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Zweifelhafte Zeugnisse deutscher Theogonie und Kosmogonie. 507

stellung eines den Germanen bekannten schöpferischen Gottes zu sehen, ist falsch, wie im Abschnitt über Wodan gezeigt wurde.

Das altsächsische Bruchstück aus dem Ende des 8. Jahrh., das sog. Wessobrunner Gebet 1), muss häufig dafür herhalten, ein heidnisches niederdeutsches Gedicht kosmogonischen Inhaltes zu erweisen, weil ein paar Verse, welche den Zustand vor der Weltschöpfung schildern, an die Volospó anklingen. Allein die Übereinstimmung kann auf Zufall beruhen, da in beiden Denkmälern derselbe Grundgedanke in der gleichen Weise Ausdruck erhält. Der vorweltliche Zustand wird durch die Verneinung dessen, was die sichtbare Welt vor Augen stellt, beschrieben. Besteht aber ein Zusammenhang, dann bedarf es keines gemeinsamen heidnischen Gedichtes, vielmehr gibt die Bibel den gemeinschaftlichen Hintergrund. Alle Begriffe, die im Wessobrunner Gebet vorkommen, lassen sich aus der Bibel, aus der Genesis Kap. 1 und aus Psalm 89, 2, belegen. Die Volospó kann aber von zahlreichen christlichen Einflüssen nicht freigesprochen werden.

Das bayerische Gedicht aus dem 9. Jahrh., das sog. Muspilli wurde auch auf heidnische Nachklänge hin untersucht. Während Kögel im Anschluss an J. Grimm, Myth. 771 ff. wiederum diesen heidnischen Spuren das Wort redet, bescheidet sich Kelle S. 146 mit der letzten Verteidigungsstellung der Verfechter des Heidentums: Heidnisch ist in dem deutschen Gedichte vom Weltgerichte sicher nichts als mûspilli." Gerade dieses Wort ist aber der allersicherste und deutlichste Beweis für die christliche Herkunft des Gedankens vom Weltbrand, wie unten im Anschluss an Bugge, Studien S. 447 ff. gezeigt werden soll.

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Die aus mündlicher Überlieferung aufgezeichnete Volkssage dieses und des vorigen Jahrhunderts weiss von einer künftigen fürchterlichen Schlacht.2) Sie ist ans Walserfeld bei Salzburg oder

1) Über das Wessobrunner Gebet vgl. Müllenhoff u. Scherer, Denkmäler II, 1 ff., wo natürlich heidnische Herkunft behauptet wird; ebenso Müllenhoff, Altertumskunde 5, 15 u. 68; auch Kögel, Geschichte der deutschen Litteratur I, 1, 271 findet das Bild von der Weltschöpfung,,heidnisch untermalt"; dagegen vertritt Kelle, Geschichte der deutschen Litteratur, Berlin 1892, S. 75 ff. die oben vorgetragene Ansicht, dass nicht kosmogonische Vorstellungen des Heidentums, sondern alttestamentliche Ideen den Inhalt des Gedichtes bilden.

2) Die Sagen über die letzte Weltschlacht sammelt und deutet zuerst J. Grimm, Myth. 908 ff.; dazu Müllenhoff, Sagen aus Schleswig, Holstein und Lauenburg S. L u. 378 ff.; Kuhn und Schwartz, Norddeutsche Sagen S. 495 ff.; Sagen aus Westfalen 1, 204 ff.; Simrock, Mythologie S. 148 ff. und andere mehr.

an den Kirchhof zu Nortorf in Holstein geknüpft, kommt aber auch sonst in deutschen Gauen häufig vor. Wenn der dürre Baum auf der Walser Heide anhebt zu grünen und Früchte zu tragen, wenn der Fliederbusch zu Nortorf so hoch gewachsen ist, dass ein Pferd darunter angebunden werden kann, dann bricht in der ganzen Welt Krieg aus. Dann reitet ein Kaiser zum Baum oder Strauch, hängt seinen Schild auf oder bindet sein Pferd an, und nun beginnt die letzte blutige Schlacht, aus der nur wenige Leute übrig bleiben. Darauf kommt der Weltfrieden, andere Quellen aber sagen, der Antichrist und das Weltende. Nach dem Vorgange J. Grimms war es lange Zeit üblich, die Sage für einen Nachklang der germanischen Götterschlacht, die dem Weltbrand vorausgeht, zu betrachten. Der Baum erinnerte an die Weltesche, die erbebt und rauscht, wenn die höllischen Mächte einmal losbrechen. Aber dieser Schluss hat sich als voreilig herausgestellt. Diese allgemeine Weissagung einer letzten grossen Weltschlacht gehört, wie die älteren Fassungen deutlich zeigen, zur mittelalterlichen Kaisersage und entstammt einer alten morgenländischen und durchaus christlichen Sage, die mit dem deutschen Heidentum gar nichts zu schaffen hat. Der Schauplatz ist in den älteren Fassungen auch keine deutsche Heide, sondern das heilige Land. Im Mittelalter ging auf Grund einer byzantinischen Weissagung die Legende von einem letzten römischen Kaiser, der siegreich über alle Feinde nach Jerusalem ziehen und dort seine Krone niederlegen oder seinen Schild am dürren Baume, der alsbald frisch ergrünt, aufhängen werde. Damit ist der biblischen Prophezeiung gemäss das letzte Weltreich vorüber und der Antichrist und das Weltende folgen alsogleich. Die Sage von der letzten Weltschlacht ist mithin zum Beweise einer deutschen, Götterdämmerung" nicht zu verwenden. Sie ist aber ein lehrreiches und warnendes Beispiel, wie vorsichtig die mythologische Auslegung den neueren Volkssagen gegenüber sich zu verhalten hat. Ihre oft allgemeine Form verführt allerdings zu solchen Versuchen, die aber schon durch die älteren Fassungen völlig unhaltbar erscheinen müssen. Denn da treten immer zahlreicher und bestimmter Einzelheiten hervor, welche die Sage dem Gebiete germanischer Mythologie entziehen. So möchte noch manche Erscheinung des neueren Volksglaubens, die für die Geschichte Über die Zubehör zur deutschen Kaisersage vgl. G. Voigt, Sybels historische Zeitschrift 26, 131 ff.; J. Häussner, Die deutsche Kaisersage, Bruchsal 1882; J. Häussner, Unsere Kaisersage, Berlin 1884.

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des deutschen Heidenglaubens beansprucht wird, allein schon durch die Kenntniss älterer, vollständigerer und bestimmterer Fassung hinfällig werden. Die stetig zeugende und schaffende sagenbildende Kraft, die nicht unterschätzt werden darf, bewegt sich oft nur scheinbar in uralt heidnischem Geleise.

Damit sind die Quellenzeugnisse ausserhalb des Nordens erschöpft. Eine germanische Theogonie, die aber im Laufe der Zeiten und unter den verschiedenen Stämmen sehr vielgestaltig und veränderlich gewesen sein mag, ist zweifellos. Schon die geschichtliche Entwickelung, wenn anders mit Recht das allmälige Aufkommen Wodans über Tiuz angenommen wird, brachte Wandel und Wechsel in den Götterstaat. Der höchste Gott hat die andern als Söhne oder Brüder um sich geschart, da bildet sich leicht auch die Sage von seinen Ahnen. Die gebietende Machtstellung musste gegen Nebenbuhler und andere Feinde erkämpft und behauptet werden. In den angelsächsischen Stammtafeln hat Wodan nicht bloss Nachfahren, sondern auch Vorfahren. Für eine ausgebildete Kosmogonie spricht kein zweifelloses Zeugniss. Für die germanische Sage vom Weltbrand ist nicht der Schatten eines Beweises zu erbringen. Damit muss auch der deutschen und germanischen Göttersage die tiefe Tragik der nordischen abgesprochen werden. Wol war auch jene vom freudigen, todverachtenden Heldentum erfüllt, aber der düstre Schatten eines unentrinnbaren Verderbens mit dem versöhnenden Ausblick auf eine neue, milde und reine Welt des ewigen Friedens blieb dem Schicksal der deutschen Götter vermutlich ferne.

II. Die nordische Schöpfungslehre.

Die folgende Darstellung der nordischen Weltlehre geht darauf aus, in möglichst deutlichen Umrissen die in den Skaldengedichten des 9./10. Jahrhunderts vorhandenen Vorstellungen zu schildern. Für den vermutlichen Ursprung der einzelnen Bilder beschränke ich mich auf kurze Andeutungen. Weltanfang und Weltende umfassen die gesamte Göttersage im grossen, erhabenen Rahmen, der die einzelnen Mythen in völlig neuem Lichte, als Handlungen im geschlossenen Weltendrama erscheinen lässt. Eine gewaltige erschütternde Dichtung baut sich auf, eine wundervolle,

tiefernste Göttersage, wie kein andres Volk sie besitzt. Gleichviel, woher die Anregung kam, der unvergängliche Wert der dichterischen Schöpfung, welche den krönenden Abschluss der germanischen Religionsgeschichte bildet, bleibt ungekränkt bestehen. Aber es war eine Dichtung auserwählter Kreise, kein echter, überzeugter Volksglaube, wie folgende Erzählung aus der Bekehrungszeit zu beweisen scheint.

Sveinn und sein Sohn Finn stritten sich um die Macht der Heidengötter, die Finn verachtete. Sein Vater hielt ihm das vor, weil Thor so viele und grosse Heldenthaten verrichtet habe, durch die Berge gefahren sei und Felsen zertrümmert habe, Odin aber über den Sieg der Männer entschieden habe. Finn antwortete: Das ist sehr geringe Macht, Klippen oder Steine zu zerbrechen und an solchen sich abzuarbeiten, oder den Sieg so zu verleihen, wie Odin ihn verlieh, mit Betrug, nicht aber mit Gewalt. Der dagegen scheint mir mächtig, der am Anfang die Berge gesetzt hat, die ganze Welt und die See. Was könnt ihr mir aber von diesem sagen? Darüber wurde von Sveinn wenig gesprochen. Finn Sveinsson thut das Gelübde, in den Dienst des Königs zu treten, der der Oberste ist und vor allen anderen hervorragt. Er ergibt sich wie Christophorus schliesslich dem Christus, weil er so gewaltig war, dass er eine Heerfahrt in die Hölle that und dort den Thor band, den obersten der Heidengötter.')

Der Aufzeichnung kommt freilich kein hohes Alter zu. Aber sie ist trotzdem merkwürdig genug, indem sie die nordische Schöpfungslehre als gar nicht vorhanden betrachtet. Ähnlich sind noch andere Stellen. In der durchaus ungeschichtlichen Sage von OrvarOdd werden die heidnischen Nordleute, welche auf einer Reise nach Aquitanien in eine Kirche gelangen, nach ihrem Glauben. gefragt. Sie antworten: Wir bauen auf unsre Macht und Stärke und glauben nicht an Thor und Odin. Der Einheimische erwidert: Wir glauben an den, der Himmel und Erde geschaffen hat, die See, die Sonne und den Mond. Odd sprach: Der muss gross sein, der alles das gezimmert hat. Aus den letzten Zeiten des Heidentums hören wir von Leuten, die aus eigner freier Überzeugung den Heidenglauben als unvollkommen verwarfen und nur auf sich selbst vertrauten oder aber einer geläuterten Gottes verehrung, dem Bilde des von fernher ihnen vorschwebenden Christengottes, sich

1) Jüngere Olafssaga Kap. 201 ff.; vgl. E. H. Meyer, Kosmogonie 16 ff.

Die nord. Weltlehre ist ausserhalb d. Skaldendichtung nicht nachweisbar. 511

zuwandten.1) Thorkell Mani, der von allen Heiden am besten gesittet war, liess sich in seiner Todeskrankheit in den Sonnenschein hinaustragen und befahl sich in die Hände des Gottes, der die Sonne geschaffen habe. Der alte Ingimund im Vatnsdal, der früher eifrig dem Freyr gedient hatte, war ein überaus tüchtiger und treuer Mann; sein Sohn Thorstein preist die Güte seines Vaters und meint: Das wird unserm Vater von dem vergolten werden, der die Sonne geschaffen hat und alle Welt. Ein andermal spricht derselbe Thorstein: Nun will ich den anrufen, der die Sonne geschaffen hat, denn ihn halte ich für den Mächtigsten. Diese und andre Stellen betonen die Schöpferkraft des Christengottes, den sie mit bewusster Absicht Odin und den andern Göttern gegenüber stellen. Dass Odin und seine Brüder Himmel und Erde und die Gestirne schufen, dass sie den Lauf der Sonne und des Mondes regelten, wie es in alten Liedern und der Edda heisst, kann demnach kein allgemeiner, lebendiger Glaube gewesen sein. Sonst hätte sich doch der Heide ebenso auf die Schöpferkraft seiner angestammten Götter berufen müssen. Die nordische Weltlehre scheint mithin eine Dichtung, kein eigentlicher Volksglaube, mit dem die Bekehrung zu rechnen hatte.

I. Das Chaos, der Urzustand und die Urwesen.

Den Anfang aller Dinge bezeichnet die nordische Weltlehre mit der Verneinung dessen, das für uns sichtbar besteht: Da war nicht Sand, noch See, noch kalte Woge, nicht Erde gab es, noch Oberhimmel, nur gähnende Kluft (ginnunga gap) 2), doch nirgends

1) Über solche ernste Heidengemüter vgl. Munch, det norske folks historie I, 2, 272, 279; Maurer, Bekehrung 2, 253 ff.

2) ginnunga gap erscheint gleichsam umgekehrt in gapanda gin, gähnender Rachen in der Flateyjarbók 1, 530. gap steht zu gapa, gaffen, gähnen. ginnung ist abgeleitet vom Adj. * ginnr (ags. ginn, weit, geräumig; vgl. auch das an. ags. mhd. Substantiv gin, der Rachen). Über die weitere Geschichte dieses Wortstammes vgl. Mogk, Beiträge 8, 153 ff.; Mogks frühere Schlussfolgerung, ginnunga sei Gen. sing. zu Ginnungi, dem persönlich gedachten Chaos, zu welcher im Griechischen und Nordischen vorliegenden Vorstellung bereits die Indogermanen sich bekannt hätten, ist hinfällig. Besteht ein Zusammenhang zwischen dem persönlichen Chaos, dem Riesen Abyssus der christlichen Mythologie, über welchen Meyer, Völuspa 57, Eddische Kosmogonie 74 nachzulesen ist, und Ymir, so beruht er auf später Entlehnung und Nachahmung, nicht auf Urverwandtschaft. ginnunga gap, von Adam v. Bremen 4, Kap. 38 mit immane

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