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Die Geburtsgeschichte Jesu Christi im Lichte der altorientalischen Weltanschauung.

Eine kritische Skizze zur Religionsgeschichte.

Von

Rudolf Franckh.

Die neutestamentliche Überlieferung von der wunderbaren Geburt

Jesu Christi hat hinsichtlich ihrer Geschichtlichkeit zu den verschiedensten Zeiten der Kirche ihre Bestreiter gefunden. In hervorragender Weise gilt diese Beobachtung in unsrer Gegenwart. Mannigfache Bedenken sind gegen jene Überlieferung geltend gemacht worden; sie mögen auf sich beruhen. Aber alle bisher vorgebrachten Einwendungen sind in der neuesten Zeit durch einen neuen Gesichtspunkt, unter dem die evangelische Berichterstattung betrachtet wird, nicht unbedeutend verstärkt worden. Dieser neue Gesichtspunkt ergibt sich aus der von einem Teile der Assyriologen') vertretenen Behauptung, daß wir von einer einheitlichen, das ganze Geistesleben der alten Welt umfassenden Weltanschauung wüßten, nach der es durchaus zu erwarten gewesen wäre, daß man einen Menschen, wie es Jesus Christus war, als den Sohn der Jungfrau ansah. Diesem neuen Versuch, die Geburtsgeschichte Jesu aus einer ganz bestimmten, im Morgenlande wurzelnden Weltanschauung heraus erklären zu wollen, sollen die folgenden Erwägungen gewidmet sein.

I.

Die Weltanschauung, um die es sich handelt, nennt man die babylonische oder die altorientalische. Jedoch scheint die letztere Bezeichnung die richtigere zu sein. Denn Babylonien ist nur dasjenige Land, das sich, soweit unsere Geschichtskenntnis zurückreicht, uns als der Hauptsitz dieser Lehre darbietet. Dagegen bleibt es mindestens zweifelhaft, ob es die sogenannten

1) Grundlegende Literatur: Die Keilinschriften und das Alte Testament ed. Schrader, 3. Aufl. ed. Zimmern und Winckler, Leipzig 1903. A. Jeremias, Babylonisches im Neuen Testament, Leipzig 1905.

babylonischen Semiten gewesen sind, die jene Weltanschauung ausgebildet haben. Vielmehr besteht unter den Assyriologen eine starke Neigung, die Ausbildung der fraglichen Lehre der vorsemitischen Bevölkerung des Euphrat- und Tigrislandes, den immer noch rätselhaften,,Sumerern", zuzuweisen. Um daher nicht zweifelhafte Fragen durch einen Namen voreilig zu entscheiden, empfiehlt sich die Bezeichnung jener alten Weltanschauung als der „altorientalischen" besser als die der „,babylonischen". Diese altorientalische Lehre ist nun, auf ihren Inhalt gesehen, in ihrer späteren Ausbildung und ihrer praktischen Anwendung nach ein äußerst verschlungenes und weit ausgesponnenes System. Durch die verschiedenen Priesterschulen, die es bearbeiteten und anwandten, hat es im einzelnen eine mannigfaltige Ausprägung erfahren. Aber bei aller Mannigfaltigkeit im einzelnen baut sich das System als Ganzes doch auf einer einzigen Grundgleichung auf. Diese Grundgleichung des ganzen Systems lautet: Himmelsbild gleich Weltbild; d. h. die altorientalische Lehre trägt astralen Charakter. Alles, was am Himmel geschieht, spielt sich im Gegenbild auch auf der Erde ab, und alles, was auf der Erde geschieht, hat sein Urbild am Himmel, war zuvor in den Sternen geschrieben. Im allgemeinen Rahmen dieser Weltanschauung ist für unsern Gegenstand die Erscheinung des scheinbaren Jahresumlaufs der Sonne von besonderer Bedeutung. Jahr für Jahr gewinnt der Sommer über den Winter den Sieg. Dieser jährlich sich wiederholende Sieg des erneut eintretenden Sommers entspricht im geschichtlichen Werden der Weltschöpfung, wie sie am Uranfang nach der Überwindung des Chaos sich vollzog; er bildet aber auch das große Ereignis ab, das am Ende der Tage den letzten Akt der Weltentwicklung einleiten soll. Als Gottheit, die solche Weltentwicklung vollbringt, gilt diejenige Person des babylonischen Pantheons, in deren Offenbarungsgebiet die Sonne im Frühlingsäquinoktium steht. Seit etwa 2800 v. Chr., mithin während der ganzen für uns historischen Periode der altorientalischen Geschichte, befand sich die Sonne in diesem Zeitpunkt im Sternbild des Stiers. Das Bild des Stiers gilt als Offenbarungsstätte des Stadtgottes von Babylon, Marduks. Demnach ist Marduk diejenige Göttergestalt, die in historischer Zeit den siegreichen Jahrgott darstellt. Himmelsbild gleich Weltbild: wenn in der Geschichte der Menschen diejenige Zeit anbricht, die den letzten Akt des Weltdramas einleitet, dann wird die

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