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Rätselfragen und Rätselsprüche.

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wol allein? Wer wol wird wieder geboren? Was wol ist das Mittel gegen den Schnee? Was wol die grosse Hinstreuung? Darauf antwortet der Gefragte: Die Sonne wandelt allein, der Mond wird wieder geboren, das Feuer ist das Mittel gegen Schnee, die Erde die grosse Hinstreuung. Nun wird wieder gefragt: Welches Licht ist wol der Sonne gleich? Welcher Strom ist wol dem Meere gleich? Wer begiesst die Erde am meisten? Von wessen Mutter wird man nicht gekannt? Die Antwort lautet: Das Wahre ist das der Sonne gleiche Licht, der Himmel der dem Meere gleiche Strom, Indra begiesst die Erde am meisten, von der Mutter der Kuh wird man nicht gekannt. Die Dinge, um welche die Rätsel fragen, sind bald der Natur, bald dem Geistesleben entnommen. Himmel und Erde, Sonne und Mond, das Luftreich, der Regen und seine Entstehung, der Sonnenlauf, das Jahr, die Jahreszeiten, Monate, Tage und Nächte sind beliebte Gegenstände bildlicher Einkleidung, ihre Enträtselung und die Form, in der das geschah, galten als die höchste Weisheit. Die Rätsellieder sind nun bei den Germanen sehr reich entfaltet und weisen in Einzelheiten wie im Zusammenhang auf hohes Alter. Namentlich die altnordische Dichtung enthält auffallend viele Rätsellieder, bei denen zweierlei zu beachten ist, dass Odin die Rätselfragen stellt, also auch hierin unerreichter Meister aller Weisheit ist, dass die Rätsel sich mit Vorliebe auf mythologische Dinge beziehen. Im Wafthrudnirlied legt Odin dem weisen Riesen alle möglichen Fragen vor, deren Beantwortung genaue Kenntniss der nordischen Mythologie bis in alle Einzelheiten voraussetzt. Als Gest zeigt er sich dem König Heidrek in der Rätselkunde überlegen, auch hier aber treten Rätsel mythologischen Inhaltes zwischen den allgemeinen mehrmals hervor; die letzte Frage lautet wie im Wafthrudnirliede: Was raunte Odin dem toten Baldr ins Ohr? Im Alwisliede erfragt Thor vom Zwerg die Sprache der verschiedenen Welten. Bekannt ist die Eigenart der nordischen Skaldenkunst, die in ihren viel verschlungenen, der Göttersage entnommenen Umschreibungen und Bildern eigentlich fortwährend mythologische Rätsel aufgibt. Den Anstoss hierzu erhielt sie wol kaum aus sich selber, eher aus der mythologischen, ursprünglich priesterlichen Rätseldichtung. Der Grundgedanke, dem letztere entspringt, ist bei den Skalden nur auf die Spitze getrieben. Man darf nun freilich nicht schliessen, dass diese Lieder, so wie wir sie kennen, bei Opfern gebraucht worden wären, sondern nur, dass diese

eigentümliche Kunstgattung des mythologischen Rätselliedes möglicher Weise aus dem Gottesdienst entsprungen sein kann. Da mag das Rätsellied einmal wie bei den Indern dazu gedient haben, unter Opferleitern und Opfergenossen die Kenntnis der vorzunehmenden Handlung, der damit verknüpften Bräuche und Mythen, festzustellen. Der fragende Gott ist als Vorbild des fragenden Priesters gedacht.

War der Priester beim Vortrag der Mythen und Rechtssatzungen mehr Epiker, so bethätigt er sich anderwärts mehr lyrisch, als Spruchdichter. In höchstes Altertum reichen die meistens zu Heilzwecken geübten Besegnungen, die Zaubersprüche zurück. Sie ruhen auf allgemein menschlicher Grundlage, nehmen jedoch beErwachsen auf dem stimmte zeitliche und örtliche Färbung an. Boden der niederen Mythologie, suchen sie stets gerne Anschluss an die herrschende höhere Mythologie, an den Götterglauben. Priester und Zauberer waren die ursprünglichen Schöpfer, Kenner und Wahrer solcher kräftiger Heilsprüche, deren allgemeine Auffassung etwa dahin geht: Siechtum ist durch Unholde verursacht. Heilung wird erreicht durch Vertreibung der Unholde mit Hilfe Den ererbten Formelschatz haben die guter Geister und Götter. germanischen Priester gestabt und an den Götterglauben angeschlossen.

Zaubersprüche gehören bei den Indogermanen zu den ältesten Spuren dichterischer Bethätigung.') Für den Vortrag war Gesang mit gedämpfter, murmelnder Stimme vorgeschrieben. Daher das griechische dɛir, lat. carmen, frz. charme, lat. magicum susurramen, Zaubergemurmel. Die germanischen Sprachen kennen mehrere Bezeichnungen, welche auf den Vortrag solcher Poesien schliessen lassen.2) Zu bigalan, besingen, indɛi gehört galdra(an. galdr, ags. gealdor, ahd. as. galdar) oder galstra- (ahd. galstar). Neben dem alten starken Verbum bigalan steht das schwache begalón incantare (enchanter). Der Sinn von galdra- ist Zaubersang.

1) Über die Gleichheit indischer und germanischer Segenssprüche vgl. A. Kuhn, Ztschr. f. vergl. Sprachforschung 13, 49 ff.; 113 ff. Die indischen Die Atharvans und Angiras Sprüche enthält namentlich der Atharvaveda. sind Priestergeschlechter, die demnach als die besten Gewährsmänner auf dem Gebiete der Spruchdichtung betrachtet wurden.

2) Über die germanischen Wörter für Zauberlied und ihre Bedeutung vgl. Kögel, Geschichte der deutschen Litteratur I, 1, 79 ff.; E. Schröder, ZfdA. 37, 259 ff.

Zauberlieder.

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Im Nordischen begegnet auch jód, Lied, im engeren Sinne von Zauberlied. Die Formel, die den Zauber wirken sollte, wurde demnach gesungen. Neben galdra- und teilweise damit begrifflich zusammenfallend trifft man rúnó. Das Wort Rune", das durch alle germanischen Sprachen hindurch geht, ist mit griech. ¿ọéƑw, ¿qɛvváw verwandt. Aus derselben Wurzel, nur mit anderem Ablaut, stammt an. reyna, prüfen, erforschen, raun, Versuch. Vielleicht bedeutete rûnô ursprünglich Befragung, bald aber verstand man unter Runen die heimlichen Mittel, durch welche gefragt wurde. Sehr früh ist rûnô Zauberlied. In dieser Bedeutung entlehnten die Finnen zu Anfang unserer Zeitrechnung das Wort. Die Rune wurde geraunt, leise geflüstert. Galdra- ist Zaubersang, rúno Zaubergemurmel. Vielleicht waren beide Arten des Vortrags vereinigt in dem mit gedämpfter Stimme gesungenen, gemurmelten Liede. Rune ist ausserdem das Zauberzeichen, das im Verein mit dem Sange den Zauber erst wirksam machte. Endlich wird mit Rune auch der Buchstabe, das Schriftzeichen benannt, nachdem die Germanen die römischen Buchstaben sehr frühzeitig zu einer eigenartigen Schriftgattung umgebildet hatten. Der allgemeine Begriff, Geheimniss" ist wol aus raunen, heimlich flüstern, und dem Zauberwesen, das an den Runen haftete, geleitet. Beschwören (ahd. biswerian) weist auf denselben Gedankenkreis. Es steht zu Surren, Schwirren, Schwarm (slav. svirja, flüstre) und besagt also auch das Summen der Zauberformel, die wir als gesummtes Lied oder geraunten Spruch zu denken haben.

Aus der ahd. Zeit sind zwei Zaubersegen, die sog. Merseburger Sprüche, erhalten, deren Aufbau von grösster Wichtigkeit ist. Dem eigentlichen Spruche voran geht eine kleine Erzählung, welche zeigen soll, wann der Spruch erfolgreiche Anwendung fand. So lautet der zweite Spruch:

Phol und Wuodan

Da ward Balders Fohlen

Da besang (biguol) es Sinhtgunt,
Da besang es Friia,

Da besang es Wuodan,

fuhren zu Holz,
sein Fuss verrenkt.
Sunna ihre Schwester,
Volla ihre Schwester,
wie er wol konnte:

Sei es Beinverrenkung,
Sei es Blutverrenkung,
Sei es Gliederverrenkung.
Blut zu Blut,

Bein zu Bein,

Glied zu Glied, als ob sie geleimt seien!

Es wird also eine Sage aus der Götterwelt erzählt. Auf einer Jagdfahrt nahm Balders Ross Schaden. Niemand konnte es heilen, nur Wodan mit Hilfe des Segens. Diese Erzählung ist als Beispiel vorangestellt, wie damals soll der Segen auch jetzt und immerdar helfen. Auf diese Art wurden öfters Sprüche mit epischen Eingängen versehen; so nimmt der erste Merseburger Spruch und ein ags. Segen gegen Hexenstich Bezug auf das Walten der Kampfgöttinnen. Von wem solche epische Eingänge verfasst sind, ist unschwer einzusehen. Den Priestern kommt die Wahrung kräftiger Zauberlieder zu; durch epische Einleitungen aber stellten sie einen tieferen, innerlichen Zusammenhang mit dem Götterglauben her. Diese Gattung des epischen Zauberspruches, wo nicht bloss die Formel geraunt, sondern eine kleine Geschichte zuvor feierlich erzählt wurde, hiess bei den Germanen spell. 1)

Odin ist Meister aller Runenweisheit und Galdr, Gott der Skalden, sein Geist durchweht und belebt die Dichtung; Fosite ist Rechtweiser. Damit ist die Kunst gebundener Rede und feierlichen Vortrages jeden Inhalts, die Kunst des Zauberliedes von den Göttern eingesetzt. Zunächst an göttliche Weisheit aber reicht der Priester. Die Stellung des altgermanischen Priesters darf nicht gering angeschlagen werden. Alle Bedingungen zur erhabenen Ausnahmestellung des vertrauten Mitwissers der Götter waren vorhanden und hätten ebenso entfaltet werden können, wie wir es beim indischen Priestertum der Brahmanen, beim keltischen der Druiden erfüllt sehen. Eine germanische Priesterherrschaft aber gedieh trotzdem nicht, weil der gesunde, kräftige Volksgeist dagegen war. Die Könige und Herzöge, die weltlichen Leiter der Volksgeschicke, wachten darüber, dass der Priester niemals die Schranken seines Amtes überschritt. Der Priester vertrat wol die Gottheit beim Ding und sorgte, dass ihr Dienst richtig vollzogen, dass jeder Frevel gesühnt wurde. Er verkörperte aber nur das religiöse und rechtliche Bewusstsein, konnte mahnend dem Bruche göttlicher Satzung entgegen treten, aber nur als Berater, nicht als Lenker und Richter. Die Führerschaft stand ihm nicht zu. Der weltliche Sänger und später der weltliche Gesetzsprecher teilten sich gar bald in die einst dem Priester allein gehörigen Amter. Der Hausvater aber bedurfte des Priesters nicht, er mochte höchstens seinen Rat angehen. Brahmanen und Druiden brachten es

1) Vgl. E. Schröder, Über das Spell, ZfdA. 37, 241 ff.

Die Stellung des germanischen Priesters.

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fertig, dass nichts ohne geistliche Mitwirkung geschah. Die Germanen beschränkten den Priester auf die gottesdienstlichen öffentlichen Verrichtungen und nahmen, wo es ihnen gut dünkte, seinen weisen Rat in Anspruch.

7. Die Priester als Erforscher der Zukunft.

Tacitus schildert in einer vielbesprochenen Stelle das Loosen 1), dessen Verfahren er einfach nennt. Der Zweig eines fruchttragenden Baumes wird in Stäbchen zerlegt, die Stäbchen werden mit gewissen Zeichen versehen und blindlings und zufällig über ein weisses Tuch hin verstreut. Alsdann hebt bei öffentlicher Beratung der Staatspriester, bei Privatangelegenheiten der Hausvater, nachdem er zuvor die Götter angerufen hat, gen Himmel schauend dreimal je ein Stäbchen auf und deutet die zuvor auf die Stäbchen eingeschnittenen Zeichen. Lauten sie verneinend, so unterlässt man für diesen Tag eine weitere Befragung; stimmen sie zu, so wird noch weiterhin die Beglaubigung durch Vorzeichen in Anspruch genommen.

Man darf jedenfalls dem Berichte des Tacitus auch ein Opfer

1) Germ. 10 auspicia sortesque ut qui maxime observant: sortium consuetudo simplex. virgam frugiferae arbori decisam in surculos amputant cosque notis quibusdam discretos super candidam vestem temere ac fortuito spargunt. mox, si publice consultetur, sacerdos civitatis, sin privatim, ipse pater familiae, precatus deos caelumque suspiciens ter singulos tollit, sublatos secundum impressam ante notam interpretatur. si prohibuerunt, nulla de eadem re in eundem diem consultatio; sin permissum, auspiciorum adhuc fides exigitur. Über die Sitte des Loosens vgl. Müllenhoff, Zur Runenlehre, Halle 1852, S. 33; Homeyer, Über das germanische Loosen, Monatsberichte der Berliner Akademie, December 1853; R. Keyser, Samlede afhandlinger S. 372 ff.; Mogk in den,,Kleineren Beiträgen zur Geschichte von Docenten der Leipziger Hochschule", Festschrift zum deutschen Historikertag in Leipzig, 1894, S. 81 ff. Über Wahrsagerei im heutigen Brauche vgl. Wuttke, Der deutsche Volksaberglaube, Berlin 1869, § 327 ff. Die germanischen Wörter für dieses Verfahren lauten folgendermaassen: got. hlauts, ags. hlýt oder hlét, as. hlôt, ahd. hlôz, überall ursprünglich Masculinum, ist das Nomen actionis des „liezens", des Loosens und des Wahrsagens, dann das, wodurch dies geschieht, xiños, sors, das Looszeichen; das nord. Femin. und Neutrum hlaut ist das, woraus oder mit dessen Hilfe geweissagt wird, das Opferblut. An. hlutr, ags. hlot, nds. lott, ahd. hluz, mhd. luz ist eigentlich portio, das Erlooste. Vgl. Gudbrand Vigfusson, dictionary 269; Müllenhoff, Altertumskunde 5, 155. Das Stäbchen, worauf die Zeichen standen, hiess got. tains, an. teinn, afries. tên, ags. tân, ahd. mhd. zein.

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