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Verachtung und Verfolgung der Hexerei.

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von Noreen 1) vorgeschlagene Deutung des Wortes berechtigt, so gehört die Hexe zu den feindlichen, hassenden, unholden Waldgeistern. Das Zauberweib, das nur Schlimmes thut und die Dienste unholder Geister in Anspruch nimmt, wird selber unhold. Die christliche Zeit verfolgte die Hexen seit dem 14. Jahrh., nachdem Ketzerei und Teufelsbuhlschaft als neue Vorwürfe hinzugekommen waren. Bringt man diese deutlich erkennbaren fremden Bestandteile in Abzug, so bleibt die Hexe in der Gestalt übrig, in der schon die Heiden sie ebenso tief verachteten und mitunter strafrechtlich verfolgten wie die Seidkona. Gotischer Hexen thut Jordanes Kap. 24 Erwähnung. König Filimer vertrieb die verdächtigen, unheimlichen Zauberweiber, die Haljarunen, die Höllenzauberinnen, aus der Gemeinschaft des Volkes in die Wüste, wo unreine Geister (spiritus immundi per eremum vagantes) sich ihrer bemächtigten und die Hunnen mit ihnen erzeugten. Die Hexen werden somit in die Gemeinschaft der Unholde gewiesen, denen sie ihres Zaubergewerbes halber am nächsten stehen und die in der wüsten, unbebauten Wildniss daheim sind.

Mithin schliessen wir, Seidr ist Hexerei; beide scheiden sich vom erlaubten Zauber dadurch, dass sie vorwiegend auf den Schaden anderer gerichtet sind und mit Hilfe feindseliger, unholder Geister wirksam werden. Beim nordischen Seid ist aber noch ein weiterer Umstand zu erwägen, der sein fremdartiges Wesen erklären könnte, der wahrscheinliche Zusammenhang mit finnischer Zauberei. Die norwegische Landschaft Halogaland grenzt an Finnmark, den Herd alles Zauberwesens, wohin man. von Norwegen herüberkam, um sich Rat zu erfragen oder in geheime Kunst einweihen zu lassen, wo die Eindringenden von mannigfachem Blendwerk beirrt und befallen wurden und von wo die kundigsten Zauberleute mit ihren Fertigkeiten in andre, vornehmlich die nächstgelegenen Länder ausgingen. Als die Bekehrung vom Süden Norwegens zum Norden aufstieg, begegnete sie gerade dort hartnäckigem Widerstande eifriger Opferer und Zauberer (blótmenn und seidmenn). Beziehungen zwischen norwegischen Opferern und finnischen Zauberern sind mehrfach zu belegen. Harald harfagri war mit Snäfrid, des Finnenkönigs Svasi

1) Noreen, Indogerm. Forschungen 4,326 nimmt zwei Formen, ahd. hazusa und hagazusa aus haga-hazusa an. Hazusa ist Participbildung zu got. hatan, ahd. hazzên ; hazusa ist die Feindliche, Unholde, hagazusa die feindliche Waldfrau; vgl. auch Kauffmann, Beiträge 18, 155 Anm. 1.

Golther, Germ. Mythologie.

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Tochter vermählt; beider Sohn ist Rognwald, der Seidmann, der seiner Mutter nach geartet war; von ihm stammte der zauberkundige Eywind Kelda, der mit einem grossen Geleite von Seidmenn und Zauberleuten dem König Olaf Tryggvason entgegen trat. Eywind Kinnrifas Geburt hing mit der Befragung zauberkundiger Finnen zusammen. König Olaf selber, obwol Christ, holte einmal bei einem weisen Finnen Rat und Voraussage ein. Thorir Hund verschaffte sich von den Finnen ein Zaubergewand aus Renntierfellen, das allen Waffen widerstand, und mit welchem angethan er in der Schlacht bei Stiklastad an der Spitze der Haleygjer dem König Olaf entgegentrat und, vor dessen Schwertschlag durch diesen Finnenzauber geborgen, ihn mit dem Speere durchstach. Noch die norwegischen Christenrechte strafen das Fahren zu den Finnen und den Glauben an ihre Wahrsagerei.') Die Volva Heidr, die nach der Landnáma dem Ingimund die Fahrt und Ansiedlung in Island vorhersagt, heisst in der Vatnsdo-lasaga Kap. 10 eine Finnin. Mit Hilfe von drei Finnen erprobt Ingimund nach Kap. 12 die Wahrheit ihrer Aussage. Die Finnenkünste bestehen also in Wettermachen und Zaubernebel, Pfeilschiessen und hiebfestem Fellgewand, Hellseherei, Wissen von verborgenen und künftigen Dingen. War doch schon bei Skadi und Thorgerd Hölgabrud Einwirkung finnischen Glaubens zu erkennen, so dass es nicht wunder nehmen kann, wenn auch die Zauberkünste im nördlichen Norwegen durch Aufnahme finnischer Bestandteile vermehrt wurden. Zwar ein tieferer Einfluss des Finnentums, wodurch die innere Selbständigkeit skandinavischen Götterdienstes gefährdet worden wäre, liegt nicht vor. Die Zaubersegen, gute wie böse, nützliche wie schädliche, waren den übrigen Germanenstämmen mit den nordischen gemein, diese suchten nur ihren angestammten Besitz aus dem gleichartigen Schatze der nachbarlichen Finnen zu erweitern, von denen das Zauberwesen mit besondrer Vorliebe und Kennerschaft gepflegt wurde.

Besteht die Vermutung finnischer Einflüsse beim nordischen Seid zu recht, so wäre damit sein Ursprung auf den nördlichen an Finnland grenzenden Teil Norwegens zurückzuführen, wo die

1) Die Ausdrücke dafür sind finnfor, trúa á Finna, fara til Finna, gera finnfarar, fara til Finnmerkr at spyrja spá. Der Name Finnen umfasst in der alten Zeit auch die Lappen. Über die Zauberkunst dieser Völker, die so häufig als Lehrmeister der Nordleute erscheinen, vgl. Fritzner, Lappernes hedenskab og trolldomskunst in der norsk historisk tidskrift 1, 4, 161f.; 181 ff.; 208 ff.

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gemeingermanische Vorstellung schädlicher Hexerei, mit finnischem Zauber vermischt, diese eigenartige Form annahm.

Traumdeuterei spielt im Volksglauben eine grosse Rolle. Ist doch der Traum von den Draugen, den Gespenstern verursacht. Im Traum verkehrt die Seele des Schlafenden mit den Gespenstern, diesen aber ist die Gabe der Weissagung eigen. Der Traum zeigt entweder die Zukunft genau wie das zweite Gesicht an, oder er gewährt nur Vorzeichen, die ausgelegt werden müssen. Da tritt die Traumdeuterei ein, die meist mit Hilfe allgemein bekannter abergläubischer Auslegung von jedem Träumenden selber geübt wird, aber in schwierigen Fällen die Befragung von besonders erfahrenen Leuten erfordert. Die Wahrsager und Wahrsagerinnen werden sich gewiss auch mit Auslegung von Träumen befasst haben, obwol kein Fall ausdrücklich erwähnt wird. Den Typus gewerbsmässiger Traumdeuter bildete namentlich die mittelalterliche romantische Litteratur aus, welcher Gestalten wie DraumaJón, Jon der Traumdeuter1) entstammen.

Zur Ausübung der Zauberei werden häufig bestimmte örtliche und zeitliche Umstände gefordert. Da die Zauberei von der Geisterwelt abhängig ist, so kommen vorwiegend die Schwarmzeiten der Geister in Betracht, also die grossen, besonders die winterlichen Jahresfeste, im christlichen Kalender Neujahr und die Zwölften, Allerseelen und noch viele andere bestimmte Tage, die zur Loosung günstig sind. Die Beschwörung gelingt besser bei Nacht als bei Tag, darum liebt der Zauber das Dunkel und scheut das Licht. Die Geister gehen gern an gewissen Orten, wie auf Gräbern und Kirchhöfen, auf Richtplätzen, an Kreuzwegen, um und sind natürlich auch dort am besten zu treffen und um Hilfe anzurufen. Doch lassen sich überall giltige Regeln nicht aufstellen, indem aussergewöhnliche Vorfälle auch ausserordentliche Zauberhandlungen mit sich brachten.

Nicht nur in zahlreichen mündlich fortgepflanzten Besprechungen und im Brauche festgehaltenen Handlungen, deren Sinn aber fast immer völlig entstellt und unverständlich geworden ist, sondern auch in viel gebrauchten schriftlichen Anweisungen, die

1) Drauma-Jónssaga hrsg. von H. Gering, Halle 1893.

im Druck verbreitet sind, lebt das Zauberwesen mit Opfer, Beschwörung und Spruch noch heute fort.1)

1) Vgl. Wuttke, Der deutsche Volksaberglaube, Berlin 1869, § 220 ff. Zauberbücher sind Fausts dreifacher Höllenzwang, seit Ende des 16. Jhrh. oft gedruckt (vgl. Düntzer in Scheibles Kloster 5, 116), eine Anleitung zum Geisterbann; das Romanusbüchlein, in diesem Jahrh. in Süddeutschland verbreitet, eine Sammlung von Gebeten und Segens formeln, des Albertus Magnus egyptische Geheimnisse, der wahrhaftige feurige Drache oder Herrschaft über die himmlischen und höllischen Geister und über die Mächte der Erde und der Luft, der wahre geistliche Schild, das 6. u. 7. Buch Mose u. dgl. mehr. In dem Wuste von Unsinn taucht auch öfters manche Erinnerung an ältere sinnvollere Zauberbräuche auf.

Nachträge.

S. 188. Welderich, urspr. Waltrich, in umgekehrter Folge Richwalt, hat mit Wald, silva, nichts zu schaffen, dürfte aber in den späteren Gedichten als Wälderherr verstanden worden sein.

S. 201 Anm. 1. Die Glosse turpines zui (Steinmeyer-Sievers, Ahd. Glossen 3, 4) hat mit Ziu nichts zu schaffen. Henning, Über die St. Gallischen Sprachdenkmäler S. 18 und Anm. zur Glosse sucht jedenfalls andere als mythologische Anknüpfung.

S. 470 Anm. 3. Zur dea Garmangabis, der,,aus der immer bereiten Fülle des Reichtums Spendenden" vgl. Kauffmann, Beiträge 20, 526 ff.; sie soll der Nerthus gleich sein.

S. 539 Anm. 1. Neue Belege zum germanischen Wort mott (Deutsches Wörterbuch 6, 2600 f.), motta, mota im Sinne von schwarze Erde, Wasen (vgl. Muspilli 58 daz preita uuasal allaz uarprinnit) bei Bruckner, Die Sprache der Langobarden S. 6 f. Dürften wir die germanischen Wörter mû und mut, mot doch in erweiterter Bedeutung annehmen, so könnte auf lat. mundus verzichtet werden. Sachlich wird nichts geändert, ob der erste Teil der Zusammensetzung mud-spilli lateinisch oder deutsch ist. Wie die Volo-spó den Weltbrand verkündigt, so mud-spilli, die Weissagung von der Welt. Es möchte der Ausdruck auch unter Einfluss des lateinischen und deutschen Wortes zugleich mit volksetymologischer Umbildung entstanden sein.

Namenverzeichniss.

A.

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Baldr 366 ff. 420 ff. 533. 536.
Barditus 579.
Bastian 26.
Baugi 338. 352.
Bede 460 f.
Beli 236.

Berchta 492 ff.

Berge als Aufenthalt der Seelen 88 ff.

Bergelmir 514. 516.

Bergriesen 185 ff.
Berserker 102 f.
Bestla 355. 515.
Beyla 234 f.
Bifrost 525.
Bil 437.

Billings Maid 337.
Bilskirnir 262.

Bilwis 157 ff.

Björn Jónsson 3.
Bjorn 335.

Blain 525.
Blôstreis 614.
Blót 559.
Blótspánn 634.
Bodn 338. 352.
Bolthorn 349.
Bolverk 337 f.
Bond 196.

Bous 307. 367. 376 f.
Bragi 400 ff.

Bragi, Skald 45 f. 403 f.
Breidablik 367.

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