Ahnlichkeit. Freyja besitzt nach derselben Erzählung ein schönes und so starkes Gemach, dass, wenn die Thüre verschlossen war, niemand ohne ihren Willen hinein kommen konnte. Mit welcher List Loki dennoch eindrang und ihr das Halsband raubte, wird berichtet. Homer meldet es nicht, wol aber weiss er Il. 14, 165-168 von Heres Jáλauos,

τόν οἱ φίλος υἱὸς ἔτευξεν

Ηφαιστος, πυκινὰς δὲ θύρας σταθμοῖσιν ἐπῆρσε
κληῖδι κρυπτῇ, τὴν δ ̓ οὐ θεὸς ἄλλος ἀνῷγεν.

Was stimmt genauer zu jenem unnahbaren Gemach der Freyja, zumal des tuas gleich darauf gedacht wird? Hefäst, der seiner Mutter das kunstreiche Zimmer baute, halte ich zu den Zwergen, die der Freyja das Halsband schmiedeten. Die Identität der Frigg und Freyja mit Here und Afrodite muss auch nach diesem Mythus wirklich einleuchten." Ist Freyjas Halsband das der Afrodite, dann fällt allerdings Müllenhoffs Beweis, weil dann Entlehnung, nicht Urverwandtschaft anzunehmen wäre; weil Afrodite keine urgriechische, indogermanische Göttin ist, bedingt die Anerkennung einer engeren Verwandtschaft zwischen ihr und einer germanischen Göttin zugleich die Annahme, dass die Freyja einen Teil ihres Wesens durch Afrodite-Venus erhielt. Auf fremden Ursprung weist endlich noch das Gespann der Freyja. Es kommt nichts Genaueres in einer Sage vor, nur allgemein ist Freyja Besitzerin der zwei Katzen genannt, mit denen sie im Wagen fährt.') Das Tiger- und Löwengespann orientalischer Gottheiten ist nach Bugge (Christiania Morgenbladet 16. Aug. 1881) Vorbild für Freyjas (Tiger- ?) Katzen.

1) SE. 1, 304 heisst Freyja eigandi fressa, Eignerin der Katzen; SE. 1, 96 ekr hon kottum tveim ok sitr í reid; SE. 1, 176 Freyja reid kottum sínum. Snorri versteht also unter „fress" Kater, Katze, wie z. B. auch Grágás II 192 kattbelgir af gomlum fressum. Unter den heiti für bjorn, Bär, steht fress SE. 1, 478 u. bei Kormak. Vgl. Sveinbjörn Egilsson, Lex. poet. 202.

II. Die Erdgöttin.

Die Verehrung der mütterlichen Erde ist auch unter den Germanen nachweisbar. Himmel und Erde scheinen überhaupt das älteste Götterpaar aller Mythologien zu sein. Der Himmel ist die männliche, zeugende, befruchtende Gottheit, die Erde die empfangende und gebärende. Im Norden heisst sie mit einfach schönem Namen Jord, Erde. Ihr Gemahl ist Odin, ihr Sohn Thor.) Aber dieses Verwandtschaftsverhältniss ist nicht ursprünglich. Einst war der Himmelsgott der Gemahl der Jord, die er mit Licht und Wärme im Lenz aus der Gewalt finstrer Riesen befreite und segnete, wie Freyr die Gerd. Das alte Verhältniss tritt aus einer zweiten Benennung noch zu Tage. Thors Mutter heisst auch Fjorgyn. Jord und Fjorgyn sind eins. Neben der Fjorgyn steht ein männlicher Fjorgynn, als dessen Gattin einmal Frigg bezeichnet wird. 2) Da derselbe Name von Gott und Göttin gebraucht wird, muss ein altes Beiwort der Gottheit darin verborgen sein. Wirklich lässt sich auch Fjorgynn als Beiname des Himmelsgottes nachweisen. Zu Grunde liegt der urgermanische Wortstamm fergu (quercus). Im Litauischen heisst der Donnergott ebenfalls Perkunas, so dass das Beiwort also bereits vorgermanisch sein muss. Der Sinn des Namens ist zur Eiche gehörig, auf Eichen bezüglich, eichen (querceus). Der litauische Donnerer führt also eigentlich den Namen Eichengott. Dem Juppiter und dem Donar war die Eiche geheiligt. Somit war fergunjaz eine Benennung des Himmelsgottes in seiner Eigenschaft als Donnerer, ein Beiname Donars, dessen Bedeutung frühzeitig verloren ging. *fergunjó wird ursprünglich wol die Gattin des Donar geheissen

1) Sohn der Jord heisst Thor Prym. 1; Lokas. 58; beim Skald Ọlvir SE. 1, 254; in der Haustlong SE. 1, 278. Über Jord als Odins Weib Gylfag. Kap. 9; nach Gylf. Kap. 10 und einer Strophe Hallfreds SE. 1, 320 u. 460 ist sie die Tochter des Riesen Onar und der Riesin Nótt.

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2) Frigg heisst Lokas. 26 Fjorgyns már, d. h. Fjorgyns Geliebte, wie Freyja Ops mær, Ods Geliebte ist; SE. 1, 54 u. 304 ist der Ausdruck missverstanden, mær dóttir gefasst, also Fjorgyns Tochter. Fjorgyn als Thors Mutter Vol. 56; Hárb. 56; SE. 1, 476; 585; Oddrúnargrátr 10 steht á fjorgynju = á jordu. Zur Etymologie des Namens Hirt, Indogermanische Forschungen 1, 479 ff.; Kauffmann, Beiträge 18, 140; Noreen, Abriss der urgerm. Lautlehre S. 131. Von idg. perqos (quercus) abgeleitet sind kelt. erkunia, έo̟zívios dovμós (Eichwald), got. fairguni, Berg, mhd. Virgunnia (Eichenwald, Name des Böhmerwaldes und Erzgebirges).

Fjorgyn. Die Erdgöttin.

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haben, jedenfalls empfing die Göttin den Namen erst vom Gott, dem er seit Urzeiten und einstens sicher allein gehörte. Denn Fjorgynn und Fjorgyn bildeten einmal ein Paar, Himmel und Erde. Und damals schon wird die Erdgöttin von ihrem göttlichen Gemahl den Zunamen erhalten haben. Hernach blieb er ihr, Fjorgynn aber ging auf den inzwischen an die Spitze des Götterstaates getretenen Odin über. Dem alten Eigentümer, Thor selber, kam er abhanden, nur noch ein loser, unverstandener Zusammenbang zeigt sich darin, dass er Fjorgyns Sohn heisst.

Ein angelsächsischer Flursegen ), der freilich erst aus christlicher Zeit überliefert ist und darum mancherlei christliche Züge einmischt, zeigt den Kult der Erde am lebendigsten. Da werden neben Gott, Maria und den Heiligen auch unmittelbar, als wären es persönliche Wesen, Erde und Himmel (eorde and upheofen) um Fruchtbarkeit angefleht. Merkwürdig klingt folgende Anrufung: Erce, Erce, Erce, eorpan módor! Es vergönne der allwaltende, ewige Herrscher, dass die Acker wachsen und gedeihen, in Fruchtbarkeit wetteifern; er gönne des Kornes Wachstum, der breiten Gerste, des weissen Waizens, aller Erde Wachstum. Das Wort Erce scheint Erde zu bedeuten, und die Erde selber wurde sicherlich einst allein angerufen. Warum aber Erce Mutter der Erde genannt wird, bleibt unklar. Vielleicht ist irgend eine Verderbniss der Überlieferung anzunehmen. Besonders schön und anschaulich ist das Gebet, unter welchem man den Pflug in Bewegung setzt und die erste Furche zieht. ,,Heil dir, Erde, Mutter der Menschen, sei du wachsend in Gottes Umarmung, mit Nahrung erfüllt zum Nutzen der Menschen!" Der angelsächsischen Anrufung ,,hál wes pu, folde, fira móder" entspricht genau Brynhilds Gruss beim Erwachen aus dem Zauberschlafe: Heil euch, Götter, Heil euch, Göttinnen, Heil dir, fruchtbare Erde (heil siá en fjolnýta fold)! Beidemal wird die Erde fold" genannt. Offenbar wirkt im ags. Segen und im nordischen Tagesgrusse eine altgermanische Formel

1) Den ags. Segen bei Grein- Wülker, Bibliothek der ags. Poesie, Bd. 1, 1883, S. 312 ff.; die Litteratur darüber bei Wülker, Grundriss zur Geschichte der ags. Litteratur, Leipzig 1885, S. 347 ff.; Kögel, Geschichte der deutschen Litteratur I, 1, 39 ff.; Erce erklärt Kögel als eine Weiterbildung zum Grundwort ero, „Erde" (über ero Kögel, Pauls Grundriss 2, 1, 196 und Müllenhoff-Scherer, Denkmäler 23, 3); es verhalte sich dazu wie scinca, „,Schinken“ zu scina,,,Beinschiene", zinko, „Zacken" zu zinna, funcho, „Funke“ zu got. fon, funins,,,Feuer". Brynhilds Tagesgruss in den Sigrdrifumál 4.

nach, ein Gebet an die Erdgöttin, die Mutter der Menschen, Urquell alles Lebens ist. Deutlich wird ihr Liebes- und Ehebund mit dem Himmelsgotte erwähnt. Aus solchen feierlichen Opfergebeten mögen Lieder und Mythen entspringen, wie das Lied von Freyr und Gerd. Im englisch-nordischen Gebet an Fold, die in des Gottes Umarmung fruchtbar wird, liegt gleichsam der Keim der schönen mythischen Dichtung, die aus den Skírnismól hervorleuchtet.

Zu den Erdgöttinnen wird seit Finn Magnusen auch die spröde Rind gerechnet, welche Odin bezwingt, um mit ihr den Bous (Búi) oder Wali, Baldrs Rächer zu erzeugen.') Rind ist die unbebaute, harte und unfruchtbare Erde, die sich dem belebenden Lichte der hellen Sommerzeit (Odin als Vertreter des Tiuz) nicht leicht erschliesst. Ist es aber geschehen, so kann Feldbau auf dem früher wüsten Lande stattfinden. Búi ist der Bauer; neben Wali steht auch der Name Áli, die Verkörperung der keimenden Saat. Die Geschichte Odins und Rindas ist freilich romantisch aufgeputzt und als Ganzes genommen nicht alt. Aber ein Mythus mag immerhin schliesslich zu Grunde liegen, wie Licht und Wärme die spröde harte Erdrinde gefügig und fruchtbar machen.

Nerthus.

Sieben Stämme an der Nordsee verehrten insgesamt die Nerthus. Auf einer Insel war ihr heiliger Hain; drin stand, von einem Tuche bedeckt, ihr Wagen, den nur der Priester anrühren durfte. Dieser erkennt, wenn die Göttin ihr Heiligtum aufsucht. Er begleitet sie, wenn sie auf ihrem mit Kühen bespannten Wagen unter grosser Feierlichkeit umherfährt. Überall herrscht Festfreude und Waffenruhe, bis derselbe Priester die am Umgang mit den Menschen gesättigte Göttin ihrem Heiligtum zurückgibt. Dann werden Wagen, Tücher, ja die Gottheit selbst im einsamen See gebadet. Die dienenden Knechte werden gleich ertränkt. 2) Tacitus

1) Lex. myth. 401; zur obigen Deutung Weinhold, Die Riesen im germ. Mythus, Wien 1858, S. 60 ff. Kauffmann, Beiträge 18, 169 f. führt Rindr auf Vrindr, „die Göttin mit dem Zauberstab" zurück und stellt sie der Hlodyn und Grid zur Seite; dagegen Rödiger, ZfdPh. 27, 6 f.

2) Über Nerthus wurde bereits unter Freyr (S. 219, Anm. 2) das Notwendige mitgeteilt. Für die Bedeutung des Nerthusfestes vgl. Mannhardt, Wald- u. Feldkulte 1, 567 ff.; Kögel, Geschichte d. deutschen Litteratur I, 1, 21 f.

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