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Die Mythologie der Skaldengedichte.

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eigentliche Thema der Skaldengesänge ist Fürstenlob, aber das Hauptgewicht fällt neben allerlei metrischen Künsteleien auf die sprachliche Einkleidung. Der Skald gefällt sich in der Umschreibung einfacher Begriffe, im Ungewöhnlichen. Synonymik ist sehr beliebt, Odin wird lieber mit einem seiner Beinamen genannt als mit seinem gewöhnlichen Namen. Daher sind die Skalden auf möglichst reichhaltige Sammlung von synonymen Ausdrücken, bei den Göttern auf vollständige Verzeichnisse aller ihrer Beinamen bedacht. Solche Beinamen entstammen aber besondern Eigenschaften oder Handlungen der Götter. Ferner befleissigen sich die Skalden verwickelter Bilder und Umschreibungen, die mit Vorliebe aus der Götter- und Heldensage geholt sind. Die Auflösung der ,,kenning", d. h. der Umschreibung, in die zu Grunde liegende Sagenvorstellung ist oft sehr schwierig. Jedenfalls setzt eine solche Verwendung der Göttersage, dass jede Anspielung sofort verstanden wird, deren genaue Kenntniss bei Dichter und Zuhörer voraus; um 900 muss die nordische Mythologie in den Kreisen, für welche die Skalden dichteten, mit allen ihren Feinheiten ganz geläufig gewesen sein. Endlich haben die Skalden auch geradewegs Mythen dargestellt, berühren sich also auch im Inhalt unmittelbar mit den sog. Eddaliedern. Ohne diese aber und ohne Snorri wäre uns die nordische Mythologie nur mangelhaft bekannt. Denn die dunkeln Anspielungen der Skalden versteht nur der, welcher in der Mythologie bereits bewandert ist. Um 1240, nach andern schon am Ende des 12. Jahrhunderts, veranstaltete ein Isländer eine Sammlung von Götter- und Heldenliedern 1), worin alles Aufnahme fand, dessen er habhaft werden konnte. Gedichte der gleichen Art sind auch sonst vereinzelt auf uns gekommen, ein Beweis, dass im 12./13. Jahrhundert auf Island noch eine grosse Anzahl von solchen Gedichten vorhanden war, dass jene Sammlung keineswegs erschöpfend war. Eine Pergamenthandschrift der Sammlung entdeckte 1643 der isländische Bischof Brynjolf Sveinsson; sie wird jetzt auf der kgl. Bibliothek zu Kopenhagen aufbewahrt und bildet die Hauptquelle unsres mythologischen Wissens. Brynjolf gab einer Abschrift, die

1) Die beste Ausgabe der Liedersammlung verdanken wir Sofus Bugge 1867. Eine grosse Ausgabe mit Kommentar und Wörterbuch bereitet Sijmons vor, wovon der erste Halbband, die Götterlieder enthaltend, 1888 erschien. Der Codex erschien 1891 in vorzüglicher fototypischer Nachbildung, besorgt von Wimmer und Finnur Jónsson. Die brauchbarste Verdeutschung, nach welcher in diesem Handbuch citiert wird, lieferte H. Gering, Leipzig 1892.

er vom Codex nehmen liess, ohne jede Gewähr als reine Vermutung den Titel Edda und schrieb sie dem 1133 verstorbenen isländischen Gelehrten Saemund zu. Als ,,Saemunds Edda" wurde eine Sammlung bezeichnet, die lange nach Saemunds Tod erst zu Stande gekommen war, ein Titel wurde ihr beigelegt, den sie nie geführt hat. Aber Brynjolfs irrige Meinung erfreute sich lange Zeit allgemeiner Anerkennung und rief allerlei neue Irrtümer hervor. Man machte sich Gedanken über Saemunds Anteil, galt er doch zuweilen sogar als Verfasser. Brynjolfs Hypothese hat nicht zum wenigsten verschuldet, dass man so lange über die Bedeutung und die wirkliche Beschaffenheit der Sammlung im Unklaren blieb. Heutzutage herrscht kein Zweifel mehr über die Ungehörigkeit der Bezeichnung,,Saemunds Edda". Nur in veralteten Lehrbüchern und in oberflächlichen populären Schriften wird sie angewandt. Von den Liedern der Sammlung ist jedes für sich allein auf Alter und Herkunft zu prüfen, sie bilden keinerlei Einheit. Zwar erheben sich alle Götterlieder auf der gemeinsamen Grundlage der nordischen Mythologie, im wesentlichen derselben, die hinter den Skaldengedichten steht. Aber sonst zeigt sich kein engerer Zusammenhang. Nach neuester Schätzung reicht kein Götterlied über 875 hinauf, die Mehrzahl gehört erst dem 10. Jahrhundert, also dem letzten heidnischen an. Man kann eine Anzahl von Odinsliedern neben Thors- und Freysliedern erkennen. Zu den Odinsliedern zählt die Volospó, die den Anfang der Welt, die letzten Schicksale der Götter, die Erneuerung der Welt enthält. Im Lied von Baldrs Träumen erkundet Odin die Zukunft von der Seherin, die er aus dem Todesschlafe weckt. Das Grimnirlied, das Wafthrudnirlied, die Hóvamól zeigen Odin im Besitz aller Weisheit. Die Thorslieder führen uns den starken Gott im Kampf mit Riesen (Lied von Thrym, von Hymir), in der Wissenswette mit dem unholden Zwerg Alwis vor. Das Harbardslied lässt den Gegensatz des Thors- und Odinsglaubens hervortreten. Vom Himmelsgott, wie er um die schöne Gerd werben lässt, berichtet das Skirnirlied. In der Rigsbula erscheint der Gott unter dem Namen Rig als Erzeuger der menschlichen Stände. In der Lokasenna tritt der schmähsüchtige Loki mit argen Vorwürfen den Asen gegenüber, bis ihn Thor verstummen macht. So bietet uns die Sammlung schöne und lebendige Schildereien der Asenwelt, wir erblicken die einzelnen Göttergestalten in voller Thätigkeit, in allen erdenklichen Beziehungen.

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Unsre Kenntniss der nordischen Mythologie beruht somit auf der Liedersammlung, auf den Anspielungen der Skalden, welche den Inhalt der erzählenden Götterlieder teils bestätigen, teils auch ergänzen und erweitern. Sie wird aber noch besonders befestigt und vermehrt durch des isländischen Staatsmannes, Geschichtschreibers und Skalden Snorri Sturluson (1178-1241) Arbeiten. Snorri schrieb um 1230 eine „,Edda", d. h. Poetik. Von Snorris Werk, das diesen Titel mit Recht führt, übertrug ihn Brynjolf irrig auf die Sammlung von Liedern, weil zwischen beiden Werken allerdings Beziehungen bestehen, die aber natürlich mit dem Titel gar nichts zu schaffen haben. Snorri verfasste ein skaldisches Lehrbuch, worin er auf Grund ausgebreiteter Kenntniss der älteren Skaldengedichte die Regeln der Skaldenkunst erörterte. Die Mythologie ist aber dem Skalden zunächst nötig. Daher entwirft Snorri einen leicht fasslichen, fliessend geschriebenen Abriss der nordischen Göttersage, die der Skald beherrschen muss. Er schöpft dabei aus denselben Liedern, die uns in der Sammlung (in,,Saemunds Edda") erhalten sind, und führt zum Belege seiner Erzählungen einzelne Strophen daraus an. Er schöpft aber auch unmittelbar aus Skaldengedichten, deren mythische Unterlage er in kurzen Zügen uns wiederherstellt. Endlich waren ihm manche Quellen zugänglich, die wir nicht mehr besitzen. Snorris Edda ist also ein nicht zu unterschätzendes Hilfsmittel der mythologischen Forschung. Aber man darf sie auch nicht überschätzen. Snorri stellt die nordische Mythologie nach seinem eignen Ermessen, nach seiner eignen gelehrten Auffassung dar. Wenn möglich müssen wir auf die Urquellen selber zurückgreifen, nicht unbedingt auf Snorri uns verlassen. Schon dadurch ergibt sich manche Berichtigung. Snorri hat einiges missverstanden, einiges zugefügt. Er schildert die Göttersage im erhabenen Rahmen der Weltschöpfung und des Weltbrandes, über denen der ewige Allvater steht. Darin folgt er gewiss den Anschauungen der Skalden des 10. Jahrhunderts, wenn er auch noch einige neue christliche Gedanken einfügte. Nie darf ausser Acht bleiben, dass die nordische Mythologie der Snorra Edda die systematische Bearbeitung eines isländischen Gelehrten des 13. Jahrhunderts ist, die mit der Mythologie der Skalden des 10. Jahrhunderts nicht in allen Stücken für gleichwertig genommen, die unter keinen Umständen in eine germanische Mythologie zurückgetragen werden darf.

Neben den Skaldengedichten gewähren die Sögur, besonders

die Geschichtsquellen, reiche Belehrung über Religion und Mythologie. Die Geschichte der Besiedelung Islands liegt vor in Aris Íslendingabók (verfasst um 1134) und in der Landnámabók. Darin ist häufig vom Glauben und Kult der Ansiedler Islands die Rede, Thors- und Freysdienst stehen obenan, Odin wird kaum erwähnt. Ebenso schildern die isländischen Familiensögur, die im 9./10. Jahrhundert spielen, viele heidnische Bräuche. Diese Sagen sind allerdings erst im 13. Jahrhundert in litterarische feste Form gebracht worden, manches mag auf Rechnung der Sagaschreiber kommen. Aber zu Grunde liegt eine alte mündliche Überlieferung, die in gewissen Kunstformen seit dem Heidentum jene Geschichten bewahrt hatte. Darum verdienen die Nachrichten, welche uns die Sögur vom 10. Jahrhundert geben, in der Hauptsache Glauben. Die norwegische Königsgeschichte wurde im 13. Jahrhundert ebenso zu schönen Prosadarstellungen verarbeitet auf Grund von alten Skaldengedichten, die meistens als Beleg auch mitgeteilt werden, und aus mündlicher Überlieferung. Snorris Heimskringla ist das bedeutendste Werk. Die Geschichte der heidnischen Könige, namentlich aber die der beiden Bekehrer Olaf Tryggwason und Olaf Haraldsson gibt genugsam Anlass, heidnischen Glauben und heidnische Sage zu schildern. In den Königssagen, soweit sie auf Skaldenliedern beruhen, tritt auch Odin hervor; am Königshofe ward ja von Odin gesungen und gesagt. Jedoch im norwegischen Volke selber zeigt sich auch hier Thorsdienst als eigentlicher Feind des Christentums. Den Thorsdienst der norwegischen Bauern müssen die Bekehrer mit weit stärkeren Mitteln bekämpfen, als die Odindichtung der Skalden. Die nordischen Rechtsquellen befassen sich mehrfach mit dem Heidenglauben, aber mehr mit dem niedern Volksglauben, wie es auch die südgermanischen Gesetze thun. Im Heidentum war mit besondern Satzungen auf den Schutz des Glaubens Bezug genommen, in der christlichen Zeit eifern die Gesetze gegen Überbleibsel heidnischer Bräuche.

Endlich gibt es auch rein mythische Sagen wie z. B. die Ynglingasaga, die Volsungasaga, worin wie in den Skaldengedichten Götter- und Heldensage unmittelbar behandelt sind. Mit solchen mythischen Geschichten ist auch des Dänen Saxo Grammaticus um 1200 verfasste historia danica erfüllt. Saxo schreibt in 16 Büchern eine bis 1187 reichende Geschichte Dänemarks, die 9 ersten Bücher beruhen auf Sagen, zum Teil auf nordischer Göttersage. Saxo schreibt einen schwülstigen Stil und hat sich

Die nordischen Sögur. Saxo Grammaticus.

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der Überlieferung gegenüber manche Freiheit erlaubt. Aber trotzdem sind seine Nachrichten für einige mythologische Dinge von grossem Wert. Saxo schöpfte aus dänischer und norwegischisländischer Sage, öfters beide mit einander vermischend 1). Wie Snorri huldigt auch Saxo dem Euhemerismus, die Götter sind als Menschen aufgefasst. Soweit Saxo mit nordischer Göttersage sich beschäftigt, stützt er sich vorwiegend auf isländisch-norwegische Quellen. Darum stimmen seine Mitteilungen wesentlich zu denen der nordischen Skaldengedichte und Sögur, nur selten begegnen selbständige Züge dänischer Herkunft.

Auch aus dem späteren Mittelalter und aus der Neuzeit bietet sich im Norden reiche Überlieferung dar. Wir haben einen grossen Schatz nordischer Volkslieder und isländischer Reimereien, in denen die Gestalten des Aberglaubens, Trolle, Riesen, Zwerge, Elfen, Nixen und Meerweiber ihr Wesen treiben. Die eigentliche Göttersage wird selten und unselbständig in diesen Poesien behandelt. Zwar erscheint die prymskvipa sowol als isländische Reimerei in den þrymlur, als auch als norwegisch-dänische Volksweise,, Tord af Hafsgaard"; Thors Fahrt nach Utgard behandeln die Lokarímur. Im färöischen Lokkatáttur finden wir Odin, Hönir und Loki in ein Märchen verflochten. Aber es handelt sich hier stets um ein künstliches litterarisch vermitteltes Fortleben der Heidengötter. An Volkssagen, die im 19. Jahrhundert gesammelt wurden, gewährten die nordischen Länder höchst ergiebige Ausbeute2).

1) Vgl. Axel Olrik, kilderne til Sakses oldhistorie I u. II Kopenhagen 1892 u. 94.

2) Vgl. Lundell, Skandinavische Volkspoesie im Grundriss der germanischen Philologie II, 1, 719-749.

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